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Insektenresistenz durch B.t.-Toxine

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Arbeitsergebnis der Bund/Länder-AG „Monitoring der Umweltwirkungen von GVP“ (Sep- (Sep-tember 2000)

3. Eigenschaften der Pflanzen 1 Raps

4.2 Insektenresistenz durch B.t.-Toxine

Erfahrungen mit unerwünschten Nebeneffekten durch den Einsatz von B.t.-Toxinen (Delta-Endotoxine von Bacillus thuringiensis) liegen bis heute hauptsächlich mit mikrobiellen Spritzpräpa-raten vor. Diese wirken zwar spezifischer als die meisten synthetischen Insektizide. Dennoch wer-den neben wer-den Zielorganismen auch verwandte Nichtzielorganismen geschädigt (CHARBONNEAU et al. 1994, JACKSON et al. 1994, KREUTZWEISER et al. 1992, MOLLOY 1992, WIPFELI &MERRIT 1994).

So konnte noch zwei Jahre nach der Applikation eine statistisch signifikant verringerte Zahl an Nichtziel-Lepidopteren an ihrer Wirtspflanze gefunden werden (MILLER 1990a). Weiterhin lässt sich aus der Anwendung von entsprechenden B.t.-Sporenpräparaten ein erhöhter Gefährdungsgrad für seltene Lepidopterenarten ableiten (MILLER 1990b).

Im Gegensatz zur zeitlich begrenzten Exposition von Insekten mit beißend kauenden Mund-werkzeugen durch in Deutschland ca. zweimal jährlich erfolgende oberflächliche Applikation kon-ventioneller Spritzpräparate erfolgt bei konstitutiver Expression des Toxins in einer transgenen Pflanze eine permanente Exposition. Hiervon sind nun auch die bislang nicht exponierten Minierer und saugenden Insekten betroffen. Diese Erweiterung des Wirkspektrums auf bisher nicht betrof-fene Arten durch die veränderte Exposition kann erhebliche Auswirkungen auf die Abundanz von Nichtzielorganismen haben.

Außerdem können innerhalb von Nahrungsnetzen auch Organismen betroffen sein, die den Ziel-organismus als Ressource benötigen (RODENHOUSE &HOLMES 1992). Bei Fütterungsversuchen im Labor zeigten HILBECK &BIGLER (1998) eine negative Beeinflussungen von Florfliege, die sich als Räuber von vergifteten Larven ernährt hatten. Gentechnisch veränderte Pflanzen, die ein B.t.-Toxin exprimieren, können somit indirekt die Abundanz von Nichtzielorganismen beeinflussen und Auswirkungen auf die Diversität in Agrarökosystemen aber auch in Nichtzielökosystemen haben, sofern eine Ausbreitung der Resistenz dorthin erfolgt.

Untersuchungen neueren Datums weisen auf einen Expositionspfad hin, der zunächst nicht be-rücksichtigt wurde und der Prüfung im Freiland bedarf. LOSEY et al. (1999) zeigten in

Laborversu-chen eine erhöhte Mortalität bei Larven des Monarchfalters, die mit Blättern einer Seidenpflanzen-art ernährt worden waren, welche zuvor mit Pollen von B.t.-Mais eingestäubt worden waren.

Die Entstehung resistenter Ökotypen kann gefördert werden, wenn bei permanenter Expression des Toxins in einer unterschwelligen Dosis ein starker Selektionsdruck entsteht. Die Insektenresis-tenz könnte darüber hinaus in solchen Fällen leichter überwunden werden, wenn sie nur monoge-nisch determiniert ist. Weiterhin gibt es Hinweise, dass bei Toxexprimierenden Pflanzen die in-sektizide Wirkung der Bakteriensepsis wegfällt (BAUER 1995, FRANZ & KRIEG 1982, SWADENER

1994).

Durch die potenzielle Resistenzentwicklung seitens der Zielorganismen ist zu befürchten, dass auch Spritzpräparate, die derzeit für den ökologischen Landbau eine wichtige Alternative gegen-über konventionellen Insektiziden darstellen, längerfristig nicht mehr angewendet werden können.

Nach erfolgreicher Bekämpfung eines Schädlings ist es denkbar, dass sich ein bis dahin neutraler Organismus zum Sekundärschädling entwickelt (MILLER 1990a, zitiert nach NEEMANN &SCHERWAß

1999). Eine oder mehrere Arten können mit größerer Populationsdichte auftreten als vor dem Ein-satz der Toxin-exprimierenden Pflanzen.

Mais mit B.t.-Toxin wurde in der EU bisher dreimal zugelassen (einmal mit Einschränkungen) und zweimal beantragt.

4.2.1 Relevanz für ein Monitoring

Aufgrund der genannten Effekte ist ein Monitoring von Auswirkungen auf Ziel- und Nichtzielöko-systeme mit hoher Priorität geboten. Hier sind besonders auch die sekundären Wirkungen im Ag-rarökosystem zu berücksichtigen. Weiterhin ist es erforderlich, regelmäßige Erhebungen zum Re-sistenzniveau der Zielorganismen durchzuführen. Dabei muss auch die unterschiedliche Anzahl von Generationen in den verschiedenen geographischen Räumen berücksichtigt werden. Außer-dem sollten im Rahmen des Monitorings auch Expositionsabschätzungen vorgenommen werden, die z.B. Auswirkungen von Pollenablagerungen auf pflanzlichen Oberflächen berücksichtigen.

In Deutschland werden Gene für B.t.-Toxine zunächst nur in Mais zu finden sein (Cry I A(b) und dieser Mais wird voraussichtlich nur in den Befallsgebieten angebaut werden (z.B. Süddeutsch-land, Oderbruch). Ein Monitoring sollte daher zunächst regional und exemplarisch erfolgen. Eine geographisch bedeutendere Verbreitung werden B.t.-Gene erfahren, wenn Kartoffeln mit einer Re-sistenz gegen Kartoffelkäfer (Cry III A) angebaut werden. Bis zu diesem Zeitpunkt sollte daher ein Monitoring-Konzept für Kartoffeln vorliegen.

Einstufung: Hohe Priorität für B.t.-Mais in Anbaugebieten mit und ohne Maiszünsler-Befall, Bildung einer Datengrundlage für ein Resistenzmanagement.

Ebenfalls hohe Priorität bei Zulassung von B.t.-Kartoffeln.

4.3 Virusresistenz

Der Anbau virusresistenter Pflanzen könnte zur Reduzierung des Insektizideinsatzes gegen virus-übertragende Insekten und zur Sicherung der Erträge beitragen. Umweltwirkungen virusresistenter Pflanzen sind aber je nach verwendetem Mechanismus differenziert zu beurteilen.

Mögliche Auswirkungen der Virusresistenz werden hier am Beispiel der Hüllprotein-Gen vermittel-ten Strategie vorgestellt. Eine weitere Möglichkeit der Erzeugung von Virusresisvermittel-tenz setzt dagegen am Langstreckentransport von Virus-RNA im Phloem an und verhindert die Verbreitung und Ver-mehrung der Viren in der Pflanze. Diese Strategie wird z.B. bei gentechnisch eingebrachter Resis-tenz gegenüber dem Kartoffelblattrollvirus (Potatoe-Leafroll-Virus, PLRV) verfolgt. Als dritte Strate-gie kann Virusresistenz mittels Satelliten-RNA erreicht werden. In Italien geplante Feisetzungen wurden nur unter strengen Auflagen genehmigt, da aufgrund der hohen Instabilität dieser Sequen-zen ein Risiko für die Umwelt gesehen wurde. Diese Strategie wird nicht weiter verfolgt.

Die Hüllprotein-Gen vermittelte Strategie, die bislang am häufigsten angewandt wird, stellt eine modifizierte Variante des „cross-protection-Konzepts“ dar. Bei dieser sogenannten Kreuzresistenz sind Zellen gegen eine Infektion durch pathogene Viren geschützt, wenn in den Zellen bereits an-dere Viren vorhanden sind (SANFORD &JOHNSTON 1985).

Verschiedene Risiken werden bei Vorliegen einer Mischinfektion gesehen (FALSK & BRÜNING

1994): Einerseits können Synergismen auftreten, d.h. es kann zu einer Symptomverstärkung Hüll-protein-vermittelter Funktionen durch Interaktion mit dem fremden viralen Hüllprotein kommen (z.B.

erleichterte Ausbreitung in befallenen Pflanzen, erleichterte Erreichbarkeit für neue Vektoren). Ein weiteres Risiko besteht in der heterologen Enkapsidierung. Hierbei kommt es zur Neukombination von exprimiertem, transgenen Hüllprotein und der RNA fremder Viren. Einzelne Fälle von „Neuver-packungen“ zwischen verschiedenen Stämmen konnten nachgewiesen werden (FARINELLI et al.

1992). Klonierte Hüllproteine können außerdem Helfervirusfunktionen besitzen. Die fremdverpack-ten Virusgenome können von den zu dem Hüllprotein passenden Vektoren in andere Pflanzen ü-bertragen werden, die vorher keine Wirtspflanzen für diesen Virus darstellten. Hierdurch kann zu-mindest ein einmaliger Wirtswechsel stattfinden.

Das transgene Capsid kommt im Gegensatz zu natürlicher Infektion in der gesamten Pflanze vor und ist dadurch potentiell anderen Vektoren zugänglich, als nur in der Wurzel (dies gilt z.B. für den Rizomania-Virus bei Wurzelinfektion). Darüber hinaus kann es zu einer RNA-Rekombination von transgenem Hüllprotein mit RNA-replizierenden Viren kommen, z.B. durch den sogenannten „copy-choice-Mechanismus“ (Matrizenwechsel während der Replikation). Dies kann zu neuen Viren oder zu Viren mit veränderter Virulenz führen. Die Rekombinationsmöglichkeiten hängen dabei von der eingeführten Sequenz und ihrer Länge einerseits und von dem betroffenen Virus andererseits ab.

Bei den Freisetzungen Rizomania-resistenter Zuckerrüben konnte jedoch keine Rekombination mit anderen Viren festgestellt werden, was auf den relativ geringen Verwandtschaftsgrad des Rizoma-nia-Virus (beet necrotic yellow vein virus, BNYVV) mit anderen Virusarten zurückgeführt wird (K Ö-NIG et al. 1995).

Im Zielökosystem sind Gene für Virusresistenzen bei Befall selektiv vorteilhaft für die angebauten Pflanzen selbst, transgene Durchwuchspflanzen und für transgene Hybride nach erfolgreichem Auskreuzen auf wildverwandte Arten, sofern diese ebenfalls für das entsprechende Virus sensitiv sind. In Agrarökosystemen ist sowohl Zuckerrüben- als auch Kartoffeldurchwuchs gut zu bekämp-fen. Im Nicht-Zielökosystem bieten Virusresistenzen bei Befall solchen Pflanzen Selektionsvorteile,

die ebenfalls Wirtspflanzen sind und keine natürliche Resistenz besitzen. So wird z.B. die Rizoma-nia-Resistenz für bekannte Wildrübenpopulationen an Nord- und Ostsee keinen erheblichen Selek-tionsvorteil bedeuten, da es sich hierbei nicht um Befallstandorte handelt und viele Wildrübenpopu-lationen natürliche Resistenzen aufweisen (GEYL et al. 1995). Die Verbreitung von Virusresisten-zen in Wildpopulationen bedeutet aber nicht nur einen Selektionsvorteil, sondern birgt auch die be-reits oben genannten Risiken in sich, da Virosen in Wildpflanzen bisher nur unzulänglich erfaßt sind (ECKELKAMP et al. 1997, DANNEBERG &DRIESEL 1997) und in den meisten Wirtskreislisten der Viren solche Pflanzenarten fehlen, in denen symptomlose Infektionen vorwiegen (DINOOR 1974).

Auch Einkreuzungen in Gärten könnten problematisch werden, wenn Gärten verwildern und trans-gene Hybriden nicht entfernt werden.

Die bisher bekanntesten Beispiele für gentechnisch hervorgerufene Virusresistenzen sind die Ri-zomania-Resistenz bei Zuckerrüben sowie die Virus-Y-Resistenz (PVY) und die Potatoe-Leafroll-Virus-Resistenz (PLRV, keine Hüllprotein-Gen vermittelte Strategie) bei Kartoffeln. Kartof-feln und auch Kulturrüben mit Virusresistenz werden derzeit freigesetzt, Anträge auf Inverkehrbrin-gen lieInverkehrbrin-gen aber noch nicht vor.

4.3.1 Relevanz für ein Monitoring

Wenn es zum Anbau virusresistenter, mit Wildpflanzen kreuzbarer Kulturpflanzen, hier z.B. Kultur-rüben, im kommerziellen Maßstab kommt, lässt sich für ein Monitoring aufgrund der zuvor genann-ten Eigenschafgenann-ten des Zielgens in Kombination mit entsprechenden Eigenschafgenann-ten der Kulturrüben eine mittlere bis hohe Priorität für Gebiete mit sensitiven Kreuzungspartnern ableiten.

Bei kommerziellem Anbau virusresistenter Kartoffeln wird eine mittlere Priorität für ein Monitoring gesehen. Die Priorität lässt sich dabei nicht von der Kulturpflanze ableiten, da Kartoffeln im Hin-blick auf Umweltwirkungen als unproblematisch gelten. Vielmehr sind Viren, die im Zusammen-hang mit Kartoffeln von Interesse sind, noch wenig im Hinblick auf mögliche Rekombination bzw.

heterologe Enkapsidierung untersucht. Hier besteht Forschungsbedarf.

Das Auftreten von Pflanzenviren wird derzeit regelmäßig von den Pflanzenschutzämtern über-wacht. Hier könnten unter Umständen auch Daten zu neuen Viren gesammelt werden.

Einstufung: Insgesamt derzeit geringere Priorität, Forschungsbedarf.

Bei Zulassung Rizomania-resistenter Kulturrüben: Mittlere bis regional begrenzt hohe Priorität;

Bei Zulassung virusresistenter Kartoffeln: Mittlere Priorität;

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