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Exkurs: Konstruktive Strategien im Werk von Kögler und deren Bezug zu den theoretischen und praktischen Ansätzen von Klee und Kandinsky theoretischen und praktischen Ansätzen von Klee und Kandinsky

In einem knapp gefaßten Überblick über das konstruktive Potential sowohl inhaltlicher als auch gestalterischer Art, das sich in Köglers Bildfindungen sämtlicher Werkphasen auf unterschiedliche Weise manifestiert, soll der Umfang der von Kögler adaptierten konstruktiven Strategien aufgezeigt werden. Dabei rückt als deren Quelle zunächst die an der Ausbildungsstätte vermittelte Analyse bildnerischer Mittel in den Blick, die auf die am Bauhaus vermittelten Lehrinhalte zurückgeht. Als wichtige Einzelpersönlichkeiten können in diesem Zusammenhang Paul Klee und Wassily Kandinsky gelten. Deren theoretische und praktische Ansätze werden unter dem Aspekt konstruktiver Gestaltungsprinzipien vorgestellt. Auch der russische Konstruktivismus soll in diesem Zusammenhang Erwähnung finden.

Konstruktive gestalterische Strategien entfalten sich in Köglers Arbeiten in unterschiedlichen Aspekten, angeregt durch die Auseinandersetzung mit verschiedenen Kunstrichtungen, deren konstruktives Potential Gegenstand von Köglers Interesse wird. Sie finden sich nicht nur in Arbeiten, die in Verbindung mit konstruktivistischen Tendenzen stehen. So kann neben anderen Stilen der klassischen Moderne auch der französische Kubismus auf konstruktive Strategien hin ausgedeutet werden, ebenso wie gestalterische Ansätze im Werk einzelner Künstlerpersönlichkeiten. In einem Überblick über Köglers gesamtes Schaffen zeigt sich eine Adaption von Gestaltungsprinzipien unterschiedlicher Kunstrichtungen zu unterschiedlichen Zeiten. Ihnen gemeinsam ist jedoch ein bildstrukturierendes Potential, das auf tektonischen Gestaltungsprinzipien beruht, sowie eine konstruktive Art der bildlichen Verschränkung und eine Tendenz zu geschlossenen geometrischen Formfindungen.

In weiteren Exkursen an anderer Stelle sollen daher konstruktive Prinzipien im französischen Kubismus, in der Geometrischen Abstraktion und im Werk einzelner Künstlerpersönlichkeiten untersucht werden, deren gestalterische Strategien Kögler rezipiert.

Bereits in Köglers Arbeiten, die während der Studienjahre entstanden, zeigt sich eine gestalterische Strategie, die als isolierter Einsatz der zuvor auf analytischem Weg gewonnenen Gestaltungsmittel Linie und Farbfläche bezeichnet werden kann.

Die Pflanzenstudien, die der Künstler im Rahmen der Ausbildung an der HfbK anfertigte, verfolgen den Zweck der Isolierung der gestalterischen Mittel, indem der Gegenstand, zumeist

das Pflanzenblatt, in Kontur- und Binnenlinien erfaßt und mit einem Farbauftrag zusammengestellt wurde, der nicht aus der Anschauung des Gegenstandes abgeleitet ist. Andere Arbeiten, beispielsweise die in mehrere Bildregister unterteilten und in kräftigen Buntfarben gehaltenen Studien von Pflanzen vor Architektur, zeigen sowohl Ansätze einer Formsynthese durch das Zusammenfassen komplexer Gebäudestrukturen zu einer Farbfläche, in deren Konturierung der gegenständliche Bezug gewahrt bleibt, als auch Ansätze einer Abstraktion vom Besonderen, Einmaligen durch gleichförmige Gestaltung. Hier tritt die Intention einer Rhythmisierung der Bildfläche innerhalb eines bildlichen Ordnungsgefüges jenseits einer Abschilderung realer Verhältnisse zutage.

Als Problemstellungen lassen sich die Gliederung der Bildfläche, der im Hinblick auf die Gesamtkomposition ausgewogene Einsatz der linearen und flächenhaften Gestaltungsmittel und die Erschließung eines bildlichen Tiefenraumes durch unterschiedliche gestalterische Strategien benennen.

Damus bezeichnet die sich hierin manifestierende, für die Künstler im Nachkriegsdeutschland charakteristische künstlerische Positionsbestimmung als das Bemühen, zum „Wesen der Dinge“ vorzustoßen.77 Diese Haltung sei mit einer Abstoßung alles Zufälligen einhergegangen.

Allerdings habe dies auch eine Abkehr von allem historisch Konkreten bedeutet, vom aktuell Gesellschaftlichen und Politischen. Dennoch sei der Kunst gerade in dieser Eigenbestimmung kompensatorische Funktion zugefallen, indem sie Orientierung in einer unübersichtlichen gesellschaftlichen Situation geboten habe.78 In diesem Sinne beurteilt auch noch Skutsch anläßlich einer Gruppenausstellung im Haus am Waldsee, an der Kögler 1957 teilnahm, den gemeinsamen Ansatz der ausstellenden Künstler. Er lobt die Verbindlichkeit der Gestaltung als eine der Willkür zeitgenössischer Abstraktion entgegenstehende Grundlage künstlerischer Leistung, in der sich „Ernst, Echtheit und Klarheit eines Malens von heute“ manifestiere.79 Die in der Ausstellung präsentierten Arbeiten weisen abstrakte, nicht jedoch gegenstandslose Gestaltungsansätze auf.

Auch in den Auftragsarbeiten, die Kögler in diesen frühen Jahren ausführte, zeigt sich eine von der Abschilderung der Wirklichkeit losgelöste gestalterische Intention. So arbeitet Kögler in

77 Vgl. hier und im folgenden Damus 1995, S.53, dort auch das Zitat.

78 Vgl. ebenda, S.102.

79 Vgl. Skutsch, a. a. O., o. S.

dem 1948 entstandenen Deckengemälde mit einem abstrakten Formenvokabular, das sich aus farbigen Flächenformen zusammensetzt, die innerhalb einer orthogonalen Gliederung als Module mit voneinander abweichenden Binnengestaltungen angeordnet sind. Die Binnenzeichnung setzt sich aus Linien unterschiedlichen Charakters zusammen. Offene Schraffuren aus parallel geführten Linien stehen geschlossenen kurvilinearen Formulierungen gegenüber. Das Lineament ist als zweites Gliederungssystem über die orthogonale Struktur der Flächenformen gelegt und ergibt in der Zusammenschau der Kompartimente eine geometrische Figur.

In anderer Weise stellt sich die Lösung der Flächengestaltung im Dekorentwurf für einen Vorhang von 1951 dar. Ebenfalls dient ein orthogonales Gliederungssystem der Strukturierung der Fläche. In dieses eingetragen sind geometrische Formulierungen, die zum Teil als plastisch gestaltete stereometrische Körper ausgearbeitet sind. Hierdurch und durch die räumliche Wirkung der Farben präsentiert sich das Formengefüge als räumliche Anordnung.

Die in den Arbeiten aus dem Bereich der angewandten Kunst zu beobachtende, durchwegs abstrakte Formensprache weicht in den Gemälden einem gegenstandsbezogenen Vokabular.

Köglers Interesse richtet sich in den folgenden Jahren auf die Setzung eines orthogonalen Gliederungssystems, das die Bildfläche erschließt. In dieses werden Module eingetragen, die Träger gegenständlicher bzw. vom Gegenstand zeichenhaft abstrahierter Formulierungen sind.

Architektonische und vegetabile Formen, aber auch landschaftliche Angaben und Gestirne werden auf diese Weise in ein auf tektonischen Prämissen beruhendes Bildgerüst eingefügt.

Räumlichkeit wird durch Überlagerung von Bildelementen, durch die perspektivische Lesbarkeit geometrischer Flächenformen und durch die an realen Verhältnissen orientierte Wahrnehmung beispielsweise zweier in unterschiedlichen Farbnuancen gestalteter Flächenformen als beleuchtete und verschattete Partie einer Architektur oder einer landschaftlichen Formation erreicht.

Die Einbindung der Bildelemente in ein übergeordnetes System der Flächengliederung bleibt in den Arbeiten aus der Mitte der 50er Jahre erhalten. Diese als Gitterstruktur ausgeprägte Gliederung kann, bei einer Veränderung des Bildvokabulars unter Einfluß bildlicher Lösungen von Léger, Baumeister oder den französischen Kubisten, als orthogonal gestaltetes Lineament in Partien der Komposition in Erscheinung treten.

In Arbeiten aus der zweiten Hälfte der 50er Jahre zeigen sich im Hinblick auf die gegenständliche Ausarbeitung der Bildelemente Tendenzen einer fortschreitenden Reduktion, die in der Konzentration der motivischen Formulierungen auf Elemente liegt, die dem technischen Bereich entlehnt sind. Diese werden in Gefügen zusammengestellt, die durch Überlagerung einzelner Bildelemente und eine damit verbundene Verschattung der scheinbar dahinter plazierten Formen als Anordnung in Raumschichten gekennzeichnet sind. Die Bildelemente sind nun aus flächigen Partien und partiell verräumlichten Teilelementen zusammengesetzt. Diese Verräumlichung ist durch plastische Modellierung angezeigt. Aus der reinen Flächengliederung durch orthogonale Strukturen wird ein Gefüge von flächenhaft konzipierten Elementen, das räumliches Potential besitzt. Die Bildelemente stellen dadurch in konzeptioneller Hinsicht ein Äquivalent zu den tektonischen Prinzipien dar, die der Gliederung der Komposition zugrunde liegen, indem sie als gegenstandsentlehnte Formulierungen mit funktional bedingten konstruktiven Gestaltungsprinzipien auftreten. Dies trifft beispielsweise auf das häufig verwendete Motiv des T-Trägers zu.

Gegen Ende der 50er Jahre werden die gegenständlich definierten Bildelemente in Farbformen überführt, die unter Anwendung dynamisierender Strategien zusammengestellt sind. Die Tektonik als Grundlage der Bildkomposition bleibt jedoch in Form einer Ausrichtung der Bildelemente in horizontaler und vertikaler Anordnung erhalten. Auch sind die Bildelemente weiterhin in räumlicher Staffelung angeordnet, wobei diese durch Abschattierung des Farbauftrages von Einzelelementen und durch Überlagerungen kenntlich gemacht ist. Die von einem gestischen Farbauftrag beherrschten Bildfindungen vom Ende der 50er und vom Beginn der 60er Jahre stellen keine gegenstandslosen Kompositionen dar, vielmehr sind sie aus gegenständlichen Motiven abgeleitet, wie etwa den durchfensterten Mauern italienischer Palazzi. Die konstruktiven Prinzipien folgende Anordnung der Bildelemente nimmt wiederum auf konstruktiv formulierte Motive Bezug. Gleiches gilt für die ebenfalls in Italien konzipierten landschaftlich inspirierten Arbeiten.

In der Mitte der 60er Jahre werden die Bildelemente erneut verfestigt. Dies geht mit deren detaillierter gegenständlicher Ausarbeitung einher. Kögler präsentiert frontal erfaßte architektonische Konstruktionen, deren motivische Details als isolierte Gestaltungsmittel in Erscheinung treten, etwa in Form eines nicht an die gegenständliche Formulierung gebundenen Farbauftrages.

Im Verlauf der 70er Jahre erweitert Kögler das motivische Repertoire auf Gerätschaften unterschiedlicher Herkunft, deren konstruktiv-funktionaler Aufbau die bildliche Gliederung bestimmt. Hinzu treten Bildelemente, die aus gefalteten Papieren abgeleitet zu sein scheinen.

Hier bildet der konstruktiv bedingte Zusammenhalt der sich in unterschiedlichen Bildebenen entfaltenden Elemente die Grundlage für deren Verwendung.

In der zweiten Hälfte des Jahrzehnts läßt sich eine zunehmende Isolierung einzelner gegenständlich konzipierter Bildmotive beobachten, die sich in der Vereinzelung der Motive innerhalb einer in Register aufgeteilten Bildfläche manifestiert.

Ab diesem Zeitpunkt treten abstrakte geometrische Farbformen zum bildlichen Vokabular hinzu, die eine Erweiterung konstruktiver Gestaltungsmodi erlauben, indem sich durch sie farbräumliche Phänomene, perspektivische Deutungen farbiger Flächenformen und eine Neubewertung des Figur-Grund-Problems erschließen. Diesem Komplex konstruktiver Gestaltungsstrategien in der Bildsprache geometrischer Abstraktion ist ein eigener Exkurs an anderer Stelle gewidmet.

Kögler gewinnt sein bildliches Vokabular zunächst aus dem Einsatz der zuvor in einem analytischen Vorgang isolierten bildnerischen Mittel Linie, Form und Farbe. Als raumhaltiges Pendant gehen stereometrische Körper in das motivische Repertoire des Künstlers ein. Dinghaft ausformuliertes bildliches Vokabular wird zunächst einer Flächengliederung eingeschrieben und erst nach 1953 nach freien kompositorischen Prinzipien angeordnet, die zumeist Räumlichkeit beinhalten, wobei auch freie Linien und Flächenformen weiterhin zum Repertoire gehören.

Im Hinblick auf die Organisation des Bildfeldes tritt zum einen das Erschließen der Bildfläche durch eine orthogonale Struktur in den Blick des Künstlers. Zum anderen entwickelt Kögler das Konzept eines raumhaltigen Gefüges von Bildbausteinen, die aus der Erstellung von bildlichen Modulen erwachsen und mit der Anwendung einer orthogonalen Flächengliederung einhergehen. Eine Zusammenstellung der auf diese Weise gewonnenen Elemente kann unter dynamisierenden Aspekten erfolgen, indem das orthogonale Flächenraster zugunsten gegen-einander verschobener, gegen-einander überlagernder Bildelemente aufgegeben wird. Dies geschieht in der zweiten Hälfte der 50er Jahre.

Diese Verhältnismäßigkeiten definieren das gestalterische Repertoire der folgenden Werkphasen. Die Tektonik ist dabei stets als eines der Grundprinzipien der Komposition

beibehalten. Konstruktive Aspekte ergeben sich auch aus der Notwendigkeit einer kompositorischen Verschränkung der Bildelemente auf der Fläche und im Bildraum durch Überlagerung, Überblendung mit einhergehenden Transparenzen und Farbwechseln und durch Verschattungen zur Ausdeutung des räumlichen Potentials.

Die Voraussetzungen für die Entfaltung konstruktiver Gestaltungsprinzipien in Köglers Werk sind in den im Rahmen der künstlerischen Ausbildung an der HfbK vermittelten gestalterischen Grundlagen zu sehen. Die Studien pflanzlicher Strukturen zeigen eine getrennte Behandlung von Linie und Farbe, wobei sich die Formgebung beiden Aspekten anverwandeln kann. Anhand von stereometrischen Körpern und Verspannungen, die diese im Raum fixieren und auf andere Weise als durch geschlossene Oberflächen definieren, werden räumliche Problemstellungen erfaßt und bildlich umgesetzt, wobei die Verspannungen als räumliches Pendant zur freien Linie gelesen werden können.

Beide Felder künstlerischer Ausbildung machten mit unterschiedlichen Ansätzen bildlicher Gestaltung vertraut, indem sie jenseits einer Abschilderung von Wirklichkeit grundlegende gestalterische Prinzipien vermittelten. Darüber hinaus stellten sie ein motivisches Vokabular zur Verfügung, das sowohl im Bereich angewandter Kunst als auch in der freien künstlerischen Arbeit Anwendung fand. Dieser spartenübergreifende Ansatz künstlerischer Formgebung und der Anwendung gestalterischer Prinzipien ist als eine Weiterführung des Bauhausgedankens zu sehen. Im Rahmen des Exkurses zur Situation an der HfbK in den 50er Jahren wurde bereits erwähnt, daß die Implementierung einer dem Bauhaus-Lehrplan entlehnten Strukturierung der Ausbildung an deutschen Kunsthochschulen nach dem Krieg sehr bewußt vollzogen wurde.

Damus dagegen sieht in der Organisation der Institute keine Umsetzung der Bauhaus-Strukturen, erkennt jedoch eine erwünschte Verbindung zwischen angewandten und freien Bereichen künstlerischen Schaffens als Übernahme dieses wichtigen Aspektes des Bauhausgedankens an.80 Wick stellt eine Übernahme von Strukturen der Lehre am Bauhaus in Form von Vorkursen an den Kunsthochschulen der Bundesrepublik fest, kritisiert jedoch eine häufig auftretende Verkürzung der Lehrgänge gegenüber dem System Bauhaus.81

80 Vgl. Damus 1995, S.129.

81 Vgl. Rainer Wick, Rezeptionsgeschichtliche Randbemerkungen zur Bauhaus-Pädagogik, in: Ders. (Hrsg.), Ist die Bauhaus-Pädagogik aktuell?, Köln 1985, S.42 ff.

In den an der Hochschule vermittelten Lehrinhalten zu Flächengliederung und räumlichen Problemstellungen spiegeln sich allerdings auch zeitgenössische künstlerische Ansätze, die ihrerseits auf vor dem Zweiten Weltkrieg entwickelten gestalterischen Lösungen beruhen. Im Hinblick auf räumliche Gestaltungen in abstrakter Formensprache muß neben der englischen Bildhauerin Barbara Hepworth auch ihr Landsmann Henry Moore Erwähnung finden, dessen organoide Formschöpfungen den plastisch umschriebenen Raum als im gestalterischen Sinn aktive Partie in die figurale Gestaltung einbeziehen. Bereits in den 30er Jahren durchlöcherte Moore Holzskulpturen, um sich „der Räume innerhalb der Skulptur bewußt“ zu werden.82 So zeigt die aus Ulmenholz gefertigte Arbeit „Hole and Lump“ von 1934 (H. 68,6 cm)83 eine organische Formgebung, die Eintiefungen und Erhebungen aufweist. Moore gestaltete auf diese Weise unterschiedliche räumliche Schichten; als Pendant zu einer kreisscheibenförmigen Erhebung ist an anderer Stelle der Skulptur ein ebensolches Loch eingetieft.

Derartige bildnerische Lösungen, gekleidet in eine abstrakte Formensprache, die freies Lineament ebenso wie sphärisch gekrümmte Ebenen einschließt, finden sich in dreidimensionaler Formulierung auch bei Künstlern des russischen Konstruktivismus, so zum Beispiel bei Antoine Pevsner. Dessen „Schwarze Lilie“ von 1943 (Bronze, 54 × 35 × 45 cm)84 zeigt ein Gefüge aus komplexen stereometrischen Formulierungen, die kreisförmige Aussparungen als aktive Elemente der plastischen Schöpfung mit sphärisch gekrümmten Ebenen kombinieren. Pevsner hatte sich bereits in den Jahren 1911 bis 1915 in Paris aufgehalten, wohin er 1923 übersiedelte.85

In bildlicher Übertragung finden sich Lösungen räumlicher Schichtung, die bei den Plastikern russischer Herkunft sowie bei Moore und Hepworth vorgebildet sind, auch in Köglers Werk der zweiten Hälfte der 50er Jahre, ohne daß eine direkte Verbindung zum Werk dieser Künstler nachgewiesen werden könnte. Allerdings hielt sich Kögler im Jahr 1948 für einige Monate in England auf.86 Näheres ist über den Aufenthalt nicht bekannt, allerdings kann angenommen werden, daß sich der Künstler Kenntnisse über die zeitgenössische englische Kunst aneignete.

82 Zitiert in englischer Originalsprache in H. Felix Man, Eight European Artists, London 1954, o. S.,

nachgedruckt in: Philip James, Henry Moore, Über die Plastik – Ein Bildhauer sieht seine Kunst, (dt.) München 1972, S.118, dort ins Deutsche übertragen., zitiert bei Julie Summers, Katalogeintrag, in: Henry Moore.

Ursprung und Vollendung, AK, München, New York 1996, Kat. Nr.28, S.86.

83 Vgl. ebenda , Kat. Nr.28, Abb. S.87.

84 Vgl. Von Kandinsky bis Tatlin. Konstruktivismus in Europa, AK, Schwerin 2006, Abb. S.97.

85 Vgl. N. N., Biographie Antoine Pevsner, ebenda, S.182.

86 Diese Auskunft verdankt die Verfasserin Helen Kögler.

Dabei traten wahrscheinlich nicht nur dreidimensionale Arbeiten in Köglers Blick. Auf die Systematisierung der Bildkomposition bei Anwendung einer abstrakten Formensprache in den Reliefs von Ben Nicholson soll an entsprechender Stelle der Werkanalyse noch eingegangen werden.

Karl Hartung ging in seinen an der HfbK vermittelten Ansätzen plastischen Gestaltens im Gegensatz zu den englischen Plastikern von einer „gestalteten festen Form mit ihrer stofflichen Masse“ aus; eine Raumerschließung im Sinne der Einbindung umschriebener Hohlräume findet sich bei ihm nicht.87 Vielmehr wirkte er als bedeutender Vermittler abstrakter französischer Tendenzen in der Tradition der kubistischen Plastik sowie von Constantin Brancusi und Hans Arp.

Kögler behandelt die Leerstelle, die sich aus der Lochung flächenhaft gestalteter Elemente ergibt, als kompositorisch aktives Potential, indem er die Stelle als Scharnier zur Verschränkung von Bildelementen nutzt. Dies ist etwa in der Arbeit „Komposition mit Eisenteilen“ von 1956 (Öl auf Hartfaserplatte, 116 × 165 cm, Abb.29) der Fall. Auch finden sich in Köglers Werk der 50er Jahre Kombinationen von räumlich ausgedeuteten Elementen, Lochungen und freiem Lineament, dem durch eine Anordnung in räumlich zu lesenden Schichten ebenfalls raumhaltiges Potential eignet. Dies zeigt sich zum Beispiel in der Arbeit

„Landschaftliches“88, die ebenfalls im Jahr 1956 entstand. Er steht damit den sich in der zeitgenössischen englischen Plastik manifestierenden Ansätzen der „Raumeroberung“89 näher als die in Berlin lehrenden Plastiker, wobei in seinen um die Mitte der 50er Jahre entstandenen Arbeiten sowohl im Hinblick auf das bildliche Vokabular als auch auf gestalterische Strategien der Einfluß des französischen Kubismus in Erscheinung tritt.

Entstanden diese bildlichen Lösungen auch aus einer gewissen Zwangsläufigkeit heraus, die aus der räumliche Anordnung der Bildelemente einerseits und der Notwendigkeit einer kompositorischen Verknüpfung andererseits erwuchs, so besteht immerhin die Möglichkeit, daß diese Formulierungen tatsächlich über die am Bauhaus erarbeiteten gestalterischen Lösungen als Lehrinhalte in die künstlerische Ausbildung an der HfbK eingeflossen waren.

87 Vgl. hier und im folgenden Thomas, a. a. O., S.65.

88 Vgl. AK, Ettlingen 2006, Abb. S.44 links oben.

89 Zitiert nach Thomas, a. a. O., S.65.

Auch im Hinblick auf eine Flächengliederung boten sich am Bauhaus erarbeitete bildliche Gestaltungen als Lösungsvorgaben an.

Vielfältige Beziehungsstränge ergeben sich daraus, daß in die am Bauhaus vermittelte Gestaltung auch Formideen des russischen Konstruktivismus eingingen.90 So bezog der mit russischen Vertretern des Konstruktivismus bekannte Kandinsky ab Mitte der 20er Jahre konstruktivistische Bildelemente in seine Gestaltungen ein. Auf dem Gebiet der Malerei wie der plastischen Gestaltung bestand auch über den konstruktivistisch arbeitenden Moholy-Nagy Kontakt zu osteuropäischen Künstlern.91

Der russische Konstruktivismus war im Hinblick auf die Malerei zunächst eher von der dynamischen Weiterentwicklung des französischen Kubismus, dem Futurismus, beeinflußt.92 Dabei traten abstrakte bildliche Lösungen, die auf der Anordnung von Farbformen, deren Verknüpfung und einer durch diese erschlossenen Bildtiefe beruhen, in den Blick der Künstler.

In den nach 1910 entstandenen Arbeiten zeigen sich jedoch Einflüsse des synthetischen Kubismus, neben Malewitsch sind die Künstlerinnen Liubow Popowa und Nadeschda Rozanowa als dessen Rezipienten zu nennen.93

In dreidimensionalen Gestaltungen setzten sich russische Plastiker mit der Ausdeutung unterschiedlicher Raumkonzepte auseinander. So ging zum Beispiel Wladimir Tatlin in seinen Konter-Reliefs von Collage-Techniken aus, die aus der Malerei entlehnt waren, um die im malerischen Medium illusionierte Räumlichkeit in Realität zu übertragen.94

Ähnlich gelagerte Problemstellungen beschäftigen auch Kögler, allerdings vollzieht dieser im Hinblick auf dreidimensionale Ansätze stets eine Rückübersetzung plastischer Formulierungen in die Fläche des Bildes. Die Ausdeutung des Raumes mit Hilfe perspektivischer Darstellung behält er in sämtlichen Schaffensphasen bei; in der zweiten Jahrhunderthälfte treten jedoch andere Raumkonzepte konkurrierend hinzu.

90 Vgl. Gerhard Graulich, Vom Bauhaus zu Abstraction-Création zur Internationalisierung des Konstruktivismus, in: AK, Schwerin 2006, a. a. O., S.101 ff., hier S.103.

91 Zu den konstruktivistischen Ansätzen bei Kandinsky und Moholy-Nagy vgl. auch Will Grohmann, Die Maler des Bauhauses, in: 50 Jahre Bauhaus, AK, Stuttgart 1968, S.217 f., hier S.217.

92 Vgl. hier und im folgenden Rotzler, a. a. O., S.38 ff.

93 Zu diesen vgl. auch Kornelia von Berswordt-Wallrabe, Suprematismus und Konstruktivismus. Vehemenz einer revolutionären Entwicklung, in: AK, Schwerin 2006, a. a. O., S.11 ff.

94 Vgl. Rainer Georg Grübel, Russischer Konstruktivismus. Künstlerische Konzeptionen, literarische Theorie und kultureller Kontext, Wiesbaden 1981 (Opera Slavica, NF, Bd.1), S.33.

Nicht nur über das Bauhaus wurden jedoch Einflüsse des russischen Konstruktivismus in den Westen vermittelt; Berlin war in den 20er Jahren eine Drehscheibe konstruktivistischer Strömungen, die von dort aus zu internationaler Geltung gelangten.

Ein Rekurs auf Gestaltungsstrategien des französischen Kubismus findet sich auch um die Mitte der 50er Jahre in Köglers Werk. Eine Vermittlung erfolgte jedoch weniger über die Kenntnis der Werke von russischen Konstruktivisten als über die direkte Auseinandersetzung mit dem Kubismus französischer Prägung.

Im Hinblick auf das Ausbildungskonzept, das, wie an anderen Kunsthochschulen so auch an

Im Hinblick auf das Ausbildungskonzept, das, wie an anderen Kunsthochschulen so auch an