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Exkurs: Zur Léger-Rezeption bei Kögler

Fernand Léger setzte sich in seinem künstlerischen und theoretischen Werk mit den technischen Neuerungen seiner Zeit auseinander sowie mit den Anmutungen von Schnelligkeit und Simultaneität, die kollektiv als Folge einer auf technische Innovationen gegründeten wirtschaftlichen Entwicklung erlebt wurden.202

Léger entwickelte bereits zwischen 1913 und 1923 eine Kunsttheorie, die auf dem Kontrast der Formen aufbaut. Dieser Formkontrast wurde bestimmend für sein künstlerisches Werk.203 Kontrast bedeutet für Léger Dissonanz und folglich ein Maximum an Ausdruckskraft.204 Diese Theorie wurde parallel zu den Werken, in denen sich deren Prinzipien bildlich manifestieren, in Form von Texten und Vorträgen entwickelt.205 Zu den beiden Texten Légers, in denen sich die wesentlichen Gestaltungsprinzipien des Formkontrastes niederschlagen, gehören „Malerei heute“ aus dem Jahr 1914 und „Was stellt das dar?“ aus dem vorangegangenen Jahr.206 Die dort dargelegten ästhetischen Prinzipien beruhen auf einem „konzeptionellen“ Realismus, der durch die Dynamik bildnerischer Kontraste erzielt wird.207 Im Gegensatz zu dem „visuellen“

Realismus vorangegangener Epochen verwirft Léger die sich dort manifestierenden abbildhaften Elemente Motiv, Sujet und Perspektive.208 Die entscheidenden Prinzipien des plastischen bildnerischen Kontrastes bestehen, so Léger, aus dem Zusammenwirken von Form, Linie und Farbe.209 Diese bildgestalterischen Mittel werden im Bild in eine additive Beziehung zueinander gebracht, indem „Gruppen gleichartiger Formen andersartigen Formengruppen gegenüberstehen“210. Léger erläutert diese Strategie unter anderem anhand von Rauchwolken, die als kurvilineare Formulierungen gestaltet und zwischen rechtwinklig konturierte Flächen

202 Vgl. dazu umfassend Stephen Kern, The Culture of Time and Space 1889-1918, Cambridge (Mass.) 1983.

203 Vgl. Dorothy Kosinski, Sprache der modernen Welt. Légers Schaffen zwischen 1911 und 1924, in: Fernand Léger 1911-1924. Der Rhythmus des modernen Lebens, AK, München, New York 1994, S.16 ff., hier S.18.

204 Vgl. Fernand Léger, Malerei heute, in: Fernand Léger, Mensch, Maschine, Malerei (dt. Übers. Robert Füglister),Bern 1971 (im folgenden zitiert als Léger 1971), S.29 ff., hier S.35.

205 Vgl. Ina Conzen-Meairs, Revolution und Tradition. Zum Wandel des Realismuskonzepts im Spätwerk von Fernand Léger, in: Fernand Léger. Zeichnungen, Bilder, Zyklen 1930-1955, AK, München 1988, S.11 ff., hier S.11.

206 Die beiden Texte stellen Ausformulierungen der Gedanken Légers anläßlich von Zusammenkünften in der Pariser Malakademie Wassilieff dar und wurden zunächst in verschiedenen französischen Zeitungen und Zeitschriften veröffentlicht, vgl. Léger 1971, S.229.

207 Vgl. Kosinski, a. a. O., S.17.

208 Vgl. Fernand Léger, Was stellt das dar?, in: Léger 1971, S.19 ff., hier S.21.

209 Vgl. ebenda, S.19 und Werner Schmalenbach, Fernand Léger, Köln 1977, S.14.

210 Zitiert nach Léger, Malerei heute, a. a. O., S.35.

plaziert sind, die Häuser darstellen. Das Motiv stellt eines der Leitmotive in Légers gemaltem Werk dar.211 Dasselbe Beispiel, unter Einbeziehung einer spezifischen Farbgebung, findet sich in Légers Text „Hinweise zum mechanischen Element“ aus dem Jahr 1923.212 Die sich anhand dieser Bildmotive manifestierende Konstellation sei als autonome bildliche Ordnung zu bezeichnen, in der „das Gewicht der Volumen, die Beziehung der Linien und die Ausgewogenheit der Farben“ einander gegenüberstünden.213

Ebendiese Gegenüberstellung zweier sehr ähnlich charakterisierter Motivgruppen findet sich in einer Arbeit von Kögler aus dem Jahr 1954, die unter dem Aspekt der Rezeption einer Bildfindung Légers im Rahmen dieses Exkurses vorgestellt werden soll.

Die Farbgebung in Légers Bildern wird ebenfalls von theoretischen Überlegungen begleitet und durch sie begründet. Der Kontrast von Flächen, die in kraftvollen Buntfarben gehalten sind, und volumenhaltig gestalteten Bildelementen steht dabei im Mittelpunkt der gestalterischen Strategie. Dieser Zusammenstellung wird eine dynamisierende Wirkung zugesprochen.214 Die Dominanz der geometrischen Form, die sich aus ihrer Präsenz im Alltag ableite, werde auch innerhalb der bildlichen Ordnung wirksam.215 Demgemäß weisen sämtliche Formen im gemalten Werk des Künstlers aufgrund ihrer volumenhaften Formulierung dinghaften Cha-rakter auf, auch die nicht gegenständlich ausdifferenzierten farbigen Flächen, die als stereometrische Körper ausgedeutet werden.216

Das motivische Vokabular der Arbeiten Légers aus der ersten Hälfte der 20er Jahre setzt sich aus Detailformen zusammen, die technischen Zusammenhängen entnommen sind oder die Entnahme aus einem solchen Kontext vorgeben.217 Léger arrangierte sie in flachen räumlichen Gefügen, indem er Strategien des synthetischen Kubismus unter Orientierung am Gegenständlichen und der Betonung der Körperhaftigkeit der Formen auf die Darstellung eines gegenüber beispielsweise Picasso, Braques und Gris veränderten bildlichen Vokabulars

211 Vgl. Kosinski, a. a. O., S.21.

212 Vgl. Fernand Léger, Hinweise zum mechanischen Element, in: Léger 1971, S.62 ff., hier S.63.

213 Zitiert nach ebenda, S.62.

214 Vgl. Fernand Léger, Maschinenästhetik und geometrische Ordnung, in: Léger 1971, S.77 ff., hier S.78.

215 Vgl. ebenda, S.79.

216 Vgl. Schmalenbach, a. a. O., S.12 f.

217 Vgl. Kosinski, a. a. O., S.24 f. und John Golding, Léger and the heroism of modern life, in: Léger and Purist Paris, AK, London 1970, S.12 ff., hier S.14.

übertrug.218 Der Modus, in dem Léger seine Bildmotive umsetzte, ist ebenfalls der Anmutung technischen Gerätes entlehnt. Geglättete Oberflächen und die genormte Erscheinung von Maschinenteilen stellen wesentliche Bestandteile seiner Bildkompositionen dar. Parallel dazu entwickelte Léger in seinen Wanddekorationen Gefüge abstrakter, farbiger Flächenformen.219 Auch die Arbeiten der 20er Jahre, in denen sich puristische Stilformen manifestieren, behaupten ihren Objektcharakter,220 der auf die kubistische Bildauffassung zurückgeht.221

In späteren Jahren modifizierte Léger sowohl Bildvokabular als auch Gestaltungsstrategien.

Die fragmentierten Formen technischen Ursprunges treten gegenüber formal als Einheit belassenen Motiven eines breiteren thematischen Spektrums zurück.222 Neben der menschlichen Gestalt auf motivischer Ebene223 fanden in den 30er Jahren verschiedene gestalterische Strategien Eingang in das Werk des Künstlers, die eine Verschränkung formal kontrastierender Bildelemente in einem ausschließlich durch Flächenformen erschlossenen Bildraum zum Ziel hatten. Dabei sind durch geschlossene Konturen definierte Einzelmotive einer modellierenden Gestaltung unterworfen, die deren Volumenhaltigkeit anzeigt. Eine homogene farbliche Erscheinung der Einzelelemente zählt zu den Charakteristika der Bildschöpfungen Légers. Dabei trägt die Verwendung von Buntfarben in sämtlichen Partien zu einer gleichwertigen Formulierung der bildlichen Bestandteile bei. In den 40er und 50er Jahren verschob sich die flächenhafte Bildgestaltung hin zu räumlich konzipierten Kompositionen.224 In den 30er Jahren entwickelte Léger unter anderem Arrangements, die als Stilleben konzipiert sind, indem sie inhaltliche Verweise auf dieses Genre enthalten. Das motivische Repertoire erstreckt sich von unbelebten Gegenständen über Menschen, Vögel und Wolken, die, nebeneinander aufgereiht und von weiteren Elementen hinterfangen, die Bildfläche füllen. Die parataktische Reihung von Gegenständen ohne Bezugnahme auf das jeweils benachbarte

218 Vgl. Schmalenbach, a. a. O., S.9. Kosinski, a. a. O., S.17 nennt in bezug auf die zentrierte Bildkomposition einen äußerlichen Bezug der frühen Arbeiten Légers zu Strategien, die im analytischen Kubismus Anwendung finden. Beziehungen der Bildorganisation Légers zum synthetischen Kubismus sieht Golding, a. a. O, S.12.

219 Vgl. Conzen-Meairs, a. a. O., S.12 f.

220 Vgl. ebenda, S.11.

221 Zur Auseinandersetzung Légers mit dem Kubismus vgl. auch allgemein: Markus Müller, Légers Schaffen vor dem Ersten Weltkrieg. Künstlerische Individualität im Spannungsfeld zwischen Kubismus und Futurismus, in: Fernand Léger. Figur, Objekt – Objekt, Figur, AK, Münster 2005, S.11 ff.

222 Vgl. Conzen-Meairs, a. a. O., S.11.

223 Vgl. ebenda, S.12.

224 Vgl. ebenda, S.11.

Formelement stellt ein Charakteristikum dieser Arbeiten dar.225 Die Bedeutung der Formen im Sinne einer motivischen Ausformulierung ist in gewissem Rahmen austauschbar. Um die gestalterischen Strategien Légers aufzuzeigen, seien im folgenden einige Werke dieser Phase einer eingehenden Analyse unterzogen. Sie veranschaulichen die Vorgehensweise des französischen Künstlers im Allgemeinen. Ein direkter Einfluß dieser spezifischen Arbeiten auf Köglers Werk wird nicht angenommen, wohl aber eine Übernahme einzelner motivischer Elemente und gestalterischer Strategien aus dem Gesamtwerk des französischen Künstlers.

Köglers Auseinandersetzung mit Léger findet in der mit dem Berliner Künstler befaßten Literatur bereits am Ende der 50er Jahre ihren Niederschlag. So äußert Roh die Vermutung, Kögler wolle durch die Präsentation von Maschinen- und Architekturfragmenten in seinen Arbeiten „die monumentale Formenwelt Légers weiterentwickeln“.226 Seiler führt die

„Präzision, das Konstruktive wiewohl Stillebenartige“ der Bildfindungen Köglers aus den 50er Jahren auf den Einfluß Légers zurück.227

Köglers Interesse für den französischen Künstler könnte auf den von diesem angewandten gestalterischen Strategien und dem motivischen Repertoire beruhen, das gleichfalls in Köglers Blickpunkt rückt. Dabei interessiert sich Kögler nur für ausgewählte Motive; so klammert er zum Beispiel die Darstellung der menschlichen Gestalt aus den eigenen Bildschöpfungen aus.

Sein Interessenschwerpunkt liegt vielmehr auf der Darstellung technischen Gerätes, bzw. frag-mentierter Gerätschaften, die auf verschiedenartige Weise kompositorisch miteinander verknüpft werden. Dabei steht auch über die Jahre 1953 und 1954 hinaus eine landschaftliche Verortung dieser Formansammlungen im Mittelpunkt, wobei die Angaben des Landschaftlichen sich auf die Ausbildung eines diffusen Bildgrundes beschränken können, dem eine farblich anders gestaltete Partie beigegeben sein kann, so daß sich zwei Horizontalregister ausbilden. Auch die Buntfarbigkeit der vor diesen Grund plazierten Elemente stellt eine signifikante Veränderung in Köglers Werk ab dem Jahr 1953 dar. Sie kann ebenfalls auf die theoretische und praktische Auseinandersetzung mit dem französischen Künstler zurückgehen.

So manifestiert sich den beiden Arbeiten „Die Spirale“ und „Maschinenteile“ möglicherweise

225 Vgl. ebenda, S.12.

226 Zitiert nach Roh 1958, S.224.

227 Zitiert nach Seiler, a. a. O., S.89 f.

der Vorgang einer fortschreitenden Aneignung von Légers Theorien und malerischer Praxis in Köglers Werk.

Zunächst ist ein signifikanter Wechsel der Farbgebung in der Gestaltung der Arbeit „Die Spirale“ gegenüber früher entstandenen Arbeiten zu verzeichnen, in denen sich der Künstler mit demselben Themenkreis auseinandergesetzt hatte. Auch sind die partiellen Verräumlichungen in der Gestaltung der Bildelemente eine Neuerung, die an charakteristische Gestaltungsmodi bei Léger anknüpft. Die Umstellung des bildlichen Vokabulars dagegen in der im gleichen Jahr entstandenen Arbeit mit Maschinenteilen muß nicht den Beginn einer Auseinandersetzung mit diesem Künstler anzeigen; in Légers Arbeiten der 50er Jahre treten auch bewußt aufgrund ihrer Verschiedenartigkeit ausgewählte Motive zu einer bildlichen Einheit zusammen, nicht nur solche, die aus einem technischen Kontext entlehnt sind. Köglers Interesse für die Strandthematik sowie für konstruktive Qualitäten beinhaltende Bildmotive zeigt sich schon in Arbeiten, in denen sich noch keine Auseinandersetzung mit dem Werk des französischen Künstlers manifestiert. Die Zusammenstellung disparater Bildelemente, wie sie in der Arbeit „Die Spirale“ auftritt, konnte Kögler im Werk von Léger wahrgenommen haben, nachdem die eigene Erfindungsgabe ihn bereits zur Ausweitung des Vokabulars auf Gebäude und technische Elemente in einer als Küste charakterisierten Landschaft geführt hatte.

Kögler teilt in den Arbeiten „Die Spirale“ und „Maschinenteile“ das Bildfeld in einen partiell farblich diffus gebildeten, partiell durch unterschiedliche Gestaltungsmodi differenzierten Grund und Einzelelemente, die schwebend vor diesem aufgereiht sind. Die Einzelelemente sind in buntfarbige Teilelemente untergliedert. Sie sind technischen und organischen Kontexten entlehnt. Die dem letztgenannten Kontext zuzurechnenden Elemente muten jedoch gestalterisch in derselben Weise geglättet und technisch konzipiert an wie die aus ersterem entlehnten. Ein partiell orthogonale Strukturen ausbildendes, partiell jedoch kurvilinearen Charakter annehmendes Lineament kann als plastisches Gestänge ausformuliert sein, es verankert die schwebenden Bildelemente auf der Fläche. Diese ist durch die Angabe eines Bildhorizontes und durch die Wiedergabe landschaftlicher Formationen mit räumlichen bzw.

landschaftlichen Konnotationen ausgestattet. Dieser Ansatz findet sich zuvor bei Léger, wie anhand der im folgenden vorzustellenden Arbeit „Composition sur fond bleu“ aufgezeigt werden soll. Nutzte Léger jedoch ein breit gefächertes motivisches Vokabular, so konzentriert sich Kögler in den beiden zum Vergleich herangezogenen Arbeiten ausschließlich auf techni-sche oder technisch anmutende Bildmotive.

Die Arbeit „Composition sur fond bleu“ von Léger aus dem Jahr 1938 (Öl auf Leinwand, 65 × 91,5cm)228 ist Teil einer Serie, in der gleichartige Bildelemente in unterschiedlichen Anordnungen präsentiert werden. Das Gemälde weist ein in drei vertikale Register aufgeteiltes Bildfeld auf. Die beiden außen liegenden Register sind in Blau, das mittlere in Weiß gestaltet, wobei diesem ein schmaler schwarzer Vertikalbalken beigegeben ist, der auch als Profil eines körperhaft formulierten architektonischen Trägers gelesen werden kann. Vor dieser Gliederung sind ein auf einer Konsole aufliegender weißer Tisch mit buntfarbig gestalteten Früchten und eine mit mehreren Zacken versehene rote Form plaziert, in deren Zentrum sich eine verschattete Lochung zu befinden scheint. Teile dieser Bildelemente überlagern einander und sind wiederum mit sichelförmigen Elementen verschränkt. Eine langgestreckte Wolke hinterfängt die rote Form. Diese mit wellenförmigem Kontur versehene Formulierung tritt auch in weiteren Arbeiten, jedoch in anderer Ausprägung auf, etwa als amöbenförmiges Element, wie in der Arbeit „Composition“ (Öl auf Leinwand, 130 × 97 cm)229, die im Zeitraum 1940/1942 entstand.

Dort weist die zentrale rote Form mit fingerartigen Auswüchsen und verschatteter Lochung auch eine Verwandtschaft zu der in der vorgenannten Arbeit in der rechten Bildhälfte plazierten, gezackten roten Form auf. In der Arbeit aus dem Jahr 1938 scheinen die Elemente vor dem in homogenen Farben gestalteten Bildgrund zu schweben. Die beiden zentralen Formulierungen, der Konsoltisch mit Früchten und die rote Form, weisen jeweils kontrastierende kurvilineare und rechtwinklige Teilelemente auf, die in der Zusammenschau einen formalen Kontrast ausbilden. In gleicher Weise kontrastieren die wellenförmig begrenzten Wolkenformationen und die orthogonale Teilung des Bildgrundes. Sind einige der Einzelelemente, wie der Tisch mit Früchten, eindeutig dem traditionellen Motivvokabular des Stillebens zuzuordnen, so weisen die blaue Farbgebung des Grundes und das Wolkenmotiv auf landschaftliche Konnotationen hin.

Auch andere gestalterische Maßnahmen, die in Köglers Schaffen um das Jahr 1954 wieder verstärkt in den Blick rücken, sind bei Léger vorgegeben. Dies betrifft etwa das erwähnte Lineament, das schwebend auf der Bildfläche angeordnete Motive kompositorisch verankert.

In den 30er Jahren erarbeitete Léger Kompositionen, in denen vor diffusem Grund unterschiedliche komplexe Objekte in bildlicher Verschränkung schwebend gegeben sind.

228 Vgl. Georges Bauquier (Hrsg.), Fernand Léger, Catalogue raisonné, Bd. VI, 1938-1943, Paris 1998, S.60 f., Nr.1010, Abb. S.61.

229 Vgl. ebenda, S.152 f., Nr.1077, Abb. S.153.

Diese sind durch Überlagerung zu einem Gefüge verbunden, das kompositorisch partiell durch ein orthogonales Liniengerüst fixiert ist. Dies zeigt sich etwa in der Arbeit „La Joconde aux cléfs“ aus dem Jahr 1930 (Öl auf Leinwand, 91 × 72 cm)230.

In Köglers Werk findet sich diese Verankerung der bildlichen Elemente durch ein Lineament ab dem Jahr 1953, so etwa bereits in der Arbeit „Die Spirale“. Auch in diesem Fall steht der Diversität des bildlichen Vokabulars bei Léger ein organischen oder technischen Kontexten entlehntes, in gestalterischer Hinsicht vereinheitlichend geglättetes Motivrepertoire in Köglers Arbeiten gegenüber.

Es erscheint im Fall der Arbeiten „Die Spirale“ und „Maschinenteile“ besonders interessant, sich den gestalterischen Prinzipien zu widmen, die Léger in einem „Prinzip der dynamischen Kontrastierung“ ausführte. Diese wurden nicht allein von Kögler in der Gestaltung der eigenen Arbeiten rezipiert. Auch andere Maler seiner Generation setzten sich mit Légers Ansatz auseinander, vornehmlich Günter Fruhtrunk, dem Léger im Jahr 1952 eine mehrwöchige Mitarbeit im eigenen Atelier in Paris ermöglichte.231 Wendt nennt in ihrer Monographie und Werkverzeichnis von Günter Fruhtrunk drei gestalterische Aspekte, unter denen dieser in seiner Komposition „Der andere Raum“ von 1952 (Öl auf Hartfaser, 91,8 × 104,5 cm)232 Légers Ansatz rezipierte, der sich in der im gleichen Jahr entstandenen Wandarbeit des französischen Malers für die Halle der Vereinten Nationen233 manifestiert.234 Wendt spricht angesichts des amöbenförmigen Elementes und der geometrischen Form, die in der Arbeit von Fruhtrunk aufeinander bezogen sind, von einer „lateralen Dynamisierung“, die durch den Eindruck einer Bewegung der frei vor der Fläche stehenden Elemente erreicht werde. Gleichzeitig ist die Kom-position bei Fruhtrunk jedoch durch die Ausrichtung auf die orthogonalen Bildachsen auf der Bildfläche verankert.

Darüber hinaus findet sich bei Fruhtrunk die Umsetzung des Légerschen Prinzips der „axialen Dynamisierung“, indem der Maler die bei dem französischen Künstler durch die physiologische

230 Vgl. Gilles Néret, Léger, Paris 1990, Abb. S.169.

231 Vgl. Karin Wendt, Günter Fruhtrunk. Monographie und Werkverzeichnis. Möglichkeiten und Grenzen des konkreten Bildes, Frankfurt, Berlin, Bern, Brüssel u. a. 2001 (Schriften zur bildenden Kunst, hrsg. von Jürg Meyer zur Capellen, Bd.10), S.28.

232 Vgl. ebenda, Abb.14.

233 Die bei Wendt, a. a. O., S.34 genannte Abb.13 ist in der gedruckten Version der Arbeit nicht enthalten, Die Abbildung in: Jean Cassou, Jean Leymarie, Fernand Léger. Das graphische Werk, (dt.) Tübingen 1973, Nr.280 stellt wohl eine Variante dar.

234 Vgl. hier und im folgenden ebenda, S.34 f.

Wirkung der Farben erzielte virtuelle Bewegung der Elemente auf unterschiedlichen Bildebenen ebenfalls in die genannte Arbeit integrierte. Bei Léger findet sich darüber hinaus eine partielle Verräumlichung der Elemente durch perspektivische Ausdeutung einzelner Elementpartien. Diese Vorgehensweise ist auf den synthetischen Kubismus zurückzuführen.

Beide Verfahren bewirken eine Destabilisierung der betreffenden Elemente im Hinblick auf deren Verortung auf einer einzigen Bildebene.

In den beiden zuvor genannten Arbeiten von Kögler sind die drei erwähnten Ge-staltungsprinzipien Légers bildlich umgesetzt. Durch die schwebend auf der Fläche plazierten Einzelformen, deren Teilverräumlichung und die in der Verteilung der Farben den betreffenden Elementpartien eine gegenläufige Raumwirkung verleihende Gestaltung sind die Elemente im Hinblick auf die Tiefe wie die seitliche Erstreckung der Komposition virtuell in Bewegung versetzt. Durch eine vertikale bzw. horizontale Ausrichtung der Elemente werden diese jedoch gleichzeitig optisch im Bild fixiert.

Spätestens in der ersten Hälfte des Jahres 1954 entstand eine weitere Arbeit von Kögler, die motivische wie gestalterische Parallelen zu Werken von Léger aufweist. Möglicherweise entstand sie jedoch auch in zeitlicher Nähe zu der zuvor diskutierten Arbeit und somit im Verlauf des Jahres 1953. In ihr ist das den Arbeiten mit Spiralmotiv zugrundeliegende Kompositionsschema variiert; sie lehnt sich in Wahl und Gestaltung der Motive an die zuvor analysierte Arbeit an. Allerdings ist die landschaftliche Verortung der Bildelemente zugunsten eines dem Kontext der Elemente angepaßten Bildgrundes aufgegeben. Der Kontrast, den die landschaftliche Formulierung zum technisch anmutenden bildlichen Vokabular in der zuvor diskutierten Arbeit ausbildet, ist in Form einer amorphen Formulierung im Bildzentrum beibehalten, jedoch in anderer Weise gestaltet.

Die Arbeit (Tempera, Bildträger und Maße unbekannt)235 trägt den Titel „Eisenstücke“. Sie ist lediglich in einer Schwarz-Weiß-Aufnahme dokumentiert. Sie zeigt auf querformatigem Bildträger eine helle Grundierung. Die Bildmitte wird von einem großen, partiell plastisch und somit körperhaft ausgestalteten Farbfleck eingenommen. Dieser überlagert ein in der linken oberen Ecke plaziertes Rechteck, das in drei farblich voneinander abweichende Balken aufgeteilt ist. Ebenfalls in eine Überlagerungssituation mit diesem Bildelement eingebunden ist ein links neben dem Fleckengebilde plaziertes, gehälftetes Rohrelement, das am oberen

235 Vgl. AK, Bamberg 1954, Nr.20, Abb. o. S.

Abschluß eine halbrund abschließende längliche Einbuchtung aufweist und mit zwei auf einer gedachten Linie übereinanderliegenden, eingetieften Lochungen versehen ist. Über das fleckartig gestaltete Element sind zwei mit Horizontalstreifen versehene Formelemente gelegt, die eine annähernd rechtwinklige Gestaltung aufweisen. Das rechte der beiden Elemente ist mit einer abgewinkelten, an den Enden halbrund schließenden Aussparung versehen. Rechts neben dem zentralen Bildmotiv ist wiederum ein scheinbar technischen Zusammenhängen entlehntes Formelement plaziert. Es ist in einem dunklen Farbton gehalten und weist mehrere jeweils halbrund schließende Aussparungen auf, deren eine ein Winkelmotiv enthält.

Sämtliche Bildelemente sind als substanzhaltige Körper mit Tiefenerstreckung gebildet. Die betreffenden Seitenteile, welche die Volumenhaltigkeit anzeigen, sind in Fluchtperspektive erfaßt. Die dicht nebeneinander plazierten Elemente sind nach dem Schema einer additiven Reihung angeordnet, das sich der Bildkomposition in der Arbeit „Maschinenteile“ verwandt zeigt. Dabei stehen sich der organisch formulierte Fleck und das rechtwinklig gestaltete, technisch anmutende Vokabular als formale Kontraste gegenüber. Kögler ersetzt die in der möglicherweise früher entstandenen Arbeit „Maschinenteile“ als Ortsangabe eingesetzte landschaftliche Definition durch einen in anderer Weise in formalem Kontrast zu den geometrischen Bildelementen stehenden Bildgrund. Der Fleck, ein organisch formuliertes Bildelement, bildet eine den technischen Formulierungen gegenüber in motivischer Hinsicht gleichwertig behandelte Folie, vor der sich die Elemente im Zentrum des Bildes entfalten. Im Unterschied zur Landschaft kann dieses Bildelement mit den geometrisierenden, einem technischen Kontext entlehnten Elementen durch wechselseitige Überlagerung verschränkt werden. Der Bildraum, der in der zuvor vorgestellten Arbeit in Fortführung der um das

Sämtliche Bildelemente sind als substanzhaltige Körper mit Tiefenerstreckung gebildet. Die betreffenden Seitenteile, welche die Volumenhaltigkeit anzeigen, sind in Fluchtperspektive erfaßt. Die dicht nebeneinander plazierten Elemente sind nach dem Schema einer additiven Reihung angeordnet, das sich der Bildkomposition in der Arbeit „Maschinenteile“ verwandt zeigt. Dabei stehen sich der organisch formulierte Fleck und das rechtwinklig gestaltete, technisch anmutende Vokabular als formale Kontraste gegenüber. Kögler ersetzt die in der möglicherweise früher entstandenen Arbeit „Maschinenteile“ als Ortsangabe eingesetzte landschaftliche Definition durch einen in anderer Weise in formalem Kontrast zu den geometrischen Bildelementen stehenden Bildgrund. Der Fleck, ein organisch formuliertes Bildelement, bildet eine den technischen Formulierungen gegenüber in motivischer Hinsicht gleichwertig behandelte Folie, vor der sich die Elemente im Zentrum des Bildes entfalten. Im Unterschied zur Landschaft kann dieses Bildelement mit den geometrisierenden, einem technischen Kontext entlehnten Elementen durch wechselseitige Überlagerung verschränkt werden. Der Bildraum, der in der zuvor vorgestellten Arbeit in Fortführung der um das