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Exkurs: Die Hochschule für bildende Künste (HfbK) Berlin in den 50er Jahren und das kulturelle Umfeld das kulturelle Umfeld

Im Jahr 1945 wurde die Hochschule für bildende Künste Berlin neu gegründet.3 Sie gewann hohes Ansehen in der westdeutschen Hochschullandschaft.4 Ihre Leitung wurde dem unter dem Naziregime als entartet diffamierten Maler Karl Hofer übertragen. Bei der Einstellung des Lehrpersonals wurden zuvor verfolgte Künstler bevorzugt. Diesem Umstand lag auch die Intention zugrunde, künstlerisch an die Tradition der Hochschule in den 20er Jahren anzuknüpfen. Es wurden expressionistische Künstler ebenso wie Mitglieder des ehemaligen Bauhauses berufen.5 Im Oktober 1945 nahm die Hochschule den Lehrbetrieb auf, rund fünfzig Lehrer unterrichteten 450 Studenten. Im Zeitraum zwischen 1945 und 1947 wurden weitere Kunstschulen im Raum Berlin gegründet, so etwa eine Kunstschule in dem in der SBZ gelegenen Weißensee, deren Lehrpersonal zum Teil identisch mit demjenigen der HfbK war.

Ende der 40er Jahre fiel der bis dahin rege kulturelle Austausch zwischen den Ost- und Westsektoren der Stadt der Verhärtung der politischen Fronten zum Opfer.

Sektorenübergreifende Verbände, wie der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands, dessen Vizepräsident Karl Hofer war, wurden im Westen verboten. Die Mitwirkung politisch links stehender, an der HfbK beschäftigter Künstler bei der Gründung der Akademie der Künste im Jahr 1950 in Westberlin rief Widerstand hervor, der zu Entlassungen an der HfbK führte.

3 Vgl. hier und im folgenden Christine Fischer-Defoy, Die Neugründung der HfbK Berlin im Ost-West-Konflikt 51, in: Eckhart Gillen, Diether Schmidt (Hrsg.), Zone 5. Kunst in der Viersektorenstadt 1945-1951, Berlin 1989 (im folgenden zitiert als Gillen, Schmidt 1989), S.138 ff., hier S.139. Zur Struktur der Hochschule und der Besetzung der Professuren vgl. auch Walter Hess, Die Hochschule für bildende Künste, in:

Das Kunstwerk, H.11/12 Jg. XVII, 1964, S.22 und S.81und insbesondere die beiden Broschüren der HfbK, zum einen Karl Hofer (Bearb.), Hochschule für bildende Künste Berlin/West, Berlin 1953 und zum anderen Karl Otto (Red.), Hochschule für bildende Künste Berlin Charlottenburg, Berlin 1959, beide o. S.

4 Vgl. Gert Reising, Karlsruhe HBF – Bahnhof Zoo, in: Wilfried Rößling (Hrsg.), Vorbilder. Kunst in Karlsruhe 1950-1988, Karlsruhe 1988 (im folgenden zitiert als Rößling 1988), S.57 ff., hier S.58.

5 Vgl. Fischer-Defoy, a. a. O., S.141.Kritisch beurteilt wird diese Besetzung der Dozentenstellen bei Ekkehard Mai, Westdeutsche Kunstakademien nach ‘45. Skizze der ersten Jahre, in: Hugo Borger, Ekkehard Mai, Stephan Waetzold (Hrsg.), ‘45 und die Folgen. Kunstgeschichte eines Wiederbeginns, Köln, Weimar, Wien 1991 (im folgenden zitiert als Borger, Mai, Waetzold 1991), S.187 ff., hier S.192 f. Zur Übernahme des Bauhaus-Gedankens an deutschen Hochschulen vgl. auch Thomas, a. a. O., S.24. Damus sieht dagegen keine Übernahme des Bauhaus-Gedankens an deutschen Kunstschulen, vgl. Damus 1995, S.129 f.

Die HfbK wurde zunächst in einem Gebäude in der Kaiserallee untergebracht, da das Hauptgebäude am Steinplatz teilweise zerstört war. Dieses war im Herbst des Jahres 1950 soweit hergerichtet, daß die Hochschule dorthin umziehen konnte.6

Die Hochschule war in vier Abteilungen gegliedert, Freie Kunst, Architektur, Angewandte Kunst und Kunsterziehung.7 Den Abteilungen wurden gemeinsame Ergänzungsklassen und Werkstätten beigegeben, die jedem Studenten offen standen. Unter diesen Einrichtungen befanden sich auch Werkstätten für Lithographie und Radierung. Die Abteilungen sollten untereinander durch gemeinsame Projekte und Wettbewerbe in einen Austausch untereinander eintreten. Auf diese Weise sollte auch den in der Abteilung Freie Kunst eingeschriebenen Studenten umfassende Kenntnis der zweckgebundenen Künste vermittelt werden. Die Ab-teilung Freie Kunst hatte im Herbst 1947 fünfzehn Lehrkräfte, 151 Studierende waren dort eingeschrieben. Der Abteilung oblag die Ausbildung in Malerei, Graphik und Bildhauerei; sie war in sechzehn Hauptklassen unterteilt. Die Klasse für Textilmusterentwürfe wurde vom Jahr 1948 an von Adolf Hartmann geleitet. In einem Vorstudium wurde in drei Klassen eine Grundlehre vermittelt. Das erste Lehrfach stellte die Formlehre dar. Die Grundbegriffe des künstlerischen Sehens und Formens sollten anhand von zeichnerischen und plastischen Versuchen erarbeitet werden. Im zweiten Lehrfach stand allgemeines Naturstudium auf dem Programm sowie das Zeichnen nach Gegenständen, dem bekleideten und dem unbekleideten menschlichen Körper. Das dritte Lehrfach bot Tierzeichnen, Pflanzenzeichnen und erste landschaftliche Zeichenstudien an.

Die Abteilung Angewandte Kunst war in sechs Hauptklassen unterteilt. Die Klasse für Wandmalerei, Fresko, Sgraffito und Glasmalerei wurde ab 1945 von Hans Orlowski geleitet.

In einer Vorklasse wurde von Walter Bergmann Zeichnen, Malen und Entwerfen vermittelt.

Max Pechstein unterrichtete ab Oktober 1945 und emeritierte im Jahr 1952, führte seine Lehrtätigkeit jedoch fort.8

6 Vgl. Hess, a. a. O., S.22.

7 Vgl. hier und im folgenden Hofer, a. a. O., o. S.

8 Vgl. N. N., Ordentliche und außerordentliche Professoren in der Abteilung I/Fachbereich I – Freie

Kunst/Bildende Kunst, in: Bildhauer und Maler am Steinplatz. Die Lehrer des Fachbereiches Bildende Kunst der Hochschule der Künste Berlin, AK, Berlin 1986 (im folgenden ziteiert als AK, Berlin 1986), S.353 ff., hier S.353. Hofer, a. a. O., o. S. erwähnt den Maler noch im Jahr 1953 als Lehrenden.

Harry Kögler studierte zunächst in der Abteilung Angewandte Kunst bei Hans Orlowski9, der bis 1961 den Rang eines Professors bekleidete sowie in der Abteilung III im Rang eines Meisters stand, und anschließend, ab 1949, bei Adolf Hartmann,10 der im Jahr 1948 eine Lehrtätigkeit an der Institution aufnahm und von 1949 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1962 den Rang eines ordentlichen Professors bekleidete. In den Jahren der nationalsozialistischen Herrschaft verdiente Hartmann seinen Lebensunterhalt mit dem Entwurf modischer Textilde-signs.11 Seiler gibt an, daß dieser eine Klasse für Textildesign ins Leben rief, in die Kögler eintrat, um sich in diesem Bereich angewandter Kunst eine Existenzgrundlage zu schaffen. Der Dozent stimmte Kögler jedoch um, so daß dieser nach zwei Jahren Studium bei Hartmann noch zwei Semester bei Max Pechstein als Meisterschüler studierte.12 Dieser konnte den jungen Künstler über die Vertretung in der Orlowski-Klasse, die Pechstein im Fall einer Krankmeldung des Kollegen regelmäßig übernahm, bereits zu einem früheren Zeitpunkt kennengelernt haben.13

Der Leiter der Hochschule, Karl Hofer, stand zu Beginn der 50er Jahre im Zentrum der Auseinandersetzung um Abstraktion und Figuration.14 Seiner Lehrer Hartmann und Pechstein, die figurativ arbeiteten, gedachte Kögler „in dankbarer Verehrung“,15 wie dieser in einem dem Beitrag von Seiler in der erwähnten Monographie „Junge Künstler 59/60“ wohl zugrundeliegenden Gespräch äußerte. Auch Hofer gegenüber empfand der junge Künstler

9 Zu Köglers Studienverlauf vgl. Seiler, a. a. O., S.92. In der Universität der Künste in Berlin liegen laut schriftlicher Auskunft vom 9.9.2004 keinerlei Unterlagen über Köglers Studienverlauf vor. Ein Arbeiten nach der Natur bei Hans Orlowski geht auch aus dem Vermerk auf der Rückseite der Arbeit „Spätsommer“ hervor.

Zum beruflichen Werdegang von Hans Orlowski vgl. Hans Vollmer, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des 20. Jahrhunderts, Bd.3, 1. Aufl. Leipzig 1956, S.523.

10 Ein Studium Köglers bei Adolf Hartmann geht auch aus einem später ausführlich zu würdigendem Gutachten hervor, das von Hartmann und Pechstein im Jahr 1953 verfaßt wurde; es bestätigt die von Seiler gemachten Angaben, Vgl. Anhang II der vorliegenden Arbeit. Zu den biographischen Daten von Adolf Hartmann vgl.

Hans Vollmer, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des 20. Jahrhunderts, Bd.2, 1.Aufl. Leipzig 1955, S.381.

11 Vgl. AK, Berlin 1986, S.336.

12 Vgl. Seiler, a. a .O., S.92.

13 Diese Auskunft geht auf Gerhart Bergmann zurück, mit dem die Verfasserin am 14.12.2004 in Berlin ein persönliches Gespräch führen konnte, für das sie dem Künstler zu großem Dank verpflichtet ist.

14 Zur umfangreichen Literatur zu den Auseinandersetzungen um Gegenständlichkeit und Abstraktion vgl. die im Exkurs zur Situation der angewandten Kunst nach dem Zweiten Weltkrieg in der vorliegenden Arbeit genannte Literatur.

15 Vgl. Seiler, a. a. O., S.92 f.

Respekt; keiner der genannten Lehrer jedoch übte einen prägenden Einfluß auf Köglers künstlerische Positionsbestimmung aus.16

Kögler bedient sich bereits in Arbeiten, die während des Studiums im Rahmen von Wettbewerben für die Textilindustrie entstanden, einer abstrakten Formensprache, eines Repertoires aus Flächenformen und Lineament, das keinen außerbildlichen Gegenstandsbezug aufweist.17 Dieser Ansatz zeigt sich auch in dem Entwurf für ein Deckengemälde aus dem Jahr 1948.

Unabhängig von der eigenen künstlerischen Arbeit der Professoren wurden in Rahmen des Studiums an der HfbK in der Grundlehre Übungsarbeiten erstellt, die ein hohes Maß an Abstraktion aufweisen, da sie der Erarbeitung isoliert voneinander formulierter und dann in eine Synthese überführter Gestaltungsmittel dienen.18 Die Struktur der Grundlehre und die in deren Rahmen erarbeiteten Übungen weisen eine große Nähe zu der entsprechenden Ausbildung innerhalb der Bauhauslehre auf.19

Auf die entsprechenden Arbeiten Köglers soll im Rahmen der Werkanalyse ausführlicher eingegangen werden. Allerdings stellt dieser Ansatz keine endgültige Entscheidung gegen den Gegenstandsbezug des bildlichen Vokabulars dar. Kögler experimentiert bis in die 50er Jahre hinein mit wechselnden gestalterischen Ansätzen, wie im Rahmen der Werkanalyse dargelegt werden soll.

Zu Beginn der 50er Jahre setzten sich innerhalb des Lehrkörpers der HfbK abstrakte Tendenzen durch.20 Dies soll am Beispiel zweier Maler aufgezeigt werden, die in den 50er Jahren als Lehrer an der HfbK tätig waren.

16 Diese Angabe geht auf die Aussagen Gerhart Bergmanns im Rahmen des genannten Gesprächs zurück.

17 Zur Vorreiterrolle, welche die angewandte Kunst im Hinblick auf die Durchsetzung der Abstraktion in Deutschland spielte, vgl. auch den Exkurs zur Situation der angewandten Kunst in den 50er Jahren in der vorliegenden Arbeit.

18 Vgl. zum Beispiel die in Abbildung exemplarisch aufgeführten Übungen zur Formen-, Raum- und Materi-allehre in: Hofer, a. a. O., o. S.

19 Vgl. zur Struktur des Lehrplanes am Bauhaus Magdalena Droste und Bauhaus Archiv (Hrsg.), Bauhaus 1919-1933, (engl.) Köln 1990, S.136 und zu Schülerübungen im Dessauer Bauhaus S.144 ff.

20 Dies zeigt zum Beispiel ein im Jahr 1953 aufgenommenes Gruppenbild von Professoren der HfbK mit einigen ihrer Werke, in: Gerda Breuer (Hrsg.), Die Zähmung der Avantgarde. Zur Rezeption der Moderne in den 50er Jahren, Basel, Frankfurt/M. 1997 (Wuppertaler Gespräche; 1), (im folgenden zitiert als Breuer 1997), Abb. S.16.

So zeigt sich im Werk von Hans Kuhn, der ab 1948 in der Abteilung Freie Kunst lehrte, auf dem Höhepunkt der Formalismus-Debatte eine Abkehr von der abbildhaften Wiedergabe der Realität, die zur Erschaffung autonomer Bildwirklichkeiten führte, indem aus der Realität entwickelte bildliche Zeichen mit Verweischarakter im Bild miteinander in Beziehung gesetzt wurden.21 Diese Zeichen sind formal reduziert; die Entwicklung der Abstraktion des Gesehenen zu Chiffren ist im Werk bereits früh angelegt. Die Themen, denen sich der Künstler widmete, kreisen um Natur und Landschaft und die auch in der Zivilisation verborgenen ursprünglichen Formen. Häufig auftretende Bildzeichen sind geometrische Formen wie Oval, Dreieck, Bogen und Spirale. Der Prozeß wurde von vielfältigen Einflüssen in Gang gesetzt, unter anderem durch Impulse der Lehrerkollegen an der HfbK. Dabei eignete sich der Künstler Anregungen aus dem Phantastischen Realismus ebenso an wie aus dem Tachismus; auch Rückgriffe auf die künstlerische Tradition des 20.Jahrhunderts gingen in das Werk ein. Wagner nennt den Rückgriff auf Paul Klee, dessen orthogonale Aufteilung der Bildfläche den Gestaltungen Kuhns zugrunde zu liegen scheinen.

Auch das Werk von Alexander Camaro, der ab 1952 an der HfbK in der Abteilung Freie Kunst lehrte, durchlief zu Beginn der 50er Jahre einen Prozeß der fortschreitenden Abstraktion, in dessen Verlauf er ebensolche aus der Realität entlehnte Kürzel entwickelte wie der zuvor Genannte.22 Formfindung und Lineament zeigen einen ähnlichen Ansatz der Reduktion.

Erscheinungen des Naturhaften wurden auf diese Weise in abstrakte Flächenformen und Linienführungen umgedeutet. Sie durchliefen zugleich einen Prozeß der Ablösung vom zeit- und ortsgebundenen Besonderen hin zum Allgemeinen, das sich bildlich unter Einbeziehung des „Prinzips kosmischer Ordnung“ in freier Komposition manifestiert.

Die hier am Beispiel des Werkes zweier Lehrer der HfbK geschilderte Tendenz, Abstraktion aus dem Gegenständlichen kosmisch aufzuladen und in Schwebezuständen bildlich zu fixieren, steht für eine in der deutschen Kunst der Nachkriegszeit verbreitete künstlerische Haltung. Von Graevenitz nennt Fritz Winter und Willi Baumeister als Vorreiter dieser Bewegung und deutet die in deren Nachfolge entstandenen „dynamischen Weltallbilder“ im gesellschaftlichen

21 Vgl. hier und im folgenden Barbara Wagner, „Den Vorhang zu und alle Fragen offen.“. Zu den Bildwelten von Hans Kuhn, in: Matthias Winzen, Philipp Kuhn (Hrsg.), Hans Kuhn 1905-1991. Eine Werkdokumentation zum 100.Geburtstag, zugl. AK, Baden-Baden 2005, S.10 ff.

22 Vgl. hier und im folgenden Lucie Schauer, Die Welt der Chiffren und Symbole, in: Camaro. Ölbilder, Aquarelle, Zeichnungen, AK, Berlin 1983, o. S., vgl. dort auch das Zitat.

Kontext als politische Unschuldsmetapher.23 Kosmische Schwebezustände können aber auch als bildnerische Entsprechung zu naturwissenschaftlichen Phänomenen und technischen Entwicklungen gelesen werden. Dieser Ansatz wurde bereits Ende der 40er Jahre in der als Forum aktueller Kunstdebatten geltenden Zeitschrift „Das Kunstwerk“ diskutiert.24 In den ersten Nachkriegsjahren waren die zu Beginn der 50er Jahre sich verhärtenden Fronten im Richtungsstreit um Abstraktion und Figuration noch nicht definiert, vielmehr galt die künstlerische Aussage, die im Bild eine tiefere Realität enthüllen sollte, als Parameter der Beurteilung eines Kunstwerkes. So stand der kosmische Bezugsrahmen der Bildwerke nicht für einen revolutionären Neuanfang.25 Noch Ende der 40er Jahre pflegten wenige Künstler eine ausschließlich abstrakte Formensprache im Sinne eines in der Bauhaustradition stehenden Konstruktivismus.26 Form- und Motivzusammenstellungen aus kurvilinearen, oft diffus begrenzten Formen, die vor ein räumliches Kontinuum gestellt wurden, sind häufig aus Expressionismus und Surrealismus entlehnt. Die isolierten gestalterischen Mittel Linie und farbige Formen nahmen auch ein formales Vokabular auf, das sich bei Klee und Kandinsky findet. Diese Formulierungen wurden jedoch als Bildzeichen mit Verweischarakter eingesetzt.

Held sieht in der Tendenz der Auflösung formaler Einheiten, der Überlagerung und den Übergängen von Flächenformen ineinander formale Voraussetzungen für die Entwicklung des Informel in den 50er Jahren.

Köglers Arbeiten aus der ersten Hälfte der 50er Jahre weisen unterschiedliche gestalterische Schwerpunkte auf. Sie lassen sich jedoch in der Nähe der hier am Beispiel der Werke von Kuhn und Camaro geschilderten Positionen verorten. So findet sich ein aus der Realität abstrahiertes Motivvokabular, das in landschaftliche Gestaltungen eingestellt ist und metamorphe Qualitäten aufweist, die auf surreale Bildgestaltungen zurückgehen. Das Motiv des Schwebens der Bildelemente liegt allen Arbeiten Köglers aus dieser Schaffensperiode als kompositorische Vorgabe zugrunde. Ebenso sind Einflüsse von Bildfindungen Willi Baumeisters zu verzeichnen. Dies zeigt sich in Komposition und Vokabular einer Reihe von Arbeiten aus dem Jahr 1954. Diese knappe künstlerische Verortung von Köglers Arbeiten aus der ersten Hälfte

23 Vgl. Antje von Graevenitz, Mit angezogener Bremse? Bildende Kunst in Deutschland nach 1945 im Maschinenzeitalter, in: Breuer 1997, S.129 ff., hier S.134 f.

24 Vgl. Anton Henze, Abstrakt – Absolut – Konkret?, in: Das Kunstwerk, H 1/2, Jg. II, 1948, S.37 f.

25 Vgl. Jutta Held, Kunst und Kunstpolitik 1945-49. Kulturaufbau in Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg, Berlin (W) 1981, S.31 f.

26 Vgl. hier und im folgenden ebenda, S.45 f.

der 50er Jahre soll im Rahmen der Werkanalyse belegt und in bezug auf den Einfluß Baumeisters in einem weiteren Exkurs ausführlich erörtert werden.

Außerhalb der HfbK bot sich den Kunstschaffenden ein sich bereits in den ersten Nachkriegsjahren konstituierendes Panorama kultureller Einrichtungen.27

Als wesentlicher Faktor nicht nur im Kulturleben Berlins trat der Deutsche Künstlerbund in Erscheinung. Ursprünglich im Jahr 1903 gegründet, stellte die Wahrung der künstlerischen Freiheit die Hauptzielsetzung dar.28 Unter der nationalsozialistischen Herrschaft wurde die Ausschaltung des Künstlerbundes betrieben, 1936 fand die letzte Jahresausstellung statt.

Im Jahr 1950 wurde der Deutsche Künstlerbund neu gegründet. Zum ersten Vorsitzenden wurde Karl Hofer ernannt; weitere Lehrer der Hfbk waren im Vorstand tätig. In einer Absichtserklärung wurde die Hoffnung geäußert, als Instanz zu gelten, die als allein zuständig für sämtliche Fragen der bildenden Kunst angesehen werden solle. Der Künstlerbund definierte sich indes nicht als Dachorganisation von Berufsverbänden und Künstlervereinigungen.

Zugleich stand die Vereinigung sämtlichen deutschen Künstlern offen. Ihr Ziel war erneut, die Freiheit der Kunst zu wahren, nach Qualität und Eigenart zu streben, junge Kunst zu fördern und gegenüber den relevanten Tendenzen Offenheit zu zeigen.

Die erste Ausstellung des Deutschen Künstlerbundes nach Kriegsende fand im Jahr 1951 in Berlin statt, dem Sitz der Vereinigung.29 In der Folge wurde eine jurierte Ausstellung im Jahr an wechselnden Orten ausgerichtet. Grochowiak betont die Bedeutung der Kunstausstellungen des Deutschen Künstlerbundes im ersten Jahrzehnt seines Bestehens; die Ausstellungen galten als Treff der Kulturschaffenden und der Aktiven der deutschen Kunstszene.30

Der Künstlerbund war an Kontakten zu ausländischen Künstlern und Institutionen interessiert.

Zahlreiche Ausstellungen im Ausland wurden von dieser Vereinigung organisiert, es kam zu einer Zusammenarbeit mit deutschen Regierungsbehörden.31

27 Vgl. ebenda, S.245 ff. für einen Überblick über die in Berlin tätigen künstlerischen Vereinigungen.

28 Vgl. hier und im folgenden Heiner Stachelhaus, Der Deutsche Künstlerbund. Moralische Instanz, kulturpolitisches Instrument oder was?, in: AK, Berlin 1985, S.655 ff., hier S.655.

29 Vgl. Aufbruch ′51. Versuch einer Rekonstruktion, AK, Bochum 1989. Der Ausstellungskatalog dokumentiert die Zusammenstellung der 1951 gezeigten Ausstellung in einem Nachdruck des Ausstellungskataloges.

30Vgl. Thomas Grochowiak, Neuanfänge ′45 aus der Sicht des Künstlers, in: Borger, Mai, Waetzold 1991, S.175 ff. (im folgenden zitiert als Grochowiak 1991), hier S.182.

31 Vgl. Stachelhaus, a. a. O., S.659.

Kögler trat dem Deutschen Künstlerbund im Jahr 1956 bei und blieb bis zu seinem Tod im Jahr 1999 Mitglied.32 Er nahm bis 1982 regelmäßig an den Jahresausstellungen und an etlichen Sonderausstellungen teil, lediglich in den Ausstellungen der Jahre 1965, 1971 bis 1977 und 1981 war Kögler nicht vertreten. Die Fehlzeit in den 70er Jahren hing möglicherweise mit der Beanspruchung durch das Rektoramt zusammen, das Kögler zwischen 1971 und 1976 an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe wahrnahm.33 Kögler profitierte im Hinblick auf die Teilnahme an Ausstellungen deutscher Künstler im Ausland vor allem zu Beginn der 60er Jahre von seiner Mitgliedschaft im Deutschen Künstlerbund; so nahm er im Jahr 1961 sowohl an der Ausstellung „Peinture et sculpture contemporaines en Allemagne“ teil, die unter der Ägide des Künstlerbundes im belgischen Charleroi stattfand, als auch an der Ausstellung „Arte actual alemán“, die der Künstlerbund in mehreren südamerikanischen Staaten präsentierte. Auf Köglers Beteiligung an diesen Ausstellungen wird im Rahmen des Exkurses zu informellen Einflüssen in Köglers Werk einzugehen sein.

Kögler nahm von 1952 an auf Einladung an den Ausstellungen der „Berliner Neue Gruppe“

teil, deren Präsident Karl Hofer war.34 Dieser Zusammenschluß von Künstlern existierte seit 1949, seine Mitglieder verzichteten auf die Festlegung auf ein künstlerisches Programm.35 Bereits in den ersten Monaten nach Beendigung des Krieges legten die Siegermächte, denen die Kulturhoheit in den jeweiligen Sektoren der Stadt oblag,36 Reedukationsprogramme auf, die auch kulturelle Veranstaltungen, insbesondere Kunstausstellungen, beinhalteten.37 Auf diese Weise sollte der Aufbau einer neuen demokratischen Ordnung vorangetrieben werden.

Bald zeigten sich unter den Alliierten unterschiedliche gesellschaftliche Anschauungen, die auch in der Ausrichtung der jeweiligen Kulturpolitik zutage traten. Die Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit in künstlerischer Hinsicht wurde von den Behörden der sowjetischen Besatzungszone mit entsprechend thematisch ausgerichteten Kunstausstellungen

32 Für die schriftlichen Auskünfte vom 25.8.2005 zu Köglers Mitgliedschaft und für die Unterstützung bei der Recherche im Archiv des Deutschen Künstlerbundes in Berlin ist die Verfasserin Christin Müller vom

Deutschen Künstlerbund zu Dank verpflichtet. Ebensolcher Dank gilt Silvia Diekmann von der Stiftung Archiv der Akademie der Künste Berlin für die Unterstützung der Recherche im Archiv der Stiftung.

33 Vgl. auch die Auflistung zu Köglers Ausstellungsteilnahmen im AK, Ettlingen 2006, S.161 ff.

34 Dies geht aus dem Hochschul-Gutachten zu Kögler von 1953 hervor, vgl. Anhang II der vorliegenden Arbeit.

35 Vgl. Held, a. a. O., S.249.

36 Vgl. Damus 1995, S.29.

37 Vgl. hier und im folgenden Gabriele Saure, Kunst und Künstler in Deutschland 1945-1949, in: Kunst in Deutschland 1945-1995. Beitrag deutscher Künstler aus Mittel- und Osteuropa, AK, Regensburg 1995, S.12 ff., hier S.12.

gefördert. Thomas sieht hier bereits den Beginn einer „weltanschaulichen Instrumentalisierung“ in der Aufnahme figurativer expressionistischer Tendenzen.38 Der Schwerpunkt innerhalb der Kulturpolitik der sowjetischen Besatzer lag auf Bildung und Erziehung; zwischen 1946 und 1948 herrschte in kulturpolitischer Hinsicht eine liberale Haltung in der SBZ.39 Im Sommer des Jahres 1946 zeigten die sowjetischen Besatzer die „1.

Deutsche Kunstausstellung der Deutschen Zentralverwaltung für Volksbildung in der Sowjetischen Besatzungszone“ im Berliner Zeughaus.40

Die Kunstausstellungen der ersten Nachkriegsjahre in den vier Besatzungszonen präsentierten ein breites Spektrum, keine Kunstrichtung war ausgeschlossen.41 In den von westlichen

Die Kunstausstellungen der ersten Nachkriegsjahre in den vier Besatzungszonen präsentierten ein breites Spektrum, keine Kunstrichtung war ausgeschlossen.41 In den von westlichen