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2.3 Konforme Abbildungen

Sei Ω⊂Ceine offene Teilmenge undf : Ω→Ceine holomorphe Abbildung.

Dann erh¨altf die Winkel zwischen sich schneidenden Kurven und infinite-simal die L¨ange von Vektoren bis auf einen von der Richtung unabh¨angigen Faktor. Um diese Eigenschaften etwas genauer zu formulieren betrachten wir eine Kurve in Ω und ihre Bildkurve unterf. Seien alsoa, breelle Zahlen mita < b und

[a, b]→Ω :t7→z(t) =x(t) +iy(t) eneC1-Kurve. Wir betrachten die Bildkurve

[a, b]→C:t7→w(t) :=f(z(t)).

Aus der Kettenregel f¨ur reelle Ableitungen folgt, dass dies auch eine C1 -Kurve ist und ihre Ableitung durch

˙

w(t) = ∂f

∂x(z(t)) ˙x(t) + ∂f

∂y(z(t)) ˙y(t) =f0(z(t)) ˙z(t) (2.12) gegeben ist. Hieraus folgt, f¨urt0∈[a, b] und z0:=z(t0), dass

(a) arg( ˙w(t0)) = arg(f0(z0)) + arg( ˙z(t0)), (b) |w(t˙ 0)|=|f0(z0)| · |z(t˙ 0)|.

Das heisst, dass (a) die Winkel arg( ˙w(t0)) und arg( ˙z(t0)) sich durch einen konstanten Summanden unterscheiden, und (b) die Betr¨age |w(t˙ 0)| und

|z(t˙ 0)| sich durch einen konstanten Faktor unterscheiden. Dies sind Bedin-gungen an die Ableitungen einer C1-Abbildung und der Faktor bzw Sum-mand h¨angt nicht von der Kurve (wohl aber vom Punktz0) ab. Abbildungen mit diesen Eigenschaften heissenkonform. Die folgenden ¨Ubungen zeigen, dass in der Dimension 2 konforme Abbildungen holomorph sind.

Ubung 2.32.¨ F¨ur jede MatrixA∈R2×2sind folgende Aussagen ¨aquivalent.

(i) Die Differenz arg(Aζ)−arg(ζ) ist unabh¨angig von ζ ∈R2\ {0}.

(ii) A ist komplex linear.

Ubung 2.33.¨ F¨ur jede MatrixA∈R2×2sind folgende Aussagen ¨aquivalent.

(i) Der Quotient|Aζ|/|ζ|ist unabh¨angig vonζ ∈R2\ {0}.

(ii) A ist entweder komplex linear oder komplex anti-linear.

Beispiel 2.34. Wir betrachten den konformen Diffeomorphismus φ: Ω :={z∈C|Rez >0} →D, φ(z) := z−1

z+ 1.

Die Menge Ω besitzt ein Gitter, das aus Halbgeraden durch den Ursprung und aus konzentrischen Halbkreisen mit Mittelpunkt im Ursprung besteht.

Die Halbgeraden werden auf Kreisb¨ogen durch ±1 abgebildet und die Halb-kreise auf Kreisb¨ogen, die auf diesen senkrecht stehen (siehe Abbildung 2.1).

exp φ

Abbildung 2.1: Konforme Abbildungen

Beispiel 2.35. Sei Ω wie in Beispiel 2.34 und S :=

n ζ ∈C

−π

2 <Imζ < π 2

o .

Die auf S eingeschr¨ankte Exponentialabbildung ist ein konformer Diffeo-morphismus exp :S →Ω der die horizontalen Geraden auf die Halbgeraden abbildet und die vertikalen Intervalle auf die Halbkreise.

Beispiel 2.36. Die Komposition der Abbildungen aus den Beispielen 2.34 und 2.35 (siehe Abbildung 2.1) ist der konforme Diffeomorphismus

ψ:=φ◦exp :S→D, ψ(ζ) = eζ−1 eζ+ 1.

Beispiel 2.37. Nach Beispiel 2.30 ist der Tangens ein konformer Diffeomor-phismus

tan : n

z∈C −π

2 <Rez < π 2

o

→C\i (−∞,−1]∪[1,∞) . Ubung:¨ Bestimmen Sie das Bild der Geraden{Rez=x0}und des Intervalls {Imz=y0}.

2.3. KONFORME ABBILDUNGEN 33 Steinerkreise

Die folgende Diskussion ist dem Buch von Ahlfors [1, Seite 84ff] entnommen.

Sie wird im weiteren Manuskript keine Rolle spielen und kann ¨ubersprungen werden. Seien a, b∈ Czwei verschiedene Punkte. Diese Punkte bestimmen zwei Familien von Kreisen die aufeinander senkrecht stehen. Man kann diese Kreise als Koordinatensystem auf der Riemannschen Zahlenkugel betrachten und sie sind n¨utzlich f¨ur die geometrische Beschreibung von M¨ obiustrans-fomrationen. Die Kreise des Apollonius werden durch die Gleichung

z−a z−b

=ρ (2.13)

mit 0 < ρ < ∞ beschrieben; f¨ur ρ → 0 konvergieren diese Kreise gegen a und f¨urρ→ ∞gegenb. Geometrisch erh¨alt man einen Kreis des Apollonius als die Menge aller Punkte in der komplexen Ebene deren Abst¨ande zu a undbein festes Verh¨altnis haben (siehe Abbildung 2.2). Der Kreis (2.13) ist

a b

Abbildung 2.2: Steinerkreise

das Urbild des Kreise |ζ| = ρ (mit Mittelpunkt Null und Radius ρ) unter der M¨obiustransformation

z7→ζ= z−a z−b.

Die Kreise durchaundbsind die Urbilder der Geraden durch den Ursprung unter dieser Abbildung. Nennen wirA die Schar der Appoloniuskreise und B die Schar der Kreise durchaundb. Dies sind die durchaundb bestimm-tenSteinerkreise und sie haben eine Vielzahl interessanter Eigenschaften, darunter die folgenden.

(a)Jeder Punkt auf der Riemannschen Zahlenkugel, mit Ausnahme von a undb, liegt auf je genau einem der Kreis der Schar A und der ScharB.

(b)Die Kreise der Scharen Aund B schneiden sich im rechten Winkel.

(c) Die Reflektion an einem Kreis der Schar A (siehe ¨Ubung 1.31) bildet jeden Kreis der Schar B auf sich selbst ab und jeden Kreis der Schar A auf einen anderen Kreis der ScharA. Das gleiche gilt wenn manA und B vertauscht.

(d) Die Grenzpunkte a, b werden durch die Reflektion an jedem Kreis der ScharA ineinander ¨uberf¨uhrt aber nicht durch eine Reflektion an irgendei-nem anderen Kreis.

Im Falla = 0 und b =∞ sind die konzentrischen Kreise mit Mittelpunkt Null die Apolloniuskreise und die Geraden durch den Ursprung sind die Kreise der ScharB. Istφeine M¨obiustransformation so bildetφdie durcha, b bestimmten Steinerkreise auf die durcha0 :=φ(a) undb0 :=φ(b) bestimmten Steinerkreise ab. Das l¨asst sich zum Beispiel daran ablesen, dass

w=φ(z) ⇐⇒ w−a0

w−b0 =k·z−a z−b

f¨ur eine geeignete von Null verschiedene Konstantek ∈C. Diese Situation ist offensichtlich besonders interessant, wennaundbFixpunkte vonφsind, denn dann bildet φ jeden Apolloniuskreis auf einen Apolloniuskreis und jeden Kreis durcha, bauf einen Kreis durcha, b ab.

Ubung 2.38.¨ Sei φeine M¨obiustransformation der Form φ(z) = αz+β

γz+δ, α, β, γ, δ∈C, (2.14) und

λ:= (α+δ)2

αδ−βγ. (2.15)

Wir bezeichnen mit Fix(φ) :=

z∈C|φ(z) =z die Menge der Fixpunkte vonφ in der Riemannschen ZahlenkugelC. Istφ nicht die Identit¨at, so gilt

#Fix(φ) = 1 ⇐⇒ (α−δ)2+ 4βγ= 0 ⇐⇒ λ= 4.

Andernfalls hatφgenau zwei Fixpunkte.

2.3. KONFORME ABBILDUNGEN 35 Definition 2.39. Seien φ und λ wie in (2.14) und (2.15). Ist φ 6= id so heisst φ elliptisch wenn 0 ≤λ <4, parabolisch wenn λ= 4, hyperbo-lisch wenn λ >4, und loxodromisch wennλ∈C\[0,∞) ist.

Nach ¨Ubung 2.38 ist eine M¨obiustransformation φ genau dann parabo-lisch wenn sie genau einen Fixpunkt hat. Hatφgenau zwei Fixpunkteaund b, so gibt es eine von Null verschiedene Konstante k∈Cso dass

w=φ(z) ⇐⇒ w−a

w−b =k·z−a

z−b (2.16)

Bringt manφnun in die Form (2.14) und berechnet die Konstanteλin (2.15) so ergibt sich

λ=k+ 1 k+ 2.

Daher ist φdie Identit¨at f¨urk= 1, elliptisch f¨urk∈S1\ {1}, hyperbolisch f¨urk >0 undk6= 1, und loxodromisch f¨urk /∈[0,∞)∪S1. Hier bezeichnen wir mit S1 den Einheitskreis inC:

S1 :={z∈C| |z|= 1}.

Ist φ elliptisch, so bildet φ jeden Apolloniuskreis auf sich selbst ab und rotiert die Kreise durch die Fixpunkte a, b. Ist φ hyperbolisch so bildet φ jeden Kreis durch die beiden Fixpunkte a, b auf sich selbst ab. F¨ur k > 1 verkleinert sich unter φ das Verh¨altnis des Abstandes zu b zum Abstand zua, so dass die Apolloniuskreise unter Iteration vonφgegenbkonverieren;

f¨ur 0< k <1 konvergieren sie gegen a.

Ubung 2.40.¨ Welche der M¨obiustransformationen

w= z

2z−1, w= 2z

3z−1, w= 3z−4

z−1 , w= z 2−z ist elliptisch, hyperbolisch, oder parabolisch?

Ubung 2.41.¨ Sei φ : C → C eine M¨obiustransformation mit genau zwei Fixpunktena, b.

(i) φist genau dann hyperbolisch, wenn es einen Kreis C⊂Cgibt, der die Punkte a, b enth¨alt, so dass jedes der beiden Intervalle auf C, die a und b verbinden, durchφ auf sich selbst abgebildet wird.

(ii) φ ist genau dann elliptisch, wenn es einen Kreis C ⊂ C gibt, der die Punktea, b nicht enth¨alt und invariant unterφist.

Ubung 2.42.¨ Ist φ 6= id eine M¨obiustransformation, deren n-te Iterierte φn=φ◦φ◦ · · ·φdie Identit¨at ist, so istφelliptisch.

Ubung 2.43.¨ Istφeine hyperbolische oder loxodromische M¨ obiustransfor-mation so konvergiertφn(z) gegen einen der Fixpunkte, solangez nicht der anderen Fixpunkt ist.

Ubung 2.44.¨ Wie verhalten sich die Steinerkreise im Limes b → a? Dies f¨uhrt zu einer Diskussion von Kreisen, die f¨ur die Beschreibung parabolischer M¨obiustransformationen n¨utzlich sind (siehe Ahlfors [1, Seite 87/88]).

Ubung 2.45.¨ Jede loxodromische M¨obiustransformation l¨asst sich als Kom-position einer elliptischen und einer hyperbolischen darstellen.