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Klinik und Pathologie der Leptospirose bei Haustieren

Obwohl chronische Infektionen, die in vielen Fällen mit fehlender oder milder Symptomatik einhergehen, häufiger auftreten als akute Infektionen, ist besonders das klinische Bild der akuten Leptospirose gut erforscht, da dieses deutlicher in Erscheinung tritt. Häufig auftretende Symptome sind biphasische Fieberphase, Anämie, Hämoglobinurie und teilweise Ikterus. Weitere klinische Erscheinungen sind Reproduktionsstörungen und Mastitis sowie die rezidivierende Augenentzündung des Pferdes.

2.5.1 Leptospirose beim Hausschwein

Leptospirosen können beim Hausschwein sowohl mit akutem als auch mit chronischem Verlauf auftreten. Von der perakuten oder akuten Verlaufsform sind – sofern sie überhaupt auftritt - junge Schweine betroffen. Diese Form ist durch Fieber, hochgradige hämolytische Anämie, Hämoglobinurie und Ikterus, sowie Lungenödem und hämorrhagischer Diathese gekennzeichnet und endet oft tödlich (BASKERVILLE 1986, DAHME u. WEISS 2007).

Häufig ist eine latente Infektion bei Leptospireninfektionen des Hausschweins. Dies wurde in der Vergangenheit von mehreren Forschungsgruppen bestätigt (BURNSTEIN u. BAKER 1954, LANGHAM et al. 1958, SLEIGHT et al. 1960). In experimentellen Untersuchungen von SLEIGHT et. al. (1960) wurden 30 Schweine mit der Serovar Pomona infiziert, um in den ersten 14 Tagen den Verlauf der Leptospireninfektion zu analysieren. Als einziges klinisches Symptom war eine leichte transiente Temperaturerhöhung erkennbar. Bei der pathologischen Untersuchung der Versuchstiere stellten sich jedoch neben ödematisierten Lymphknoten und einer multifokalen interstitiellen Nephritis auch Läsionen des Gehirns (Meningoenzephalitis) bei den Tieren heraus, die elf Tage nach der experimentellen Infektion getötet worden waren. Weitere Untersuchungen bestätigten das Auftreten eines milden

klinischen Bildes, die aber mit einem schweren pathologischen Bild verbunden sein können.

Bei experimentell infizierten Schweinen in den USA (Serovar Pomona) konnten u. a.

petechiale und ekchymatöse Hämorrhagien der Lunge sowie fokale Nieren- und Leberdegenerationen und in einigen Fällen auch Ikterus (BURNSTEIN u. BAKER 1954) festgestellt werden. Eine ähnliche Studie von LANGHAM et al. (1958) zeigte makroskopische und mikroskopische entzündliche Veränderungen an sämtlichen Lokalisationen der Niere und den renalen Lymphknoten. BAKER et al. (1989) untersuchten 197 Nieren von Schlachtschweinen in Kanada und fanden bei elf Nieren eine multifokale interstitielle Nephritis. Zudem konnte eine hohe Korrelation zwischen der multifokalen interstitiellen Nephritis und dem positiven kulturellen Nachweis von Leptospiren aus diesen Nieren ermittelt werden. Bei Untersuchungen je einer Niere von 32 Schlachtschweinen in Vietnam wurden bei 22 Nieren Leptospiren mittels Immunfluoreszenz nachgewiesen und bei 24 Nieren trat eine multifokale interstitielle Nephritis auf. Allerdings konnte in dieser Untersuchung kein signifikanter Zusammenhang zwischen dem Auftreten einer multifokalen interstitiellen Nephritis und dem Nachweis von Leptospiren gezeigt werden (p = 0,19) (BOQVIST et al. 2003).

Klinisch manifestiert sich die Leptospirose aufgrund der Fetotropie des Erregers auch häufig in Form von Aborten, Totgeburten und Geburten mumifizierter oder lebensschwacher Ferkel, es können aber auch gesunde Ferkel von infizierten Sauen geworfen werden (FENNESTAD u. BORG-PETERSEN 1966, WALDMANN u. WENDT 2004). Die Aborte finden in den meisten Fällen im letzten Drittel der Trächtigkeit statt und können durch unterschiedliche Serovaren hervorgerufen werden. Experimentelle Untersuchungen von FENNESTAD u. BORG-PETERSEN (1966) an trächtigen Sauen, die mit Leptospiren unterschiedlicher Serovaren (Pomona, Sejroe, Icterohaemorrhagiae und Saxkoebing) infiziert worden waren, zeigten 19 bis 33 Tage nach der Inokulation mit den Serovaren Pomona und Sejroe Aborte. Sauen, die mit Icterohaemorrhagiae und Saxkoebing infiziert waren, blieben hingegen symptomfrei. Die abortierten Feten wiesen als charakteristisches Zeichen fokale Lebernekrosen auf. Häufig zeigten die Früchte auch ödematisiertes Gewebe und seröse oder blutige Flüssigkeit in den Körperhöhlen, die aber auch auf einer intrauterinen Autolyse beruhen könnte. Gelegentlich wurde bei Ferkeln, die nach der Geburt verendeten, ein Ikterus festgestellt (FENNESTAD u. BORG-PETERSEN 1966). In Kanada konnte seuchenhaftes

Abortieren in einem Bestand (40 Aborte in einem Sauenbestand von 250 Tieren) von REHMTULLA (1992) mittels Fluoreszenz-Antikörper-Technik auf Leptospiren zurückgeführt werden (Serovar Bratislava). Ferner scheint das Auftreten von lebensschwachen neugeborenen Ferkeln häufig durch Leptospireninfektionen (Serovar Icterohaemorrhagiae) bedingt zu sein. Dies legen serologische Untersuchungen von NETO et al. (1997) nahe. Eine sehr hohe Prävalenz von Totgeburten und auch Aborten konnte in Nordirland festgestellt werden. ELLIS et al. (1986c) isolierten Leptospiren aus fetalem Gewebe bei 55 von 78 Ferkelwürfen (71 %) (91 % davon: Serovar Bratislava und Muenchen).

Ebenso konnten in den USA BOLIN und CASSELLS (1991) bei der Untersuchung von insgesamt 17 Schweinebeständen mit vermehrtem Auftreten von lebensschwach geborenen Ferkeln, Totgeburten und Aborten in fünf Fällen Leptospiren kulturell nachweisen (Serovar Bratislava). Auf der Grundlage serologischer Untersuchungen wurden in Japan die Leptospirenserovaren Copenhageni, Icterohaemorrhagiae und Canicola mit einer Geburtsproblematik bei Sauen (Früh- und Totgeburten) in Zusammenhang gebracht (KAZAMI et al. 2002). Dagegen wurde bei Untersuchungen von VAN TIL u. DOHOO (1991) in Kanada kein Zusammenhang von Totgeburten und positiven Antkörpertitern festgestellt. Dieselbe Forschergruppe konnte aber ein vermehrtes Auftreten von Unfruchtbarkeit mit positiven Antikörpertitern gegen Leptospiren (v. a. Serovar Bratislava) assoziieren (VAN TIL u. DOHOO 1991). Besonders beim Hausschwein ist die Persistenz der Leptospiren im Genitaltrakt von großer Bedeutung, da Konzeptionsstörungen, Aborte und Totgeburten zu großen wirtschaftlichen Verlusten führen können. Dies ist in o. g.

Untersuchungen sowohl an experimentell infizierten Schweinen (FENNESTAD u. BORG-PETERSEN 1964), als auch in landwirtschaftlichen Schweinebeständen mit Reproduktionsstörungen (ELLIS et al. 1986c, NETO et al. 1996) nachgewiesen worden. Eine Sonderrolle scheinen die Serovaren Bratislava und Muenchen zu spielen. Infektionen durch diese, welche v. a. zu Konzeptionsstörungen, aber auch zu Aborten und Totgeburten führen können, zeichnen sich durch Persistenz der Erreger im weiblichen und männlichen Genitaltrakt aus. Hierbei scheint es sich um lokale Infektionen zu handeln, bei denen es zum Ausbleiben einer serologischen Reaktion kommen kann (ELLIS et al. 1986e, WALDMANN u. WENDT 2001). Demgegenüber sind aber auch Fälle mit positiven Antikörpertitern bzw.

Isolaten aus der Niere und dem Genitaltrakt beschrieben worden, die auf eine Infektion mit

der Serovar Bratislava hinweisen, bei denen jedoch keine Fruchtbarkeitsstörungen oder andere klinische Symptome auftraten (WEBER u. FENSKE 1978, HATHAWAY et al. 1983, 1983a, ELLIS u. THIERMANN 1986b). Dies legt nahe, das Serovar Bratislava bzw.

bestimmte Genotypen dieser Serovar, als gering virulent anzusehen und Serumtiter in klinischer Hinsicht vorsichtig zu bewerten sind (ROLLE u. MAYR 2007, WALDMANN u.

WENDT 2001).

Tabelle 2: Klinik und Pathologie der Leptospirose beim Hausschwein

klinisches Bild beteiligte Serovaren Referenz

Aborte Pomona, Sejroe, Bratislava,

Muenchen 1, 3, 4, 5, 6, 9

Frühgeburten Copenhageni, Canicola,

Icterohaemorrhagiae

7 Totgeburten Pomona, Sejroe, Bratislava,

Muenchen, Hardjo, Copenhageni, Canicola, Icterohaemorrhagiae

1, 3, 4, 5, 7, 15

Geburten mumifizierter Ferkel Pomona, Sejroe 1, 4, 9 lebensschwache Ferkel Pomona, Sejroe, Bratislava,

Icterohaemorrhagiae, Hardjo

1, 2, 5, 4, 15

Unfruchtbarkeit Bratislava 8

Fieber Pomona, Sejroe,

Icterohaemorrhagiae

1, 10, 15, 18

Ikterus Pomona, Sejroe,

Icterohaemorrhagiae 1, 4, 10, 14, 18

Hämaturie Pomona 15

pathologisches Bild beteiligte Serovaren Referenz petechiale und ekchymatöse

Hämorrhagien der Lunge Pomona 10, 18

multifokale interstitielle Nephritis Pomona, Sejroe, Canicola, Icterohaemorrhagiae

1, 4, 11, 14, 16, 17

fokale Nierendegenerationen Pomona 10

ödematisierte renale Lymphknoten

Pomona 11, 14, 17

fokale Leberdegenerationen Pomona 1, 10

Leberdegeneration abortierter Feten

Pomona, Sejroe 1

seröse bis blutige Flüssigkeit in den Körperhöhlen abortierter Feten

Pomona, Sejroe 1, 4

Meningitis (Meningoenzephalitis) Pomona 12, 13, 17

Perikarderguss Pomona 10

Hämorrhagien (Darmwand,

retroperitoneales Gewebe)

Icterohaemorrhagiae 18

(1) FENNESTAD u. BORG-PETERSEN 1966, (2) NETO et al. 1997, (3) ELLIS et al. 1986c, (4) HATHAWAY et al. 1983, 1983a, (5) BOLIN u. CASSELLS 1991, (6) REHMTULLA 1992, (7) KAZAMI et al. 2002, (8) VAN TIL u. DOHOO 1991, (9) WALDMANN 1990, (10) BURNSTEIN u.

BAKER 1954, (11) BAKER et al. 1989, (12) ELLIS 1986a, (13) WALDMANN u. WENDT 2001, (14) LANGHAM et al. 1958, (15) RYLEY u. SIMMONS 1954, (16) MICHNA u. CAMPBELL 1969, (17) SLEIGHT 1960, (18) NISBET 1951

2.5.2 Leptospirose beim Wiederkäuer, Hund und Pferd

Die pathologischen Veränderungen bei der akuten Form der Leptospirose beim Wiederkäuer entsprechen weitgehend denen des Schweins (DAHME u. WEISS 2007). Subakute Formen sind assoziiert mit schwächeren Symptomen. Häufig treten auch Mastitiden klinisch in Erscheinung. Bei akuten Verlausformen bestimmen Fieber, Ikterus, Hämoglobinurie und Anämie, Durchfall, Aborte sowie Mastitiden, die häufig mit einer Agalaktie verbunden sind, das klinische Bild (ELLIS 2006, ROLLE u. MAYR 2007).

Leptospirosen beim Hund manifestieren sich perakut bis chronisch mit nephritischer, ikterischer, gastrointestinaler oder nervaler Symptomatik. Chronische Verlaufsformen mit unspezifischer Leber- und Nierensymptomatik sind sehr häufig (ROLLE u. MAYR 2007).

Bei jungen Hunden tritt in vielen Fällen ein perakutes bis akutes Krankheitsbild auf mit Ikterus durch Leberdystrophie, hämolytischer Anämie, hämorrhagischer Diathese und nekrotisierender Tubulonephrose und interstitieller Nephritis (u. a. durch Icterohaemorrhagiae, Saxkoebing, Bratislava, Pomona) (ROLLE u. MAYR 2007, DAHME u.

WEISS 2007). Verursacher der heute nur noch selten auftretenden „Stuttgarter Hundeseuche“

ist die Serovar Canicola. Diese schädigt v. a. die Nieren. Die Hunde entwickeln eine diffuse nichteitrige Nephritis und sterben meist an einer Urämie. Das klinische Bild wird häufig durch gastrointestinale Symptome bestimmt. Kausal soll die Serovar Canicola auch an der u.

a. durch urämische Prozesse entstehenden Endocarditis parietalis ulcerosa des Hundes beteiligt sein (DAHME u. WEISS 2007).

Beim Pferd kommt es selten zur Leptospirose. Die Krankheitserscheinungen entsprechen weitgehend denen von Schwein und Wiederkäuer. In den meisten Fällen bleiben die Leptospireninfektionen des Pferdes latent. Aufgrund von Nachweisen der Erreger aus dem Glaskörper in einigen Fallberichten (SANDEMEYER et al. 2007) wird eine Beteiligung von Leptospiren an der periodischen Augenentzündung (Equine Rezidivierende Uveitis) diskutiert.