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Bestimmung der Seroprävalenz mittels Mikroagglutinationstest (MAT)

Ein wesentlicher Anteil der publizierten epidemiologischen Untersuchungen zur Bedeutung von Leptospiren basiert auf der Bestimmung der Seroprävalenz mittels Mikroagglutinationstest (2.7). Daher sollte dieser Test ebenfalls in der vorliegenden Arbeit eingesetzt werden, um Vergleiche mit vorangegangenen Arbeiten zu ermöglichen. Zudem besteht auf diese Weise die Möglichkeit, neben dem Nachweis von Leptospiren-DNA in der PCR auch den Kontakt zu Leptospiren und der damit verbundenen Immunantwort bewerten zu können.

Von 65 Wildschweinseren aus neun unterschiedlichen Regionen wurde die Seroprävalenz in Bezug auf zehn unterschiedliche Leptospirenserovaren (3.1.5.1, Tabelle 10) mit der Standardmethode MAT untersucht. Die Untersuchung der Wildschweinseren ergab, dass 85 % einen positiven Antikörpertiter (d. h. von wenigstens 1:100) gegenüber den untersuchten Serovaren aufwiesen. 67 % (37 von 55) der positiven Seren zeigten Antikörpertiter bei mehr als einer Serovar.

Es traten vermehrt positive Antikörpertiter gegen die Serovar Bratislava im Vergleich zu allen anderen getesteten Serovaren auf (54 von 55 = 83 %). Ebenso zeigte die Serovar Copenhageni eine höhere Seroprävalenz gegenüber den anderen Serovaren (31 von 55 = 48 %). Positive Reagenten gegenüber der Serovar Grippotyphosa waren am dritthäufigsten vertreten (13 von 55 = 20 %). Seren, die einen Anikörpertiter gegenüber der Serovar Bratislava aufwiesen, zeigten zusätzlich in 31 Fällen positive Reaktionen mit Serovar Copenhageni und in zwölf Fällen mit Grippotyphosa. Alle weiteren bestehenden gleichzeitigen positiven Reaktionen zwischen einzelnen Serovaren waren weitaus geringerer Anzahl (Tabelle 18). Unter der Berücksichtigung der Serogruppen waren nur geringgradige Überschneidungen zu erkennen.

Das Verhältnis der Verteilung der Serovaren Bratislava, Copenhageni und Grippotyphosa war vorrangig auch bei der Betrachtung der einzelnen Regionen vorhanden.

Geringfügige Abweichungen dazu traten lediglich in Danndorf und Wolfenbüttel sowie in Liebenburg und im Saupark Springe auf. Die zwei erstgenannten Regionen wiesen am zweithäufigsten Antikörpertiter gegenüber Serovar Grippotyphosa statt gegen Copenhageni auf. In Liebenburg waren positive Titer gegen Serovar Tarassovi geringfügig häufiger als in anderen Regionen vertreten. Im Saupark Springe fiel eine breit gefächerte Seroprävalenz auf.

Neben den Serovaren Bratislava und Copenhageni war hier auch Australis stark vertreten.

Ebenso zeigten sich dort positive Antikörpertiter gegen die Serovaren Tarassovi und Hardjo (Tabelle 19). Beim Vergleich der Wildschweine aus Regionen mit gehäuftem Vorkommen von Feuchtarealen und den Regionen, die vermehrt landwirtschaftlich geprägt und trockener waren, konnte kein signifikanter Unterschied der Seroprävalenz festgestellt werden (83 % bzw. 87 % positive Antikörpertiter; p = 0,62) (Tabelle 20). Ebenso war bei der Verteilung der Serovaren in diesen Gebieten kein deutlicher Unterschied nachzuweisen (Tabelle 21). Die Seren der Wildschweine, die mit der lipL41-PCR, sowie lipL32- und lipL45-nested PCR als positiv befunden wurden, zeigten auch serologisch die Auseinandersetzung mit dem Erreger.

Sie besaßen positive Antikörpertiter gegenüber den Serovaren Bratislava, Copenhageni, Grippothyphosa und Tarassovi.

Im Hinblick auf das Geschlecht wiesen weibliche Wildschweine mit 90 % eine geringfügig höhere, aber nicht signifikante, Seroprävalenz auf als männliche Tiere mit 74 % (p = 0,89) (Tabelle 22). Ebenso zeigten die Ergebnisse hinsichtlich des Alters (Frischlinge versus Überläufer versus Bachen/Keiler) keine signifikanten Unterschiede (p = 0,77) (Tabelle 23).

Tabelle 17: Bestimmung der Seroprävalenz gegenüber unterschiedlichen

Leptospirenserovaren mittels Mikroagglutinationstests (MAT) bei 65 Wildschweinen aus Niedersachsen

MAT-Titer

negativ positiv

Serovar ≤1:50 1:100 1:200 1:400 1:800 1:1600 ≥1:100 Summe

Tabelle 18: Anzahl der Wildschweine die im MAT in beiden jeweils genannten Serovaren positive Antikörpertiter aufwiesen

Serovarx tar saxa har pom ictb cop gri can brac sax -

hara - 1

pom - 1 1

ict 1 1 1 1

copb 9 1 1 1 2

gri 3 - - 1 1 8

can - 1 2 1 1 1 -

bra 9 1 2 1 2 31 12 2

ausc 4 1 2 1 2 7 1 2 8

x(aus) L. interrogans Serovar Australis,(bra) L. interrogans Serovar Bratislava, (can) L. interrogans Serovar Canicola, (gri) L. kirschneri Serovar Grippotyphosa, (cop) L. interrogans Serovar

Copenhageni, (ict) L. interrogans Serovar Icterohaemorrhagiae, (pom) L. interrogans Serovar Pomona, (har) L. interrogans Serovar Hardjo, (sax) L. interrogans Serovar Saxkoebing, (tar) L. borgpetersenii Serovar Tarassovi

a Serogruppe Sejroe

b Serogruppe Icterohaemorrhagiae

c Serogruppe Australis

Tabelle 19: Vergleich der Seroprävalenz gegenüber Leptospirenserovaren in den

x(aus) L. interrogans Serovar Australis,(bra) L. interrogans Serovar Bratislava, (can) L. interrogans Serovar Canicola, (gri) L. kirschneri Serovar Grippotyphosa, (cop) L. interrogans Serovar

Copenhageni, (ict) L. interrogans Serovar Icterohaemorrhagiae, (pom) L. interrogans Serovar Pomona, (har) L. interrogans Serovar Hardjo, (sax) L. interrogans Serovar Saxkoebing, (tar) L. borgpetersenii Serovar Tarassovi

a Vorkommen von ausgedehnten Feuchtarealen

b n. u.: nicht untersucht

Tabelle 20: Seroprävalenzen von Wildschweinen aus Regionen mit wesentlichen Anteilen von Feuchtarealen und vermehrt landwirtschaftlich geprägt und trockeneren Gebieten

Region Anzahl negativer Wildschweinseren

a Nach Angaben der Niedersächsischen Landesforsten wurden 8 Forstämter mit vermehrtem Vorkommen von Feuchtarealen gezielt ausgewählt

Tabelle 21: Gegenüberstellung der positiven Wildschweinseren aus Regionen mit wesentlichen Anteilen von Feuchtarealen und vermehrt trockenen Regionen

Anzahl positiver Wildschweinseren

Region x aus bra can gri cop ict pom har sax tar Summe wesentliche Anteile

von Feuchtarealen 6 33 2 9 19 1 1 2 1 5 79

vermehrt trockene

Regionen 2 21 0 4 13 1 0 0 0 4 45

x(aus) L. interrogans Serovar Australis,(bra) L. interrogans Serovar Bratislava, (can) L. interrogans Serovar Canicola, (gri) L. kirschneri Serovar Grippotyphosa, (cop) L. interrogans Serovar

Copenhageni, (ict) L. interrogans Serovar Icterohaemorrhagiae, (pom) L. interrogans Serovar Pomona, (har) L. interrogans Serovar Hardjo, (sax) L. interrogans Serovar Saxkoebing, (tar) L. borgpetersenii Serovar Tarassovi

Tabelle 22: Vergleich der Seroprävalenz gegen Leptospiren zwischen männlichen und weiblichen Wildschweinen aus Niedersachsen

Geschlecht Anzahl negativer Wildschweinseren

Anzahl positiver

Wildschweinseren Summe

männlich 6 (26 %) 17 (74 %) 23 (100 %)

weiblich 4 (10 %) 38 (90 %) 42 (100 %)

Tabelle 23: Vergleich der Seroprävalenz gegen Leptospiren im Bezug auf das Alter der Tiere

Alter Anzahl negativer Wildschweinseren

Anzahl positiver

Wildschweinseren Summe Frischlinge a 5 (14 %) 31 (86 %) 36 (100 %)

Überläufer b 2 (20 %) 8 (80 %) 10 (100 %)

Bachen/Keiler c 3 (16 %) 16 (84 %) 19 (100 %)

a Wildschweine, die sich in ihrem ersten Lebensjahr befinden

b Wildschweine, die sich in ihrem zweiten Lebensjahr befinden

c Wildschweine, die älter als zwei Jahre sind

5 Diskussion

Die Leptospirose wird durch pathogene Leptospiren verursacht und ist eine weltweit verbreitete Infektionskrankheit bei warmblütigen Wirbeltieren sowie dem Menschen. Von großer Bedeutung für die Verbreitung der Leptospiren sind latent erkrankte Trägertiere, bei denen die Leptospiren persistieren, diese über den Harn ausscheiden und so auf direktem oder indirektem Weg andere Individuen infizieren können. Wildschweine könnten als Erregerreservoir für die Verbreitung von pathogenen Leptospiren eine Schlüsselrolle spielen (2.1). Aufgrund ihrer typischen Verhaltensweisen, wie dem Suhlen oder dem Suchen nach Nahrung durch Wühlen in feuchter Erde, ist das Risiko einer Aufnahme der Erreger über Schleimhäute oder Hautverletzungen bei Wildschweinen als hoch einzuschätzen. Diese Annahme wird gestützt durch serologische Untersuchungen, die beim Schwarzwild eine hohe Seroprävalenz gegenüber Leptospiren aufzeigten (2.7).

In der vorliegenden Arbeit sollte die Prävalenz von Leptospireninfektionen bei Wildschweinen in Niedersachsen bestimmt werden. Im Gegensatz zu der Mehrzahl der publizierten Untersuchungen über das Vorkommen von Leptospiren bei Wildtieren wurde in dieser Arbeit aus folgenden Gründen der Schwerpunkt auf den schwierigen direkten Erregernachweis gesetzt:

1. Nur mit dem direkten Erregernachweis lässt sich das Vorkommen von Trägertieren beweisen. Bei ausschließlich serologischen Daten bleibt unklar, wie viele der serologisch positiven Tiere die Leptospiren eliminieren konnten.

2. Direkte Erregernachweise und insbesondere auch die Isolierung von Leptospiren ermöglichen eine umfassende Charakterisierung der Erreger über die Bestimmung der Serovaren bzw. Serogruppen hinaus, beispielsweise durch den Nachweis putativer Virulenzfaktoren.

3. Der für die serologische Leptospirendiagnostik eingesetzte Goldstandard MAT ist mit zahlreichen Problemen, z. B. Kreuzreaktionen oder paradoxen Reaktionen, assoziiert.

Zudem bleibt offen, ob die Qualität der postmortal gewonnenen, häufig hämolytischen Seren von Wildtieren die Aussagekraft des MAT beeinträchtigt.

4. Durch die Untersuchung unterschiedlicher Gewebeproben auf Leptospiren kann eine

direkten Verfahren können Nachweisgrenzen bestimmt werden. Auf dieser Grundlage kann eine Abschätzung des spezifischen Keimgehaltes der entsprechenden positiv getesten Gewebeproben erfolgen.

Bei der Auswahl der Regionen für die Probengewinnung wurden gezielt Wälder mit unterschiedlicher Habitatstruktur ausgewählt. Wildschweine leben in Niedersachsen zum Teil in sehr unterschiedlichen Lebensräumen, die sich unter anderem in der Nähe zu landwirtschaftlichen Flächen und dem Vorkommen von Feuchtarealen unterscheiden. Da diese beiden Kriterien für die Epidemiologie der Leptospirose beim Wild- und Hausschwein eine wichtige Rolle spielen könnten, wurden die Regionen nach diesen Gesichtspunkten charakterisiert.