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2 SCHRIFTTUM

2.1 Biologische Grundlagen

2.1.1 Keimzellentwicklung beim Schwein

Die Entwicklung der Oozyten beginnt in der frühen Fetalentwicklung: Bereits bei den ersten Furchungsteilungen entsteht in einigen Blastomeren das „germinative Plasma“, aus dem die Primordialkeimzellen (PKZ, Abbildung 1/A) hervorgehen.

Diese Urkeimzellen, die sich durch ihre Größe und ihren kugeligen Kern, sowie dem hohen Gehalt an alkalischer Phosphatase und Glykogen, von den kleineren somatischen Zellen unterscheiden, finden sich beim fetalen Säuger in unmittelbarer Nähe der Allantoisanlage. Sie wandern durch amöboide Eigenbewegung, wobei diese durch chemotaktische Reize der Keimdrüsenanlage unterstützt werden soll, über das Bindegewebe des Enddarms ins Mesenterium und gelangen schließlich über die Nierenanlage in die Genitalleiste (PICTON u. GOSDEN 1995). Hier bilden sie die Oogonien (Abbildung 1/B). Während der Wanderung, sowie in der Keimdrüsenanlage, durchlaufen die PKZ eine Reihe von Mitosezyklen. Wenn sie ihren Bestimmungsort erreicht haben verlieren sie ihre Motilität (SCHNORR 1996).

Die PKZ differenzieren sich in der ersten Wachstumsperiode zu den Oozyten 1.

Ordnung, d.h. zu den primären Oozyten (Abbildung 1/C), wobei die Meiose in der Prophase der ersten Reifeteilung (spätes Diplotän) unterbrochen wird (FULKA et al.

1972). Nach Abschluss dieser ersten Wachstumsperiode, die beim Schwein bis in die postnatale Periode hineinreicht, ist die Gesamtpopulation an Keimzellen festgelegt (SCHNORR 1996). Zum Zeitpunkt der Geburt sind ca. 99% der primären Oozyten in dieser Ruhephase arretiert, die unter Umständen viele Jahre dauert und erst zu Beginn der präovulatorischen Follikelreifung beendet wird (FULKA et al.

1972). Die 30-50 µm große Schweineeizelle wird in dieser Entwicklungsstufe von einem einschichtigem Plattenepithel umgeben und bildet mit diesem zusammen den Primordialfollikel. Eizellen, die nicht in einen Follikel eingeschlossen werden, gehen zugrunde (MOOR et al. 1990; HUNTER 1991; SCHNORR 1996).

Etwa vom 60. Tag nach der Geburt an tritt beim Schwein ein Teil der Primordialfollikel in die zweite Wachstumsperiode ein, bei der die Eizelle ihre endgültige Größe (ca. 150 µm) erreicht und die Follikel unter dem Einfluß der Hormone über Primär- und Sekundärfollikel zu den vesikulären Tertiärfollikeln heranwachsen (MAULEON 1964; OXENEDER et al. 1979). In dieser 2.

Wachstumsphase weisen die primären Oozyten eine ausgeprägte metabolische und synthetische Aktivität auf. Proteine, Energiesubstrate und Lipide, sowie Mitochondrien und Ribosomen, werden von ihnen selbst, sowie von den Granulosazellen, synthetisiert und in Form von Granula gespeichert (PICTON u.

GOSDEN 1995). Sie sind notwendig für den Metabolismus, die Zellstruktur während der Reifung, sowie für die ersten Teilungen in der Embryonalentwicklung, bevor das embryonale Genom aktiviert wird (CRAN u. CHENG 1985; MOOR et al. 1990;

HUNTER 1991; HYTTEL et al. 1993). Im Stadium des Primärfollikels beginnen primäre Oozyten und Granulosazellen darüber hinaus mit der Synthese der aus mehreren Glykolipidschichten bestehenden Zona pellucida, die die spätere Oozyte umgibt. Parallel dazu wird das flache Follikelepithel erst kubisch, später zylindrisch (MAULEON 1964; HUNTER 1991). Gegen Ende der Wachstumsperiode nimmt die RNA-Syntheseaktivität ab, wobei die Synthese von Makromolekülen bis in die spätere Reifungsphase anhält (MOOR et al. 1990; WASSERARMAN u. ALBERTINI 1994). Aus dem Primärfollikel entsteht der Sekundärfollikel, dessen Wand aus einem mehrschichtigen kubischem Epithel besteht. In diesem Stadium hat die Eizelle einen Durchmesser von ca. 100 µm erreicht, und die Zona pellucida ist als vollständige Hülle ausgebildet. Das Follikelepithel entwickelt sich im folgenden durch mitotische Teilungen zum mehrschichtigen Stratum granulosum, das durch eine Basalmembran von der Theca folliculi interna und externa abgegrenzt ist. Durch Sekretion der Granulosazellen entsteht Liquor follicularis, der sich zwischen den Zellen ansammelt, was zu einer Hohlraumbildung führt, und so den Tertiärfollikel entstehen lässt. Die Oozyte wird an die Wand des Follikels gedrängt und in der Folge von mehreren Granulosazellschichten umgeben. Diese Struktur wird als Kumulus-Oozyten-Komplex (KOK) bezeichnet (SCHNORR 1996).

Abbildung 1: Schematische Darstellung der Keimzellentwicklung beim Schwein

Geburt

ab Geschlechtsreife E

D C B A

ab Tag 60 nach Geburt

postpuberal praepuberal praenatal

postnatal

(modifiziert nach ALBERTS et al. 1995)

Die präovulatorische Freisetzung der gonadotropen Hormone induziert schließlich die Bildung des ovulationsbereiten Graafschen Follikels. Hierbei führt ein LH-Anstieg, der letztlich auch die Ovulation auslöst, zur Vermehrung der Granulosazellen und zur Zunahme der Follikelflüssigkeit. Die ursprüngliche breitflächige Verbindung des Cumulus Oophorus mit dem Stratum granulosum wird bis auf einen dünnen Stiel, der schließlich einreißt, reduziert, so dass die Eizelle samt umgebenden Kumuluszellen frei in der Follikelflüssigkeit flotiert (SCHNORR 1996). Ebenso induziert der LH-Anstieg, durch Wiederaufnahme der meiotischen Aktivität, die Reifung der im Diktyotän verharrenden primären Oozyte (HUNTER 1966). Die Auflösung des ringförmigen Germinalvesikels (Germinal Vesicle Break Down, GVBD) ist charakteristisch für dieses Stadium (DAGUET 1980; DEKEL 1988). Zugleich wird durch ungleiche Zytokinese der erste Polkörper ausgeschleust, was die sekundäre Oozyte (Abbildung 1/D) entstehen lässt (TSAFRIRI et al. 1982). Unmittelbar darauf beginnt diese die zweite meiotische Reifeteilung zu durchlaufen, die jedoch in der Metaphase (Metaphase II-Oozyte, MII-Oozyte) bis zur Aktivierung durch ein penetrierendes Spermium erneut arretiert wird (HUNTER et al. 1987; THIBAULT et al. 1987; HUNTER 1991; BEARDEN u. FUQUA 1993). Erst mit Abschluss der zweiten Reifeteilung, im Anschluss an die Befruchtung, entsteht die haploide reife Eizelle, das Ovum (Abbildung 1/E). Pro Zyklus entstehen beim Schwein 25-50 Tertiärfollikel, von denen nur eine begrenzte Anzahl ovuliert. Die übrigen Oozyten degenerieren zusammen mit den umgebenen Follikeln (BYSKOV 1978;

ARMSTRPONG u. LEUNG 1990). Verglichen mit den Eizellen von Schaf und Rind ist ein relativ hoher Lipidgehalt speziesspezifisch für die Schweineeizelle. Besonders der Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren ist beim Schwein wesentlich höher als bei den genannten Wiederkäuern (McEVOY et al. 2000). Der hohe Lipidgehalt, der später auch typisch für den porzinen präeimplantativen Schweineembryo ist, bedingt eine hohe Empfindlichkeit von Eizelle und Embryo gegen Temperaturschwankungen, was unter anderem zu Schwierigkeiten bei der Kryokonservierung porziner Embryonen führt (zum Überlick: DOBRINSKY 1997).