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2 SCHRIFTTUM

2.2 Biotechnologische Grundlagen

2.2.1 In-vitro-Reifung porziner Oozyten

Für die IVM (In vitro Maturation) werden primäre Oozyten im Germinal-Vesikel-Stadium (GV-Germinal-Vesikel-Stadium) (MOOR u. GANDOLFI 1987) aus Ovarien geschlachteter Sauen durch Aspritation aus 2-5 mm großen Follikeln gewonnen und in geeigneten Reifungsmedien inkubiert. Oozyten aus kleineren Follikeln können zur Zeit noch nicht verwendet werden, da sie eine verminderte Kompetenz zur Fortsetzung der Meiose besitzen (MOTLIK et al. 1984; MARCHAL et al. 2002) und nach IVF (In-vitro- Fertilisation) nur zu einem geringeren Anteil das Blastozystenstadium erreichen (MARCHAL et al. 2002). Oozyten aus den Ovarien postpuberaler Sauen reifen dabei schneller (TAKAHASHI u. NAGAI 1990) und weisen ein höheres Entwicklungspotential auf als Oozyten präpuberaler Sauen (MARCHAL et al. 2001).

Es wird zwischen Kernreifung und zytoplasmatischer Reifung unterschieden. Die Kernreifung beinhaltet die Wiederaufnahme der ersten meiotischen Reifeteilung, die Ausschleusung des 1. Polkörpers, sowie das Fortschreiten der 2. meiotischen Reifeteilung bis zur Metaphase, und ist bei Schweineoozyten bereits nach 36 h vollendet, während die zytoplasmatische Reifung, die mit morphologischen Veränderungen im Verteilungsmuster der Mitochondrien und der kortikalen Granula einhergeht (MOOR et al. 1990), frühestens nach 44 h abgeschlossen ist (zum Überblick: PRATHER u. DAY 1998). Bei der Reifung porziner Oozyten sollte der osmotische Druck des Mediums 265 bis 355 mOsmol (optimal 285 mOsmol) betragen (McGAUGHEY u. VAN BLERKOM 1977) und der pH-Wert auf 7,2-7,4 eingestellt sein (SATO u. KOIDE 1987). Als optimal gilt eine Temperatur von 38,5-39°C (CRAN u. CHENG 1985; YOSHIDA 1987) bei einer Gasatmosphäre von 5%

CO2 (TSAFRIRI u. CHANNING 1975). Das Ölüberschichten des Reifungsmediums ist mit verzögerter Kernreifung und einem geringeren Entwicklungspotential in Verbindung gebracht worden. Hierbei wird die Diffusion von Steroiden aus dem Reifungsmedium in das Öl diskutiert (SHIMADA et al. 2002). Unterschiedliche Medien wurden verwendet: Krebs Ringer Bicarbonatlösung (NAITO et al. 1988), Waymouth Medium (HIRAO et al. 1994; KIKUCHI et al. 1995), Tissue Culture

Medium (TCM)199 (MOTLIK et al. 1986; MATTIOLI et al. 1989; FUNAHASHI u. DAY 1993; GRUPEN et al. 1995), North Carolina State Universiy (NCSU) Medium 23 (ABEYDEERA u. DAY 1997; BOQUEST et al. 1999a) und NCSU37 (PETTERS u.

WELLS 1993; FUNAHASHI et al. 1997; RATH et al. 1999; LONG et al. 1999). Die Medien, die auf TCM199 und NCSU basieren, werden heute vielfach als Standardmedien zur Reifung von Schweineoozyten eingesetzt. In Tabelle 1 wird ein Überblick über die Reifungsergebnisse verschiedener Autorengruppen gegeben.

Eine Verbesserung der Reifung porziner Eizellen wurde durch Zusatz porziner Follikelflüssigkeit (pFF) als Proteinquelle erzielt (NAITO et al. 1988; YOSHIDA et al.

1992; ABEYDEERA et al. 1998a; VATZIAS u. HAGEN 1999; RATH et al. 1999).

Morphologisch intakte Oozyten sollten ein fein granuliertes Zytoplasma und mindestens 3 Lagen an Kumuluszellen besitzen (LEIBFRIED u. FIRST 1979), wobei einer ausreichenden Zahl an Kumuluszellen besondere Bedeutung zukommt (MOTLIK et al. 1986; MATTIOLI et al. 1988; MOOR et al. 1990; THOMAS u. SEIDEL, JR. 1993). Diese fördern aufgrund ihrer metabolischen Kapazität (TANGHE et al.

2002), über ein Netzwerk an Gap junctions zwischen Kumuluszellen und Oozyte (MOOR et al. 1980; EPPIG 1982), die zytoplasmatische Reifung durch einen direkten Substanztransfer. Die Kumuluszellen sind auch an der meiotischen Arretierung der Oozyte in der Prophase der 1. meiotischen Reifeteilung beteiligt. Von den Kumuluszellen befreit, nehmen einige Schweineoozyten spontan die Meiose wieder auf (NAGAI et al. 1993). Dies wird als passive Reaktion auf die Abwesenheit einer Meiosis Inhibiting Substance gedeutet (THIBAULT et al. 1987). Beim Schwein wird dem Transport von cAMP über die Gap junctions in die Eizelle eine Beteiligung an der Aufrechterhaltung der meiotischen Arretierung zugeschrieben (KUMAR u.

GILULA 1996). Da in kleinen Follikeln stetig geringe Mengen an cAMP von den Kumuluszellen in die Eizelle transportiert werden, um diese in der Prophase zu arretieren (DEKEL 1988), gilt die Aufrechterhaltung eines optimalen intrazellulären cAMP-Spiegels als Voraussetzung, um der Eizelle eine zytoplasmatische Reifung zu ermöglichen (LUCIANO et al. 1999). Vermutlich führt deshalb ein cAMP-Zusatz zum Reifungsmedium für die ersten 20 h der Reifung zu einer verbesserten präimplantativen Entwicklung bei der Spezies Schwein (FUNAHASHI et al. 1997).

RR (%) 71 53-72 87-100 80 85 71 90 70 96 60

Inkubations- bedingungen 46-48 h, 39°C 32 h, 39°C 47-48 h, 39°C 44-48 h, 39°C 44 h, 39°C 36 h, 39°C 36 h, 38°C 48 h, 39°C 47 h, 39°C 48 h, 39°C

Reifungsmedien TCM199 + Glutamin + Hepes +15%CBS TCM 199 + Hepes + LH + PS + Estradiol TCM199 + FSH + LH + Prolaktin + Glutamin + 5%FCS + 5%NBCS TCM199 + 15%NPS TCM199 + pFSH + LH +10%FCS TCM199 + eCG + hCG + Estradiol + 10%FCS TCM199 + eCG + hCG + Estradiol + 10% pFF + 10%FCS TCM199 + FSH + LH + Prolaktin + Glutamin + 5%FCS + 5%NBCS TCM199 + pFSH + LH + Glutamin + Vit.C + Insulin +10%FCS TCM199 + 10%FCS + pFF + FSH

Tabelle 1: Reifungsergebnisse porziner Oozyten Autor ENG et al. 1986 NAGAI et al. 1988 NAGAI u. MOOR 1990 NAKANISHI et al. 1990 GALEATI et al. 1991 WANG et al. 1991 YOSHIDA et al. 1990 DING et al. 1992 DING u. FOXCROFT 1994 RATH et al. 1995a RR (Reifungsrate), CBS (Castrated Boar Serum), FCS (Fetal Calf Serum), NBCS (Newborn Calf Serum) NPS (Newborn Piglet Serum), pFF (porzine Follikelflüssigkeit)

RR(%) 87 93 83,6 80-87 78-89 79 90 85,2 71-82 71-84

Inkubations- bedingungen 44 h, 39°C 44 h, 39°C 20h, 39°C, 24h ohne Hormone + cAMP 44 h, 39°C 20 h, 39°C, weitere 22 h ohne Hormone 44 h 39°C 22 h, 39°C, weitere 22 h ohne Hormone 20 h, 39°C, 22h ohne Hormone + cAMP 22 h, 39°C, weitere 20 h ohne Hormone 22 h, 39°C, weitere 20 h ohne Hormone

Reifungsmedien TCM199 + eCG + hCG + Cystein + 10%pFF NCSU23 + eCG + hCG + Cystein + 10%pFF NCSU37 + ß-Merkaptoethanol + Cystein + Insulin +10%pFF + eCG + hCG + cAMP BSA freies NCSU23 + Cystein + eCG + hCG + 10%pFF NCSU23 + Cystein + LH + FSH + pFF TCM199 + Cystein + EGF + LH + FSH BSA freies NCSU23 + Cystein + EGF + eCG + hCG + pFF TCM199 + Cystein + EGF + eCG + hCG + pFF+cAMP BSA freies NCSU23 + EGF+ eCG + hCG + pFF TCM199 + EGF + eCG + hCG + pFF

Fortsetzung Tabelle 1: Reifungsergebnisse porziner Oozyten Autoren WANG et al. 1997 FUNAHASHI et al. 1997 ABEYDEERA et al. 1998b ABEYDEERA et al. 1999 ABEYDEERA et al. 2001 ZHU et al. 2002 MIYOSHI et al. 2002 HYUN et al. 2003b RR (Reifungsrate), pFF (porzine Follikelflüssigkeit)

Als Antwort auf den präovulatorischen Gonadotropin-Impuls wird die meiotische Arretierung aufgehoben und die Kumuluszellen beginnen mit der Produktion von Hyaluronsäure, die in den interzellulären Räumen gelangt und zur Kumulusexpansion führt (CHEN et al. 1990; MATTIOLI et al. 1994).

Der Zusatz von FSH und LH, sowie deren Analoga PMSG und hCG, zum Reifungsmedium führt bei den Oozyten vieler Säugetiere zu einer Verbesserung der Kumulusexpansion und der Spermienpenetration nach IVF (In vitro Fertilization) (EPPIG 1979; MOOR et al. 1980). Die Vorkernbildungsraten werden bei der Spezies Schwein optimiert, wenn die Hormone sich für die ersten 20h der Reifung im Medium befinden (FUNAHASHI u. DAY 1993). Ebenfalls einen günstigen Einfluss auf die Kumulus-Expansion und die präimplantative Entwicklung der Schweineembryonen nach IVF übt der Epidermal Growth Factor (EGF) aus (DING u. FOXCROFT 1994;

SINGH et al. 1997; ABEYDEERA et al. 1998b; ABEYDEERA et al. 2000). Durch die Kumulusexpansion werden die Gap-junctions zu den äußeren Kumuluszellen unterbrochen (WERT u. LARSEN 1989; SUZUKI et al. 2000). Wahrscheinlich wird hierdurch auch die Überführung von Meiosis-Inhibitory Signalen unterbunden (ISOBE et al. 1998). Letztlich sind die Gap junctions auf die Corona radiata beschränkt (MATTIOLI 2000), wohingegen die Kumulus-Kumulus-Verbindungen intakt bleiben (SUZUKI et al. 2000). Für eine vollständige Zytoplasmareifung der Schweineoozyten müssen anheftende Kumuluszellen vorhanden sein (YAMAUCHI u. NAGAI 1999), da diese die weitere Entwicklung fördern (NAGAI 2001). Vermutet werden intrazelluläre Einflüsse auf pH-Wert und Ca2+ Konzentration (YAMAUCHI u. NAGAI 1999; MORI et al. 2000). Glucose kann von der Schweineoozyte nicht verstoffwechselt werden. Sie ist auf Pyruvat als Energiesubstrat angewiesen, das die Kumuluszellen aus Glucose metabolisieren (TANGHE et al. 2002).

Die Kumuluszellen erhöhen darüber hinaus den intrazellulären Glutathion (GSH)- Gehalt in porzinen Oozyten (YAMAUCHI u. NAGAI 1999), der auch als Indikator für eine vollständige zytoplasmatische Reifung angesehen wird (YOSHIDA 1993).

Glutathion reduziert die Disulfidbrücken in den Protaminen, was zur Dekondensation der Spermienköpfe führt (MAHI u. YANAGIMACHI 1975), und trägt so zur Ausbildung der männlichen Vorkerne („male pronuclei“, MPN) bei. GSH stimuliert den

Aminosäuretransport, sowie die Proteinsynthese und schützt die Zelle durch Bindung freier Radikale vor oxidativem Stress (MEISTER 1983; YOSHIDA et al. 1993;

TATEMOTO et al. 2000). Mauszygoten, die transgen für eine Überexpression der GSH-Synthetase sind, zeigten unter suboptimalen Kulturbedingungen eine deutlich bessere Entwicklung als normale Zygoten (RZUCIDLO u. BRACKETT 2000).

Cysteinzusatz im Reifungsmedium kann von Schweineoozyten direkt aufgenommen werden und bewirkt metabolisiert eine Erhöhung des GSH Gehaltes (YOSHIDA et al.

1993; ABEYDEERA et al. 1999). Allerdings wird Cystein unter in Vitro Bedingungen durch Sauerstoff zu Cystin oxidiert (MOHINDRU et al. 1985), was nur von den Kumuluszellen aufgenommen werden kann und über Gap junctions an die Oozyte weitergeleitet wird. Durch Zusatz von ß-Merkaptoethanol (ABEYDEERA et al. 1998a;

TAKAHASHI et al. 2002) oder Cysteamin (GRUPEN et al. 1995; YAMAUCHI u.

NAGAI 1999) wird Cystin teilweise wieder zu Cystein reduziert. In NCSU23 gereifte Schweineoozyten zeigen einen höheren GSH Gehalt als Oozyten, die in Whittens Medium und TCM 199 gereift werden, sowie eine bessere Entwicklung zur Blastozyste (WANG et al. 1997). Organische Osmolyte, wie Taurin und Sorbitol (z.B in NCSU37), erhöhen den GSH Gehalt der Oozyte ebenfalls (FUNAHASHI et al.

1996). Dennoch weisen in vitro gereifte Schweineoozyten, verglichen mit in vivo gereiften Oozyten, nur 25% des Gehaltes an GSH auf (BRAD et al. 2003). Sie zeigen geringere Penetrationsraten, verzögerte und asynchrone Vorkernentwicklungen und geringere Teilungsraten nach IVF (LAURINCIK et al. 1994), sowie geringere Blastozystenraten (NAGASHIMA et al. 1996). Während in vivo maturierte Oozyten häufig helle Areale im Cortex-Bereich aufweisen, fehlten diese bei in vitro maturierten Oozyten. In vivo maturierte Schweineoozyten sind größer (176mm vs. 149µm) und besitzen einen weiteren perivitellinen Spalt (2.4µm vs. 3.1µm) als in vitro gereifte Oozyten (WANG et al. 1998b). In vitro gereifte Oozyten weisen zudem häufig Chromosomenabnormalitäten auf (SOSNOWSKI et al. 2003). Dennoch wurden im Jahre 1989 die ersten Ferkel aus Embryonentransfer nach In-vitro-Maturation (IVM) und In-vitro-Fertilisation (IVF) geboren (MATTIOLI et al. 1989). Später sind in vitro gereifte Oozyten mit Erfolg verwendet worden, um transgene (CABOT et al. 2001) und geklonte Schweine (BETTHAUSER et al. 2000) zu produzieren.