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3.2 Steuerrechtlicher Rahmen der einzelnen Kapitaleinkunfts-

3.2.1 Fremdkapitalanlage

3.2.1.1 Besteuerung von Zinsen nach deutschem Steuerrecht

Als Zinsen werden im Rahmen dieser Arbeit die Entgelte für die zeitlich begrenzte Überlassung von Kapital an ein (nicht eigenes) Unternehmen bezeichnet, wobei sowohl die Entgelte als auch die Rückzahlung des eingesetzten Kapitals sicher sind.47

Im deutschen Steuerrecht fallen Zinsen unter § 20 Abs.1 Nr. 7 EStG bzw. in erwei-terter Hinsicht unter § 20 Abs.1 Nr. 5 bis 8 EStG, den so genannten Zinsen aus Geldforderungen. Können Zinsen allerdings den Einkünften aus Land- und Forst-wirtschaft (§ 13 EStG), aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG), aus selbständiger Arbeit (18 EStG) oder aus Vermietung und Verpachtung (§21 EStG) zugeordnet werden, sind die jeweiligen Einkunftsarten der Zuordnung zu den Einkünften aus Kapital-vermögen vorrangig (Subsidiaritätsprinzip). Beim Zinsbegriff dieses Kapitels wird von einer Zuordnung zu § 20 Abs.1 Nr. 7 EStG ausgegangen. Darunter fallen48:

- Zinsen aus Darlehen, Anleihen und Guthaben bei Sparkassen, Banken und anderen Kreditinstituten,

- Zinsen i.S. des § 236 AO (Steuererstattungszinsen)49, - Zinsen für Enteignungsentschädigungen50,

47 Zur Definition siehe auch Kapitel 4.1.1.

48 Vgl. Rick, Gierschmann, Gunsenheimer, Martin, Schneider (2005), S. 695.

49 Vgl. BFH vom 8.4.1986.

50 Vgl. BFH vom 22.4.1980.

- Zinsen auf ein zugunsten des Steuerpflichtigen angelegtes Sperrkonto51, - Verzugszinsen52,

- Zinsen aus Pfandbriefen, Schuldverschreibungen, Obligationen und ähnli-chen Papieren (festverzinsliche Wertpapiere)

- Sparbriefe, die von Kreditinstituten oder vom Bund ausgegeben werden.

(sowohl normal verzinsliche als auch ab- bzw. aufgezinste, insbes. Bundes-schatzbrief Typ A und B).

Der erweiterte Zinsbegriff umfasst zusätzlich53:

- Zinsen aus Hypotheken und Grundschulden, Renten aus Rentenschulden (§ 20 Abs.1 Nr. 5 EStG),

- Zinsen aus Sparanteilen, die in bestimmten Versicherungsbeiträgen enthalten sind (§ 20 Abs.1 Nr. 6 EStG),

- Diskontbeträge (§ 20 I Nr. 8 EStG).

Zinsen gehören zu den Kapitaleinkünften, welche wiederum gem.

§ 2 Abs.2 Nr. 2 EStG zu den Überschusseinkünften zählen. Dementsprechend gilt gem. § 4 Abs.3 EStG i.V.m. § 11 I EStG das Zuflussprinzip, d.h. der Steuerpflichti-ge ermittelt seinen Gewinn als den Überschuss der Einnahmen über die Ausgaben, wobei eine Vereinnahmung im Moment des Zuflusses der Einkünfte angenommen wird. Entscheidend für den Zuflussmoment ist die Erlangung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht, die in H 11 EStR geregelt ist.

Aufwendungen, die mit den Zinseinkünften unmittelbar zusammenhängen, können als Werbungskosten abgezogen werden. Dabei können, im Gegensatz zur älteren Rechtsprechung, nach aktueller Rechtsprechung54 die Werbungskosten die Einnah-men übersteigen, solange langfristig ein Überschuss erwartet werden kann55. Liegen keine Werbungskosten vor oder können keine Werbungskosten nachgewiesen wer-den, wird ein Werbungskostenpauschbetrag i.H.v. 51 EUR gem. § 9a Nr. 2 EStG angerechnet.

51 Vgl. BFH vom 23.4.1980.

52 Vgl. BFH vom 29.9.1981.

53 Vgl. Rick, Gierschmann, Gunsenheimer, Martin, Schneider (2005), S. 693 ff.

54 Vgl. BFH vom 21.7.1981.

55 Vgl. Rick, Gierschmann, Gunsenheimer, Martin, Schneider (2005), S. 703.

Darüber hinaus wird gem. § 20 Abs.4 EStG der sog. Sparerfreibetrag i.H.v.

1.370 EUR56 von den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen.

Sowohl Werbungskostenpauschbetrag als auch Sparerfreibetrag verdoppeln sich bei zusammen veranlagten Ehegatten. Der Werbungskostenpauschbetrag kann nur ein-heitlich in Anspruch genommen werden, der Sparerfreibetrag kann zwischen den Ehegatten aufgeteilt werden.

De facto ergibt sich damit ein gesamter Freibetrag bei den Einkünften aus Kapital-vermögen, hier bei den Zinseinkünften, von 1.421 EUR.

Der Steuersatz auf die so ermittelte Bemessungsgrundlage ergibt sich implizit aus der Tarifformel des § 32 a Abs.1 EStG.

Auf die o.g. Zinseinkünfte wird, solange es sich um inländische Einkünfte handelt, je nach Kapitaleinkunftsart eine Quellensteuer, die sog. Kapitalertragsteuer (KESt), im Sinne einer Vorauszahlung erhoben. Die Steuerlast beträgt gem. § 43a EStG i.V.m. § 43a EStG 20% bis 30%57 bzw. 25% bis 42,85% vom Kapitalertrag, wenn der Schuldner der Kapitalerträge die Steuer übernimmt. Die geleistete KESt wird im Zuge der Veranlagung zur Einkommensteuer mit der tatsächlichen Steuer auf die Kapitalerträge verrechnet bzw. erstattet.

Im Zuge der Unternehmensteuerreform 2008 wird ab dem 1. Januar 2009 in Deutschland ein einheitlicher Abgeltungssteuersatz auf Kapitaleinkünfte von 25%

erhoben.58 Ungeachtet dessen kann der Steuerpflichtige aber auch im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung auf Veranlagung seiner Kapitaleinkünfte optieren.

3.2.1.2 Besteuerung von Zinsen in internationalen Steuersystemen International können sich die Zinsbesteuerungssysteme in dreierlei Hinsicht unter-scheiden: der Bemessungsgrundlage, dem Steuersatz bzw. dem Steuertarif und der Vorauszahlung auf die Steuer im Sinne einer Quellensteuer.

56 Ab VZ 2007 beträgt der Sparerfreibetrag 750 EUR.

57 Bei Tafelgeschäften werden 35% auf den Kapitalertrag erhoben.

58 Vgl. Bundestag (2007) und Bundesrat (2007).

Die Steuerbemessungsgrundlage ist bis auf wenige Ausnahmen59 im internationalen Vergleich einheitlich geregelt als Zinsbetrag abzüglich ggf. existierender Freibeträ-ge bei Kapitaleinkünften.

Im Hinblick auf die Quellensteuer und die Steuerveranlagung kann man vier Typen von Zinsbesteuerungssystemen feststellen60:

Tabelle 3.2-1) Vier Typen internationaler Zinsbesteuerungssysteme

mit Abgeltungs-wirkung

ohne Abgeltungs- wirkung (mit Veranlagung)

mit Kontroll-mitteilungen

ohne Kontroll-mitteilungen bspw. Finnland,

Schweden und Österreich

bspw. Deutschland, Großbritannien und Spanien

bspw. Dänemark und

Niederlande bspw. Luxemburg

Typ 1 Typ 2 Typ 3 Typ 4

Internationale Zinsbesteuerungssysteme

ohne Quellensteuer (nur Veranlagung) mit Quellensteuer

Hier sind exemplarisch Länder der Europäischen Union als Vertreter der einzelnen Besteuerungstypen dargestellt.

Der überwiegende Teil der Länder (hier in der Europäischen Union) erhebt eine Quellensteuer auf Kapitalerträge mit Abgeltungswirkung in Form eines konstanten Steuersatzes. Der zweite und dritte Typ der Zinsbesteuerungssysteme stellt entweder durch eine Quellensteuer oder durch Kontrollmitteilungen die Besteuerung der Zin-sen sicher. Beim vierten Typ hingegen wird auf die Steuerehrlichkeit des Kapitalan-legers vertraut.

Während Typ 1 der Besteuerungssysteme in der Regel den Vorteil niedrigerer Steuersätze aufweist, kann im Vergleich zu Typ 3 und 4 bei Zinsperioden, die kleiner als der Veranlagungszeitraum sind, ein Zinsnachteil aus der vorgezogenen Steuerzahlung auftreten.

Einige Länder (bspw. Finnland und Schweden) verfügen über ein sogenanntes dua-les Einkommensteuersystem, bei dem Arbeits- und Kapitaleinkünfte unterschiedlich

59 In einigen Ländern (bspw. in den Niederlanden, vgl. Müssener (2002), S.539) wird anstelle der tatsächlichen Zinsen eine fiktive Verzinsung des privaten Vermögens, darunter auch Spareinlagen, der Besteuerung zu Grund gelegt.

60 Vgl. Schratzenstaller (2002); S. 18 ff.

besteuert werden, letztere dabei in der Regel mit einem konstanten Steuersatz. Eine Ausprägung dieser Aufhebung der einheitlichen Besteuerung aller Einkunftskatego-rien ist auch das sogenannte Schedulensystem (bspw. in den Niederlanden), wo als Erweiterung des dualen Einkommensteuersystems die Arbeitseinkünfte noch einmal in selbständige und unselbständige unterteilt und unterschiedlich besteuert werden.

3.2.1.3 Grenzüberschreitende Besteuerung von Zinseinkünften aus Sicht des deutschen Kapitalanlegers

Gem. Art. 11 Abs. 1 OECD-MA61 liegt das Besteuerungsrecht für Zinseinkünfte beim Wohnsitzstaat des Kapitalanlegers. Davon abweichend darf jedoch gem. Abs.

2 durch den Quellenstaat eine Quellensteuer erhoben werden, die allerdings 10% des Bruttobetrags der Zinsen nicht übersteigen darf. Diese Möglichkeit wird aber von mehr als der Hälfte der deutschen DBA nicht eingeräumt.62 Wird eine höhere lensteuer erhoben, kann durch den Kapitalanleger bei der Finanzbehörde des lenstaates ein fristgebundener Antrag auf Erstattung der überschüssigen Quel-lensteuer gestellt werden63.

Im Gegensatz zum vorangegangenen Absatz liegt das Besteuerungsrecht für Zinsen dann ausschließlich beim Quellenstaat, wenn die Zinsen und die zu Grunde liegende Forderung direkt einer im Quellenstaat belegenen Betriebsstätte des Steuerpflichti-gen zuzurechnen sind. Ist das der Fall, werden die Zinseinkünfte wie Unterneh-mensgewinne im Sinne des Art. 7 OECD-MA behandelt.

Im Falle nicht betriebsstättenbezogener Zinsen liegt das Besteuerungsrecht beim Wohnsitzstaat. Dieser muss gem. Art. 23 B OECD-MA allerdings die im Quellen-staat gezahlte Quellensteuer auf die eigene erhobene Steuer anrechnen, höchstens jedoch in Höhe der eigenen Steuer auf die Zinseinkünfte. Dabei gilt allerdings die in

§ 68a EStDV geregelte, so genannte Per-Country-Limitation, d.h. über die deutsche Steuerlast hinausgehende Steuern auf Zinseinkünfte in einem Anlageland können nicht mit nicht ausgenutzten Anrechnungshöchstbeträgen aus einem anderen Land verrechnet werden64.

61 Siehe BMF Schreiben vom 18.2.2004. Im Rahmen dieser Arbeit soll das OECD-MA (Stand:

28.1.2003) als Referenz verwendet werden. Abweichungen von der hier vorgestellten Situation der grenzüberschreitenden Besteuerung von Kapitaleinkünften durch einzelne DBA sind darüber hin-aus möglich.

62 Vgl. Reith (2004), S. 217 oder auch Grotherr, Herfort, Strunk (2003), S. 541.

63 Siehe auch Bächle, Ott, Rupp (2005), S. 144.

64 Vgl. Baumann (2001), S. 12 f.