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4. Material und Methoden

6.1. Untersuchungen zum Kaliumtransport in vitro 1. Kaliumtransport durch isoliertes Pansenepithel

6.1.3. Kaliumtransport durch isoliertes Colonepithel

Im Colon findet eine elektroneutrale Resorption von Kalium und Natrium in Kombination mit Chlorid statt. Zudem kann eine Sekretion von Kalium- und Chloridionen erfolgen (siehe Kapitel 2.3.3.). In den vorliegenden Untersuchungen wurde ein positiver, kaliumabhängiger Isc

gemessen. Dies könnte darauf hinweisen, dass die Kaliumresorption den Sekretionsmechanismen überwog.

6.1.3.1. Bedeutung eines Kaliumgradienten zwischen Coloninhalt und Blut

Ähnlich wie im Pansen konnte auch am Colonepithel durch Erhöhen der mukosalen Kalium-konzentration von 4 mmol/l auf 100 mmol/l ein signifikanter Stromanstieg sowie ein Anstieg der epithelialen Leitfähigkeit ausgelöst werden. Das deutet darauf hin, dass der Kaliumtransport im Colon ähnlich wie im Pansen konzentrationsabhängig und elektrogen sein könnte, was mit den Beobachtungen von Kronshage und Leonhard-Marek (2009) in vitro sowie Greene et al. (1983) in vivo übereinstimmt. Schultheiss und Diener (1997) sehen ebenfalls einen Anstieg des Isc in Anwesenheit eines (allerdings geringeren) Kaliumgradienten mit 13,5 mmol/l mukosal gegenüber 4,5 mmol/l serosal. Die Autoren führen diesen Anstieg auf einen Strom über eine basolaterale Kaliumleitfähigkeit zurück.

6.1.3.2. Wirkung der eingesetzten Ionentransportblocker Verapamil

Verapamil wird häufig als Calciumkanalblocker eingesetzt, kann aber auch direkt auf Kaliumkanäle wirken (Kuras und Grissmer 2009, Ko et al. 2010, Rossokhin et al. 2011, Chen et al. 2013). Es wirkt außerdem hemmend auf das P-Glycoprotein (P-GP), das Fremdstoffe wie z. B. viele Medikamente, aus der Zelle heraus pumpt (Molento et al. 2004, Li et al.

2015). Kunzelmann et al. (1994) induzierten an Colon-Adenokarzinom-Zellen mit und ohne

Expression von P-GP einen Kalium- und Chloridstrom und konnten den Kaliumstrom durch Verapamil (100 µmol = 10-4 mol/l) hemmen. In Anwesenheit von Bariumchlorid war keine Hemmung mehr möglich. Die Hemmung trat auch bei den Zellen ohne P-GP auf, sodass die Inhibition des P-GP einerseits und die Inhibition der Kaliumleitfähigkeit andererseits wahrscheinlich auf voneinander unabhängigen Mechanismen beruhen.

Heinke und Clauss (1999) sehen dagegen keinen Effekt auf den Kaliumstrom durch Colonepithelien von Xenopus laevis nach mukosalem oder serosalem Zusatz von Verapamil, ebensowenig wie TEA, während Barium, Cesium und Quinidin den Strom blockierten. Sie schließen auf das Vorliegen mehrerer verschiedener Arten von Kaliumkanälen im Colonepithel von Amphibien.

In den hier vorliegenden Untersuchungen führte die mukosale Zugabe von Verapamil (10-4 mol/l) am Schafcolon zu einer signifikanten Abnahme von Isc und Gt. Beim Rind war der Effekt nicht sicher abzugrenzen. Die serosale Zugabe hatte dagegen bei beiden Tierarten keinen weiteren Effekt. Diese Ergebnisse legen nahe, dass auf der apikalen Membran von Schafcolon Verapamil-sensitive Kaliumkanäle lokalisiert sein könnten, die bei Rindern eventuell weniger stark exprimiert werden. Auch die Konfiguration der vorhandenen Kanäle durch etwaige Einflussfaktoren in vivo könnte eine Rolle spielen. So beobachten Kuras und Grissmer (2009) bei den von ihnen untersuchten spannungsabhängigen Kaliumkanälen aus einer Nierenzellkultur von Affen (COS-7) diverse Konformationsänderungen, wobei in einem geöffneten Zustand eine hohe Affinität für Verapamil, in einem anderen geöffneten Zustand aber eine niedrige Affinität für Verapamil vorliegt. Im Colon ist Verapamil in der Lage

„große“ Ca2+-aktivierte K+-Kanäle (BKCa) zu hemmen (Turnheim et al. 2002). Solche K+ -Kanäle mit hoher Leitfähigkeit sind auch apikal im Colon lokalisiert (Zhang et al. 2012, Kanthesh et al. 2013, Perry et al. 2016).

In der vorliegenden Untersuchung sticht darüber hinaus der Unterschied zwischen den beiden Wiederkäuern Rind und Schaf ins Auge: Beim Schaf wurde der kaliumabhängige Isc über das Colonepithel durch Verapamil gehemmt, beim Rind nicht. McKie et al. (1991) untersuchten Unterschiede zwischen descending Colon von Schafen und Rindern in Bezug auf die Wasserresorption. Dabei zeigte sich ein höherer elektrischer Widerstand des Schafcolons gegenüber dem Rindercolon. Im Rindercolon wurde ein parazellulärer Solvent Drag beobachtet, der im Schafcolon nicht vorhanden war. Der Radius der Poren für den

parazellulären Transportweg lag im Schafcolon bei 2,5 nm, im Rindercolon bei 5 nm (McKie et al. 1991). Diese Ergebnisse deuten alle auf einen verstärkt parazellulären Ionentransportweg im Rindercolon gegenüber dem Schafcolon hin und stehen im Einklang mit der unterschiedlichen Kotkonsistenz der Tiere. In der hier vorgelegten Untersuchung wurden Epithelien aus dem proximalen Colon (Colon ascendens) verwendet. Es wäre dennoch möglich, dass auch in diesem Bereich analoge Unterschiede zwischen den Colonepithelien von Schafen und Rindern bestehen, d. h. es wäre denkbar, dass der Kaliumtransport im Colon von Schafen verstärkt über transzelluläre, im Rindercolon eher über parazelluläre Wege erfolgen könnte. Da Verapamil als Kanalblocker keinen Einfluss auf parazelluläre Transportwege hat, sonder nur den transzellulären Weg beeinflusst, könnte sich hiermit die unterschiedliche Reaktion von Rinder- und Schafcolon erklären lassen.

Ouabain

Der mukosale Zusatz von Ouabain hatte in dieser Untersuchung in keiner der drei sukzessiv eingesetzten Konzentrationen (10-6 mol/l, 10-4 mol/l und 10-3 mol/l) einen signifikanten Effekt auf den kaliumabhängigen Kurzschlussstrom oder die epitheliale Leitfähigkeit am proximalen Colon von Rindern oder Schafen. Damit ergibt sich kein Hinweis auf einen apikalen Ouabain-sensitiven H+/K+-Austauscher auf der luminalen Seite des Colonepithels.

Ikuma et al. (1998), Scheiner-Bobis et al. (2002) sowie Belisario et al. (2010) beschreiben einen apikalen H+/K+-Austauscher in Kryptenzellen aus dem distalen Colon von Ratten bzw.

Meerschweinchen, der durch Ouabain gehemmt werden kann.

Von Engelhardt et al. (1995) zeigen eine Hemmung der K/H-ATPase durch mukosalen Zusatz von Ouabain im distalen Colon von Meerschweinchen, beobachten diesen Effekt aber, übereinstimmend mit diesen Ergebnissen, nicht im Colon oder Caecum von Schafen (und auch nicht bei Schwein oder Pony). Möglicherweise sind bei verschiedenen Tierarten unterschiedliche Subtypen der H+/K+-ATPase exprimiert.

Omeprazol

Der mukosale Zusatz von Omeprazol in einer Konzentration von 10-3 hatte keinen Effekt auf Isc oder Gt durch Colonepithelien. Das hier eingesetzte Omeprazol lag in DMSO gelöst vor.

Um einen Einfluss des DMSO auszuschließen, wurde dieses zunächst alleine in

entsprechender Menge (10 µl) zugesetzt, nach einem Puffertausch wurde anschließend unter gleichen Voraussetzungen Omeprazol in DMSO zugesetzt. Der Zusatz von DMSO hatte keinen Effekt auf Isc oder Gt.

Omeprazol hemmt Protonenpumpen wie die gastrische H/K-ATPase.

Auf der apikalen Membran des Colonepithels könnte eine H/K-ATPase an der Kaliumresorption beteiligt sein. Es sind verschiedene Isoformen von H/K-ATPasen beschrieben, die auf unterschiedliche Protonenpumpenblocker ansprechen (Van Driel und Callaghan 1995, Shin et al. 2009). So reagiert z. B. die gastrische H/K-ATPase verschiedener Tierarten auf Omeprazol, aber nicht auf Ouabain (DePont et al. 2009, Shin et al. 2009). Die apikale H/K-ATPase im Colon von Ratten und Meerschweinchen ist dagegen Ouabain-sensibel (von Engelhardt et al. 1995, Ikuma et al. 1998, Scheiner-Bobis et al. 2002), was auf einen unterschiedlichen Aufbau der beiden Enzyme hinweist.

Im Colon von Schafen löste eine mukosale Zugabe von Ouabain keine Reaktionen aus (von Engelhardt et al. 1995). Daher sollte hier Omeprazol mukosal getestet werden. In den vorliegenden Untersuchungen wurde auch nach mukosaler Zugabe von Omeprazol in einer Endkonzentration von 10-3 mol/l kein Effekt auf Isc oder Gt beobachtet. Es liegt demnach kein Hinweis für die Existenz einer H/K-ATPase im Colon von Rindern und Schafen vor.

Bariumchlorid

Der serosale Zusatz von Bariumchlorid in einer Endkonzentration von 1,5 mmol/l hatte keinen Effekt auf den kaliuminduzierten Isc oder die Gt. Dieses Ergebnis steht im Kontrast zum Großteil der Literatur. So beschreiben McCabe et al (1984) Barium-sensitive Kaliumkanäle sowohl auf der serosalen, als auch auf der mukosalen Seite des Colonepithels von Meerschweinchen. Nishikitani et al. (2002) zeigen in Ussing-Versuchen mit Meerschweinchen-Colon bei Zusatz von BaCl2 in niedriger Konzentration (0,5-1 mmol/l) serosal einen oszillierenden Anstieg des Isc. In hoher Konzentration (2-5 mmol/l) blockierte BaCl2 wiederum den Strom, ebenso wie TEA oder Quinidin. Heinke und Clauss (1999) blockieren die Kaliumleitfähigkeit von Colonepithelzellen von Xenopus laevis mit extrazellulärem Zusatz von Barium bzw. Caesium. Ikuma et al. (1998) beschreiben eine Barium-sensitive basolaterale Kaliumleitfähigkeit in Kryptenzellen aus dem distalen Rattencolon. Butterfield et al. (1997) sehen im distalen Rattencolon einen Strom

(Nettokaliumsekretion) durch Kaliumkanäle, der durch Quinidine, TEA und Bariumchlorid (5 mM) gehemmt werden konnte.

In einer vorhergehenden Untersuchung unserer Arbeitsgruppe wurde am Colon von Rindern und Schafen, unter analogen Versuchsbedingungen wie den hier dargestellten, nach mukosaler Zugabe von Bariumchlorid ebenfalls kein Effekt auf Isc oder Gt festgestellt (Kronshage und Leonhard-Marek 2010). Möglicherweise sind im Colonepithel von Rindern und Schafen, im Gegenteil zu den beschriebenen Monogastriern, keine bariumsensitiven Kaliumkanäle vorhanden.

6.2. Untersuchung zur Kaliumexkretion bei Milchkühen mit und ohne Supplementation von Kaliumchlorid in vivo

6.2.1. Einordnung der Kaliumaufnahme im Vergleich zu Empfehlungen