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2.3. Kaliumtransport im Magen-Darm-Trakt

2.3.1. Kalium im Pansen

2.3.1.1. Eigenschaften des Pansenepithels

Das Pansenepithel weist einen moderat dichten Epithelverband auf, sodass parazellulärer Ionentransport eingeschränkt möglich ist, aber transepitheliale Gradienten aufrechterhalten werden können. Dies ist die Voraussetzung für die aktive Resorption verschiedener Mineralstoffe wie z.B. Natrium, Magnesium und Chlorid, die in der Pansenflüssigkeit in geringerer Konzentration vorliegen als im Blut und somit entgegen dem Konzentrationsgradienten aufgenommen werden müssen (Gäbel et al. 1987, Stumpff et al.

2011). Die transepitheliale Potentialdifferenz im Pansen beträgt unter physiologischen Bedingungen ca. -30 bis -40 mV (innen negativ) (Dobson und Phillipson 1958, Ferreira et al.

1966a und 1966b). Mit steigender Kaliumkonzentration im Panseninhalt wird die Potentialdifferenz negativer (Ferreira et al. 1966a und 1966b, Scott 1966). Das Pansenepithel ist ein vierschichtiges Epithel, bestehend aus Stratum corneum, Stratum granulosum, Stratum spinosum und Stratum basale. Da die Zellschichten aber untereinander durch Gap-Junctions verbunden sind, wird von einem funktionellen Syncytium ausgegangen. Für den Ionentransport über das Pansenepithel sind daher die apikale Membran des Stratum granulosum sowie die basolaterale Membran des Stratum basale von Bedeutung (Henrikson 1971, Graham and Simmons 2005, Leonhard-Marek et al. 2010b).

2.3.1.2. Kaliumkonzentration im Pansen

Da das Futter von Wiederkäuern nomalerweise eher kaliumreich ist, ist auch die Kaliumkonzentration im Pansen in der Regel hoch (Bell 1972). Fütterungsabhängig sind aber starke Schwankungen möglich (Bailey 1961, Avery et al. 1986). Bei Niedrigkaliumdiäten oder gefasteten Tieren liegt die ruminale Kaliumkonzentration um ca. 17-24 mmol/l, bei üblicher Fütterung um 50 mmol/l, bei kaliumreicher Fütterung erreicht sie postprandial 82-85 mmol/l (Bailey 1961, Matrone et al. 1964, Durand und Kawashima 1980, Holtenius 1990).

Neben dem Futter gelangt Kalium auch mit dem Speichel in den Pansen (Bailey 1961, Tuori et al. 2006). Bei Natriumdepletion erhöht sich die Kaliumkonzentration im Speichel. Dadurch gelangt wiederum mehr Kalium in den Pansen, wodurch die Kaliumkonzentration im Pansen auf bis zu 100 mmol/l ansteigen kann (Scott 1967). Für eine optimale mikrobielle Fermenta-tion sind mindestens KonzentraFermenta-tionen von 0,5-1,5 g/l (~ 12,8 bis 38,4 mmol/l) erforderlich

(Durand und Kawashima 1980). Der Großteil (93,7 %) des ruminalen Kaliums liegt gelöst, d.h. in ionisierter Form, in der flüssigen Phase des Panseninhalts vor (Scott 1966).

Die Supplementation von Kalium als Kaliumsalze wie KCl, KHCO3, KHPO4 oral oder direkt in den Pansen führt zu einem Anstieg der Kaliumkonzentration im Pansen, der dem Effekt von intrinsischem Futter-Kalium entspricht (Scott 1966, Schonewille et al. 1999).

2.3.1.3. Kaliumtransport über das Pansenepithel

Kalium kann im Pansen sowohl resorbiert, als auch sezerniert werden. Entspricht die luminale Kaliumkonzentration in etwa dem physiologischen Blutkaliumspiegel, mit Werten von etwa 4-5 mmol/l, so wird eine geringe Nettosekretion beobachtet (Gäbel 1988, Leonhard-Marek und Martens 1996). Auch in vivo wird teilweise eine Nettokaliumsekretion in den Pansen beobachtet (Scott 1967, Edrise et al. 1986, Holand und Staaland 1995). Mit steigender ruminaler Konzentration wird in vivo allerdings häufig eine zunehmende Nettokaliumresorp-tion beobachtet (Bailey 1961, Scott 1967, Wylie et al. 1985, Reynolds et al. 1991, Dua et al.

1994, Khorasani et al. 1997), die auch in vitro reproduziert werden kann (Kronshage und Leonhard-Marek 2009). Die Resorptionsrate für Kalium im Pansen lag dabei (ohne Berücksichtigng des Kaliums im Speichel) beim Schaf zwischen 10,5 und 28,4 µmol/min (Scott 1967). Die Menge an insgesamt aus dem Pansen resorbiertem Kalium kann bei Schafen zwischen ca. 4 g/d und 25 g/d liegen. Beim Rind verschwanden zwischen 10 und 25 % des Futterkaliums vor dem Pylorus bzw. Duodenum (Bertoni et al. 1976, Khorasani et al. 1997).

Einfluss der Speichelsekretion

Die Nettokaliumresorption im Pansen bzw. im präintestinalen Bereich wird in vielen Untersuchungen als Differenz zwischen der Kaliumaufnahme mit dem Futter und dem Kaliumfluss im Omasum oder Duodenum angegeben. Dabei wird das mit dem Speichel in den Pansen sezernierte Kalium oft nicht berücksichtigt (Scott 1967, Bertoni et al. 1976, Wylie et al. 1985, Edrise et al. 1986, Holand und Staaland 1995, Tuori et al. 2006). In diesen Untersuchungen wird als “Nettokaliumresorption“ i.d.R. die mit dem Futter aufgenommene Menge an Kalium abzüglich des im Labmagen noch vorhandenen Kaliums angegeben. Hierzu müsste die mit dem Speichel sezernierte Kaliummenge – die bei Milchkühen durchaus 100 g/d betragen kann (Post 1965, Bell 1972, Terörde 1997) – vollständig addiert werden, um die

tatsächlich über das Pansenepithel transportierte Menge zu ermitteln. Dadurch ergibt sich im Pansenepithel insgesamt eine deutliche Kaliumresorption (Tuori et al. 2006).

2.3.1.4. Kaliumtransport über das Pansenepithel – Elektrophysiologie Passive Kaliumresorptionsmechanismen

Der Kaliumtransport über das Pansenepithel setzt sich aus einer transzellulären und einer parazellulären Komponente zusammen, die beide passiv entlang des elektrochemischen Gradienten erfolgen. Der weniger bedeutsame parazelluläre Kaliumtransport lässt sich durch TAP hemmen (Kronshage und Leonhard-Marek 2010). Da zudem auch eine Reduktion des kaliumabhängigen Isc durch die Kanalblocker Barium und Verapamil bei hoher mukosaler Kaliumkonzentration möglich war, müsste auch der transzelluläre Transport hauptsächlich passiv erfolgen (Kronshage und Leonhard-Marek 2010). Übereinstimmend wurden im Pansenepithel sowohl auf den apikalen als auch auf den basolateralen Zellmembranen Kaliumkanäle nachgewiesen (Leonhard-Marek und Martens 1996). Dabei handelt es sich auf der apikalen Seite wahrscheinlich um unspezifische Kationenkanäle, bzw. eine nicht-selektive Leitfähigkeit für Kationen (NSCC), die durch divalente Ionen wie Mg2+, Ca2+ sowie den Kanalblocker Ba2+ blockiert werden kann (Bödeker und Kemkowski 1996, Leonhard-Marek 2002, Leonhard-Marek et al. 2005, Kronshage und Leonhard-Marek 2010). Zudem finden sich Kaliumkanäle, die mit Verapamil und Quinidin blockiert werden können (Bödeker und Kemkowski 1996, Kronshage und Leonhard-Marek 2010). Der Kaliumtransport auf der basolateralen Membran erfolgt dagegen wahrscheinlich über bariumsensitive Kaliumkanäle (Leonhard 1990, Leonhard-Marek und Martens 1996).

Aktive Kaliumsekretionsmechanismen

Zudem lässt die geringe Nettokaliumsekretion (Leonhard-Marek und Martens 1996, Leonhard-Marek 2007) bei identischer mukosaler und serosaler Kaliumkonzentration auf einen aktiven Sekretionsmechanismus schließen. Dieser kann durch Blockade der basolateralen Kaliumkanäle mit Bariumchlorid gesteigert werden (Leonhard-Marek und Martens 1996). Das Pansenepithel von Schafen und Rindern enthält eine erhebliche Anzahl an Ouabain-sensitiven Na/K-ATPasen (Kristensen et al. 1995, Graham und Simmons 2005, Albrecht et al. 2008), die in großer Anzahl im Stratum basale lokalisiert sind, aber in den

apikalen Strata granolosum und corneum in sehr viel geringerer Ausprägung vorkommen bzw.

ganz fehlen (Graham und Simmons 2005, Albrecht et al. 2008). In Verbindung mit den bariumsensitiven basolateralen Kaliumkanälen, die ein Kaliumrecycling vermitteln (Leonhard-Marek und Martens 1996), treibt die Na/K-ATPase diverse Transportprozesse wie z.B. die Resorption von Natrium, Magnesium und anderen Ionen aus dem Pansen an (Leonhard-Marek et al. 2010b).

Zusammenhang zwischen Kalium- und Magnesiumtransport durch das Pansenepithel Hohe Kaliumgehalte im Futter hemmen, besonders in Verbindung mit einer magnesiumarmen Fütterung, die Magnesiumresorption im Pansen in vivo (Metson et al. 1966, Lentz et al. 1976, Miller et al. 1980, Schonewille et al. 2008). In vitro lässt sich dieser Effekt reproduzieren:

Hohe Kaliumkonzentrationen im Pansen führen hier zu einem Absinken der apikalen Potentialdifferenz (PDa) im Pansen, die dann als treibende Kraft für die apikale Magnesiumaufnahme über Magnesiumkanäle wegfällt (Leonhard-Marek und Martens 1996, Jittakhot et al. 2004). Dann tritt, vor allem bei hoher ruminaler Magnesiumkonzentration (> 2 mmol/l), ein zweiter Magnesium-Aufnahmemechanismus in Kraft. Dieser ist von der PDa und damit von der Kaliumkonzentration im Pansen unabhängig. Er wird durch kurzkettige Fettsäuren (SCFA) und CO2, sowie durch eine hohe intrazelluläre Protonenkonzentration stimuliert (Leonhard-Marek 1999, Martens und Schweigel 2000, Wadhwa und Care 2000, Leonhard-Marek et al. 2010b). Möglicherweise erfolgt die PDa-unabhängige Magnesium-aufnahme über einen aktiven Mg2+/2H+-Austauscher in der apikalen Zellmembran (Leonhard-Marek 1999). Schweigel et al. (2008) wiesen das Magnesiumtransportprotein TRPM7 in Pansenepithelzellen nach, das in Kombination mit einer H+-ATPase eine entsprechende Magnesiumaufnahme in die Zelle vermitteln könnte.

Auf der basolateralen Seite wird Magnesium über einen Mg/Na+-Transporter ins Blut abgegeben, der mit cAMP stimuliert werden kann (Martens und Schweigel 2000, Leonhard-Marek et al. 2010b).

Außerdem können hohe intrazelluläre Magnesiumkonzentrationen die transzelluläre Kalium-resorption hemmen, weil die NSCC der apikalen Zellmembran durch Magnesiumionen blockiert wird (Leonhard-Marek 2002, Leonhard-Marek et al. 2005).

Zusammenhang mit Transportprozessen für andere Ionen

Der Kaliumtransport im Pansen ist eng gekoppelt mit dem Natriumhaushalt (Scott 1967, Martens und Hammer 1981, Martens und Schweigel 2000, Leonhard-Marek et al. 2005, Leonhard-Marek 2007). So führt ein Natriumdefizit zu erhöhten Kaliumkonzentrationen im Speichel und im Pansen (Scott 1967, Martens und Schweigel 2000). Auf molekularer Ebene stellt die Na/K-ATPase den Antrieb für diverse Transportprozesse dar. Es bestehen unter anderem elektrophysiologische Zusammenhänge mit dem Transport von Ammonium-, Bikarbonat-, Chlorid- und Calciumionen sowie kurzkettigen Fettsäuren (SCFA) (Bödeker und Kemkowski 1996, Leonhard-Marek et al. 2005, Abdoun et al. 2006, Stumpff et al. 2009). Die detailierte Beschreibung aller bekannten Transportprozesse würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen. Einen ausführlichen Überblick über die epithelialen Transportprozesse im Pansen gibt das Review von Leonhard-Marek et al. (2010b).

2.3.2. Kaliumtransport über das Labmagenepithel