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Die internationale Aid Effectiveness Agenda im Kontext paralleler Debatten

Politikkohärenz für Entwicklung

Übersicht 2.1: Vereinbarungen im Rahmen der internationalen Entwicklungsagenda

5. Politikkohärenz

2.3 Die internationale Aid Effectiveness Agenda im Kontext paralleler Debatten

Parallel zur Aid Effectiveness-Diskussion finden Debatten über die Rolle und Zukunft der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit statt, die einerseits für die Einordnung des Themas Aid Effectiveness wichtig, andererseits aber inhaltlich klar davon zu trennen sind, um mögliche Missverständnisse zu vermeiden.

2.3.1 Aid Effectiveness und Development Effectiveness

In der internationalen entwicklungspolitischen Debatte gilt seit der Busan-Erklärung Development Effectiveness als Leitmotiv der internationalen EZ.

Manche Beteiligte und Beobachter gehen einen Schritt weiter und erklären Aid Effectiveness als Leitmotiv für überholt. Hier liegt jedoch ein Missver-ständnis vor.

Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Begriffe Aid Effectiveness und Development Effectiveness strenggenommen logisch nicht zu einander passen. Wirksamkeit bedeutet Zielerreichung. Aid Effectiveness bedeutet entsprechend die Wirksamkeit der EZ in Bezug auf die mit ihr verfolgten Entwicklungsziele (auf globaler Ebene sind dies die MDGs und künftig die SDGs). Im Falle von Development Effectiveness stellt sich jedoch die Frage, in Bezug auf welche übergeordneten Ziele Entwicklung wirksam sein soll, denn erfolgreiche Entwicklung ist bereits das Ziel der internatio-nalen Entwicklungsbemühungen.

Tatsächlich wird der Begriff Development Effectiveness, dem die Busan-Erklärung unter der Überschrift „From effective aid to cooperation for effective development” mehrere Abschnitte widmet, jedoch nicht im Sinne der Wirksamkeit von Entwicklung in Bezug auf übergeordnete Ziele ver-wendet, sondern im Sinne wirksamer, d. h. erfolgreicher Entwicklung, die nicht nur von EZ abhängt, sondern von zahlreichen anderen Faktoren. Die Busan-Erklärung macht darauf aufmerksam, dass diese Faktoren im Zuge der Bemühungen um die Reform der internationalen EZ nicht aus den Augen verloren werden dürfen, sondern im Gegenteil eine zusätzliche Aufgabe für die EZ darstellen, nämlich diese Faktoren nach Möglichkeit

zu unterstützen. Diese Erkenntnis ist natürlich alles andere als neu, bleibt allerdings aktuell.

Vor diesem Hintergrund wird klar, dass Development Effectiveness keineswegs das Konzept der Aid Effectiveness ablöst und Letztere damit auch nicht etwa der Vergangenheit angehört. Folgerichtig hat die Busan-Erklärung (Ziff. 16) die Verpflichtungen von Paris und Accra ausdrücklich bestätigt: “(…) those of us that endorsed the mutually agreed actions set out in Paris and Accra will intensify our efforts to implement our respec-tive commitments in full.” Ebenso hat das Abschlusskommuniqué des ersten High-Level Meeting der GPEDC in Mexiko im April 2014 unmiss-verständlich festgestellt: “(…) the GPEDC will seek to advance efforts to bring about more effective development cooperation, with poverty eradi-cation at its core (…).” (Ziff. 3)

2.3.2 Beyond Aid

Neben der Debatte um Development Effectiveness gibt es eine zweite, die unter dem Stichwort Beyond Aid geführt wird und die die Herausforderun-gen der internationalen Kooperation bei der Bearbeitung globaler Proble-me thematisiert. Ausgangspunkt ist, dass diese Kooperation durch Defizite und Fragmentierung gekennzeichnet ist und daher zu umfassenderen Ansätzen weiterentwickelt werden muss (Janus, Klingebiel, & Paulo, 2013). EZ ist nur eine Komponente der globalen Kooperation und muss ihre Rolle auch in dem größeren Kontext bestimmen. Deswegen wird die Aid Effectiveness Agenda aber nicht überflüssig, sondern bleibt als Sys-temreform der EZ relevant (Ashoff & Klingebiel, 2014, S. 126-127).

2.3.3 Ende der öffentlichen Entwicklungszusammenarbeit (ODA)? Wie relevant ist die internationale Aid Effectiveness Agenda künftig noch?

Seit einiger Zeit gibt es Stimmen, die das Ende der ODA konstatieren (so Severino & Rey, 2009) oder die Frage stellen, ob wir am Beginn der Endphase der Entwicklungszusammenarbeit stehen (Klingebiel, 2014, S.

1). Dabei geht es um zwei Debatten. Einerseits wird das traditionelle, vom DAC entwickelte ODA-Konzept seit Jahren kritisch diskutiert und soll bis

2015 überarbeitet werden, um Klarheit über verschiedene umstrittene Komponenten der bisherigen ODA-Definition und über ein erweitertes Konzept der öffentlichen Entwicklungsfinanzierung zu erzeugen. Obwohl die Diskussion darüber noch andauert, ist unstrittig, dass ODA, verstanden als öffentliche konzessionäre Mittel zur Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung von Entwicklungsländern, bedeutsam bleibt, solange es Entwicklungsländer gibt und solange die internationale Ge-meinschaft dieser Förderung im Rahmen der internationalen Entwick-lungsziele eine hohe Bedeutung beimisst. Letztere gilt als sicher, da Armutsbekämpfung im Rahmen der künftigen Sustainable Development Goals (SDGs), die die Millenniumsziele nach 2015 ablösen sollen, weiter-hin eine hohe Priorität genießen wird. Mit der Reform des ODA-Konzeptes wird die ODA als solche und infolgedessen auch die Aid Effectiveness Agenda nicht überflüssig. Dies haben die OECD-Mitglieder und multilateralen Entwicklungsorganisationen auf dem High-Level Meeting des DAC 2012 explizit bestätigt (OECD/DAC, 2012b).

Die zweite Debatte kreist darum, wie viele Entwicklungsländer es künftig noch geben und wie wichtig ODA für diese Länder noch sein wird.

Klingebiel (2014, S. 2-3) zitiert Projektionen (Sedemund, 2014), denen zufolge die Zahl der Entwicklungsländer bis 2030 um weitere 28 Länder mit einer Bevölkerung von 2 Mrd. Menschen abnehmen wird. Das bedeu-tet aber noch nicht den „Beginn der Endphase der Entwicklungszusam-menarbeit“, wie Klingebiel (2014, S. 1) fragt. Das vollständige Bild der Projektion (Übersicht 2.2) zeigt, dass sich bis 2030 im Wesentlichen die Zahl der bisher schon zur Gruppe der upper middle-income countries zählenden Länder verringert, während es unter Zugrundelegung der bisherigen Kriterien für die Ländereinstufung auf der DAC-Liste auch 2030 noch über 100 low-income countries (einschließlich der least develop- ed countries) und lower-middle-income countries gibt. Die 28 Länder, die nach der Projektion die DAC-Liste bis 2030 verlassen, haben 2009–2011 lediglich 9,4 % der Brutto-ODA-Auszahlungen der DAC-Mitglieder erhalten, repräsentieren also nur einen geringen Anteil der ODA, sodass mit der Graduierung der 28 Länder die ODA schon statistisch nicht hinfällig wird.

Übersicht 2.2: Zahl der Entwicklungsländer auf der für 2011-2013