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Die Bindung an den zellul¨aren Rezeptor pAPN ist die Voraussetzung f¨ur eine TGEV-Infektion. Zus¨atzlich existieren aber vermutlich Faktoren, die die Enteropathogenit¨at von TGEV bedingen. Die Sialins¨aurebindungsaktivit¨at von TGEV scheint solch einen Patho-genit¨atsfaktor darzustellen, da Varianten wie PRCoV und Mutanten wie die Epitop-D-Mutanten, die keine oder nur eine stark reduzierte Enteropathogenit¨at aufweisen, ihre Sialins¨aurebindungsaktivit¨at verloren haben (Krempl et al., 1997).

Nachdem durch die Bindungstests mit TGEV und den Mutanten HAD3 und m10 in Zellkultur bereits ein hochmolekulares Sialoglykoprotein als zweiter Bindungspartner f¨ur TGEV gefunden wurde, sollte auch die Interaktion von TGEV mit Komponenten des D¨unndarms wie extrazellul¨aren Muzinen und Darmepithel getestet werden. Durch die vergleichende Untersuchung von TGEV und E. coli F5 wurde bereits festgestellt, dass Muzine Bindungspartner f¨ur TGEV sein k¨onnen (s. Abschnitt 5.1.3). In Abschnitt 5.1.3.2 ist die Charakterisierung des Sialins¨auregehalts von aus vier Ferkeln unterschiedlichen Alters isolierten intestinalen Muzinen (A–D) beschrieben. Die Interaktion von TGEV mit diesen Muzinen wurde n¨aher untersucht. Vergleichend wurden Muzine aus der Glandula submandibularis des Schweines (PSM) mit in die Untersuchung einbezogen. Diese Muzine zeigten bereits in fr¨uheren Untersuchungen eine gute Bindung an desialyliertes TGEV (Krempl et al., 2000). Der Sialins¨auregehalt von PSM wurde ebenfalls mittels HPLC, wie in Abschnitt 5.1.3.2 beschrieben, analysiert. Abbildung 5.12 zeigt, dass etwa 20-mal mehr Neu5Gc als Neu5Ac in der Probe enthalten waren.

5.5. Interaktion von TGEV mit intestinalen Muzinen 97

Abbildung 5.12: HPLC-Analyse der Sialins¨auren der Muzine aus derGlandula submandibularis des Schweines (PSM). Die Peaks f¨ur N-Glykolylneuramins¨aure (Neu5Gc) und N-Acetylneuramin-s¨aure (Neu5Ac) sind gekennzeichnet.

5.5.1 Bindung von TGEV an immobilisierte Darmmuzine

Die Bindung von TGEV an isolierte Darmmuzine (A–D) und an Muzine aus derGlandula submandibularis des Schweines (PSM) wurde untersucht, indem die gereinigten Viruspar-tikel mit den immobilisierten Testsubstanzen inkubiert und anschließend immunologisch nachgewiesen wurden (s. unter Methoden 4.19.1). Ein ELISA ist im Vergleich zum H¨ amag-glutinationstest eine wesentlich sensitivere Methode, um die Bindung an Substanzen zu bestimmen. Die TGE-Virionen wurden, um eine optimale Sialins¨aurebindungsaktivit¨at zu erhalten, wie in den vorherigen Versuchen vor der Virusreinigung mit VCNA behandelt.

Nachdem die Proteinkonzentration der Viruspr¨aparation bestimmt worden war, wurden abnehmende Mengen von viralem Protein mit je 2,5 µg Muzin (50 µg/ml PBSM) inku-biert. Gebundenes Virus wurde mit dem mAk 6A.C3 und Peroxidase-konjugierten Anti-Maus-Immunglobulinen detektiert.

TGEV band mit hoher Affinit¨at an vier der f¨unf getesteten Muzine (s. Abb. 5.13, linkes Bild). Muzine von Tier C, die aus dem Jejunum eines Absetzferkels isoliert worden waren, wurden von TGEV nicht erkannt. Bei den ¨ubrigen Muzinen war selbst bei einer Menge von 62 ng viralem Protein eine positive Reaktion im ELISA zu erkennen. Bis zur h¨ochsten

0

Abbildung 5.13:Interaktion von TGEV mit immobilisierten Muzinen. Auf der linken Seite ist die Bindung abnehmender Mengen viralen Proteins an 2,5 µg Muzin pro Vertiefung dargestellt.

Das rechte Bild zeigt die Bindung von 1µg viralen Proteins an abnehmende Muzinkonzentrationen.

Die gebundene Enzymmenge wurde anhand der Absorption des Substrats bei 405 nm gemessen.

eingesetzten Menge von 1 µg TGEV-Protein pro Vertiefung stieg die messbare Bindung stetig an. Um in den folgenden Versuchen eindeutige Ergebnisse zu bekommen, wurden somit bei allen ELISAs Viruskonzentrationen von 1 µg/Vertiefung eingesetzt.

Da Darmmuzine aus einem der Tiere nicht von TGEV gebunden wurden, wurde eine gr¨oßere Spanne an unterschiedlichen Muzinkonzentrationen auf Virusbindung getestet (1000 µg/ml bis 8 µg/ml). Dadurch sollte ausgeschlossen werden, dass die nicht vorhan-dene Bindung durch eine zu geringe Menge immobilisierten Muzins bedingt ist. Wie in Abbildung 5.13 auf der rechten Seite zu sehen ist, wurden Muzine des Absetzferkels C in keiner der eingesetzten Konzentrationen von TGEV erkannt. Die anderen Muzine hinge-gen wurden sowohl bei einer Konzentration von 1000 µg/ml als auch bei einer Konzen-tration von 8 µg/ml unver¨andert gut erkannt.

Ein Grund f¨ur die fehlende Bindung von TGEV an Muzine des Tieres C k¨onnte die Sia-lins¨aurezusammensetzung der Muzine sein. Wie in Abbildung 5.2 (C) zu sehen ist, besitzen diese Muzine zwar eine relativ große Gesamtmenge an Sialins¨auren pro mg Muzin, diese Sialins¨auren kommen jedoch zu ca. 90% in Form der N-Acetylneuramins¨aure (Neu5Ac) vor. Da TGEV bevorzugt an Neu5Gc bindet (Schultzeet al., 1995, 1996), k¨onnte dieses Bindungsverhalten die fehlende Interaktion mit diesen Muzinen erkl¨aren. Die Muzine der Saugferkel A und B wurden von TGEV gerringgradig besser erkannt als die des Absetzfer-kels D und PSM. Welche Komponenten diese bessere Erkennung bedingten, war unklar, da die Muzine der Ferkel A und D in ihrem Gehalt an Neu5Gc und Neu5Ac fast identisch waren.

5.5. Interaktion von TGEV mit intestinalen Muzinen 99

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6

DE405

A B C D PSM

Abbildung 5.14: Sialins¨aureabh¨angigkeit der Bindung von TGEV an intestinale Muzine. Die weißen S¨aulen stellen die nicht enzymatisch behandelten Muzine dar. Die grauen S¨aulen repr¨ asen-tieren die mit 50 mU VCNA f¨ur 1 h bei 37C behandelten Muzine. TGE-Virionen wurden wie ublich in desialylierter gereinigter Form in einer Proteinmenge von 1¨ µg eingesetzt.

5.5.2 Bedeutung der Sialins¨ auren f¨ ur die Bindung

Es wurde untersucht, ob die nachgewiesene Interaktion von TGEV mit drei der vier Darmmuzine und mit PSM tats¨achlich durch die Sialins¨aurebindungsaktivit¨at des Virus verursacht wird. Daher wurden die Muzine vor der Virusinkubation mit 50 mU VCNA f¨ur 1 h bei 37C desialyliert. Als Kontrolle diente die Inkubation mit Natriumacetatpuffer.

Wie in Abbildung 5.14 dargestellt ist, verschwand die Bindung von TGEV nach VCNA-Behandlung der Muzine. Somit wurden die Muzine ausschließlich ¨uber ihre Sialins¨auren von TGEV erkannt. Die Sialins¨aurebindungsaktivit¨at von TGEV ist also essentiell f¨ur die Interaktion mit Darmmuzinen.

5.5.3 Vergleich der Muzinbindung von TGEV mit Mutanten

Als weiterer Beleg f¨ur die Bedeutung der Sialins¨aurebindungsaktivit¨at von TGEV bez¨ ug-lich der Interaktion mit Muzinen aus dem Jejunum von Schweinen diente eine vergleichen-de Untersuchung mit vergleichen-den Mutanten HAD3 und m10. Es wurvergleichen-de eine Muzinkonzentration von je 50 µg/ml d.h. 2,5 µg/Vertiefung eingesetzt. Die Menge an viralem Protein betrug

0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.5 0.6

DE405

A B C D PSM

TGEV-NA HAD3-NA m10-NA TGEV

Abbildung 5.15: Bindung von TGEV, HAD3 und m10 an intestinale Muzine und PSM. Die Viren wurden wie ¨ublich in desialylierter Form (-NA) eingesetzt. TGEV wurde erg¨anzend ohne vorherige VCNA-Behandlung verwendet. Die Proteinkonzentration der Virionen betrug 1µg/Vertiefung.

1 µg/Vertiefung. Die Viren wurden in desialylierter Form eingesetzt (-NA), zus¨atzlich wurde nicht desialyliertes TGEV getestet.

HAD3 und m10 banden im Gegensatz zu desialyliertem TGEV (TGEV-NA) nicht an in-testinale Muzine und PSM (Abb. 5.15). Auch TGEV, welches nicht von zellul¨aren Sialo-glykokonjugaten auf seiner Oberfl¨ache befreit worden war, konnte kaum mit den Muzinen interagieren. Muzin C konnte von keinem der Viren gebunden werden.

Der Vergleich mit den Mutanten belegt somit ebenfalls, dass die Bindung von TGEV an drei der vier isolierten Darmmuzine und an PSM sialins¨aureabh¨angig ist. Aufgrund ihrer fehlenden Sialins¨aurebindungsaktivit¨at konnten die Mutanten die Muzine nicht binden.

Unbehandeltes TGEV war f¨ur eine Bindung an Sialins¨auregruppen der Muzine bereits zu beladen mit zellul¨aren Sialoglykokonjugaten. Bedeutend h¨ohere Viruskonzentrationen k¨onnten m¨oglicherweise auch hier eine Bindung an Muzine erm¨oglichen.

5.5. Interaktion von TGEV mit intestinalen Muzinen 101

5.5.4 Interaktion von TGEV mit einem hochmolekularen Protein

Die Bindung von TGEV an bestimmte Darmmuzine und PSM wurde n¨aher untersucht.

Zu diesem Zweck wurden die Muzine in einer Konzentration von 1 mg/ml 1:2 mit VCNA (1 U/ml) bzw. Natriumacetat-Puffer versetzt (s. auch unter Methoden 4.8.3). Nach einer Inkubationszeit von 1 h bei 37C wurden die Proben 1:2 mit SDS-Probenpuffer verd¨unnt und aufgekocht. Bei der folgenden SDS-PAGE wurden 5µg Muzin pro Spur aufgetrennt.

Nach dem Blotten der Proteine auf Nitrozellulose wurde ein Bindungstest mit desialylier-tem TGEV durchgef¨uhrt (s. Methoden 4.19.3).

Bei einer aufgetragenen Muzinmenge von 5 µg/Spur konnten nur bei den Muzinen des Saugferkels B und PSM Proteinbanden im Virusbindungstest detektiert werden. Die Interaktion von TGEV mit diesen Proteinbanden verschwand nach vorheriger VCNA-Behandlung der Muzine (Abb. 5.16). Es wurden bei beiden Muzinarten zwei

hochmole-_ + _

+

VCNA

B PSM

TGEV-NA

220

97 [kDa]

Abbildung 5.16: Bindung von desialyliertem TGEV (TGEV-NA) an Muzine des Ferkels B und PSM. Die Muzine wurden in einer SDS-PAGE mit und ohne vorherige Neuraminidasebehandlung aufgetrennt (+/−VCNA). Die Pfeile in der linken Spalte kennzeichnen die Proteinbanden, die von TGEV-NA gebunden wurden.

kulare Proteinbanden von TGEV erkannt. Diese sind in der Abbildung 5.16 bei Muzinen des Saugferkels B besonders gut zu erkennen. Bei diesen beiden Proteinbanden k¨onnte es sich um das gleiche Protein in unterschiedlicher Glykosylierung handeln. In jedem Fall handelte es sich in beiden F¨allen um eine sialins¨aureabh¨angige Bindung durch TGEV.

Das Protein, das TGEV in Muzinen ¨uber seine Sialins¨aurebindungsaktivit¨at erkennt, ist somit ein Sialoglykoprotein.