• Keine Ergebnisse gefunden

1.2 Das Virus der ¨ ubertragbaren Gastroenteritis (TGEV)

1.2.2 Eigenschaften des S-Proteins von TGEV

Das Gen des S-Proteins von TGEV kodiert ein Polypeptid mit einer L¨ange von 1447 Ami-nos¨auren. Nach Abspaltung des Signalpeptids (16 Amins¨auren) im Endoplasmatischen Re-tikulum werden an die meisten 32 potentiellen N-Glykosylierungsstellen Mannose-reiche Kohlenhydratketten angeh¨angt. Nach einem zus¨atzlichen Glykosylierungsschritt im Golgi-Apparat wird das reife S-Protein (220 kDa) in die Viruspartikel eingebaut (Laudeet al., 1990). Die Spikes auf der Oberfl¨ache des Virions werden durch Homotrimere des S-Proteins gebildet. Diese Trimere bilden sich, bevor die komplexen Glykosylierungsschritte ablaufen (DelmasundLaude, 1990). Eine proteolytische Spaltung des S-Proteins in eine S1- und eine S2-Untereinheit findet nicht statt.

1.2.2.1 Epitope

Die Antigen-Struktur des S-Proteins wurde von den Arbeitsgruppen Laude in Frankreich und Enjuanes in Spanien mit Hilfe von monoklonalen Antik¨orpern eingehend untersucht.

Beschrieben wurden vier Epitope, die alle im aminoterminalen Bereich des S-Proteins liegen (Delmas et al., 1986; Jim´enez et al., 1986; Correa et al., 1988). Durch die Isolierung von Escape-Mutanten wurden die an der Bildung der Epitope beteiligten

Ami-D224

Abbildung 1.2: Schematische Darstellung der Epitope des S-Proteins von TGEV (Madrid) nach Gebauer et al. (1991) und TGEV (Paris) nach Delmas et al. (1990). Die Zahlen unter den einzelnen Epitopen bezeichnen die Positionen der an der Epitopbildung beteiligten Aminos¨ aur-en. Vergleichend ist das S-Protein von PRCoV mit seiner Deletion im aminoterminalen Bereich dargestellt.

nos¨auren identifiziert (Correaet al., 1990;Delmaset al., 1990;Gebaueret al., 1991).

Bezeichnung und Lage der Epitope sind in Abbildung 1.2 dargestellt.

Das von der Arbeitsgruppe Enjuanes zus¨atzlich gefundene Epitop C ist nicht auf der Oberfl¨ache nativer Virionen exponiert. Innerhalb der TGEV-St¨amme sind die Epitope A und B (nach Enjuanes) bzw. A/B und D (nach Laude) stark konserviert. Das Epitop A (nach Enjuanes) bzw. A/B (nach Laude) ist der Hauptverursacher der Bildung neutra-lisierender Antik¨orper. Monoklonale Antik¨orper gegen dieses Epitop reagieren ebenfalls mit FIPV. Ein Vergleich der Aminos¨auresequenzen beider Viren im Bereich dieses Epi-tops ergab eine Homologie von 92%. Im Bereich des EpiEpi-tops D (nach Laude) bzw. B (nach Enjuanes) lag hingegen nur eine Homologie von 25% zwischen TGEV und FIPV vor (Delmas et al., 1990). Die korrekte Faltung der Epitope A und B (nach Enjuanes) bzw. A/B und D (nach Laude) ist abh¨angig von der Glykosylierung. Nach vollst¨andigem Zusammenbau des Virions ist der Kohlenhydratanteil nicht bedeutsam f¨ur die Antigenit¨at der Epitope (Gebauer et al., 1991).

1.2. Das Virus der ¨ubertragbaren Gastroenteritis (TGEV) 31

1.2.2.2 Bindungsaktivit¨aten

Das S-Protein von TGEV besitzt zwei Bindungsaktivit¨aten. Mit einer Bindungsstelle im Bereich zwischen Aminos¨aure 522 und 744 wird der zellul¨are Rezeptor, die porzine Aminopeptidase N (pAPN) erkannt (Delmas et al., 1992; Godet et al., 1994). Eine zweite Bindungsaktivit¨at erlaubt es TGEV Erythrozyten zu agglutinieren (Noda et al., 1987, 1988). Die H¨amagglutinationsaktivit¨at des Virus wird durch die Bindung an Sia-lins¨auren verursacht (Schultze et al., 1993). Genauere Untersuchungen zeigten, dass N-Glykolylneuramins¨aure (Neu5Gc) der h¨aufig vorkommenden N-Acetylneuramins¨aure (Neu5Ac) vorgezogen wird (Schultze et al., 1995, 1996). Die Sialins¨ aurebindungsstel-le befindet sich im Bereich des Epitops B (nach Enjuanes) bzw. D (nach Laude) des S-Proteins von TGEV (Schultze et al., 1996).

PRCoV besitzt wie TGEV die Eigenschaft an pAPN zu binden (Delmas et al., 1993).

Eine H¨amagglutinationsaktivit¨at und damit Sialins¨aurebindungsaktivit¨at besitzt das por-zine respiratorische Coronavirus jedoch nicht, da die Bindungsstelle f¨ur Sialins¨auren in dem bei PRCoV deletierten Bereich liegt (Schultze et al., 1996). Die S-Proteine von TGEV und PRCoV sind zum Vergleich schematisch in Abbildung 1.2 dargestellt.

Die Sialins¨aurebindungsaktivit¨at des transmissiblen Gastroenteritisvirus bewirkt, dass in Zellkultur wachsendes Virus mit H¨amagglutinationsinhibitoren zellul¨aren Ursprungs um-geben wird. Dieser Maskierung der Sialins¨aurebindungsaktivit¨at kann durch Neuraminida-sebehandlung entweder der Zellen vor der Infektion oder der Virionen nach der Virusernte entgegengewirkt werden (Krempl et al., 1997). Eine n¨ahere Analyse der Sialins¨ aure-bindungseigenschaft von TGEV mit Hilfe von h¨amagglutinationsdefizienten Mutanten (HAD-Mutanten) zeigte, dass das Virus durch die Bindung an zellul¨are Sialoglykokon-jugate eine erh¨ohte Resistenz gegen¨uber dem Detergenz Oktylglukosid besitzt (Krempl et al., 2000). Da Epitop-D-Mutanten, die keine H¨amagglutinationsaktivit¨at zeigten, auch eine stark reduzierte Enteropathogenit¨at aufwiesen, wird vermutet, dass die Sialins¨ aure-bindungsaktivit¨at von TGEV einen Pathogenit¨atsfaktor darstellt (BernardundLaude, 1995; Kremplet al., 1997). Eine ¨Ubersicht ¨uber einige der Epitop-D-Mutanten und ihre Eigenschaften gibt Tabelle 1.3.

Mutante AS-Austausch AS-Position Entero- Infekti¨osit¨at HA-Aktivit¨at pathogenit¨at (PFU/ml) (HAU/ml)

m5 C - F 155 − 3,3 × 108 < 2

m6 P - L 145 − 2,5 × 108 < 2

m8 C - R 147 − 8,9 × 108 < 2

m9 S - P 149 + 6,0 × 108 512

m10 4 AS deletiert 146–149 − 5,0 × 108 < 2

PUR115 - - - ++ 5,7 × 108 256

Tabelle 1.3:Ubersicht ¨¨ uber einige charakteristische Eigenschaften der Epitop-D-Mutanten. Als Vergleich wurde das Wildtypvirus TGEV PUR115 mit in die Tabelle aufgenommen. Die Entero-pathogenit¨at wird nach der Mortalit¨atsrate angegeben:= 0 von 3, + = 2 von 3, ++ = 3 von 3 infizierten Tieren tot. ¨Ubersichtsauszug ausKremplet al. (1997).

1.2.2.3 Tropismus

Das S-Protein von TGEV determiniert den Tropismus der einzelnen St¨amme und Vari-anten (S´anchezet al., 1999). So zeigt im Gegensatz zu TGEV PRCoV keine Enteropa-thogenit¨at mehr, sondern einen Tropismus f¨ur den Respirationstrakt (Cox et al., 1990).

TGEV und PRCoV weisen eine Sequenzhomologie von 96% auf; der Unterschied zwischen den beiden Virusgenomen liegt im Fehlen des ORF3a und in einer Deletion von 224 Ami-nos¨auren am aminoterminalen Ende des S-Proteins (Rasschaert et al., 1990; Wesley et al., 1991; S´anchezet al., 1992). Der ORF3a scheint keine Bedeutung f¨ur die Entero-pathogenit¨at von TGEV zu haben, da auch virulente TGE-Viren mit einem deletierten ORF3a isoliert wurden (McGoldrick et al., 1999). Der bei PRCoV deletierte Bereich des S-Proteins spielt jedoch eine wichtige Rolle f¨ur die Enteropathogenit¨at des transmissi-blen Gastronenteritis-Virus. Die Infektion von Ferkeln mit Epitop-D-Mutanten zeigte eine stark reduzierte Enteropathogenit¨at. In der Epitop-D-Region des S-Proteins befindet sich somit vermutlich eine bedeutende Determinante f¨ur die Pathogenese der TGEV-Infektion (Bernard und Laude, 1995). Auch Ballesteros et al. (1995, 1997) konnten durch Erstellung von rekombinanten Viren zwischen PUR46-MAD (infiziert Darm- und Respira-tionstrakt) und dem PTV-Stamm (infiziert nur den RespiraRespira-tionstrakt) von TGEV zeigen, dass eine Dom¨ane im Bereich der Aminos¨aure 219 des S-Proteins einen Faktor darstellt, der f¨ur den Enterotropismus von TGEV essentiell ist. In dieser Region des S-Proteins