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1.2 Das Mammakarzinom

1.2.3 Immun-escape-Mechanismen

Um einer gegen den Tumor gerichteten Immunreaktion zu entgehen, entwickeln Tumore immunsuppressive Netzwerke. Eine Ursache dafür, dass Immuntherapien bei Tumoren in fortgeschrittenen Stadien nur eine geringe klinische Effektivität induzieren, kann in der Entwicklung von Strategien liegen, mit denen sich der Tumor einer tumor-spezifischen Immunität entzieht. In den letzten Jahren wurden viele dieser Faktoren und Mechanismen untersucht, identifiziert und Zusammenhänge zwischen den einzelnen

Eine geringe Immunogenität des Tumors ist nicht nur allein durch die Expression vieler Selbstantigene gegeben, sondern kann auch durch einen escape-Mechanismen aktiv induziert werden. Das Stroma von Tumoren ist in der Lage, die effiziente Freisetzung von antigenen TAA zu verhindern, und erzeugt somit aufgrund der niedrigen Antigen-konzentrationen eine Ignoranz dieser Antigene innerhalb der Lymphknoten. Kommt es durch eine spätere Metastasierung zu einer verstärkten Freisetzung der antigenen TAA, so wird eine TAA-spezifische Immunreaktion induziert (ZOU,2005). Tumoren schaffen sich somit für ihre jeweilige Situation ihr eigenes Mikromilieu, um einer Immunattacke zu entgehen. Andere direkt von den Tumorzellen ausgehende Mechanismen sind der MHC-Verlust, fehlende costimulatorische Moleküle sowie eine verhinderte Antigen-prozessierung (GUDMUNDSDOTTIR ET AL., 2000; FAN ET AL., 2002; PAWELEC ET AL., 1997). Mutationen bei Tumorzellen im Antigenprozessierungs-pathway, etwa beim TAP-Transporter oder an Bestandteilen der Proteasomen, führen zu einer kompletten Resistenz der Tumorzellen gegen CD8+-T-Zellen, welche durch andere immunologische Maßnahmen nicht revidierbar ist (PAWELEC ET AL., 1997; MARINCOLA ET AL., 2000).

Das TAA GA733-2, welches auf Mammakarzinomen exprimiert wird, kann über Präsentation auf MHC-Kl II die CD4+-Zellaktivierung blockieren und somit eine T-Helferzell-vermittelte Immunreaktion gegen dieses TAA verhindern (GUTZMER ET AL., 2004). Einen weiteren wichtigen von der Tumorzelle selbst induzierten escape-Mechanismus stellt die Sezernierung von suppressiven Zytokinen dar. Durch diese Zytokine treten in der Folge weitere multifaktorielle, supprimierende Mechanismen auf.

Tumorzellen sind die Hauptproduzenten von VEGF (vascular endothelial growth factor). Dieses Zytokin unterstützt die Entstehung von Blutgefäßen im Tumor und fördert somit sein Wachstum. VEGF wurde als erstes vom Tumor sezerniertes Zytokin beschrieben, welches die Differenzierung und Reifung von DC hemmt (GABRILOVICH ET AL., 1996). Von der gleichen Arbeitsgruppe wurden Fehlfunktionen bei Blut-dendritischen Zellen von Mammakarzinompatientinnen festgestellt, welche verminderte T-Zellaktivierungen zur Folge hatten (GABRILOVICH ET AL., 1997). IL-6 und M-CSF (macrophage colony-stimulating factor) werden ebenfalls vom Tumor bzw. von Makro-phagen, die sich im Mikromilieu des Tumors aufhalten, produziert und induzieren eine Differenzierung von dendritischen Zellen zu Makrophagen (MENETRIER-CAUX ET AL.,

1998). Das Makrophagen-Vorkommen in Infiltraten von Mammakarzinomen steht im Zusammenhang mit einer schlechten klinischen Prognose (LEEK ET AL.,1996). Makro-phagen produzieren in Tumor-infiltrierten Lymphknoten H2O2 und induzieren damit eine Apoptose der sich dort befindenden T-Zellen (TAKAHASHI ET AL.,2003).Die Frage, welche und wie viele Immun-escape-Mechanismen in dem jeweiligen Tumor vorhanden sind, scheint somit in direktem Zusammenhang mit dem klinischen Ausgang der Tumor-erkrankung zu stehen. IL-10 und TGF-β werden von Tumorzellen, Tumor-assoziierten Makrophagen sowie von Treg-Zellen sezerniert. Sie supprimieren ebenfalls die Reifung und Funktion von DCs (ZOU,2005). IL-10 kann zudem die IL-12-Produktion durch DC und somit eine gegen den Tumor gerichtete TH1-Immunantwort inhibieren. Viele Tumore, darunter auch das Mammakarzinom, exprimieren hohe Konzentrationen des COX2 (Cyclooxygenase-2) (POCKAJ ET AL., 2004). Es katalysiert die Produktion von Prostaglandin-E2 (PGE2), welches wiederum die Differenzierung und Funktion von DC hemmt (KALINSKI ET AL.,1998).Zytokine, welche die Differenzierung und Funktion von DC unterstützen würden (IL-4, GM-CSF, IL-12 und IFN-γ), sind dagegen im Tumor kaum oder gar nicht vertreten (ZOU, 2005). Die vom Tumor sezernierten Zytokine wirken oft nicht direkt inhibitorisch, sondern hemmen einzelne Funktionen der Immunzellen und verhindern so eine effektive Anti-Immunreaktion. Bei Tumor-freien Lymphknoten konnte im Vergleich zu Tumor-infiltrierten Lymphknoten bei Mammakarzinompatientinnen ein höherer Anteil an mDC festgestellt werden, während Tumor enthaltende Lymphknoten überwiegend iDC enthielten (POINDEXTER ET AL., 2004).Durch das gehäufte Auftreten von nicht vollständig differenzierten DC bzw. iDC im Mikromilieu des Tumors oder in den Lymphknoten kommt es zur Induktion von Treg- oder nicht reagierenden T-Zellen (DHODAPKAR ET AL., 2001; HAWIGER ET AL., 2001).

Treg-Zellen reduzieren die Kapazität Tumor-spezifischer T-Effektorzellen, Tumorzellen töten zu können. Ein hoher Anteil an Treg-Zellen im Tumor ruft eine tolerogene Situation im Tumormikromilieu hervor. Die klassischen Treg-Zellen sind CD4+-, CD25+- und FOXP3+-T-Zellen. Treg-Zellen können auch durch andere Faktoren aktiviert werden und wiederum regulierend auf dendritische Zellen wirken. Auf

costimulatorische Molekül B7-H1 induziert werden. Tumor-assoziierte Treg-Zellen exprimieren PD-1, den Liganden zu B7-H1. Über die Rezeptor-Ligand-Bindung kann die IL-12-Produktion durch myeloide DC und damit eine Immunantwort gehemmt werden (CHEN, 2004; CURIEL ET AL.,2003). IDO+-DC (Indoleamine 2,3-Dioxygenase) kommen in vivo in Mammakarzinomen, in Tumor-infiltrierten Lymphknoten bei Mammakarzinomen und bei in vitro generierten MoDC vor. IDO+-DC reduzieren das freie Tryptophan, welches T-Zellen zur Proliferation benötigen. Dies verhindert die klonale Expansion von T-Zellen, wodurch diese apoptotisch oder anerg werden (MUNN, 2002). Unter dem Begriff myeloide Suppressor-Zellen (MSC) werden iDC, aktivierte Granulozyten sowie Makrophagen zusammengefasst. Sie konnten bei Patientinnen mit einem Mammakarzinom nachgewiesen werden und setzen Stickstoff frei (ZOU, 2005).

Stickstoff inhibiert den IL-2-Rezeptor-vermittelten Signaltransduktionsweg und führt zur Apoptose von T-Zellen (SAIO ET AL.,2001;MAZZONI ET AL.,2002).

Diese Beispiele zeigen das komplexe Netzwerk an Immun-escape-Mechanismen und die daraus resultierenden Folgen. Viele dieser Mechanismen und der daraus ent-stehenden Fehlfunktionen bei Immunzellen können nicht durch eine von außen zugeführte Immunität revidiert werden. Im Gegenteil: Durch immuntherapeutische Maßnahmen könnten bestimmte escape-Mechanismen aktiviert oder noch verstärkt werden. Daher scheint der Einsatz therapeutischer Maßnahmen, welche die Blockade bestimmter Faktoren oder escape-Mechanismen hervorrufen, wie z. B. Ontak (Denileukin Difteritoxin) oder Cyclophosphamide gegen Treg-Zellen, von entschei-dender Bedeutung. Anti-escape-Therapien vor bzw. während einer Immuntherapie kann die klinische Effizienz der Immuntherapie verbessern.

1.3 Themenstellung

Die Notwendigkeit der Etablierung neuer Therapieoptionen gerade für Patienten mit einem metastasierten Mammakarzinom besteht aufgrund des limitierten Erfolges der Standardtherapien und der Tatsache, dass für das metastasierte Mammakarzinom in den letzten 20 Jahren keine relevanten Fortschritte in der Lebensverlängerung erzielt werden konnten (ENGEL ET AL.,2003;SCHUBERT-FRITSCHLE ET AL.,2004;HÖLZEL ET AL.,2004;

ENGEL ET AL.,2003). Im Hinblick auf die Entwicklung neuer Therapien sollte neben der

Lebensverlängerung auch die Verbesserung der Lebensqualität ein weiterer entscheiden-der Gesichtspunkt bezüglich des Vergleichs alter und neuer Therapiemethoden sein.

Bisher wurden nur wenige Phase-I/II-Studien mit dendritischen Zellen bei Mamma-karzinompatientinnen durchgeführt. Der überwiegende Anteil der Studien erfolgte mit DC, welche mit spezifischen Tumorpeptiden beladen wurden. Aufgrund der Hetero-genität der Tumoren kann es durch diesen Therapieansatz zu einer klonalen Selektion von Tumorzellen kommen, welche nicht das verwendete TAA tragen. Daher erscheint es sinnvoll, das gesamte Antigenrepertoire, in Form von kompletten autologen Tumor-zellen oder Tumorzelllinien, für die Beladung von dendritischen Zellen zu verwenden.

Patientinnen mit einem metastasierten Mammakarzinom und keiner weiteren Therapie-option wurden innerhalb einer Phase-I/II-Studie sowie außerhalb der Studie mit Tumor-zell-Lysat beladenen dendritischen Zellen und dendritischen Zellen ohne Antigen behandelt. Parallel zur Behandlung wurden in-vitro-Daten über die Qualität und Funktionalität der dendritischen Zellen erhoben. Zuvor wurde bereits bei Mamma-karzinompatientinnen eine verminderte Anzahl an funktionell potenten dendritischen Zellen in vivo beschrieben (ALMAND ET AL.,2000).Daher galt es zu untersuchen, ob die in vivo beschriebenen Fehlfunktionen bei in vitro aus Monozyten generierten DC ebenfalls auftreten bzw. durch diese kompensiert werden können.

In dieser Arbeit wurden in-vitro-Untersuchungen an MoDC sowohl von Mamma-karzinompatientinnen als auch von gesunden Spendern sowie an Tumorzellen aus Mammakarzinomen durchgeführt. Im ersten Teil dieser Arbeit wurde untersucht, ob aus Monozyten von Patientinnen phänotypisch und funktionell vergleichbare dendritische Zellen wie bei gesunden Spendern generiert werden können, um mit diesen Zellen eine effektive Immunantwort gegen den Tumor auszulösen. Aufgrund von phänotypischen und funktionellen Unterschieden erfolgte eine Optimierung der Kulturbedingungen für die Generierung von MoDC von Mammakarzinompatientinnen. Zur Untersuchung der Tumorimmunogenität wurde die Aufnahme, Präsentation und Antigenität von Tumor-antigengemischen in Form von Tumorzell-Lysaten von Mammakarzinomen analysiert.

Der zweite Teil der Arbeit beschäftigt sich mit vom Tumor ausgehenden escape-Mechanismen, welche eine spezifische Anti-Tumor-Immunantwort, induziert durch

2 Material und Methoden