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4.4 Immun-escape

4.4.1 Expression von immunregulatorischen Molekülen auf Tumorzellen von Mammakarzinomen

Damit eine Tumorzelle durch eine zytotoxische T-Zellantwort angreifbar ist, muss sie MHC-Kl I und ICAM-1 tragen, um mit dem T-Zellrezeptor und dem Adhäsionsmolekül LFA-1 auf T-Zellen in Kontakt treten zu können. Andere Adhäsionsmoleküle wie LFA-3, welches an den CD2-Rezeptor auf T-Zellen und NK-Zellen bindet, sind essentiell für eine zelluläre Zytotoxizität. Eine fehlende Costimulation von CD80 und CD86 bei gleichzeitiger Expression von MHC-Molekülen (wie z.B. HLA-DR) auf Tumorzellen ist einer der häufigsten escape-Mechanismen von Tumoren und führt zu einer Toleranz des Tumors.

Der Tumor kann sich mit dem Verlust der MHC-Kl I-Moleküle einer zytotoxischen T-Zellerkennung entziehen. Bei den hier untersuchten Tumorzellpräparationen von Mammakarzinomen zeigte sich bei der Expression der MHC-Kl I-Komplexe eine starke Varianz bei den einzelnen Tumoren. Eine mäßige bis starke Expression von HLA-ABC sowie kein kompletter Verlust von MHC-Kl I weist auf eine mögliche T-Zellerkennung dieser Mammakarzinomtumoren nach spezifischer Aktivierung der T-Zellen durch dendritische Zellen hin. GUDMUNDSDOTTIR ET AL., (2000) zeigten bei 187 Mamma-karzinompatientinnen im Stadium I und II, dass die meisten Patientinnen (52 %) ebenfalls eine mäßige bis starke Expression von HLA Kl I aufwiesen. Im Gegensatz zu den hier vorliegenden Daten wies diese Arbeitsgruppe bei einem wesentlich höheren Anteil an Patientinnen (48 %) einen fast kompletten Verlust (< 10 % positiver Zellen) an MHC-Kl I nach. Sie konnten ebenfalls zeigen, dass Patientinnen mit einer gemischten Expression von HLA-ABC eine höhere Rezidivwahrscheinlichkeit hatten

MHC-Kl Expression scheint es nur zu einer teilweisen Erkennung von MHC-Kl I-tragenden Tumorzellen durch das Immunsystem zu kommen. Der andere Teil der Tumorzellen ohne MHC-Kl I-Expression wird dadurch selektiert und könnte zu einem erneuten Tumorwachstum führen. Eine große Varianz der MHC-Kl I-Expression konnte auch bei einem Karzinom der Blase, dem Transitionalzell-Karzinom, festgestellt werden. Der überwiegende Teil der Patienten wies eine moderate bis starke Expression auf und nur ein Patient von 18 hatte einen kompletten Expressionsverlust von MHC-Kl I (NOURI ET AL., 1990). SMITHETAL., (1989) zeigten ähnliche Ergebnisse: Bei n=30 Adenokarzinomen exprimierte nur ein Tumor kein HLA-ABC. MHC-Kl I-Moleküle waren bei den Mammakarzinomzelllinien abnormal und deutlich schlechter als bei den Tumorzellpräparationen exprimiert. Ein kompletter Verlust von MHC-Kl I bei der in dieser Arbeit untersuchten MCF-7-Zelllinie weist auf einen escape-Mechanismus über die antigenpräsentierenden Moleküle hin.

Für eine T-Zellerkennung in der Effektorphase ist neben den MHC-Kl I-Molekülen das Adhäsionsmolekül ICAM-1 für eine erfolgreiche zytotoxische Immunreaktion notwendig. Bei Lungen-, Ovarial- und Mammakarzinomen konnte gezeigt werden, dass Tumoren sowohl MHC-Kl I als auch ICAM-1 oder keines der beiden Moleküle exprimieren können. In einem Zytotoxizitäts-assay konnten durch T-Zellen nur die Tumorzellen lysiert werden, welche sowohl MHC-Kl I als auch ICAM-1 auf > 50 % der Zellen exprimierten (VANKY ET AL.,1990).

Die hier untersuchten Tumorzellpräparationen und Tumorzelllinien exprimierten alle bis auf zwei Tumore ICAM-1 > 50 %. Das Mammakarzinom mit der geringsten ICAM-1-Expression exprimierte auch das MHC-Kl I-Molekül von allen untersuchten Mamma-tumoren am schwächsten. Die von der Patientin C analysierten Tumorzellen stammten aus einem pT3-Tumor, welcher ebenfalls p53 und HER2 neu positiv war. Es handelt sich somit um einen weit fortgeschrittenen Tumor mit zwei ungünstigen prognostischen Parametern. Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass sich dieser Tumor durch den escape-Mechanismus der immunologischen Kontrolle entziehen und somit eine Immuntherapie mit dendritischen Zellen nicht zu dem gewünschten Erfolg führen könnte. Die Expression von ICAM-1 kann mit dem klinischen Verlauf korreliert werden; dies konnte bei Patienten mit Kopf- und Halstumoren, welche signifikant

höhere Mengen an ICAM-1 exprimierten, gezeigt werden. Patienten mit einer hohen ICAM-1-Expression hatten ein signifikant höheres rezidivfreies Überleben im Vergleich zu Patienten mit einer niedrigen ICAM-1-Expression (SHIRAI ET AL.,2003).Neben einer fehlenden Expression von ICAM-1 auf Tumorzellen und der damit verbundenen Verhinderung eines T-Zell-vermittelten Abtötens der Tumorzellen können die abgelösten ICAM-1-Moleküle im Serum ebenfalls hemmend wirken. Lösliches ICAM-1 inhibierte die Konjugatbildung zwischen T-Zellklonen und autologen Melanomzellen und verhinderte so eine zytotoxische T-Zellantwort gegen diese Melanomzellen (BECKER ET AL., 1995). GHO ET AL., (2001) zeigten, dass lösliches ICAM-1 die Angiogenese im Tumor unterstützt und ein Tumorwachstum fördert. Somit ist dem ICAM-1-Molekül eine doppelte Bedeutung zuzuschreiben: Zum einen wird durch eine fehlende Expression eine zytotoxische T-Zellerkennung verhindert und zum anderen inhibiert die lösliche Form des Moleküls zusätzlich T-Zellen und unterstützt das Tumorwachstum.

Das Lymphozyten-Funktionsantigen LFA-3 war bei den meisten Mammatumoren eher mäßig exprimiert, die Patientin C mit der geringsten MHC-KL I- und ICAM-1-Expression exprimierte auch das LFA-3 am schwächsten von allen untersuchten Tumoren. Somit scheint dieser fortgeschrittene Tumor sowohl beim T-Zellkontakt als auch in der Antigenpräsentation seine escape-Mechanismen aufgebaut zu haben und entzieht sich so einer Tumor-spezifischen T-Zellreaktion. Die Expression des LFA-3 war bei den Mammatumoren stärker heterogen als die des ICAM-1, somit scheint die Expression des LFA-3 bei Mammatumoren eher einen escape-Mechanismus darzustellen. NOURI ET AL., (1996) beschrieben beim Blasenkarzinom eine starke und homogene Expression des LFA-3 auf den Tumorzellen. Ebenfalls eine gute LFA-3-Expression konnte bei sieben Ovarialkarzinomzelllinien nachgewiesen werden (TOUTIRAIS ET AL.,2003).

Naive T-Zellen werden nur aktiviert, wenn sie auf ein und derselben Zelle sowohl an ein fremdes Peptid in einem MHC-Molekül und mit ihrem CD28-Rezeptor an ein costimulatorisches Signal binden. Nur dendritische Zellen, MФ und B-Zellen tragen sowohl beide MHC-Moleküle als auch costimulatorische Signale. Kommt es zu einer

zellen), der Präsentation von Antigenen (wie z. B. Tumorantigenen) und der Antigenbindung an den T-Zellrezeptor ohne Costimulation, dann wird die T-Zelle inaktiv bzw. gerät in den Zustand der Anergie. Sie kann dann auch nicht mehr durch professionelle APC aktiviert werden, welche ihr das gleiche Antigen (Tumorantigen) präsentieren. Somit nutzen Tumorzellen den Mechanismus der Selbsttoleranz als einen Immun-escape-Mechanismus und können sich so einer spezifischen Immunreaktion entziehen. Sowohl Fibroblasten als auch Tumorzellen konnten erfolgreich mit B7-Molekülen transfiziert werden und waren danach in der Lage eine klonale Vermehrung naiver T-Zellen zu induzieren (JANEWAY, TRAVERS, WALPORT UND

SHLOMCHIK,2002;DOLS ET AL.,2003).

Bei den hier vorliegenden Daten konnte bei keinem der Mammatumoren und bei keiner Zelllinie B7.1 und nur bei zwei Mammatumoren B7.2 nachgewiesen werden (Abbildung 39). Eine geringere Expression von CD80 und CD86 wurde bei der MCF-7-Zelllinie im Vergleich zu einer Zelllinie von normalen Mammazellen festgestellt (FAN ET AL.,2002).

Die MCF-7 exprimierte bei den hier vorliegenden Ergebnissen weder CD80 noch CD86.

Diese Unterschiede können durch unterschiedliche Passagierungen der Zelllinie entstehen.

AML-Blasten von Patienten mit akuter myeloider Leukämie, welches entartete Monozyten sind und Monozyten in der Regel B7-Moleküle tragen, wiesen ebenfalls eine geringe Expression an CD80 auf, dagegen war CD86 bei der Hälfte der getesteten Patienten wie bei gesunden Monozyten oder B-Zellen exprimiert. Bei den AML-Patienten, deren Zellen sowohl CD80 als auch CD86 exprimierten, konnte eine signifikant längere Remission festgestellt werden (WHITEWAY ET AL.,2003).

Bei etwa der Hälfte der in dieser Arbeit untersuchten Tumorzellpräparationen könnte eine Präsentation von Tumorantigenen über HLA-DR stattfinden. Da bei lediglich zwei Mammatumoren B7.2 gemessen werden konnte, können durch die fehlende Costimulation anerge T-Zellen entstehen. Somit scheinen sich die Tumorzellen ohne costimulatorische Signale einer immunologischen Kontrolle zu entziehen, sind dadurch tolerant und fördern das Wachstum des Tumors.

Die andere Hälfte der Mammatumore sowie die MCF-7-Zelllinie exprimierten nur sehr geringe Mengen HLA-DR oder kein HLA-DR wie die SK-BR 3- und

Fibroblasten-zelllinie. Dies bestätigen die Daten von FAN ET AL.,(2002):Diese Arbeitsgruppekonnte zeigen, dass SK-BR 3 und MCF-7 von fünf untersuchten Mammakarzinomzelllinien die schlechteste HLA-DR-Expression aufwiesen.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die Mammatumoren eine stark heterogene Expression der jeweiligen Oberflächenmoleküle, welche für eine zytotoxische T-Zellerkennung wichtig sind, aufwiesen. Somit wäre eine Diagnostik jedes einzelnen Tumors von Bedeutung, um die verschiedenen escape-Mechanismen zu untersuchen und immuntherapeutische Therapiekonzepte für jeden Tumorpatienten zu erstellen. Des Weiteren scheinen escape-Mechanismen bei den untersuchten Mammatumoren nicht an der Expression einzelner Oberflächenmoleküle zu liegen, sondern in der Kombination von mehreren funktionellen Oberflächenmolekülen begründet zu sein, was ebenfalls nur über individuelle Diagnostik jedes Tumors zu erkennen wäre.