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Immobilienmarkt und (Miet-) Preisbildung

Immobilienmarkt

Bei einem Abgleich des Immobilienmarktes mit den Voraussetzungen des vollkommenen Marktes (siehe Kapitel 2.1.2) ist festzustellen, dass der Immobilienmarkt, aufgrund der Heterogenität von Immobilien, der geringen Angebotselastizität aufgrund ihrer langen Produktionsdauer, einer begrenzten Markttransparenz und dem begrenzten Vorhandensein von Anbietern und Nachfragern ein stark unvollkommener Markt ist.

698 Vgl. Zimmermann, Josef: Die Immobilie als Gegenstand der Ingenieurwissenschaften in Praxis, Forschung und Lehre. In: Bauingenieur, Band 90, März 2015, S. 119.

699 Vgl. ibid., S. 118.

700 Vgl. ibid., S. 118.

701 Vgl. ibid., S. 118.

Kapitel 3: Die Immobilien – Stand der Forschung

Die Besonderheiten des Immobilienmarktes resultieren zum einen aus den bereits angesprochenen marktwirtschaftlichen Bedingungen und zum anderen aus den spezifischen Eigenschaften von Immobilien, wie der „Standortgebundenheit“ und der „Heterogenität“.

Aufgrund dessen existiert eine Vielzahl an unterschiedlichen Teilmärkten. Die Grenzen dieser Marktregionen sind nicht vergleichbar mit gebietspolitischen Grenzen. Sie sind flächenmäßig nicht eindeutig zu definieren. Vielmehr sind die Übergänge zwischen den einzelnen Teilmärkten fließend.702 Die Marktentwicklung in diesen verschiedenen Teilmärkten findet in Zyklen statt, die sich im Hinblick auf die Gesamtkonjunktur meist zeitlich verschoben entwickeln.703

Der wirtschaftliche Erfolg auf den jeweiligen Immobilienmärkten ist im Allgemeinen eng an die soziökonomische Entwicklung der Region geknüpft. In einem starken Wirtschaftsraum werden die Erträge einer Immobilieninvestition tendenziell höher sein, als in konjunkturell schwächeren Regionen. Somit ergibt es sich, dass gut gehende Standorte mit steigenden Mieten und Preisen stagnierenden oder schrumpfenden Teilmärkten gegenüber stehen.704

Für die Marktgängigkeit einer Immobilie, d.h. „das Maß von Regelmäßigkeit, mit welcher jeweils ein Objekt marktmäßiges Tauschobjekt zu werden pflegt“705, ist insbesondere die Situation von Angebot und Nachfrage auf dem jeweiligen regionalen Teilmarkt relevant. Das Verhältnis und die Struktur von Angebot und Nachfrage in diesen regionalen und sektoralen Teilmärkten spiegeln sich in den Preisen, aber auch in den Mieten wider. Wie auch in anderen Branchen ist die Entwicklung von Preisen auf dem Immobilienmarkt ein „zentraler Gradmesser“ für Angebotsengpässe oder –überhänge (vergleiche hierzu auch Abbildung 2-2).706 Diese resultieren aus dem Zusammenwirken wirtschaftlicher, politischer und demographischer Rahmenbedingungen. Letztere zeigen sich in „Veränderungen der Bevölkerungsentwicklung, der Alters- und Geschlechterstruktur, der ethnischen Zusammensetzung und der regionalen Verteilung der Bevölkerung sowie der Lebensformen“.707

Durch diese räumlich differenzierte Bevölkerungs- und Wirtschaftsdynamik verändern sich die Immobilienmärkte in Deutschland, insbesondere auch Angebot und Nachfrage. Somit können auf bestimmte regionale Teilmärkte des Immobilienmarktes unterschiedliche Marktformen zutreffen. Beispielsweise ein heterogenes Polypol, in dem eine Vielzahl von Anbietern und Nachfragern auf dem Markt vorhanden sind. Ebenso könnte auch ein heterogenes Oligopol,

702 Vgl. Sailer, Erwin: Rahmenbedingungen und Grundtatbestände des Immobilienmarktes. In: Immobilienmarkt und Immobilienmanagement. Hrsg. Hansjörg Bach, Matthias Ottmann, Erwin Sailer und Frank Peter Unterreiner. München 2005, S. 54.

703 Vgl. ibid., S. 54.

704 Vgl. Junius, Karsten: Auswahl makroökonomischer Zeitreihen für die Analyse von Immobilienmärkten. In:

Praxishandbuch Immobilien-Research. Karsten Junius und Daniel Piazolo [Hrsg.], Köln 2008, S. 56.

705 Vgl. Weber, Max: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie, 5. Aufl., Mohr Siebeck GmbH & Co. KG, Tübingen, 1972, S. 43.

706 Vgl. Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR) (Hrsg.): Synopse Immobilienpreisbeobachtung in Deutschland 2010: Anforderungen - Datengrundlagen - Verfahren - Produkte. BBSR-Online-Publikationen, Nr. 01/2010. Bonn 2010, S. 6.

707 Vgl. Bundesministerium des Innern (Hrsg.): Demografiebericht - Bericht der Bundesregierung zur demografischen Lage und künftigen Entwicklung des Landes. Berlin 2011, S. 11.

Kapitel 3: Die Immobilie - Stand der Forschung also ein Teilmarkt mit wenigen Anbietern und einer großen Nachfrage, einen Immobilienteilmarkt beschreiben. Ein heterogenes Oligopol wäre zum Beispiel der Wohnungsmarkt in München. Der Wohnungsmarkt in Hoyerswerda dagegen wäre ein Beispiel für ein heterogenes Oligopson, da hier das Angebot die Nachfrage deutlich übersteigt.708 Ein Wandel von einem Anbietermarkt hin zu einem Nachfragemarkt erzeugt für die Immobilie bzw. das Gebäude an sich einen starken Konkurrenzdruck. Je nach Marktsituation und -struktur wirken sich Objekt- und Lagemerkmale unterschiedlich auf die Preise und Mieten aus.

Bei einem Anbietermarkt (bzw. Vermieter-/Verkäufermarkt), wie der bereits angeführte Wohnungsmarkt in München, ergeben sich stärkere Preisdifferenzen durch die Qualität der Lage und weniger durch die Objektmerkmale bzw. die Ausstattung. Dies zeigte beispielsweise auch eine Umfrage des Immobilienportals Immobilienscout24 von 2012. Bei der Umfrage wurden 3.200 Interessenten von Kaufimmobilien befragt. Dabei zeigte sich, dass Immobilienkäufer zunehmend bereit sind, bei der Ausstattung ihrer „Wunschimmobilie“ bzw.

bei den Objekteigenschaften Abstriche zu machen. Eine „problematische Nachbarschaft“ wird zwar weiterhin als K.O.-Kriterium angesehen, jedoch ist auch hier eine zunehmende Toleranz der Käufer zu beobachten. Als Grund hierfür wird das immer kleiner werdende Angebot an Immobilien gesehen.709

Auf Nachfragemärkten (bzw. Mieter-/Käufermärkten), wie etwa dem oben bereits beschriebenen Wohnungsmarkt in Hoyerswerda, gewinnt dagegen die Qualität der Ausstattung bzw. die Objektmerkmale an Bedeutung, da die Mieter auf diesem Markt eine größere Wahlfreiheit besitzen.710

Somit wird ein Mieter bzw. Nutzer der die Wahl zwischen zwei Immobilien am gleichen Standort hat, beispielsweise zwischen einem Bestandsgebäude und einem Neubau, diejenige Immobilie auswählen, die durch ihre Objektmerkmale, ihre Qualität und ihren Standard positiv hervortritt, wobei es sich hier zumeist um den Neubau handelt.711 Zumindest wird ein zukünftiger Nutzer nicht bereit sein, für die beiden Objekte den gleichen Preis bzw. die gleiche Miete zu zahlen.

Somit kann festgelegt werden, dass die Nachfrage auf dem (Immobilien-) Markt durch den Bedarf bzw. durch die Bedürfnisse sowie durch die Anforderungen und Ansprüche der Nutzer (bzw. Kunden) getrieben ist. Diese Nutzer fragen hierbei jedoch nur solche Eigenschaften bzw.

708 Vgl. Stadler, Carolin: Die Bewertung von Objektrisiken in der Immobilienfinanzierung unter Berücksichtigung der Marktgängigkeit und Drittverwendungsfähigkeit, Masterarbeit am Lehrstuhl für Bauprozessmanagement und Immobilienentwicklung der TU München, 2009, S. 104.

709 http://news.immobilienscout24.de/rund-um-die-immobilie/immobilienbarometer-zeigt-,98830.html

710 Vgl. Bundesinstitut für Bau-, Stadt und Raumforschung (BBSR) [Hrsg.]: Wohnungs- und Immobilienmärkte in Deutschland 2011, S. 11.

711 Vgl. Rottke, Nico & Wernecke, Martin; Lebenszyklus von Immobilien, In: Schulte, Karl-Werner [Hrsg.]:

Immobilienökonomie, Bd. 1, 4. Aufl., Oldenbourg Verlag, München, 2008, S. 226.

Kapitel 3: Die Immobilien – Stand der Forschung

Merkmale von Immobilien nach, die sie auch wahrnehmen (Prozesse der Wahrnehmung siehe Kapitel 2.3.2, insbesondere Kapitel 2.3.2.2).712

Mietpreisbildung

In der klassischen wirtschaftswissenschaftlichen Theorie entstehen Preise durch das Zusammentreffen von Angebot und Nachfrage auf einem Markt (siehe Kapitel 2.1.2). Der Mietpreis unterliegt zudem auch regulativen Einflüssen, wie beispielsweise dem Mietrecht713. Für die Erzielung von Erträgen und deren Höhe ist es also ausschlaggebend, dass neben dem Angebot an Immobilien eine gewisse Nachfrage für ein Objekt auf dem Immobilienmarkt besteht.714 Die Nachfrage nach Immobilien ist zudem je nach Nutzungsart getrennt voneinander zu betrachten. Dabei ist insbesondere zwischen dem Nachfrageverhalten eines privaten Haushaltes, dem unterstellt wird „ausschließlich Wohnraum nachzufragen“, und dem Nachfrageverhalten eines Unternehmens zu unterscheiden.715 Wohneigentum besitzt einen hohen gesellschaftspolitischen Wert. Das Streben nach den „eigenen vier Wänden“ ist neben den finanziellen Vorteilen insbesondere unter dem Aspekt der „freien Gestaltung und Entfaltung der Persönlichkeit“, wie sie in Kapitel 2.3.1 in Anlehnung an MASLOW716 beschrieben werden, nahezu ungebrochen.717

Neben Angebot und Preis ist auch der reale Zinssatz eine wichtige Determinante für die Nachfrage nach Immobilien. Für den Erwerb einer Immobilie müssen oftmals Kredite bzw.

Hypotheken aufgenommen werden. Der Zinssatz stellt dabei die Kosten für diese Kredite dar.

Selbst wenn keine Kredite aufgenommen werden, ist der Zinssatz gleichzusetzen mit Opportunitätskosten. Eine Verminderung des Zinssatzes führt somit zu einer erhöhten Nachfrage, erhöhten Preisen und erhöhten Bauinvestitionen.718

In der Konsequenz aus Angebots- und Nachfragekennzahlen ergeben sich, wie in anderen wirtschaftlichen Märkten auch, sogenannte Preisindikatoren, wie beispielsweise

„Spitzenmieten, Angebots- und Durchschnittsmieten sowie Renditen“.719

712 Vgl. Schaule, Matthias: Anreize für eine nachhaltige Immobilienentwicklung - Nutzerzufriedenheit und Zahlungsbereitschaft als Funktion von Gebäudeeigenschaften bei Büroimmobilien, Dissertation am Lehrstuhl für Bauprozessmanagement und Immobilienentwicklung, Technische Universität München, 2014, S. 44.

713 Vgl. Haase, Ronny: Ertragspotentiale – hedonische Mietpreismodellierungen am Beispiel von Büroimmobilien, Dissertation an der ETH Zürich, 2011, S. 27.

714 Vgl. Kleiber, Wolfgang; Simon, Jürgen & Weyers, Gustav: Verkehrswertermittlung von Grundstücken. 6. Auflage, 2010, S. 1732.

715 Vgl. Ottmann, Matthias: Preisbildung, Standortverhalten und Stadtentwicklung, In: Bach, Hansjörg; Ottmann, Mathias; Sailer, Erwin & Untereiner Frank P. [Hrsg.]: Immobilienmarkt und Immobilienmanagement, Verlag Franz Vahlen GmbH, München, 2005, S. 287.

716 Vgl. Maslow, Abraham, H.: Motivation und Persönlichkeit, Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH, Hamburg, 1981, S. 73.

717 Vgl. Ottmann, Matthias: Preisbildung, Standortverhalten und Stadtentwicklung, In: Bach, Hansjörg; Ottmann, Mathias; Sailer, Erwin & Untereiner Frank P. [Hrsg.]: Immobilienmarkt und Immobilienmanagement, Verlag Franz Vahlen GmbH, München, 2005, S. 289 .

718 Vgl. Mankiew, N. Gregory: Makroökonomie, 5. Aufl., Schäffer-Poeschel Verlag Stuttgart, 2003, S. 545.

719 Vgl. Scheunemann, Helge: Immobilien-Research bei Maklerhäusern. In: Junius, Karsten und Piazolo, Daniel [Hrsg.]: Immobilien-Research; Immobilien Manager Verlag, Köln 2008, S. 320.

Kapitel 3: Die Immobilie - Stand der Forschung Aufgrund der Vielfältigkeit in Lage, Qualität und Ausstattung einer Immobilie ist der Immobilienpreis nicht immer einfach zu bestimmen. Nicht alleine die Fläche ist bei der Preisermittlung ausschlaggebend, sondern vielmehr ein „differenziertes Bündel an Eigenschaften“, wie Lage, Qualität und Ausstattung, die oftmals unter dem Begriff

„Nutzleistung“ bzw. „Nutzungsleistungen“ zusammengefasst werden.720 In der Betriebswirtschaftslehre wird beispielsweise im Zusammenhang mit einem Anlagegut auch von einem „Bündel zukünftiger Nutzleistungen“ gesprochen.721 Im Laufe des Lebenszyklus einer Immobilie werden diese Nutzleistungen an den Nutzer weiter gegeben, jedoch mit abnehmender Intensität.722 Auf dem Mietimmobilienmarkt werden diese Nutzleistungen gehandelt wodurch sich auch der Wert der Immobilie bestimmt.723 Dem (subjektiven) Wert, der einer Immobilie beigemessen wird, kann aufgrund von Angebot und Nachfrage somit ein Preis zugeordnet werden.724 „Die Höhe des Preises gibt die Kosten des Angebotes und andererseits die Wertschätzung der Nachfrage über das Produkt Immobilie wieder.“725 „Qualitätsstandards werden ebenfalls auf diese Weise in die Überlegungen miteinbezogen, da eine hochwertige Immobilie gegenüber einer geringerwertigen mehr Nutzleistungen abgeben kann.“726 Somit komprimiert der Preis als „singuläre Größe“ „alle Informationen über Zustand und Ausstattung, über Lage und subjektive Wertschätzung der Immobilie“.727 Die zeigt sich beispielsweise auch in den Zu- und Abschlägen im Mietpreisspiegel (siehe hierzu Kapitel 3.11.4).