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Wie bereits seit einiger Zeit bekannt, ist die ursprüngliche Annahme, Patienten im apallischen Syndrom hätten keine erhaltenen Funktionen im Großhirnmantel eindeutig falsch.

Bildgebende Verfahren zeigen zwar für apallische Patienten wie auch für MCS Patienten einen reduzierten, aber keines Falls einen erloschenen kortikalen Hirnmetabolismus. In der Tat mehren sich die wissenschaftlichen Hinweise darauf, dass mindestens eine Untergruppe der Patienten sogar über ‚Inseln’ völlig intakter kognitiver Verarbeitung verfügen. Diese Aktivitäten des Kortex lassen sich durch moderne bildgebende Verfahren, aber auch durch die bereits erwähnten EKP-Ableitungen darstellen. Darüber hinaus wurden auch schon diverse Versuche unternommen, die verschiedenen Aktivierungs-Levels im Gehirn der Patienten mit deren Outcome zu korrelieren.

1.3.1 EEG und ereigniskorrelierte Potentiale bei Patienten

1.3.1.1 Grund-EEG bei schwerst bewusstseinsgestörten Patienten

Das Spontan-EEG von VS und MCS Patienten kann sehr unterschiedlich aussehen. Je nach Ursache des Zustandes des Patienten sind aber vor allem lokalisierte oder generelle Verlangsamungen des Grund-EEGs zu beobachten. Die Tiefe der Bewusstseinstörung und der Grad der EEG-Verlangsamung laufen dabei allerdings nicht parallel. Bei metabolischen Enzephalopathien ist die EEG-Verlangsamung im Verhältnis zum Grad der Bewusstseinstörung stark und generalisiert. Dagegen bleibt bei gut abgegrenzten raumfordernden Prozessen wie Blutungen oder Tumoren der EEG-Grundrhythmus trotzt Bewusstseinsverlust oft erhalten. Bei einem durch eine Hirnstammschädigung verursachten Koma zeigt sich im EEG häufig das so genannte ‚Spindel-Koma’. Dabei werden unregelmäßige hohe langsame Wellen gelegentlich von Spindeln überlagert. Das

‚Spindelkoma’ wird in der Regel mit einer günstigen Prognose im Sinne einer Wiedererlangung des Bewusstseins assoziiert. Dagegen steht das ‚Alpha-Koma’ trotz normal erscheinendem EEG ohne auffällige Anomalien eher mit einer schlechten Prognose in Verbindung, wenn sich die Alpha-Tätigkeit durch äußere Einflüsse nicht unterbrechen lässt (Ebe & Homma, 2002). Eine Studie von Babiloni konnte zeigen, dass occipitales Alpha, welches durch öffnen und schließen der Augen unterbrochen werden kann, einen positiven Prognosefaktor darstellt und bei MCS Patienten deutlicher ausgeprägt auftritt als bei VS Patienten (Babiloni et al., 2009). Dabei ist die Art der durch die Unterbrechung auftretenden und das Alpha ablösenden Wellen nicht mit denen von gesunden Personen vergleichbar. In diesem Zusammenhang spricht man auch häufig vom ‚paradoxen Arousal’. Dies bezeichnet die Tatsache, dass Patienten im Koma oder Wachkoma auf Reizung häufig eine Verlangsamung des EEGs zeigen.

Mit einer eher schlechten Prognose wird die so genannte ‚Burst-suppression’ EEG-Tätigkeit assoziiert, wenn sie nicht durch Reizung von außen getriggert auftritt. Hierbei treten Salven hochamplitudiger und rascher EEG-Aktivität auf. Diesen folgen sehr flachen Phasen in der EEG-Ableitung. Dieses Aktivitätsmuster tritt nicht nur im Koma oder Wachkoma auf sondern wird auch bei epileptischen Enzephalopathien beobachtet.

Ein anderes Phänomen welches häufig bei Patienten mit Bewusstseinstörungen im EEG beobachtet werden kann sind Tri-Phasische-Wellen. Dies sind steile Wellen mit drei Phasen, welche häufig in einer aus langsamen Wellen bestehenden Grundaktivität auftreten. Die

Tri-Phasischen-Elemente dominieren auf frontalen Ekektroden und entstehen bei Stoffwechselstörungen des Gehirns die von Bewusstseinseinschränkungen begleitet werden (Ebe & Homma, 2002).

Die EEG-Tätigkeit von bewusstseinsgestörten Patienten zeigt häufig periodische Schwankungen welche mit dem öffnen und schließen der Augen korrelieren. Dabei ist bei den Patienten aber zumeist weder ein normales ‚Wach-EEG’ noch ein normales ‚Schlaf-EEG’ zu beobachten. Im Gegenteil: Patienten zeigen gelegentlich auch hier eine paradoxe Umkehr, so dass EEGs welche während der Schlafphase abgeleitet werden, häufig die schnellere Grundtätigkeit darstellen, während in Wachphasen großamplitudige langsame Wellen auftreten (Zoschke, 2002).

Generell ist die Reagibilität des EEGs in jeder Weise als ein prognostisch gutes Zeichen zu werten (auch das reaktive Burst-supression Muster oder die paradoxe Umkehr). Reagiert das EEG auf Reizung von außen, kann man annehmen, dass die sensorischen Systeme arbeiten, was als Vorraussetzung zur weiteren Erholung zu werten ist. (Jäntti, 2001).

In den Abbildungen 1.4, 1.5, 1.6 und 1.7 sind unterschiedliche Ruhe-EEG-Ausschnitte von verschiedenen VS Patienten dieser Studie dargestellt. Alle Ausschnitte sind mit 30 Hz Tiefpass-Filter gefiltert. Die Einstellung zur Darstellung der Amplitudenhöhe ist mit 50 µV ebenfalls für alle Darstellungen dieselbe.

Abbildung 1.4: Spontan EEG einer VS Patientin. Die 57 jährige Patientin erlitt 2000 einen Herz-Kreislaufstillstand unklarer Genese. Zum Zeitpunkt der Aufnahme bot sie das Vollbild eines apallischen Syndroms. Im Verlauf der ersten beiden Wochen wurde beobachtet, daß es im Umgang mit nahen Angehörigen, insbesondere dem Ehemann, sowie einzelnen Therapeuten zu primitiven emotionalen Reaktionen kam, die man im Sinne eines frühesten Remissionsstadiums nach apallischem Syndrom interpretieren konnte. Darüber hinaus kam es bezüglich der mentalen Situation trotz intensiver multimodaler basaler Stimulation zu keiner Verbesserung. Die Patientin verstarb 2006 ohne sich über das bereits in der Klinik gezeigte Niveau hinaus erholt zu haben. Das Ruhe-EEG zeigt nur schwache Abweichungen von der Null-Linie, bei Veränderung der Skalierung auf 25 µV sind extrem langsame Wellen im Delta-Bereich, gelegentlich im Theta-Bereich mit EKG-Einstreuung zu sehen. Im Frequenzspektrum bildet sich nur ein Gipfel bei 3.5 Hz.

Abbildung 1.5: Spontan EEG eines VS Patienten. Der 54 jährige Patient erlitt 2000 eine intracerebrale Massenblutung im fronto-temporalen Marklager rechts mit Einblutung in den rechten temporalen Subarachnoidalraum und den rechten Seitenventrikel.

Die Augen des Patienten waren meist geschlossen. Auf Ansprache war keinerlei Reaktion zu erkennen. Auf der rechten Seite (unter C4) hatte der Patient einen Kalottendefekt. Insgesamt hat sich der klinische Zustand des Pat. weiter stabilisiert, er befand sich jedoch zum Zeitpunkt der Entlassung aus den Kliniken Schmieder nach wie vor im apallischen Syndrom. Der Patient verstarb 2004 ohne weitere Erholung.Das Ruhe-EEG des Patienten zeigt vorwiegend sehr langsame Wellen, teilweise überlagert von Thetawellen um 5-6 Hz. Eine FFT zeigt neben einem großen Anteil sehr langsamer Frequenzen nur sehr schwach ausgeprägte Frequenzgipfel im Thetaband. Alpha- oder Beta-Anteile sind nicht zu erkennen.

Abbildung 1.6: Spontan EEG eines VS Patienten. Der 63 jährige Patient erlitt 2002 einen hypoxischen Hirnschaden durch einen akuten transmuralen Myokardinfarkt. Bei Aufnahme war der Patient im Vollbild des apallischen Syndroms und zeigte keine Reaktionen. Im Verlauf der Wochen konnte beobachtet werden, dass der Patient auf Ansprache unregelmäßig den Kopf in Richtung des Gehörten drehte, auf taktile Reize zeigte sich eine deutliche Schreckreaktion und dann Habituation. Der Patient befindet sich bis heute im MCS Hinweise für höheres Bewusstsein konnten jedoch leider nicht gefunden werden. Das recht flache EEG des Patienten zeigt lediglich unregelmäßige, meist schnelle Wellen (wahrscheinlich EMG-Einstreuungen), ebenso wie EKG und Puls Artefakte. Eine FFT zeigt auch vorwiegend die für EKG-Einstreuungen typischen regelmäßigen scharfen Frequenzgipfel. Die mittleren Frequenzen bewegen sich dabei mit nur geringen Schwankungen um 6 Hz. Größere Unterschiede zwischen den Kanälen sind dabei nicht zu erkennen.

Wird eine bipolare Verschaltung berechnet, so verschwinden EMG und EKG weitgehend, das EEG gleicht hier fast einem Nulllinien-EEG. Erst bei größerer Verstärkung treten schwache EEG-Wellen zu Tage, meist im Bereich von 2 - 4 Hz. Die FFT zeigt jedoch keine neuen Gipfel, lediglich die bisherigen in stark abgeschwächter Form.

Abbildung 1.7: Spontan EEG eines VS Patienten. Der 46 jährige Patient erlitt 2004 ein offenes Schädel-Hirn-Trauma, ein akutes Subduralhämatom rechts, ein traumatisches Hirnödem sowie eine Felsenbeinfraktur links. Zum Zeitpunkt der Ableitung war der Patient noch im Vollbild des apallischen Syndroms. Etwas später zeigte er Fixation mit den Augen und emotionale Reaktionen. Heute ist der Patient mäßig selbständig und körperlich gut erholt. Aufgrund starker Orientierungsschwierigkeiten ist er allerdings beaufsichtigungspflichtig. Das Ruhe-EEG des Patienten zeigt vorwiegend Thetawellen, z.T. rhythmisch im Bereich von 6-7 Hz, z.T. auch von kleinen schnelleren Wellen überlagert. Eine FFT zeigt v.a. einen breiten Thetagipfel mit Maximum bei 6 oder 6.5 Hz, daneben auch weniger ausgeprägte Frequenzgipfel im Alphaband, v.a. bei 8 Hz Die mittleren Frequenzen bewegen sich mit geringen Schwankungen meist um 6 Hz, wobei Fz und C4 häufig etwas tiefer liegen als die übrigen Kanäle.

1.3.1.2 EKPs bei schwerst bewusstseinsgestörten Patienten

Wie bereits weiter oben erwähnt, ist die Reagibilität des spontanen EEGs als grundsätzlich positiver Prädiktor für den weiteren Verlauf der Erkrankung zu werten. Eine Form der Reagilitität kann dabei die Ausbildung von EKP-Komponenten auf externe Reizung sein.

Zahlreiche Studien konnten bereits das Vorhandensein von ableitbaren EKP-Komponenten bei komatösen Patienten, Patienten im Wachkoma und im MCS nachweisen. Kotchoubey (2005(b)) untersuchte die Prävalenz einer Reihe von EKP-Indikatoren unterschiedlicher Arten der kognitiven Verarbeitung. Dabei zeigte sich, dass von 38 untersuchten apallischen Patienten 90% eine auditorische N1-P2 Antwort zeigten, 65% eine Mismatch-Negativity (MMN), 15%-30% irgendeine Form der P3 und 22% irgendeine Form der N400 als Index semantischer Sprachverarbeitung. Dabei zeigte sich allerdings keine strenge hierarchische Sequenz in dem Sinne, dass das Vorhandensein eines späten Potentials gleichzeitig auch das Auftreten eines früheren implizierte. Andere Studien befassten sich selektiv mit dem Vorhandensein der MMN im apallischen Syndrom und fanden sie in 30-60% ihrer Patientenpopulation (z.B. Kane et. al., 1996 und 1998; Fischer et al, 1999). Ihr Vorhandensein gilt für den klinischen Verlauf des apallischen Syndroms als eher günstiges Merkmal.

Bezüglich der Prävalenz von EKP-Komponenten zur Sprachverarbeitung berichten Witzke und Schönle (2004), dass 38,9% von immerhin 43 untersuchten apallischen Patienten eine Form des N400 Potentials als Korrelat semantischer Verarbeitung aufwiesen. In einer neueren Studie untersuchte Daltrozzo mit Kollegen Komapatienten und fand auch bei ihnen in 7%

bzw. 17% der Fälle eine N400, abhängig von der Art des verwendeten Paradigmas. Bei der Verwendung von Sätzen mit falschen Endworten reagierten 7% der Patienten mit einer N400 wohingegen bei der Verwendung von Wortpaaren, die semantisch korreliert sein konnten oder nicht, 17% der Patienten mit einer ableitbaren N400 reagierten (Daltrozzo et al., 2009). Bei komatösen Patienten konnte auch gezeigt werden, dass das Auftreten einer N400 bei traumatischer Genese wahrscheinlicher ist während bei nicht-traumatische Ursachen eine N400 nur selten ableitbar war (Fischer, 2004). Dass selbst Patienten im Koma offenbar Sprache verarbeiten wird auch in einer neuen Studie von Rämä bestätigt. Sie untersuchte komatöse Patienten mit und ohne Läsionen im Temporallappen. Sie konnte zeigen, dass Patienten mit intaktem Temporallappen zum Teil eine N400 ausbilden, wenn sie semantisch nicht korrelierte Wortpaare hören. Dagegen konnte sie fast keine N400 beobachten, wenn der Temporallappen geschädigt war und zwar unabhängig von der Lokalisation der Läsion (rechte, linke oder beide Seiten) (Rämä et al., 2010).

Obwohl die Datenlage hinsichtlich kognitiver EKPs im allgemeinen und insbesondere auch bezüglich der Prävalenz erhaltener Sprachverarbeitung im apallischen Syndrom und im MCS, noch sehr dünn ist, kann aufgrund der obigen Befunde davon ausgegangen werden, dass ein Teil der betroffenen Patienten erhaltene Sprachverarbeitungsprozesse aufweisen. Inwieweit dies prognostische Bedeutung hat, ist größtenteils unklar. Der Befund könnte jedoch Implikationen für den Umgang mit den Patienten haben. Tatsächlich wird die Möglichkeit intensiver Stimulationsprogramme für Wachkoma-Patienten durchaus diskutiert (z.B. Tolle &

Reimer, 2003). Der auffallende Unterschied in der Prävalenz von kognitiven EKP-Komponenten zwischen den Studien von Schönle und Witzke (2004) und Kotchoubey und Kollegen (2005), ist ein klarer Hinweis für den weiteren Forschungsbedarf auf diesem Gebiet.

Es wurden auch bereits Versuche unternommen, EKPs mit der klinischen Erholung bei Koma-, weniger aber bei Wachkoma- und MCS Patienten in Verbindung zu bringen. So kamen Fischer und Kollegen zu dem Schluss, dass das Vorhandensein einer MMN ein spezifischeres, wenn auch unsensibleres Korrelat des Erwachens aus dem Vollbild des Komas ist, als das einer früher auftretenden N100 (Fischer et al., 2005). Die Wahrscheinlichkeit scheint also hoch, dass Patienten mit intakter MMN erwachen. Dennoch erwachen auch viele Patienten ohne MMN, während bei fehlender N100 die Prognose eher schlecht scheint. Das Auftreten der N100 lässt jedoch leider keine spezifische günstige Prognose zu (Kotchoubey , 2005(a)). Insofern könnten sich die Messungen kurzer und langer Latenzen bei der Prognose ergänzen. In einer Studie von Lew et al. (2003) war allerdings das Vorhandensein irgendeiner wahrnehmbarer Komponente der beste Prädiktor für das Erwachen. Eine Meta-Analyse (Daltrozzo et al., 2007), die den prädiktiven Wert der Komponenten N1, Mismatch-Negativity und P300 für die Erholung aus Koma, VS und MCS anhand publizierter Daten untersuchte (ohne zwischen den Krankheitsbildern zu trennen), legt tatsächlich nahe, dass Komponenten mit längerer Latenz, die in der Regel höhere kognitive Prozesse abbilden, bessere Prädiktoren sind, als frühe Komponenten. Problematisch ist jedoch, dass die EKP bei dieser Meta-Analyse von ganz unterschiedlichen Patienten stammten und nicht aus einem kohärenten Untersuchungsprotokoll, so dass bei manchen Patienten nur die N100, bei anderen die N100 und die MMN und bei wieder anderen nur die P300 abgeleitet wurden.

Häufigstes Problem der vorhandenen Studien sind ihre geringen Fallzahlen und die Heterogenität der Patienten. Erschwerend kommt hinzu, dass oft nur wenige EKP-Komponenten untersucht wurden, die Follow-Up Zeitspanne sehr kurz waren und die Outcome Maße sehr wenig differenziert wurden. Häufig wurden solche Studien mit deutlich weniger als 30 Personen durchgeführt. Zum Beispiel untersuchte eine Studie (Wijnen et al.,

2007) den Verlauf und prädiktiven Wert der MMN bei 10 jugendlichen Wachkomapatienten über einen Zeitraum von 3,5 Monaten. Das ermutigende Ergebnis der Studie ist, dass Patienten, die bei der ersten Messung bereits Anzeichen einer MMN aufwiesen gegen Ende der Studie erste Anzeichen von gerichtetem Verhalten (MCS) zeigten und die Amplitude der MMN bei Patienten mit einem günstigeren Verlauf über die Messungen zunahm. Allerdings ist die weitere klinische Entwicklung der Patienten ungeklärt. Alle waren bei Ende der Studie noch schwerst beeinträchtigt (MCS). Zudem wurden außer der Mismatch-Negativity keine weiteren EKP-Komponenten gemessen.

Es läst sich also zusammenfassen:

1) Dass ein in irgendeiner Weise durch außen beeinflussbares EEG eine günstigere Prognose voraussagt.

2) Dass bei VS und MCS Patienten bisher in erster Linie frühe und mittellatente Komponenten (N1 und MMN) untersucht wurden. Das Fehlen der N1 konnte mit einer ungünstigen Prognose assoziiert werden, während das Auftreten der MMN einen eher günstigen Verlauf voraussagt.

3) Dass auch späte Komponenten (P3 und N4) bei Patienten im VS und MCS ableitbar sind.

Zu ihrer prognostischen Bedeutung fehlen aber Studien mit einheitlichem Untersuchungsprotokoll und aussagekräftigen Fallzahlen.

1.3.2 Bildgebende Studien

Drei verschiedene Verfahren eignen sich besonders, um die Aktivität im Gehirn von Patienten darzustellen. Dazu gehören die Positronen-Emissions-Tomographie (PET), die funktionelle Magnet-Resonanz-Tomographie (fMRT) und die Elektro-Encephalographie (EEG).

Zahlreiche Studien mit diesen und anderen Verfahren sind entstanden, um die Aktivität im Gehirn von Patienten mit schwersten Bewusstseinstörungen im Vergleich zu normalen Probanden zu charakterisieren. Die Fragestellungen dieser Arbeiten beinhalten dabei ein relativ breites Spektrum – von der Frage nach Differentialdiagnosekriterien bis zur generellen Frage: wie entsteht Bewusstsein.

1.3.2.1 Generelle Hirnaktivität und Hirnmetabolismus

Diverse PET-Studien berichten von einem deutlich reduzierten allgemeinen Hirnmetabolismus im apallischen Syndrom und, in etwas geringerem Maße, auch im MCS

(Tommasino,1995; Laureys et al., 1999) Diese Studien zeigen eine durchschnittliche Reduktion des Hirnmetabolismus bei VS Patienten um ca. 50%. MCS Patienten liegen im Durchschnitt leicht darüber. Der Hirnmetabolismus ist dabei nicht im gesamten Kortex gleichmäßig abgesenkt. Entgegen der naheliegenden Vermutung, dass der Metabolismus am Ort der Schädigung besonders stark reduziert sei und in weiter von der Läsion entfernten Gebieten annähernd normal funktioniere, konnten Studien von Laureys und Schiff zeigen, dass auch der Metabolismus von weit entfernten Hirnregionen deutlich reduziert sein kann (Laureys et al., 2005; Schiff & Finns, 2003).

Andere Studien zeigen, dass bei den meisten Patienten der Metabolismus des Hirnstammes kaum beeinträchtigt ist, ebenso wie in den Basalganglien und im Kleinhirn der Umsatz im Mittel nur um ca. ein Drittel reduziert ist (Haupt et al., 2003). Laureys und auch Schiff fanden bei einigen Patienten sogar einzelne Kortexstrukturen, die weiterhin auf beinahe normalem Niveau arbeiteten (Laureys et al., 2000; Schiff et al., 2002). Die Aktivität dieser Gebiete scheint mit bestimmten rudimentären „Verhaltensweisen“ der Patienten in Zusammenhang zu stehen. Solche Verhaltensweisen können z.B. sein: Grimassieren, Schreien, Zähneknirschen und Schmatzen, oder auch das gelegentliche Äußern einzelner Worte, die aber mit äußeren Reizen in keinerlei Zusammenhang stehen.

Eine wichtige Rolle beim Wiedererlangen des Bewusstseins scheint, unter anderem, der Thalamus zu spielen. So konnte Laureys schon 1999 zeigen, dass die Kerne des Thalamus bei Patienten im VS einen besonders stark herabgesetzten Metabolismus aufweisen. Beginnen die Patienten aber sich zu erholen und zeigen erste Anzeichen von Bewusstsein, befinden sich demnach im MCS, so steigt in erster Linie der Metabolismus des Thalamus an. (Laureys et al., 1999). Unterstützt werden diese Ergebnisse durch eine Untersuchung von Hattori. Er untersuchte Schädel-Hirn-Trauma Patienten mit und ohne Bewusstseinsverlust. Auch er konnte zeigen, dass Patienten mit Bewusstseinsverlust, gegenüber den Patienten ohne Bewusstseinsverlust in erster Linie eine verminderte Aktivität im Thalamus aufwiesen (Hattori et al., 2003).

Ein wesentliches Problem damit, den Zustand eines Patienten über die Metabolismusrate des Gehirns definieren zu wollen, ist die hohe interpersonelle Varianz. So gibt es immer wieder Patienten im VS oder auch im MCS deren Metabolismusrate denen von gesunden Kontrollpersonen gleicht. Anders herum finden sich auch gesunde Kontrollpersonen deren Rate im Bereich des durchschnittlichen Wachkomapatienten liegt, ohne dass diese Personen irgendwelche Bewusstseinseinschränkungen oder Beeinträchtgungen ihrer generellen kognitiven Leistungsfähigkeit zeigen würden (Schiff et al 2002).

Ein etwas anderer Ansatz ist die Frage nach den Verknüpfungen der Hirnregionen. So konnten Laureys und Schiff in den bereits erwähnten Studien (Laureys et al., 2000; Schiff et al., 2002) auch zeigen, dass die vorhandenen Inseln intakter neuronaler Aktivität in keinem oder fast keinem funktionalen Zusammenhang mit anderen Hirngebieten stehen. Erholen sich die Patienten aber, so erholt sich auch die Konnektivität der einzelnen Hirngebiete innerhalb des Kortex sowie die Verbindungen zwischen Hirnstamm und Kortex (Laureys et al., 2002(b); Voss et al., 2005). Darüber hinaus zeigten sich in verschiedenen Studien die sekundären und Assoziationscortices in ihrem Metabolismus deutlich reduziert während primäre Areale häufig annähernd normal funktionierten. Kommt es zu einer Verbesserung des Zustandes der Patienten, so zeigt sich ebenfalls eine Erholung in der Inter-Konnektiviät dieser Gebiete und einer damit einhergehenden steigenden Metabolismusrate der ‚höheren’

kognitiven Verarbeitungsarealen (z.B. Laureys et al., 2002(a); Laureys et al., 2004(a); Boly et al, 2004; Laureys et al., 2004(b)). Hierzu passen auch die Befunde, die Kampf bereits 1998 veröffentlichte und die unter anderem z.B. von Jennett et al. 2001 repliziert werden konnten (Kampf et al., 1998; Jennett et al., 2001). Bei Patienten im MCS sind meist nur eher diffuse Axonverletzungen ersten Grades (DAI I°) zu finden. Dagegen weisen Patienten im Wachkoma meistens Axonverletzungen der Stufe 2 und 3 (DAI II° und III°) auf, was massiven Zerstörungen der Axonverbindungen entspricht.

Generell lassen sich offenbar zwei wesentliche Unterschiede zwischen den Aktivitäten der Gehirne der beiden Patientengruppen VS und MCS ausmachen:

1) Patienten im MCS weisen einen höheren Grad an erhaltenen axonalen Verbindungen zwischen verschiedenen Hirngebieten auf, was auf eine bessere funktionale Konnektivität innerhalb des Gehirns schließen lässt (z.B. Kampf et al., 1998; Jennett et al., 2001; Laureys et al., 2005; Voss et al., 2006).

2) Patienten im MCS haben generell im Mittel fast den gleichen Hirnmetabolismus wie Patienten im VS. Es gibt aber einige Hirnregionen innerhalb derer der Metabolismus bei MCS Patienten selektiv signifikant erhöht ist. Dazu zählen die heteromodalen Assoziationskortizes, der medioparietale Kortex, der posteriore Gyrus cinguli, der Precuneus und der Thalamus.

Diese Befunde sind konsistent mit dem Diagnosekriterium des beginnenden wiedereinsetzen von Bewusstseins bei den MCS Patienten, da die erwähnten Hirngebiete mit dem Entstehen von Bewusstsein in Verbindung gebracht werden (Zeman, 2001; Laureys, Owen, Schiff, 2004; Boly et al., 2005; Kobylarz, Schiff, 2005; Cavanna, 2007; Leisman et al., 2009; Silva et al., 2010).

1.3.2.2 Hirnaktivität bei Reizung, Aktivierungsstudien

In Aktivierungsstudien soll nicht nur die Aktivität des ruhenden Gehirns gemessen werden, sondern die Aktivität des von außen stimulierten Gehirns. Hierzu wird eine Vielzahl von unterschiedlichen Reizen eingesetzt, welche sich in Modalität und Komplexität unterscheiden können. So kann man generell zwischen den Sinneskanälen unterscheiden, also ob es sich um

In Aktivierungsstudien soll nicht nur die Aktivität des ruhenden Gehirns gemessen werden, sondern die Aktivität des von außen stimulierten Gehirns. Hierzu wird eine Vielzahl von unterschiedlichen Reizen eingesetzt, welche sich in Modalität und Komplexität unterscheiden können. So kann man generell zwischen den Sinneskanälen unterscheiden, also ob es sich um