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Förderschwerpunkt Lernen

Im Dokument Chancengerechter Sportunterricht (Seite 78-0)

15. Inklusion im österreichischen Bildungssystem

15.1 Sonderpädagogischer Förderbedarf

15.1.2 Förderschwerpunkt Lernen

Der erste Förderschwerpunkt, der nun genauer untersucht wird, ist der Förderschwerpunkt Lernen. Unter Lern- und Entwicklungsstörungen werden starke Beeinträchtigungen im Lernen, in der Sprache sowie in der emotionalen und sozialen Entwicklung verstanden, die sich oft gegenseitig bedingen oder auch wechselseitig verstärken können. Kommt es dazu, dass es sich bei den Lern- und Leistungsausfällen um ein schwerwiegendes und auch langanhaltendes Auftreten handelt, besteht ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt Lernen (Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2016).

Förderschwerpunkt Lernen im Schulsport

Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Lernen weisen eine gestörte Beziehung zwischen ihnen und ihrer Umwelt auf, weshalb sie Schwierigkeiten haben, Kompetenzen, die von ihnen erwartet werden, zu erwerben (Niedersächsisches Kultusministerium, 2016, S. 26).

Lernende, die davon betroffen sind, können im Gegensatz zu vielen weiteren Unterrichtsfächern, die vor allem kognitiv geprägt sind, im Schulsport positive Erlebnisse sammeln und Erfolge erzielen, da sie nicht unentwegt an ihre Leistungsgrenzen geraten. Durch Erfolgserlebnisse können sie sich leistungsstark in der Gruppe fühlen, wovon sie künftig profitieren. Angebote im Schulsport können dazu führen, dass die Lernenden mit diesem Förderschwerpunkt neben einem positiven Selbstbild auch einen positiven

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Zugang zu ihrem Körper und zur eigenen Leistungsfähigkeit entwickeln (Unfallkasse NRW, 2020, S. 46).

Um den Turnunterricht so zu gestalten, dass er den Bedürfnissen der Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Lernen entspricht, ist es ratsam, Handlungsabläufe zu gliedern und in kleine Abschnitte zu teilen, die aufeinander aufbauen. Vorhaben bildlich zu zeigen, wichtige und zentrale Elemente bei diversen Spielen oder Übungen hervorzuheben und Handlungsziele zu veranschaulichen, ist ebenfalls unterstützend für die Lernenden (ebd.).

Die Empfehlung, Bewegungsabläufe klar und verständlich mitzuteilen, kann dadurch umgesetzt werden, dass diese zuerst gesagt bzw. genannt werden, dann gezeigt, im Anschluss mit eigenen Worten erklärt werden, daraufhin ein Vorzeigen stattfindet, anschließend Fragen geklärt werden und zu guter Letzt konkrete Handlungsanweisungen erfolgen (Greisbach, 2017, S. 45).

Darüber hinaus wird empfohlen, alle Sinne anzusprechen, wenn neue Elemente erklärt werden, um eine Verständnissicherung zu erlangen (Heimlich, Hillenbrand & Wember, 2016, S.15). Eine klare Strukturierung der Aufgaben wird ebenfalls als etwas Positives für das Unterrichtsgeschehen aufgefasst, ebenso das eindeutige Absprechen von Verhaltensregeln (Unfallkasse NRW, 2020, S. 47).

Ein Einsatz von Strukturierungs- und Orientierungshilfen, wie beispielsweise die Kennzeichnung von Spielfeldern durch Matten oder farbigen Begrenzungen und auch ein Einsatz von akustischen Signalen zum Start und Ende einer Übung oder eines Spiels, sind Unterstützungsmöglichkeiten, die eine positive Wirkung für das Unterrichtsgeschehen mit sich bringen (ebd.).

Einen großen Wert messen Heimlich, Hillenbrand und Wember den festen Strukturen und klaren Regeln bei und fügen diesen weiters Rituale hinzu, da sie den Schüler*innen Sicherheit geben und eine vertraute Atmosphäre erzeugen (Heimlich, Hillenbrand & Wember, 2016, S.16). Rituale zur Orientierung im Stundenverlauf dienen dafür, um sich auf Abläufe einstellen zu können. Ändern

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sich diese Abläufe, zum Beispiel dann, wenn ein externer Sportplatz aufgesucht wird oder eine Turnstunde im Wald stattfindet, ist es wichtig, dass dies rechtzeitig bekanntgegeben wird, damit die Schüler*innen nicht überrascht und unsicher werden. Ein strukturiertes und berechenbares Umfeld und ein Unterrichtsgeschehen, in dem sich die Lernenden zurechtfinden, sind deshalb von großer Bedeutung (Niedersächsisches Kulturministerium, 2016, S. 16).

Es sollte darüber hinaus ein Organisationsrahmen gegeben sein, der transparent ist, um Vorhersehbarkeit für die Schüler*innen zu schaffen. Zudem wird, wie bereits im Kapitel 15.1.1 angeführt, eine einfache Sprach- und Wortwahl empfohlen (Unfallkasse NRW, 2020, S. 47).

Als Beispiel hierfür führt Greisbach an, dass Regeln, wie die Bade- oder Pistenregeln, die die Schüler*innen verinnerlichen sollen, in einfacher Sprache und in kurzen Sätzen formuliert werden sollen, sodass sie erfasst werden können (Greisbach, 2017, S. 44).

Um der Verständnissicherung noch einen Schritt näher zu kommen, können Mitschüler*innen durch Vorzeigen die genannten Regeln oder auch Übungssequenzen verdeutlichen. Hinsichtlich der Regeln sollten klare Konsequenzen bei Nichteinhaltung dieser aufgestellt werden, die in weiterer Folge auch konsequent eingefordert werden (Unfallkasse NRW, 2020, S. 47).

Die Übungsphasen betreffend eignen sich für Neues vor allem jene Aktivitäten, bei denen die Schüler*innen selbstständig ihren Lernprozess gestalten, da es ihnen oft schwerfällt, neue Übungen und Bewegungsaufgaben auf Anhieb zu schaffen und zu speichern (Heimlich, Hillenbrand & Wember, 2016, S.10). Um diese in weiterer Folge zu festigen, bieten sich jene Aktivitäten an, bei denen Schüler*innen kooperieren und sich gegenseitig unterstützen (Heimlich, Hillenbrand & Wember, 2016, S.16).

80 15.1.3 Förderschwerpunkt Sehen

Definition

Ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im Förderschwerpunkt Sehen besteht, wenn das schulische Lernen auf Grund von Blindheit oder Sehbehinderung stark beeinträchtigt ist (Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2016).

Blindheit liegt vor, wenn das Sehvermögen so schwerwiegend gemindert ist, dass die betroffenen Schüler*innen auch nach einer optischen Korrektur ihr Umfeld überwiegend nicht visuell wahrnehmen können (ebd.).

Von einer Sehbehinderung wird gesprochen, wenn auch nach einer optischen Korrektur Teile der Sehfunktion, wie beispielsweise des Fern- oder Nahvisus oder des Gesichtsfeldes sowie die Funktion, Kontraste zu erkennen oder Farbe, Blendung und Bewegung wahrzunehmen, maßgeblich eingeschränkt sind oder wenn eine schwerwiegende Störung der entscheidenden Verarbeitung der Seheindrücke vorliegt (ebd.).

Bei blinden oder stark sehbeeinträchtigten Menschen kommt es dazu, dass die Informationen aus ihrer Umwelt vollständig oder überwiegend über die anderen Sinne und Wahrnehmungsbereiche aufgenommen werden (BMBWF, 2019).

Günstige Lernbedingungen können dazu dienen, das Funktionsniveau der zur Verfügung stehenden Sinne erheblich zu steigern (ebd.).

Förderschwerpunkt Sehen im Schulsport

Wird der Sportunterricht für Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Sehen geplant, ist es ratsam, die betroffenen Lernenden in konkreten Situationen zu fragen, was sie sehen und was nicht, da der Wahrnehmungseindruck in unterschiedlichen Situationen verschieden sein kann (Unfallkasse NRW, 2020, S. 62).

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Hilfestellungen, die Schüler*innen mit diesem Förderschwerpunkt brauchen, beziehen sich vorwiegend auf Unterstützung hinsichtlich der Orientierungsfähigkeit (ebd.).

Fediuk betont, dass unter allen Umständen vermieden werden muss, dass Schüler*innen mit Behinderungen des Sehvermögens negative Erfahrungen in Räumen, die ihnen unbekannt sind, machen, da sich diese sehr negativ auf das zukünftige Bewegungsverhalten und Bewegungslernen auswirken können (Fediuk, 2008a, S. 34).Große leere Turnhallen können unter anderem Ängste hervorrufen, weshalb Gefühle wie diese mit den Schüler*innen abgeklärt werden müssen (Unfallkasse NRW, 2020, S. 62).

Ängste und Unsicherheiten können darüber hinaus dadurch entstehen, dass Kinder mit Behinderungen des Sehvermögens oft durch Überfürsorglichkeit davon abgehalten werden, verschiedene Bewegungserfahrungen zu sammeln.

Aus diesem Grund soll im Sportunterricht verstärkt dafür gesorgt werden, einen Weg zu einem selbstständigen Bewegungsverhalten zu finden (Fediuk, 2008a, S. 34).

Um betroffene Schüler*innen diesbezüglich zu begleiten und zu unterstützen, kann es beispielsweise hilfreich sein, wenn sich die Lernenden mit Förderschwerpunkt Sehen zu Beginn der Einheit fünf Minuten ohne die restliche Lerngruppe im leeren Turnraum bewegen dürfen. Bei Übungs- und Spielformen, bei denen viele Schüler*innen gleichzeitig in einem Raum laufen, ist es ratsam, Hilfen zur Orientierung anzubieten, wie zum Beispiel jene der Handreichung oder auch die Festlegung, dass alle immer in die gleiche Richtung laufen. Eine weitere Möglichkeit ist ein indirekter Kontakt, der zwischen zwei Schüler*innen durch die Verbindung mit einem Seil oder Ähnlichem hergestellt werden kann (Unfallkasse NRW, 2020, S. 63).

Für die visuelle Orientierung ist es erforderlich darauf zu achten, dass Blendungen durch Lichtquellen vermieden werden, die Turnhalle möglichst gleichmäßig ausgeleuchtet wird und kontrastreiche Markierungen wie farbige Klebebänder verwendet werden. Neben der adäquaten Beleuchtung wird

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allgemein eine blendungsarme Gesamtbeleuchtung empfohlen (Abel, Böttcher, Jäger 2013, S. 79).

Hindernisse wie Tore, Ringe, Seile oder Großgeräte, die nicht beseitigt werden können, können durch farbige Tücher oder Karten markiert werden. Zudem bieten sich farbige, weiche Bälle an und kontrastreiche Mannschaftstrikots, damit die Schüler*innen die Zugehörigkeit zu den Teams eindeutig erkennen können. Die Orientierung kann weiters durch akustische Signale unterstützt werden, welche zu Beginn des Schuljahres gemeinsam vereinbart werden. Des Weiteren kann den betroffenen Lernenden auch angeboten werden, dass sie Hilfestellungen durch Körperkontakt bekommen, die es selbstverständlich zuvor abzusprechen gilt (Unfallkasse NRW, 2020, S. 63).

Da es für Sehende sehr schwer ist, sich vorzustellen, wie es ist, nicht sehen zu können, kann es ratsam sein, dass sowohl Lehrer*innen als auch Schüler*innen das Experiment wagen und sich die Augen verbinden lassen. Dies kann eine Möglichkeit darstellen, um herauszufinden, vor welchen Herausforderungen sehbeeinträchtigte Kinder stehen. Durch die eigene Erfahrung kann ein besseres Verständnis für erforderliche Maßnahmen für einen gemeinsamen Umgang entwickelt werden (ebd.).

Sensibilisierungsübungen wie diese schlägt auch Lang vor, der ebenfalls nahelegt, sich einmal mit Augenbinde oder Simulationsbrille durch Räume führen zu lassen, um ein Einfühlen in die Situation der Betroffenen zu ermöglichen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen, warum es beispielsweise wichtig ist, Turnbeutel oder Ähnliches gut zu verstauen (Lang, 2020, S. 94).

15.1.4 Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation

Definition

Ist das schulische Lernen auf Grund von Gehörlosigkeit oder Schwerhörigkeit stark beeinträchtigt, steht Schüler*innen ein sonderpädagogischer Förderbedarf

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im Bereich Hören zu (Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2016).

Von Gehörlosigkeit wird gesprochen, wenn keine Möglichkeit besteht, lautsprachliche Informationen der Umwelt mit dem Gehör aufzunehmen (ebd.).

Die Zuordnung Schwerhörigkeit wird getroffen, wenn, trotz Unterstützung durch Apparate, lautsprachliche Informationen der Umwelt nur teilweise aufgenommen werden können. Zudem spricht man von Schwerhörigkeit, wenn schwerwiegende Beeinträchtigungen in der Sprachentwicklung und der Sprache, im Kommunikations- oder Lernverhalten auftreten. Weiters wird auch eine starke Störung der zentralen Verarbeitung der Höreindrücke zur Schwerhörigkeit gezählt (ebd.).

Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation im Sportunterricht

Der Sportunterricht bildet für Schüler*innen mit Hörschädigung vor allem für die Förderung der Koordination, Raumwahrnehmung und Stärkung der Gesamtmotorik ideale Lernchancen (Kosel, 1982, S. 463).

Wird im Sportunterricht mit Lerngruppen, die Beeinträchtigungen im Bereich Hören aufweisen, gearbeitet, dürfen Hörhilfen, die getragen werden, nicht unbeachtet bleiben, da diese weder beschädigt noch eine Gefahr darstellen dürfen. Es ist deshalb bei der Planung und Durchführung einer Schulsporteinheit zu berücksichtigen, bei welchen Bewegungsformen die Hörgeräte uneingeschränkt benutzt werden dürfen und bei welchen Aktivitäten sie beiseitegelegt werden müssen (ebd.).

Da Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Hören Probleme bei der Informationsaufnahme aufweisen können, bietet es sich zur Verständnissicherung an, Orientierungsmarkierungen wie beispielsweise Bilder oder kleine schriftliche Hinweisen anzubieten (Unfallkasse NRW, 2020, S. 60ff).

Weiters wird angemessenen Lichtverhältnissen eine wesentliche Bedeutung zugesprochen (ebd.). Schüler*innen sollen nicht geblendet werden und weiters

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die Möglichkeit haben, die Lehrperson direkt anzusehen, um den Lippenbewegungen zu folgen und dadurch Wörter identifizieren zu können (ebd.). Dies kann durch die Maßnahme, dass betroffene Schüler*innen mit dem Rücken zum Fenster beziehungsweise zur Lichtquelle sitzen, erreicht werden (Kaul & Leonhardt, 2016, S. 68).

Bewegungsabläufe zu demonstrieren, indem Bewegungen vorgezeigt werden, ist ebenfalls ratsam. Des Weiteren wird auf eine störungsfreie Geräuschkulisse plädiert (Unfallkasse NRW, 2020, S. 61). Schließen der Fenster, Abschalten von Geräten, die gerade nicht in Verwendung sind oder das Anbringen von Schalldämpfern, sind mögliche Vorgehensweisen, die störende Hintergrundgeräusche unterbinden (Kaul & Leonhardt, 2016, S. 68).

Neben dem Sprechen in einfacher Sprache, das in Kapitel 15.1.1 bereits erwähnt wurde, soll in Richtung der Lernenden gesprochen und zudem regelmäßig Sprechpausen eingeführt werden (Kaul & Leonhardt, 2016, S. 68).

Handzeichen oder andere Signale, die mit bestimmten Handlungen verknüpft werden, können ebenfalls dazu beitragen, dass das gemeinsame Sporterleben vereinfacht wird (Unfallkasse NRW, 2020, S. 61).

Mitschüler*innen können die Rolle als Helfer*innen einnehmen und betroffene Schüler*innen im Geschehen unterstützen, indem sie Hilfe anbieten und ihnen zur Seite stehen (ebd.). An dieser Stelle ist noch anzumerken, dass sich Hörende nur sehr schwer in die Lage einer hörbeeinträchtigten Person versetzen können und das Nachempfinden eine Herausforderung darstellt. Da es Hörenden nicht möglich ist, das Gehör abzuschalten, ist es sinnvoll, ausreichend über diese Thematik mit den Schüler*innen, die keine Beeinträchtigungen haben, zu sprechen und sie zu informieren, um ein reibungsloses Miteinander zu gewährleisten (BMBWF, 2019).

In Bezug auf das Helfen ist weiters wichtig zu betonen, dass Unterstützung zwar geboten sein soll, nicht aber jedoch in Form einer Überfürsorglichkeit, da diese dazu führen kann, dass Selbstvertrauen nur schwer aufgebaut werden kann und sich Ängste entwickeln können (Fediuk, 2008a, S. 36).

85 15.1.5 Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung

Definition

Vom Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung, durch die ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung ratsam ist, wird gesprochen, wenn das schulische Lernen im kognitiven Bereich und in der Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit anhaltend und schwerwiegend beeinträchtigt ist und wenn davon ausgegangen werden kann, dass der*die Schüler*in für eine selbstständige Lebensführung, voraussichtlich auch nach Ende der Schullaufbahn auf Hilfe angewiesen ist (Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2016).

Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung im Sportunterricht

Für Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung ist vor allem der handelnde Umgang mit der Umwelt eine wichtige Grundlage für jede Art von Lernen (Unfallkasse NRW, 2020, S. 54). Aufgrund der vorliegenden Beeinträchtigungen kommt es oft zu einem Missverhältnis, zwischen gezeigten Leistungen und Leistungserwartungen (Unfallkasse Berlin, 2016, S. 8).

Der Sportunterricht bietet für Probleme, wie diese, vielfältige Lernmöglichkeiten und Zugänge und trägt einen entscheidenden Beitrag zur ganzheitlichen Entwicklungsförderung bei. Vor allem gezielte Sinnestrainings und das Ansprechen von unterschiedlichen Lernkanälen, wodurch die Wahrnehmungsfähigkeit gefördert wird, haben positive Auswirkungen auf die Persönlichkeit (Unfallkasse Berlin, 2016, S. 9 und Unfallkasse NRW, 2020, S.

54).

Darüber hinaus wird durch den Sportunterricht das Sammeln von Erfahrungen im sozialen Miteinander ermöglicht, woraus Schüler*innen mit dieser Art von Förderschwerpunkt Positives ziehen (Unfallkasse NRW, 2020, S. 54).

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Soziale Lerngelegenheiten gibt es durch das Lösen von Bewegungsaufgaben im Team, der Förderung der Regeleinhaltung, der Übernahme von verschiedenen Rollen, wie die des*der Schiedsrichter*in oder durch Situationen, in denen Strategien abgesprochen werden. Ebenso entwickeln die Schüler*innen Kompetenzen, um für andere und für sich selbst Verantwortung zu übernehmen und sicherheitsbewusst zu handeln. Durch die Erlangung verschiedener Fähigkeiten im Sportunterricht, können diese in Alltagssituationen übernommen werden, wovon zweifelsohne profitiert wird (Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung Berlin &

Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg, 2013, S.

34).

Situationen, die im Umgang mit betroffenen Schüler*innen laut Unfallkasse NRW nicht unterschätzt werden dürfen, sind jene, in denen Selbstorganisation oder Selbstständigkeit gefragt sind (Unfallkasse NRW, 2020, S. 54). Dies wird von der Unfallkasse Berlin bestätigt, die ebenfalls anführt, dass Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung vor allem Defizite im Bereich Planungsfähigkeit und Handlungsvollzug, Selbsteinschätzung und Selbstkontrolle aufweisen (Unfallkasse Berlin, 2016, S. 8).

Eine Situation, die in diese Kategorien fällt, ist beispielsweise jene, in Umkleidekabinen, da die Schüler*innen hier oft auf sich allein gestellt sind.

Herausforderungen, die durch das selbstständige Handeln entstehen können, können jedoch aufgegriffen und Möglichkeiten zur Problemlösung erarbeitet werden (Unfallkasse NRW, 2020, S. 54).

Die Komplexität von Aufgabenstellungen entsprechend dem individuellen Anforderungsniveau herabzusetzen und das Aufgabenverständnis zu unterstützen, was durch eine Aufteilung in kleinschrittige, aufeinander aufbauende Teilaufgaben möglich ist, werden ebenfalls empfohlen (Unfallkasse NRW, 2020, S. 55).

Unbekannte Materialien oder neue Bewegungs- und Spielabläufe, die systematisch eingeführt werden, sollen im Anschluss in bekannten oder modifizierten Übungssituationen gefestigt werden (Sächsisches Staatsministerium

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für Kultus, 2017, S. 2). Zudem können Handlungen bildlich dargestellt und wichtige Elemente bei Bewegungsaufgaben hervorgehoben werden, um das Verständnis zu sichern. Mitschüler*innen, die Bewegungen oder Übungen vorzeigen, tragen ebenfalls zur besseren Erfassung von Aufgabenstellungen bei (Unfallkasse NRW, 2020, S. 55).

Die Struktur, die gewählt wird und Verhaltensregeln, die aufgestellt werden, müssen klar und transparent sein. Ablaufpläne kommen der Vorhersehbarkeit für diverse Aktivitäten zugute, was für Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung als erforderlich gilt (ebd.). Einen großen Stellenwert misst den geordneten Abläufen ebenso das Sächsische Bildungsinstitut zu (Sächsisches Bildungsinstitut, 2017, S. 2).

Strukturierungs- und Orientierungshilfen sind Instrumente, deren Einsatz angeraten werden, da sie eine präzisere Markierung von Spielfeldern sowie Standorten möglich machen. Kegel, Matten oder farbige Spielfeldbegrenzungen können beispielsweise einfache Linien am Boden verstärken (Unfallkasse NRW, 2020, S. 55).

Es lohnt sich laut Unfallkasse NRW zudem, Spiele oder Übungen mehrmals zu wiederholen, um für Sicherheit zu sorgen (Unfallkasse NRW, 2020, S. 56). Dies wird auch vom Niedersächsischen Kulturministerium bestätigt, das anführt, dass die Schüler*innen vielfältig anregende Unterrichtssituationen benötigen, in denen sie die Möglichkeit haben, gewünschte Bewegungsabläufe immer wieder zu üben und zu wiederholen (Niedersächsisches Kulturministerium, 2016, S.

27).

Die Kunst des Unterrichtens im inklusiven Setting mit Schüler*innen mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung und jenen ohne diesem Förderschwerpunkt besteht darin, einen gemeinsamen Lerngegenstand zu finden und diesen so aufzubereiten, dass alle Teilnehmenden auf ihrem jeweiligen Lernniveau mitarbeiten können, und zwar auf die Art und Weise, wie es ihr individueller Stand zulässt (Fischer, 2016, S. 53).

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15.1.6 Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung

Definition

Kommt es dazu, dass „das schulische Lernen von Dauer und maßgeblich auf Grund schwerwiegender Störungen bezüglich der Funktionen des Stütz- und Bewegungssystems, Schädigungen von Gehirn, Rückenmark, Muskulatur oder Knochengerüst ist“, besteht ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung (Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2016).

Dies ist ebenfalls dann der Fall, „wenn eine Fehlfunktion von Organen oder schwerwiegenden psychischen Belastungen infolge andersartigen Aussehens vorliegen“ (ebd.).

Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung im Schulsport Für Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung hat der Sportunterricht einen ganz besonderen Stellenwert, da sie durch vielfältige Bewegungsangebote individuelle motorische Möglichkeiten kennenlernen, nutzen und erweitern können (Unfallkasse NRW, 2020, S. 56).

Da die Lernenden aufgrund ihrer Bewegungseinschränkungen Aufgaben im Alltag womöglich nicht allein meistern können, sind sie auf Unterstützung angewiesen, die ihnen beispielsweise ihre Mitschüler*innen geben können.

Gemeint damit sind Situationen in Umkleidekabinen, Transfersituationen oder auch jene, die beim Gebrauch von verschiedenen Gegenständen entstehen können (Unfallkasse NRW, 2020, S. 57).

Konkret die sportliche Aktivität betreffend ist es wichtig abzuklären, welche Bewegungen möglich und vor allem förderlich sind. Auch mit den therapeutischen Hilfsmitteln wie Rollstühle, Orthesen etc. muss sich vertraut gemacht werden, um sie in die sportlichen Aktivitäten integrieren zu können (ebd.). Im Sportunterricht liegt die Herausforderung darin, die körperlichen und motorischen Beeinträchtigungen der Lernenden einerseits nicht zu

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vernachlässigen, aber andererseits auch nicht zu stark zu betonen (Bucher et al., 2015, S. 5).

Bei Spielen oder Übungen helfen Maßnahmen wie Hütchen, Matten usw., um beispielsweise Spielfelder zu markieren und auch akustische Signale, die verschiedenen Bedeutungen zugeordnet sind, können Unterstützung bieten (Unfallkasse NRW, 2020, S. 57).

Sitzen Kinder im Rollstuhl, kann zeitweilig auch jenen, die nicht im Rollstuhl sitzen, einer zur Verfügung gestellt werden. Dies bietet sich an, um für gemeinsame Übungen ähnliche Voraussetzungen zu schaffen und ihnen einen Einblick zu gewähren, welche Herausforderungen als Rollstuhlfahrer*in gemeistert werden müssen. Dies kann dafür sorgen, dass die Mitschüler*innen ihr Verständnis für die Situation des Kindes mit Körperbehinderung erweitern und infolgedessen das soziale Miteinander gestärkt wird (Unfallkasse NRW, 2020, S. 58).

Weiters wird der Fokus auf Eigenständigkeit, die gefördert und gefordert wird, gerichtet. Dies geschieht dadurch, dass vielfältige Angebote, in denen die Schüler*innen trotz ihrer Bewegungseinschränkungen möglichst eigenaktiv und selbstständig Erfahrungen sammeln können (ebd.).

Mit dieser Auffassung stimmt das Bayerische Staatsministerium überein, das ebenso die Eigenständigkeit als eines der wichtigsten Ziele des Sportunterrichts anführt. Schüler*innen sollen im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Fähigkeiten erlangen, ein Leben trotz körperlich und motorischer Einschränkung sinnerfüllt und möglichst selbstverantwortlich führen und gestalten zu können (Bayerische Staatskanzlei, 1998, S. 405).

Wie auch beim Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung eignet es sich bereits bekannte Spiel- und Übungsformen in unterschiedlichen Situationen zu wiederholen, um diese zu festigen (Unfallkasse NRW, 2020, S. 58).

Der Sportunterricht bietet auch die Gelegenheit, diverse Bewegungsmöglichkeiten mit Hilfsmitteln wie dem Rollstuhl oder Rollator zu

Der Sportunterricht bietet auch die Gelegenheit, diverse Bewegungsmöglichkeiten mit Hilfsmitteln wie dem Rollstuhl oder Rollator zu

Im Dokument Chancengerechter Sportunterricht (Seite 78-0)