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Ballspiel in der Gruppe: 10er-Ball

Im Dokument Chancengerechter Sportunterricht (Seite 105-111)

16. Praxisbezug

16.7 Ballspiel in der Gruppe: 10er-Ball

Nachdem sich in Einzel- und Partner*innenübung bereits mit dem Material Ball vertraut gemacht wurde und die Wurf- und Fangkompetenz geschult wurden, wird die Aufmerksamkeit nun auf ein Ballspiel in der Gruppe gelenkt. Im Folgenden wird das bekannte Ballspiel 10er-Ball vorgestellt, für das Adaptionen vorgenommen werden, um chancengerechte Bedingungen zu schaffen.

105 16.7.1 Durchführung

Das Spiel 10er-Ball, das sich unter anderem ideal als Vorbereitung für größere Sportarten wie Basketball oder Handball anbietet, benötigt die Aufteilung der Schüler*innen in Teams, die im Anschluss gegeneinander spielen.

Es geht darum, den Ball zehn Mal im eigenen Team hin und her zu werfen, ohne dass dieser den Boden berührt oder von einem*einer Spieler*in aus dem gegnerischen Team gefangen wird. Das Fortbewegen mit dem Ball in der Hand ist verboten.

Schafft es das Team, das den Ball gerade nicht hat, den Ball des Gegner*innenteams abzufangen, darf es sein Glück versuchen. Gelingt es einer Mannschaft, den Ball zehn Mal hin und her zu passen, erhält sie einen Punkt.

Das Team, das zuerst drei Punkte erreicht, gewinnt.

16.7.2 Adaptionen

Adaptionen, die bei diesem Spiel vorgenommen werden können, betreffen die Erklärung des Spiels, die in einfacher Sprache erfolgen soll (Unfallkasse NRW, 2020, S. 47; S. 55; 61). Es wird auf Sätze geachtet, die auf das Wesentliche reduziert sind oder es erfolgt auf längere Sätze eine aussagekräftige knapp formulierte Wiederholung des Gesagten.

Des Weiteren gilt es zu berücksichtigen, klar und deutlich zu sprechen und dafür zu sorgen, dass vor allem jene mit Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation mit direktem Blick zur Lehrperson und mit Rücken zum Fenster sitzen (Kaul & Leonhardt, 2016, S. 68). Eventuell ist ein Plakat erforderlich, auf dem die Spielregeln und der Spielverlauf zusätzlich vermerkt sind.

Darüber hinaus kann die Verständnissicherung der Regeln dadurch unterstützt werden, dass Mitschüler*innen diese vorzeigen (Unfallkasse NRW, 2020, S.

47).

Sollte ein Spielfeld eingeführt werden, das bei diesem Spiel nicht zwingend notwendig ist, wird es mit Hütchen in bunten Farben, die nicht übersehen

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werden können, abgesteckt und kann zudem durch Ablaufen oder Abfahren eines*einer Schüler*in noch deutlicher demonstriert werden (Abel, Böttcher, Jäger 2013, S. 79).

Auch wenn bereits oft mit der Gruppe gesprochen wurde, kann es sinnvoll sein, vor dem Spiel noch einmal zu besprechen, dass das gemeinsame Sporttreiben und insbesondere größere Ballspiele wie dieses, nur gelingen können, wenn alle die Möglichkeit haben, daran teilzunehmen (Giese & Weigelt, 2015, S. 127).

Im Zuge dessen lohnt es sich, die Regeln für 10er-Ball, die nun extra für heterogene Gruppen entwickelt werden, gemeinsam mit den Schüler*innen zu erarbeiten und sie in die Erstellung zu integrieren (ebd.).

Adaptionen im Bereich Raum können dadurch vorgenommen werden, dass das Spielfeld durch kontrastreiche Markierungen vergrößert oder auch verkleinert wird (Riegler & Cihak, 2018, S. 155).

Darüber hinaus kann das Spielfeld in vier verschiedene Zonen eingeteilt werden. In jeder Zone spielen Schüler*innen mit ähnlichen Voraussetzungen gegeneinander (ebd.). Der Ball darf von Zone zu Zone gespielt werden, in den Zonen dürfen sich jedoch nur die zugeteilten Spielenden befinden. Die Zonen können auch Unterschiede in Bezug auf ihre Größe aufweisen.

Im Bereich Aufgabe kann die Regel eingeführt werden, dass ein Abstand eingehalten werden muss, wenn ein*e Schüler*in mit Förderschwerpunkt den Ball wirft (BASPO, 2019, S. 15). Zudem ist es eine Möglichkeit, Kinder mit Förderschwerpunkt, die Bedarf haben, mit dem Ball drei Schritte gehen bzw.

den*die Rollstuhlfahrer*in einen Weg zurücklegen zu lassen, während dies den anderen Mitschüler*innen nicht erlaubt ist.

Weiters kann mit bunten Hütchen oder Kegeln ein Raum für Schüler*innen mit den Förderschwerpunkten Sehen und Körperlich und motorische Entwicklung eingerichtet werden, in dem sie nicht behindert werden dürfen sowie die Regel aufgestellt werden, dass einer der zehn Pässe an jemanden in einer bestimmten Zone gehen muss, die beispielsweise von einem*einer Schüler*in mit dem

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Förderschwerpunkt Sehen oder Körperlich und motorische Entwicklung besetzt ist (BASPO, 2019, S. 15).

Regeln wie diese kommen auch den Schüler*innen mit den anderen Förderschwerpunkten zugute, sind bei den beiden erstgenannten jedoch erforderlicher als bei den restlichen.

Bezüglich der Ausrüstung können unterschiedliche Bälle wie kleine Bälle, große Bälle oder auch jene mit verschiedenen Oberflächenbeschaffenheiten zum Einsatz kommen. Wichtig ist es, dass die Bälle farbintensiv sind und eventuell Geräusche machen, so wie in Kapitel 15.1.3 beschrieben, um jene mit Förderschwerpunkt Sehen zu unterstützen (Koenen, Bailey & Glibo, 2018, S.

61).

Um ähnliche Voraussetzungen hinsichtlich der Fortbewegungsmöglichkeiten, in dem Fall mit dem Rollstuhl, zu schaffen, können beispielsweise Rollbretter eingesetzt werden. Ein*e Schüler*in kniet auf dem Brett, während er*sie von einem*einer Mitschüler*in geschoben wird (Niedersächsisches Kulturministerium, 2016, S. 34). Ähnlich kann dies bei Rollstuhlfahrer*innen aussehen, die entweder selbst fahren oder auch von Mitschüler*innen geschoben werden.

Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Sehen können, falls erforderlich, mit einem anderen Kind an der Hand laufen, oder bekommen ein Helferchen, das sich in ihrer Nähe befindet, unter Umständen den Ball fängt und ihnen gegebenenfalls zuspielt.

Der letzte Bereich, der laut des Modells STEP variiert werden kann, ist der der Teilnehmer*innen. Bei diesem Spiel könnte dies so aussehen, dass das Vorhaben zwei gleich starke Teams aufzustellen so umgesetzt wird, dass die Teams jeweils aus sechs Schüler*innen bestehen, die in etwa als gleich stark gelten, jedoch auch Mannschaften gebildet werden können, die aus fünf und sieben Teilnehmer*innen oder vier und acht Spieler*innen bestehen. Wie bereits im Kapitel 13.4.1 angeführt, soll die Anzahl der Mitglieder in der einen

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Gruppe der allgemeinen Leistungsfähigkeit der anderen Gruppe angepasst werden (Koenen, Bailey & Glibo, 2018, S. 61).

Würde man eine den Bereich Aufgabe betreffende Veränderung hier hinzufügen, könnte eine zusätzliche Regel aufgestellt werden, welche besagt, dass die jeweiligen Teams unterschiedlich viele Pässe innerhalb der Mannschaft benötigen, um einen Punkt zu erzielen.

16.7.3 Ziele

Bei diesem Ballspiel werden die Kompetenzen des präzisen und kontrollierten Passens und des sicheren Fangens des Balls gefestigt. Darüber hinaus wird das Erwerben von sozialen Kompetenzen durch die kooperative Zusammenarbeit verfolgt. Zudem liegt der Fokus auf der gegenseitigen Rücksichtnahme und auf der Kommunikation, es wird der gute Blick für Spielverläufe trainiert und ebenso die Reaktionsfähigkeit verbessert (Unfallkasse Hessen, 2021, S. 14).

16.7.4 Aktivitäten und Lernsituationen

Bei dem vorgestellten Ballspiel kommt es zu zwei verschiedenen Arten von Aktivitäten. Von Modifizierten Aktivitäten mit angepassten Regeln wird gesprochen, wenn das Spiel im Allgemeinen betrachtet wird (Reich, 2016, S.

23). Alle Schüler*innen spielen gemeinsam 10er-Ball, jedoch werden Voraussetzungen geschaffen, indem Regeln und Materialen an die Individuen angepasst werden, sodass eine Teilnahme aller ermöglicht wird.

Regeln, die adaptiert werden, sind unter anderem die Abstands- und die 3-Schritte-Regel, jene, die besagt, dass eingeschränkte Schüler*innen Helferchen bekommen sowie die, die vorgibt, dass weniger Pässe innerhalb der Mannschaft erzielt werden müssen, um einen Punkt zu erhalten.

Angepasste Materialien sind die farbintensiven Hütchen und Trikots. Weiters fallen in diese Kategorie die kontrastreichen Bälle. Die Bälle, die innen mit

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Glöckchen versehen sind oder sich in der Größe unterscheiden, werden ebenso dazugezählt.

Von parallelen Aktivitäten wird in Bezug auf die vier Zonen, die eingeteilt werden, in die eine Zuteilung der Schüler*innen mit ähnlichen Voraussetzungen erfolgt, gesprochen (Reich, 2016, S. 23).

Situationen, in denen Schüler*innen andere als Helferchen unterstützen, Bälle abfangen und beispielsweise Schüler*innen mit Förderschwerpunkt zuwerfen, fallen in die Kategorie der unterstützenden Lernsituationen (ebd.).

Eine weitere unterstützende Lernsituation ist dadurch gegeben, dass Lernende für ihre Mitschüler*innen, beispielsweise jene mit den Förderschwerpunkten Lernen und Geistige Entwicklung, die Spielregeln von 10er-Ball noch einmal wiederholen, wenn diese sie nicht verstanden haben. Auch Situationen, in denen Schüler*innen den Ball für jene mit Förderschwerpunkt Sehen aufheben, da dieser beispielsweise quer durch den ganzen Turnsaal gerollt ist, werden zur Art der unterstützenden Lernsituation gezählt (ebd.).

Ebenso sind prosoziale Lernsituationen in der vorgestellten Unterrichtsplanung vertreten. Von jenen wird gesprochen, wenn Schüler*innen ihre Mitschschüler*innen auf den Rollbrettern oder im Rollstuhl durch den Raum schieben. Die Aufgaben der schiebenden Person treten in den Hintergrund, um sich zur Gänze auf die anderen Lernenden zu konzentrieren (Wocken, 1998, S.

46).

Komplementäre Lernsituationen ergeben sich dadurch, dass die Schüler*innen in ihren Mannschaften unterschiedlichen Zielen entgegenstreben. Jede Mannschaft konzentriert sich darauf, präzise zu passen und sorgfältig zu fangen, um das Spiel zu gewinnen, jedoch kann das Vorhaben nur dadurch erreicht werden, dass das andere Team sich bereit erklärt, gegen sie anzutreten (Wocken, 1998, S. 48).

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