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Gemeinsamkeiten und Unterschiede

Im Dokument Chancengerechter Sportunterricht (Seite 96-100)

16. Praxisbezug

16.4 Gemeinsamkeiten und Unterschiede

In Anlehnung an das Kapitel 9, in dem vom inszenierten Wechsel von Dramatisierung, also der Betonung von Unterschieden und der Entdramatisierung, das heißt der Lenkung darauf, dass Gemeinsamkeiten

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vorliegen, gesprochen wird, wird nun eine Übung vorgestellt, die den Kindern beides näherbringen kann (Ruin, Meier & Leineweber, 2016, S. 45).

16.4.1 Allgemeine Erklärung

Da Kinder teilweise nicht verstehen, wie es ist, eine Beeinträchtigung zu haben und darüber hinaus jene, die beeinträchtigt sind, sich ausgeschlossen fühlen können, lohnt es sich, sich diesen Herausforderungen zu stellen und bewusst damit zu arbeiten, sodass sich alle Betroffenen wohl und verstanden fühlen.Bei der Vorstellung der Übung, die den eben angesprochenen Überlegungen gerecht wird, werden Ideen der Unfallkasse Hessen aus dem Jahr 2021 herangezogen.

Die Zugehörigkeit zu verschiedenen Gruppen ist vielseitig und kann sich immer wieder verändern. Einmal befindet man sich in der Mehrheit, einmal in der Minderheit, man lernt Gemeinsamkeiten sowie Differenzen der Mitschüler*innen kennen (Unfallkasse Hessen, 2021, S. 9).

Situationen wie diese, die im Alltag immer wieder eintreten, werden nun im Sportunterricht erarbeitet. Von den Erkenntnissen, die aus dieser Aktivität abgeleitet werden, soll in weiterer Folge profitiert und sich ein angemessener Umgang damit angeeignet werden. Darüber hinaus soll das Gruppengefühl der gesamten Lerngruppe wachsen.

16.4.2 Durchführung

Im Turnsaal werden in einem Abstand zwei Plakate angebracht. Auf einem Plakat wird mit großen Buchstaben „ICH“ geschrieben, auf dem anderen Plakat steht die Aufschrift „ICH NICHT“ (Unfallkasse Hessen, 2021, S. 9). Die Schrift sollte einen Kontrast zum Papier aufweisen und das Plakat an einer Stelle angebracht sein, bei der gewährleistet ist, dass auch jene, die eine Beeinträchtigung im Bereich Sehen aufweisen, den Text lesen können.

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Die Lehrperson stellt nach und nach Fragen. Nach jeder Frage findet ein Positionieren der Schüler*innen statt, indem sie sich zu einem Plakat stellen.

Während dem Positionieren sollte nicht gesprochen werden. Ist die Zuordnung von allen Lernenden erfolgt, können die Schüler*innen wahrnehmen, mit welchen Mitschüler*innen sie eine Gruppe bilden. Sie können herausfinden, ob sie zur Mehrheit oder Minderheit gehören und fühlen, wie es ihnen in der jeweiligen Position ergeht. Da es darum geht, etwas wahrzunehmen und in sich hineinzufühlen, sollte darauf geachtet werden, dass Kommentare unterbunden werden (Unfallkasse Hessen, 2021, S. 9).

Wichtig ist es, dass jede*r selbst entscheiden darf, ob er*sie auf die jeweilige Frage antworten möchte oder nicht. Wenn jemand nicht antworten möchte, kann ein Positionieren in Raummitte zwischen den beiden Plakaten stattfinden (Unfallkasse Hessen, 2021, S. 9).

Die Fragen, die vom Lehrkörper gestellt werden, sollen möglichst knapp und eindeutig formuliert sein. Zudem sollte beim Vorlesen darauf geachtet werden, dass klar gesprochen wird. Jene Schüler*innen, die eine Beeinträchtigung im Bereich Hören und Kommunikation aufweisen, sollen die Möglichkeit haben, die Lehrperson direkt ansehen zu können und nicht durch Lichtquellen geblendet werden (Unfallkasse NRW, 2020, S. 61). Die Fragen können für diese Schüler*innen zusätzlich aufgeschrieben werden.

Damit alle Schüler*innen die Möglichkeit haben, die Fragen problemlos zu verstehen, ist es ratsam, den Schüler*innen vorab zu erklären, dass dies eine Übung ist, für die Ruhe benötigt wird. Die störungsfreie Geräuschkulisse, auf die also geachtet werden soll, gilt es von Anfang an den Lernenden nahezulegen und nicht erst in der Situation, in der es womöglich zu laut wird.

Fragen, die gestellt werden können, sind beispielsweise Fragen zum Geschlecht. Während die Unfallkasse Hessen diesbezüglich lediglich die beiden Unterscheidungen Mädchen oder Junge vornimmt, können diesen Kategorien ebenso die Zuordnungen divers, inter, offen und kein Eintrag hinzugefügt werden. Weiters kann gefragt werden, wer mit der linken oder

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rechten Hand schreibt, wer mit dem Auto in die Schule gebracht wurde, wer bei Mutter und Vater aufgewachsen ist, wer mehr als eine Sprache sprechen kann, wer Geschwister hat oder wer regelmäßig Sport macht (Unfallkasse Hessen, 2021, S. 9).

Darüber hinaus gibt es Fragen, die sich vor allem in Bezug auf Inklusion eignen.

Diese können unter anderem jene sein, bei denen gefragt wird, wer schon einmal Hilfe annehmen musste, wer schon einmal hilflos war, wer sich schon einmal motorisch eingeschränkt fühlte sowie die Frage, wer schon einmal ausgegrenzt wurde (ebd.).

16.4.3 Ziele

Die Ziele, die durch diese Einstiegsübung erreicht werden sollen, sind das Wahrnehmen des eigenen Minderheits- bzw. Mehrheitsstatus, das Herausfinden der Gemeinsamkeit und der Differenz zwischen verschiedenen Menschen sowie die Erkenntnis, dass jede*r gleichzeitig Teil unterschiedlicher Gruppen sein kann (Unfallkasse Hessen, 2021, S. 9). Des Weiteren wird die Übung der Forderung, dass soziales Lernen im inklusiven Sportunterricht gefördert werden soll, gerecht, da Verschiedenheit selbst zum Thema gemacht wird (Dinold & Freundorfer, 2007, S. 178).

16.4.4 Reflexion

Eine gemeinsame Reflexion, die für jede Sportstunde vorgeschlagen wird, kann unmittelbar nach einer Aktivität oder auch am Ende der Einheit stattfinden. Die Reflexion in Bezug auf diese Übung wird unmittelbar danach empfohlen.

Sie kann in der Gruppe erfolgen, es können jedoch auch kleinere Reflexionsgruppen gebildet werden. Gefragt werden kann, bei welchen Fragen sich jemand wohl oder unwohl fühlte, welche Frage beispielsweise die stärksten Reaktionen hervorrief oder auch welche Gefühle entstanden, wenn man sich einer Minderheit zugehörig fühlte (Unfallkasse Hessen, 2021, S. 9).

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Weiters kann mit den Schüler*innen erarbeitet werden, wozu sich die Übung eignet, was daraus gelernt werden kann und was ihnen gut oder weniger gut gefallen hat.

Nach diesem gemeinsamen Einstieg durch die Thematisierung von Gleichheit und Differenz wird das Augenmerk auf den eigentlichen Schwerpunkt dieser Bewegungseinheit gerichtet: Der Umgang mit dem Ball.

Wie im Kapitel 13.4.1 beschrieben, ist es wichtig, darauf zu achten, dass es reichlich Möglichkeiten für die Schüler*innen gibt, Fertigkeiten oder Komponenten einzeln oder mit einem*r Partner*in zu üben, bevor sie diese in größeren Gruppen oder bei Mannschaftsspielen, anwenden (Koenen, Bailey &

Glibo, 2018, S. 61).

Aus diesem Grund bildet den Anfang der Ballübungen eine Einzelübung, worauf anschließend eine Partner*innenübung folgt und erst im dritten Teil ein Teamspiel stattfindet.

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