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Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation

Im Dokument Chancengerechter Sportunterricht (Seite 83-0)

15. Inklusion im österreichischen Bildungssystem

15.1 Sonderpädagogischer Förderbedarf

15.1.4 Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation

Definition

Ist das schulische Lernen auf Grund von Gehörlosigkeit oder Schwerhörigkeit stark beeinträchtigt, steht Schüler*innen ein sonderpädagogischer Förderbedarf

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im Bereich Hören zu (Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2016).

Von Gehörlosigkeit wird gesprochen, wenn keine Möglichkeit besteht, lautsprachliche Informationen der Umwelt mit dem Gehör aufzunehmen (ebd.).

Die Zuordnung Schwerhörigkeit wird getroffen, wenn, trotz Unterstützung durch Apparate, lautsprachliche Informationen der Umwelt nur teilweise aufgenommen werden können. Zudem spricht man von Schwerhörigkeit, wenn schwerwiegende Beeinträchtigungen in der Sprachentwicklung und der Sprache, im Kommunikations- oder Lernverhalten auftreten. Weiters wird auch eine starke Störung der zentralen Verarbeitung der Höreindrücke zur Schwerhörigkeit gezählt (ebd.).

Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation im Sportunterricht

Der Sportunterricht bildet für Schüler*innen mit Hörschädigung vor allem für die Förderung der Koordination, Raumwahrnehmung und Stärkung der Gesamtmotorik ideale Lernchancen (Kosel, 1982, S. 463).

Wird im Sportunterricht mit Lerngruppen, die Beeinträchtigungen im Bereich Hören aufweisen, gearbeitet, dürfen Hörhilfen, die getragen werden, nicht unbeachtet bleiben, da diese weder beschädigt noch eine Gefahr darstellen dürfen. Es ist deshalb bei der Planung und Durchführung einer Schulsporteinheit zu berücksichtigen, bei welchen Bewegungsformen die Hörgeräte uneingeschränkt benutzt werden dürfen und bei welchen Aktivitäten sie beiseitegelegt werden müssen (ebd.).

Da Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Hören Probleme bei der Informationsaufnahme aufweisen können, bietet es sich zur Verständnissicherung an, Orientierungsmarkierungen wie beispielsweise Bilder oder kleine schriftliche Hinweisen anzubieten (Unfallkasse NRW, 2020, S. 60ff).

Weiters wird angemessenen Lichtverhältnissen eine wesentliche Bedeutung zugesprochen (ebd.). Schüler*innen sollen nicht geblendet werden und weiters

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die Möglichkeit haben, die Lehrperson direkt anzusehen, um den Lippenbewegungen zu folgen und dadurch Wörter identifizieren zu können (ebd.). Dies kann durch die Maßnahme, dass betroffene Schüler*innen mit dem Rücken zum Fenster beziehungsweise zur Lichtquelle sitzen, erreicht werden (Kaul & Leonhardt, 2016, S. 68).

Bewegungsabläufe zu demonstrieren, indem Bewegungen vorgezeigt werden, ist ebenfalls ratsam. Des Weiteren wird auf eine störungsfreie Geräuschkulisse plädiert (Unfallkasse NRW, 2020, S. 61). Schließen der Fenster, Abschalten von Geräten, die gerade nicht in Verwendung sind oder das Anbringen von Schalldämpfern, sind mögliche Vorgehensweisen, die störende Hintergrundgeräusche unterbinden (Kaul & Leonhardt, 2016, S. 68).

Neben dem Sprechen in einfacher Sprache, das in Kapitel 15.1.1 bereits erwähnt wurde, soll in Richtung der Lernenden gesprochen und zudem regelmäßig Sprechpausen eingeführt werden (Kaul & Leonhardt, 2016, S. 68).

Handzeichen oder andere Signale, die mit bestimmten Handlungen verknüpft werden, können ebenfalls dazu beitragen, dass das gemeinsame Sporterleben vereinfacht wird (Unfallkasse NRW, 2020, S. 61).

Mitschüler*innen können die Rolle als Helfer*innen einnehmen und betroffene Schüler*innen im Geschehen unterstützen, indem sie Hilfe anbieten und ihnen zur Seite stehen (ebd.). An dieser Stelle ist noch anzumerken, dass sich Hörende nur sehr schwer in die Lage einer hörbeeinträchtigten Person versetzen können und das Nachempfinden eine Herausforderung darstellt. Da es Hörenden nicht möglich ist, das Gehör abzuschalten, ist es sinnvoll, ausreichend über diese Thematik mit den Schüler*innen, die keine Beeinträchtigungen haben, zu sprechen und sie zu informieren, um ein reibungsloses Miteinander zu gewährleisten (BMBWF, 2019).

In Bezug auf das Helfen ist weiters wichtig zu betonen, dass Unterstützung zwar geboten sein soll, nicht aber jedoch in Form einer Überfürsorglichkeit, da diese dazu führen kann, dass Selbstvertrauen nur schwer aufgebaut werden kann und sich Ängste entwickeln können (Fediuk, 2008a, S. 36).

85 15.1.5 Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung

Definition

Vom Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung, durch die ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung ratsam ist, wird gesprochen, wenn das schulische Lernen im kognitiven Bereich und in der Entwicklung der Gesamtpersönlichkeit anhaltend und schwerwiegend beeinträchtigt ist und wenn davon ausgegangen werden kann, dass der*die Schüler*in für eine selbstständige Lebensführung, voraussichtlich auch nach Ende der Schullaufbahn auf Hilfe angewiesen ist (Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2016).

Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung im Sportunterricht

Für Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung ist vor allem der handelnde Umgang mit der Umwelt eine wichtige Grundlage für jede Art von Lernen (Unfallkasse NRW, 2020, S. 54). Aufgrund der vorliegenden Beeinträchtigungen kommt es oft zu einem Missverhältnis, zwischen gezeigten Leistungen und Leistungserwartungen (Unfallkasse Berlin, 2016, S. 8).

Der Sportunterricht bietet für Probleme, wie diese, vielfältige Lernmöglichkeiten und Zugänge und trägt einen entscheidenden Beitrag zur ganzheitlichen Entwicklungsförderung bei. Vor allem gezielte Sinnestrainings und das Ansprechen von unterschiedlichen Lernkanälen, wodurch die Wahrnehmungsfähigkeit gefördert wird, haben positive Auswirkungen auf die Persönlichkeit (Unfallkasse Berlin, 2016, S. 9 und Unfallkasse NRW, 2020, S.

54).

Darüber hinaus wird durch den Sportunterricht das Sammeln von Erfahrungen im sozialen Miteinander ermöglicht, woraus Schüler*innen mit dieser Art von Förderschwerpunkt Positives ziehen (Unfallkasse NRW, 2020, S. 54).

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Soziale Lerngelegenheiten gibt es durch das Lösen von Bewegungsaufgaben im Team, der Förderung der Regeleinhaltung, der Übernahme von verschiedenen Rollen, wie die des*der Schiedsrichter*in oder durch Situationen, in denen Strategien abgesprochen werden. Ebenso entwickeln die Schüler*innen Kompetenzen, um für andere und für sich selbst Verantwortung zu übernehmen und sicherheitsbewusst zu handeln. Durch die Erlangung verschiedener Fähigkeiten im Sportunterricht, können diese in Alltagssituationen übernommen werden, wovon zweifelsohne profitiert wird (Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung Berlin &

Ministerium für Bildung, Jugend und Sport des Landes Brandenburg, 2013, S.

34).

Situationen, die im Umgang mit betroffenen Schüler*innen laut Unfallkasse NRW nicht unterschätzt werden dürfen, sind jene, in denen Selbstorganisation oder Selbstständigkeit gefragt sind (Unfallkasse NRW, 2020, S. 54). Dies wird von der Unfallkasse Berlin bestätigt, die ebenfalls anführt, dass Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung vor allem Defizite im Bereich Planungsfähigkeit und Handlungsvollzug, Selbsteinschätzung und Selbstkontrolle aufweisen (Unfallkasse Berlin, 2016, S. 8).

Eine Situation, die in diese Kategorien fällt, ist beispielsweise jene, in Umkleidekabinen, da die Schüler*innen hier oft auf sich allein gestellt sind.

Herausforderungen, die durch das selbstständige Handeln entstehen können, können jedoch aufgegriffen und Möglichkeiten zur Problemlösung erarbeitet werden (Unfallkasse NRW, 2020, S. 54).

Die Komplexität von Aufgabenstellungen entsprechend dem individuellen Anforderungsniveau herabzusetzen und das Aufgabenverständnis zu unterstützen, was durch eine Aufteilung in kleinschrittige, aufeinander aufbauende Teilaufgaben möglich ist, werden ebenfalls empfohlen (Unfallkasse NRW, 2020, S. 55).

Unbekannte Materialien oder neue Bewegungs- und Spielabläufe, die systematisch eingeführt werden, sollen im Anschluss in bekannten oder modifizierten Übungssituationen gefestigt werden (Sächsisches Staatsministerium

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für Kultus, 2017, S. 2). Zudem können Handlungen bildlich dargestellt und wichtige Elemente bei Bewegungsaufgaben hervorgehoben werden, um das Verständnis zu sichern. Mitschüler*innen, die Bewegungen oder Übungen vorzeigen, tragen ebenfalls zur besseren Erfassung von Aufgabenstellungen bei (Unfallkasse NRW, 2020, S. 55).

Die Struktur, die gewählt wird und Verhaltensregeln, die aufgestellt werden, müssen klar und transparent sein. Ablaufpläne kommen der Vorhersehbarkeit für diverse Aktivitäten zugute, was für Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung als erforderlich gilt (ebd.). Einen großen Stellenwert misst den geordneten Abläufen ebenso das Sächsische Bildungsinstitut zu (Sächsisches Bildungsinstitut, 2017, S. 2).

Strukturierungs- und Orientierungshilfen sind Instrumente, deren Einsatz angeraten werden, da sie eine präzisere Markierung von Spielfeldern sowie Standorten möglich machen. Kegel, Matten oder farbige Spielfeldbegrenzungen können beispielsweise einfache Linien am Boden verstärken (Unfallkasse NRW, 2020, S. 55).

Es lohnt sich laut Unfallkasse NRW zudem, Spiele oder Übungen mehrmals zu wiederholen, um für Sicherheit zu sorgen (Unfallkasse NRW, 2020, S. 56). Dies wird auch vom Niedersächsischen Kulturministerium bestätigt, das anführt, dass die Schüler*innen vielfältig anregende Unterrichtssituationen benötigen, in denen sie die Möglichkeit haben, gewünschte Bewegungsabläufe immer wieder zu üben und zu wiederholen (Niedersächsisches Kulturministerium, 2016, S.

27).

Die Kunst des Unterrichtens im inklusiven Setting mit Schüler*innen mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung und jenen ohne diesem Förderschwerpunkt besteht darin, einen gemeinsamen Lerngegenstand zu finden und diesen so aufzubereiten, dass alle Teilnehmenden auf ihrem jeweiligen Lernniveau mitarbeiten können, und zwar auf die Art und Weise, wie es ihr individueller Stand zulässt (Fischer, 2016, S. 53).

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15.1.6 Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung

Definition

Kommt es dazu, dass „das schulische Lernen von Dauer und maßgeblich auf Grund schwerwiegender Störungen bezüglich der Funktionen des Stütz- und Bewegungssystems, Schädigungen von Gehirn, Rückenmark, Muskulatur oder Knochengerüst ist“, besteht ein sonderpädagogischer Förderbedarf im Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung (Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2016).

Dies ist ebenfalls dann der Fall, „wenn eine Fehlfunktion von Organen oder schwerwiegenden psychischen Belastungen infolge andersartigen Aussehens vorliegen“ (ebd.).

Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung im Schulsport Für Schüler*innen mit dem Förderschwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung hat der Sportunterricht einen ganz besonderen Stellenwert, da sie durch vielfältige Bewegungsangebote individuelle motorische Möglichkeiten kennenlernen, nutzen und erweitern können (Unfallkasse NRW, 2020, S. 56).

Da die Lernenden aufgrund ihrer Bewegungseinschränkungen Aufgaben im Alltag womöglich nicht allein meistern können, sind sie auf Unterstützung angewiesen, die ihnen beispielsweise ihre Mitschüler*innen geben können.

Gemeint damit sind Situationen in Umkleidekabinen, Transfersituationen oder auch jene, die beim Gebrauch von verschiedenen Gegenständen entstehen können (Unfallkasse NRW, 2020, S. 57).

Konkret die sportliche Aktivität betreffend ist es wichtig abzuklären, welche Bewegungen möglich und vor allem förderlich sind. Auch mit den therapeutischen Hilfsmitteln wie Rollstühle, Orthesen etc. muss sich vertraut gemacht werden, um sie in die sportlichen Aktivitäten integrieren zu können (ebd.). Im Sportunterricht liegt die Herausforderung darin, die körperlichen und motorischen Beeinträchtigungen der Lernenden einerseits nicht zu

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vernachlässigen, aber andererseits auch nicht zu stark zu betonen (Bucher et al., 2015, S. 5).

Bei Spielen oder Übungen helfen Maßnahmen wie Hütchen, Matten usw., um beispielsweise Spielfelder zu markieren und auch akustische Signale, die verschiedenen Bedeutungen zugeordnet sind, können Unterstützung bieten (Unfallkasse NRW, 2020, S. 57).

Sitzen Kinder im Rollstuhl, kann zeitweilig auch jenen, die nicht im Rollstuhl sitzen, einer zur Verfügung gestellt werden. Dies bietet sich an, um für gemeinsame Übungen ähnliche Voraussetzungen zu schaffen und ihnen einen Einblick zu gewähren, welche Herausforderungen als Rollstuhlfahrer*in gemeistert werden müssen. Dies kann dafür sorgen, dass die Mitschüler*innen ihr Verständnis für die Situation des Kindes mit Körperbehinderung erweitern und infolgedessen das soziale Miteinander gestärkt wird (Unfallkasse NRW, 2020, S. 58).

Weiters wird der Fokus auf Eigenständigkeit, die gefördert und gefordert wird, gerichtet. Dies geschieht dadurch, dass vielfältige Angebote, in denen die Schüler*innen trotz ihrer Bewegungseinschränkungen möglichst eigenaktiv und selbstständig Erfahrungen sammeln können (ebd.).

Mit dieser Auffassung stimmt das Bayerische Staatsministerium überein, das ebenso die Eigenständigkeit als eines der wichtigsten Ziele des Sportunterrichts anführt. Schüler*innen sollen im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Fähigkeiten erlangen, ein Leben trotz körperlich und motorischer Einschränkung sinnerfüllt und möglichst selbstverantwortlich führen und gestalten zu können (Bayerische Staatskanzlei, 1998, S. 405).

Wie auch beim Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung eignet es sich bereits bekannte Spiel- und Übungsformen in unterschiedlichen Situationen zu wiederholen, um diese zu festigen (Unfallkasse NRW, 2020, S. 58).

Der Sportunterricht bietet auch die Gelegenheit, diverse Bewegungsmöglichkeiten mit Hilfsmitteln wie dem Rollstuhl oder Rollator zu fördern. Verschiedene Fahrtechniken wie das gezielte Fahren von Kurven, das

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Fahren auf unterschiedlichen Untergründen oder ein variierendes Tempo, können erprobt werden, wovon in weiterer Folge auch im Alltag profitiert wird (ebd.).

16. Praxisbezug

Bei dem Praxisbezug, der nun erfolgt, wird der Schwerpunkt auf die Ballschulung gelegt. Der Umgang mit dem Ball ist bei vielen Spielen oder Übungen, die im Sportunterricht stattfinden, erforderlich. Die Kompetenzen, die Schüler*innen dabei erwerben, können sie künftig auch bei spezifischen Sportarten wie beispielsweise Basketball oder Handball anwenden.

Merkball, Völkerball, Zonenball, Bienenkönigin, Brennball & Co sind bekannte und beliebte Ballspiele, an denen vermutlich kein Kind in der Schullaufbahn vorbeikommt. Die Beteiligung macht umso mehr Spaß, je geübter man im Ballumgang ist. Nun gilt es, diverse Ballübungen und -spiele so aufzubereiten, dass diese auch in inklusiven Settings erfolgreich ausgeübt werden können.

Ähnliche Bedingungen für alle teilnehmenden Schüler*innen werden anhand des Modells STEP geschaffen. Dabei wird konkret auf die verschiedenen Förderschwerpunkte, die im Kapitel 15.1 erarbeitet werden, eingegangen. Es werden wichtige Voraussetzungen, die für einen erfolgreichen Unterricht ohne Benachteiligung geschaffen werden müssen, dargelegt und zudem wird auf die unterschiedlichen Lernsituationen und Aktivitäten, die durch die geplanten Übungen und Spiele entstehen, verwiesen.

Das Ziel, das in diesem praktischen Unterrichtssetting gesetzt wird, ist einen Weg zu finden, durch den Benachteiligungen ausglichen werden, ohne dabei jedoch die Attraktivität des Spielcharakters in den Hintergrund zu rücken (Weichert, 2003, S. 27). Aufgrund dessen wird bewusst Rücksicht auf die Schüler*innen mit Förderschwerpunkt genommen, aber es wird dennoch erreicht, dass Schüler*innen ohne Förderschwerpunkt Spaß am Unterricht

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haben sowie Förderung und Forderung erfahren. Des Weiteren sollen Erfahrungen und Erkenntnisse, die durch diese Bewegungseinheit gesammelt und erfahren werden, in den Alltag und Situationen außerhalb der Institution Schule übernommen werden können (Haverkamp, 2015, S. 22).

Im Folgenden wird nun ein Praxisbeispiel angeführt, das für eine Doppelstunde herangezogen werden kann. Auf genaue Zeitzuteilungen wird jedoch verzichtet, da die Vorstellung lediglich als Anreiz und Ideensammlung verstanden werden soll. Auf dieser Grundlage können weitere Adaptionen für den Sportunterricht vorgenommen werden, um erfolgreich inklusiv zu unterrichten.

Der Stundenvorschlag startet mit einem gemeinsamen Begrüßen in einem Sitzkreis, worauf eine Übung erfolgt, die die Besonderheit der Lerngruppe hervorhebt.

Auf den Einstieg in das Thema Heterogenität, bei dem nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden gesucht wird, folgen zwei Übungen, bei denen vor allem der Schwerpunkt auf das Kennenlernen des Materials Ball gelegt wird.

Den Hauptteil der Stunde bildet ein bekanntes Ballspiel, bei dem die Techniken Passen und Fangen und auch die Reaktions- und Orientierungsfähigkeit gefragt sind.

Bei allen Aktivitäten werden die Durchführung angeführt und die Ziele, die verfolgt werden, offenbart. Das Hauptaugenmerk liegt auf den Adaptionen, die vorgenommen werden.

Da für Schüler*innen Feedback eine wichtige Rolle im Lernprozess darstellt, wird darauf Bezug genommen (Weingarten, 2019, S. 212). Rückmeldungen können während den vorgestellten Übungen und Spielen gegeben, aber auch am Ende der Sportstunde erteilt werden.

Den Abschluss des dargelegten Unterrichtssettings bildet die Reflexion, die in einer Gesprächsrunde im Abschlusskreis am Ende der Sporteinheit stattfindet.

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16.1 Rahmenbedingungen

• Schulstufe: 5te/6te Schulstufe

• Teilnehmer*innen: 12 Schüler*innen (wovon es sich bei 7 Lernenden um Schüler*innen ohne Förderschwerpunkt handelt und jeweils ein*e

Schüler*in mit dem Förderschwerpunkt Lernen, Sehen, Hören und Kommunikation, Geistige Entwicklung und Körperlich und motorische Entwicklung vertreten ist)

• Zeit: 90 Minuten

• Schwerpunkt: Ballschulung

• Material: 12 farbintensive Softbälle (wovon ein Ball innen mit Glöckchen versehen ist), 6 Turnbänke, 12-16 kontrastreiche Hütchen, 12

farbenprächtige Trikots, wovon jeweils 6 die gleiche Farbe haben, Plakate, Stifte, Klebeband

16.2 Organisation im Vorfeld

Wird die folgende Unterrichtsvorstellung mit heterogenen Lerngruppen durchgeführt, müssen im Vorfeld die Zustände der betroffenen Schüler*innen mit ihren Eltern oder Ärzt*innen sowie Therapeut*innen abgesprochen werden und ebenso muss eine Absicherung dahingehend erfolgen, dass es sich bei der Sportstätte um einen barrierefreien Zugang für alle Teilnehmenden handelt (Schoo, 2013, S. 99 und Tiemann, 2014, S. 187).

Des Weiteren ist es lohnenswert, falls dies möglich ist, den Bewegungsunterricht mit einem*einer weiteren Kolleg*in durchzuführen, da kooperatives Arbeiten durch Team Teaching empfohlen wird (Arndt & Werning, 2013, S. 12).

16.3 Beginn der Sporteinheit

Nachdem sich die Schüler*innen umgezogen haben und die Lehrperson einen Blick in die Umkleidekabine geworfen hat, um sicherzugehen, dass alle Lernenden, besonders jene mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung, zurechtkommen, treffen sich alle gemeinsam im Turnsaal.

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An dieser Stelle kann erwähnt werden, dass es bereits beim Umziehen zur ersten Lerngelegenheit kommt. Gesprochen wird von der kommunikativen Lernsituation, die in Kapitel 13.6.2 näher ausgeführt wird. Die Schüler*innen unterhalten sich über Themen, die zwar nicht zwingend von Lehrplanbezogenem handeln, jedoch trotzdem Möglichkeiten zum gemeinsamen Lernen bereitstellen (Wocken, 1998, S. 44).

Eventuell kann mit dem*der Schüler*in mit dem Förderschwerpunkt Sehen abgeklärt werden, ob er*sie sich bereits kurz bevor die restlichen Schüler*innen kommen, im Turnsaal bewegen will, um eine Vorstellung davon zu gewinnen, in welchem Raum die Einheit stattfindet (Unfallkasse NRW, 2020, S. 63). Dies wird vor allem dann empfohlen, wenn die dargestellte Unterrichtseinheit am Schulanfang stattfindet und erst eine Gewöhnung an die Räumlichkeiten passieren muss.

Im Turnsaal setzen sich die Lernenden mit der Lehrperson in einen Kreis, um die bevorstehende Einheit zu besprechen. Diese Zusammenkunft findet am Beginn jeder Bewegungsstunde statt und soll Vertrautheit schaffen sowie Sicherheit geben. Die Schüler*innen, die nicht mitturnen, sitzen ebenfalls im Kreis, da sie eventuell Aufgaben wie das Holen von Bällen und das Austeilen von Mannschaftstrikots übernehmen oder auch in die Rolle des*der Schiedsrichter*in schlüpfen können. Weiters können diese Kinder Lernende mit Förderschwerpunkt unterstützen, sollte Bedarf bestehen.

Die Lehrperson teilt den Schüler*innen im Sinne des fachdidaktischen Aspekts Individualisierung in einfacher Sprache mit, welche Aktivitäten in den kommenden 90 Minuten am Plan stehen und sorgt damit für transparente Ablaufpläne. Dadurch findet ein Einlassen auf das Vorhaben seitens der Schüler*innen statt, ohne Angst vor Ungewissem ensteht.

Da es sich bei der Sporteinheit um eine heterogene Gruppe handelt, wird angeraten, wichtige Punkte, die beim gemeinsamen Sporttreiben beachtet werden müssen, anzusprechen, auch wenn diese bereits in Stunden zuvor thematisiert wurden.

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Allgemein geltende Regeln werden mit den Schüler*innen gemeinsam aufgestellt und wiederholt. Das Einbringen lassen von Ideen der Schüler*innen in Bezug auf Heterogenität führt dazu, dass sie Regeländerungen, die getroffen werden, um Benachteiligung auszugleichen, eher akzeptieren (Giese & Weigelt, 2015, S. 127). Die Tätigkeit, die kooperativ vollzogen wird, kann dem sozialen Lernfeld Mit Unterschieden umgehen lernen, das durch inklusiven Sportunterricht entsteht, zugeordnet werden (Fediuk, 2008a, S. 48).

Des Weiteren wird das gemeinsame Erarbeiten der Regeln dahingehend als etwas Positives betrachtet, da die Schüler*innen im Sinne der inneren Differenzierung Unterschiede erkennen, akzeptieren und infolgedessen in die gemeinsame Bewegungseinheit integrieren. Es kommt zu einem gemeinsamen Problemlösen, wovon alle Lernenden profitieren (Laging, 2006, S. 139).

Die Konsequenzen, die eintreten, wenn gegen Regeln verstoßen wird, werden ebenfalls im Vorhinein thematisiert. Regeln, die in diese Kategorie fallen, beziehen sich zum einen auf Situationen, die allgemein in Sportstunden gelten, wie beispielsweise, dass der Materialraum nicht betreten werden darf, dass langhaarige Schüler*innen ihre Haare zusammenbinden müssen oder das Leisesein, wenn etwas erklärt wird. Zum anderen müssen aber auch die Konsequenzen transparent mitgeteilt werden, die eintreten, wenn gegen zusätzliche Abmachungen hinsichtlich der heterogenen Lerngruppe verstoßen wird. Jene Abmachungen werden vor allem im Kapitel 16.7, welches dem Ballspiel gewidmet ist, deutlich.

Über den gesamten Sportunterricht hinweg sollen die wertschätzende Haltung der Lehrperson den Lernenden gegenüber, das Offensein für Neues und das Bereitsein Rollauslegungen zu überdenken, spürbar sein (Ruin, Meier &

Leineweber, 2016, S. 181). Die Schüler*innen sollen merken, dass die unterschiedlichen Voraussetzungen, die sie in den Sportunterricht bringen, nicht als Nachteil aufgefasst werden, sondern die Andersartigkeit als gleichwertig betrachtet wird (Schoo, 2013, S. 99 und Wischer, 2007, S. 33).

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Im nun beschriebenen Unterrichtssetting, in dem mit Bällen geturnt wird, gilt es die Kinder darauf aufmerksam zu machen, dass bei allen Übungen und Spielen darauf zu achten ist, dass kein Ball am Boden liegt, mit dem gerade nicht geturnt wird, da dies vor allem für Kinder mit Förderschwerpunkt Sehen eine große Gefahr darstellt. Weiters sollen Hinweise dahingehend erfolgen, dass Warnungen ausgesprochen werden, wenn Bälle beispielsweise auf Kinder zusteuern, die von diesen gerade nicht gesehen werden (Unfallkasse Hessen, 2021, S. 15). Im Allgemeinen sollen die Schüler*innen dahin aufgeklärt werden, auf sich gegenseitig zu achten.

Kommt es zu Situationen mit Körperkontakt, beispielsweise dann, wenn ein Kind an die Hand genommen, am Rücken geführt wird usw., muss, vor allem in Bezug auf Schüler*innen mit Förderschwerpunkt Sehen, dieser Kontakt vorab abgeklärt und darf nicht einfach vollzogen werden.

Kommt es zu Situationen mit Körperkontakt, beispielsweise dann, wenn ein Kind an die Hand genommen, am Rücken geführt wird usw., muss, vor allem in Bezug auf Schüler*innen mit Förderschwerpunkt Sehen, dieser Kontakt vorab abgeklärt und darf nicht einfach vollzogen werden.

Im Dokument Chancengerechter Sportunterricht (Seite 83-0)