• Keine Ergebnisse gefunden

Gracilaria vermiculophylla (Ohmi) Papenfuss, 1967 Gracilaria vermiculophylla wurde zu Beginn dieses

Jahr-hunderts zunächst an der deutschen Nordseeküste und wenig später auch in der westlichen deutschen Ostsee nachgewiesen. An beiden Standorten breitete sie sich rasch aus, bildet stellenweise dichte Matten und kann als etabliert gelten. Die Effekte und potentiellen Aus-wirkungen auf das Ökosystem werden unterschiedlich bewertet.

Syn.: Gracilaria asiatica Zhang & Xia, 1985 Gracilariopsis vermiculophylla Ohmi, 1956

Deutscher Name: - Englischer Name:

-Status: nicht-heimische Art, etabliert Lebensraum: marin

Ursprungs-/Donorgebiet: Ost- und Südost-Asien (Nord-west-Pazifik); Vorkommen an der amerikanischen Ost- und Westküste und an vielen europäischen Küsten (Ny-berg 2007, Rueness 2005, Thomsen et al. 2005, 2007b, Weinberger et al. 2008).

Vektor: Sowohl der Transport mit japanischen Austern (Rueness 2005), als auch eine Einschleppung als ‚fouling’

Organismus oder mit Ballastwasser und Sediment nach Europa und in die USA werden in Erwägung gezogen (Nyberg et al. 2009, www.frammandearter.se). Eine sekun-däre, begrenzte Ausbreitung von jungen Pflanzen oder Pflanzenteilen ist auch durch Strömungen oder in Netze und Schiffszubehör verwickelt denkbar. Letztlich ist der genaue Vektor unbekannt (Thomsen et al. 2007b).

Erstnachweis in deutschen Küstengewässern:

Nordsee: 2002 im nordfriesischen Wattenmeer (Nehls 2006 in Schories et al. 2009)

Ostsee: 2005 (als Driftfund in Kiel Schilksee) (Schories

& Selig 2006), (in Schories et al. 2009 wird für diesen Fund 2006 angegeben)

Einschleppung in nordeuropäische/deutsche Küstenge-wässer und Ausbreitung:

Vermutlich war die Rotalge schon eine ganze Weile vor dem publizierten Erstfund in nordeuropäische Gewäs-ser eingeschleppt worden, wurde aber zunächst mit der heimischen Gracilaria gracilis verwechselt. Nach Rueness (2005) wurde G. vermiculophylla in Europa erstmals 1996 in der Bretagne (Nordfrankreich) als nicht-heimische Art

erkannt. Gittenberger et al. (2010) (nach Stegenga et al.

2007, einem holländischen Artikel, den wir nicht geprüft haben) geben ein Vorkommen aus dem Rheindelta bei Yerseke im Jahr 1994 an, und herbarisierte Exemplare von 1998 zeigen, dass sie zu diesem Zeitpunkt in den Niederlanden vorgekommen sein muss (Rueness 2005).

Die Angabe bei Gittenberger et al. (2009), dass die Alge bereits in den 1980er Jahren massenhaft im Oostvoornse Meer bei Rotterdam aufgetreten ist, offenbar damals aber nicht als Alien wahrgenommen wurde (Gittenberger et al. 2009), wird in der englischen Fassung (Gittenberger et al. 2010) nicht wiederholt.

D.h. eine erste Einwanderung nach Nordeuropa erfolgte möglicherweise bereits in den 1980er Jahren ins Rhein-delta, was eine Einschleppung mit Austern (Kulturen in der Oosterschelde) oder durch Schiffe (Hafen Rotterdam) nahe legen würde.

2009 finden Gittenberger et al. (2010) bei Untersuchun-gen zur Schnellerfassung nicht-heimischer Arten G. ver-miculophylla weit verbreitet im niederländischen Watten-meer. Bei Wolff (2005) wird die Art für die Niederlande jedoch noch nicht aufgeführt, möglicherweise weil sich ihr Vorkommen bis zum Zeitpunkt der Publikation (2005) in den Niederlanden noch auf ungeklärte Funde beschränkte und die Beobachtungen in den 1980er und 1990er Jahren bis dahin nicht sicher dieser Art zugeordnet wurden.

Für belgische und britische Küsten liegen bisher keine Angaben vor (z. B. bei Eno et al. 1997, Kerckhof et al.

2007, Minchin et al. 2013).

An der deutschen Nordseeküste wurde sie erstmals im Jahr 2002 im nordfriesischen Wattenmeer gefunden (Buschbaum et al. 2008 nach Nehls pers. Mitt.). Nehls (pers. Mitt. in Schories & Selig 2006) berichtet 2004 aus dem ostfriesischen Wattenmeer, dass die Alge dort Muschelbänke komplett überwucherte. Dagegen hat sie Helgoland offenbar noch nicht erreicht (Bartsch & Kuh-lenkamp 2009).

In Westschweden bei Göteborg und an der dänischen Ostküste (Horsens Fjord) erschien Gracilaria vermiculo-phylla 2003 (Nyberg 2007, Nyberg et al. 2009, Rueness 2005). Thomsen et al. (2007b) beschreiben ihre Ausbrei-tung entlang der dänischen Nord- und Ostseeküste, in Limfjord und Kattegat.

2005 wurden erste Exemplare in der deutschen Ostsee bei Kiel Schilksee gefunden (Schories & Selig 2006), und die Autoren prognostizierten, dass sich Gracilaria vermiculophylla aufgrund ihrer Invasionsgeschichte in

nordeuropäischen Gewässern auch in der Kieler Bucht etablieren wird. Weinberger et al. (2008) fanden diese Vermutung bestätigt, konnten aber keine weitere groß-räumige Expansion in die Ostsee feststellen, obwohl das physiologische Potential der Alge dieses erlauben würde (Schories et al. 2009).

Nachweise von Nordseeküsten (inkl. östl. Ärmelkanal und Skagerrak):

Dänemark (Nyberg 2009, Thomsen et al. 2007b)

Deutschland (Buschbaum et al. 2008, Schories & Selig 2006) Niederlande (Gittenberger et al. 2009, 2010, Rueness 2005)

Nachweise von Ostseeküsten (inkl. Kattegat und Limfjord):

Dänemark (Thomsen et al. 2007a, b) Schweden (Nyberg 2009)

Deutschland (Schories & Selig 2006)

Zur Biologie und Ökologie:

Gracilaria vermiculophylla tritt häufig in Form großer Matten aus lose ineinander verschlungener Thalli auf (Schories & Selig 2006, Thomsen et al. 2007b). Die Alge wird deutlich größer (über 100 cm) als die heimische Art Gracilaria gracilis (ein fotografischer Vergleich beider Arten ist in www.frammandearter.se abgebildet) und ist variabel in der Färbung. Die Cystocarpien der weiblichen Gametophyten sind als kleine Knoten an den Zweigen erkennbar und bilden einen augenfälligen Hinweis bei der Identifizierung im Freiland. Neben der sexuellen Reproduktion findet eine vegetative Vermehrung durch Fragmentierung statt.

Ihre Toleranz gegenüber extremen Temperaturen und ge-ringen Lichtintensitäten bis hin zu zeitweiser Dunkelheit befähigt die Alge zu einem Transport im Ballastwasser (Hu & Juan 2014).

Thalli können auf festem Substrat und Muschelschalen festgewachsen oder auch frei im Wasser treibend vor-kommen, wobei große Pflanzen nicht mehr frei schwim-men, sondern am Boden mit den Strömungen driften (www.frammandearter.se). Häufig werden Thallusfrag-mente auch durch bentische Fauna wie Polychaeten oder Bivalvia am Boden verankert (Thomsen et al. 2007b), wo sie zu neuen Pflanzen und ggf. Algenmatten auswachsen.

Die Art bevorzugt in der Ostsee flache, geschützte Häfen und Buchten, wo sie mit dem heimischen Tang Fucus vesiculosus um Licht und Sauerstoff konkurriert. Thomsen et al. (2007b) finden vergleichsweise niedrige Abundan-zen an Orten, an denen die PflanAbundan-zen starkem Wellengang ausgesetzt sind. Andererseits bezeichnen die Autoren

das Vorkommen der Alge 2005 an der exponierten Westseite der Nordseeinsel Mandø als ‚abundant‘, und im deutschen und niederländischen Wattenmeer ist G.

vermiculophylla auch an hydrodynamisch energiereichen Standorten verbreitet.

Gracilaria vermiculophylla ist relativ unempfindlich gegenüber unterschiedlichen Salinitäten (Rueness 2005, Thomsen et al. 2007b), und die Einwanderung in die Ostsee war durch ihre hohe Brackwassertoleranz erwartet worden (Schories & Selig 2006).

Auswirkungen und invasives Potential:

Gracilaria vermiculophylla wird von den meisten Quellen als invasiv bewertet. Die Internet-Datenbank www.aquatic-aliens.de bezeichnet sie für deutsche Küsten als IAS (an invasive alien species which threatens ecosystems, habitats or species). Bei www.nobanis.org (Aktualisierung 18.04.2006) galt sie zunächst als ‚nicht invasiv’ für deutsche Küsten, wird momentan (02.06.2014) für Dänemark und Schweden aber als invasiv bewertet (und wird für deutsche Meeresgebiete momentan nicht aufgeführt).

Thomsen et al. (2007b) vermuten, dass ‚this invader has the potential to dramatically alter the ecology of shallow north European bays and estuaries’, und auch Gitten-berger et al. (2010) erwarten aufgrund der stellenweise dichten Algenmatten, unter denen es zu Sauerstoffde-fiziten kommt, einschneidende Auswirkungen auf das Wattenmeer Ökosystem.

Nach Nyberg et al. (2009) ist in den kommenden Jahren mit einer zunehmenden Besiedlung der flachen, nied-rig-energetischen Sedimentböden der Ostsee durch G.

vermiculophylla zu rechnen. Dort sowie in Häfen und Buchten könnte die Rotalge zu einer starken Konkurrenz für den in der Ostsee verbreiteten Tang Fucus vesiculosus werden, der durch die Eutrophierung ohnehin hohem Stress ausgesetzt ist (Hammann et al. 2013).

Beschattung, Konkurrenz und Sauerstoffdefizite durch Be-deckung und Abbau von Gracilaria setzen heimische Le-bensgemeinschaften unter Druck (Buschbaum et al. 2008, www.frammandearter.se), während andererseits neue Habitate und Rückzugsorte für Invertebraten und Epiphy-ten auf den vergleichsweise unstrukturierEpiphy-ten Sediment-böden entstehen (Hammann et al. 2013, Nyberg et al.

2009, Thomsen 2010). Dieser Effekt kann sich allerdings dann ins Negative kehren, wenn die gestiegene Dichte der Konsumenten auskeimende Pflanzen wie etwa Fucus vesiculosus übermäßig dezimiert (Hammann et al. 2013),

während gleichzeitig Gracilaria von herbivoren Generalis-ten als Futterquelle gemieden wird (Hu & Juan 2014).

Im deutschen Wattenmeer ist es nach anfänglichen Mas-senvorkommen in den letzten Jahren zu deutlich geringe-ren Dichten ohne dramatische Auswirkungen gekommen.

Aufgrund der vergleichsweise kurzen Zeitspanne seit der Etablierung dieser Alge in hiesigen Gewässern kann ihr Einfluss auf die Ökosysteme noch nicht abschließend be-urteilt werden. Momentan ist die Art weit verbreitet, ohne dass die Effekte eine kritische Grenze überschritten hätten.

Kategorie 2 (Neobiota, von denen starke Auswirkungen bekannt sind, die aber an heimischen Küsten noch nicht aufgetreten sind)

Literatur: Bartsch & Kuhlenkamp 2009, Buschbaum et al.

2008, Eno et al. 1997, Gittenberger et al. 2009, 2010, Hammann et al. 2013, Hu & Juan 2014, Kerckhof et al.

2007, Minchin et al. 2013, Nyberg 2007, Nyberg et al.

2009, Rueness 2005, Schories & Selig 2006, Schories et al. 2009, Thomsen 2010, Thomsen et al. 2005, 2007b, Weinberger et al. 2008, Wolff 2005

www.aquatic-aliens.de (Aktualisierung v. 14.01.2012) www.frammandearter.se (Aktualisierung v. 16.12.2006) www.nobanis.org (Aktualisierung v. 18.04.2006)

Gracilaria vermiculophylla bildete besonders zu Beginn ihrer Ausbreitung dichte Matten in Küstengewässern. (Foto: K. Reise)

Halurus flosculosus

(J. Ellis) Maggs & Hommersand, 1993 Die Rotalge kommt an vielen Küsten Europas vor (Maggs

& Hommersand 1993, www.algaebase.org), gilt jedoch nirgends als anthropogen eingeschleppt. Entsprechend taucht sie nicht in Neobiota-Listen auf, selbst wenn Nach-weise für die fraglichen Küsten vorliegen (z. B. Großbri-tannien, Niederlande).

Für 2007 geben Bartsch & Kuhlenkamp (2009) ein Vor-kommen auf Helgoland an mit dem Hinweis, dass diese Alge normalerweise eine südlichere Verbreitung hat.

Kuhlenkamp (pers. Mitt. März 2010) bezeichnet sie aber als derzeit nicht etabliert für Helgoland. Schories et al.

(2009) listen Halurus flosculosus als Neophyt für Helgo-land und die ostfriesische Küste auf. Das niedersächsi-sche Vorkommen wird durch die angegebene Quelle (Bartsch & Kuhlenkamp 2009) allerdings nicht bestätigt.

Nach Kolbe (2006) existiert neben unsicheren und Driftfun-den ein sehr alter Nachweis (Hauck 1885) für die nieder-sächsische Küste (diese Originalquelle wurde nicht geprüft).

Literatur: Bartsch & Kuhlenkamp 2009, Kolbe 2006, Maggs & Hommersand 1993, Schories et al. 2009 www.algaebase.org (10.05.2013)

Mastocarpus stellatus

(Stackhouse) Guiry