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1 Einleitung

1.5 Gliederung und Vorgehensweise

Die politische Partizipation wird im Kontext der politisch-kulturellen, institutionellen und sozioökonomischen Faktoren analysiert. Dem entspricht auch Gliederung der Arbeit in drei Teile.

Der erste Teil der Arbeit befasst sich mit den kulturellen und politisch-kulturellen Determinanten. Zunächst wird ein kurzes Exposé der slowakischen Geschichte erstellt, das auf die allgemeinen Voraussetzungen politischer Partizipation der Slowaken ein-geht. Am Anfang einer gezielten Diskussion zur Partizipation von Frauen ist es wichtig zu verdeutlichen, welche Tradition politische Aktivitäten im Allgemeinem haben. „Be-greift man das Geschlecht als ein Grundprinzip gesellschaftlicher Organisation, dann konstituiert ‚gender’ nicht länger eine unabhängige Variable im Erklärungsmodell für politische Partizipation, vielmehr öffnet sich der Blick für die spezifische

Determinati-onsstruktur des Partizipationsverhaltens.“9 Deshalb sollten zunächst die Möglichkeiten, Bedingungen und Einflüsse des Partizipationsverhaltens der gesamten Bevölkerung er-läutert werden. Die Einbindung der Slowakei in das ungarische Königsreich, in die Habsburger Monarchie, später in die Tschechoslowakische Republik mit Dominanz der Tschechen, nach 1948 die Unterstellung unter die kommunistische Zentrale in Moskau schränkten auf je unterschiedliche Weise die Möglichkeiten der Slowaken ein, eine selbständige Politik und Selbstverwaltung zu entwickeln. Dies verursachte eine Art Re-signation, die sich auch im Verhalten der Frauen und der Männer bezüglich ihrer freiwilligen politischen Aktivitäten erkennen lässt. Eine gewisse Umstellung des Parti-zipationsverhaltens brachte die Gründung des eigenen Staates im Januar 1993 und das Volk, das früher „gewöhnt war, sich an politische Änderungen überwiegend durch de-fensive, passive Lebensstrategien anzupassen,“10 wurde politisch aktiver.

Nach dem Aufweis der blockierenden politischen Faktoren werden konkrete kulturelle Faktoren diskutiert, die insbesondere die Stellung der Frauen in der Gesellschaft und in der Politik beeinflusst haben. Hier werden zwei Entwicklungslinien betrachtet: erstens die traditionelle, die eine Unterstellung der Frau dem Mann gegenüber vorsieht, belegt anhand der Volksliteratur und alten Bräuchen; zweitens die kommunistische Kultur, die eine neue Definition der emanzipierten Frau brachte. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus erlebten die vorkommunistischen Traditionen, die in der Slowakei seit Jahrzehnten ununterbrochen mehr oder weniger präsent sind, eine Wiedergeburt. Sie vermischten sich dann mit den Resten der kommunistischen Ideologie und verursachten Verwirrungen beim Aufbau neuer Werte und der Neu-Definition der Frauenrolle. Die neu entstandenen Werte werden anhand ihrer Auswirkungen auf die jüngste Entwick-lung der politischen Partizipation von Frauen diskutiert. Eine wichtige Rolle nehmen dabei die Medien ein: sie formen Meinungen über Politik und Frauenthemen und die Einstellung zu politisch aktiven Frauen. Anschließend wird die Vermittlung von Werten an die junge Generation im Rahmen des Erziehungsprozesses untersucht.

Die zweite Dimension der Analyse untersucht die sozioökonomische Lage der Frauen:

Bildung, Beteiligung am Arbeitsmarkt, Entlohnung der Erwerbstätigkeit, Kinderbetreu-ung und die daraus resultierende Lebenssituation von Frauen sind wichtige

9 Vgl. ebd.: 7.

10 Vodička 2000: 146.

Voraussetzungen für deren politische Partizipation. Sie sind, wie die institutionellen E-lemente, zeitgebunden und müssen daher jeweils für konkrete Zeitperioden (sofern es die Daten erlauben) untersucht werden. Der enorme soziale Wandel nach der Revoluti-on 1989 wird durch einen Vergleich der kommunistischen und nachkommunistischen Situation geschildert. Viele soziale Vorteile aus der kommunistischen Zeit sind nicht mehr vorhanden, und es soll gezeigt werden, dass dies gerade die Frauen betroffen und damit auch Art und Ausmaß ihrer Aktivität in der Politik beeinflusst hat.

Die institutionellen Voraussetzungen untersucht der dritte Teil der Arbeit und ihre A-nalyse beginnt mit der ersten Staatlichkeit der Slowaken, die den Frauen im Jahr 1920 politische Grundrechte zugestand. Diese gesetzliche Grundlage wurde in den folgenden Perioden beibehalten und trotzdem blieben die zentralen Organe der Macht ein Feld po-litischer Unterrepräsentation von Frauen. Die Ergebnisse der Versuche, Frauen in die Politik einzugliedern, werden im historischen Zeitraum 1918-1989 anhand ihrer Präsenz in den staatlichen Institutionen (Regierung, Parlament) und in den Parteien und ihren repräsentativen Organen belegt. Die jüngste Entwicklung nach der politischen Wende 1989 mit ihren institutionellen Voraussetzungen wird anhand mehrerer Faktoren disku-tiert.

Von zentraler Bedeutung ist die Verfassung und ihre Definition der Bedingungen der politischen Partizipation aller sozialen Gruppen, damit auch der Frauen. Eine wichtige Bedeutung für die politische Partizipation in der Slowakei hat das vorliegende Wahlsys-tem, das Parteiensystem und das Regierungssystem. Sie beeinflussen die Art, Wege und Motive der Rekrutierung von Politikern in die einzelnen politischen Organe auf der zentralen Ebene, und verringern oder erweitern damit die Möglichkeiten für weibliche Politiker.

Einfluss auf die Qualität der jüngsten politischen Partizipation haben auch die Förder-programme der Regierung, die sich mit der Unterstützung der Partizipation von Frauen befassen. Da es sich jedoch nur um Förderprogramme handelt und nicht um Gesetze, ist ihre Wirkung relativ gering. Trotzdem ist in ihnen eine Tendenz der staatlichen Politik zu erkennen, die Aufmerksamkeit verdient.

Die Positionierung der Frauen in den Parteien, sowie auch ihre Förderung von Seiten der Parteien wirkt sich direkt auf den Frauenanteil in den Organen der staatlichen Macht

aus. Dabei kommen programmatische, organisatorische und strukturelle Elemente der Parteipolitik zum Tragen. Parteien sind nicht nur die zentralen Akteure, die die Diskus-sion zur politischen Partizipation von Frauen am Leben erhalten können, sondern auch deren Karrierenchancen durch konkrete Eingriffe steuern können. Quotenregelungen, die Erstellung der Wahllisten für die politischen Organe auf der nationalen Ebene, aber auch Verfahren innerhalb der parteieigenen Strukturen und die Einstellung zu Förder-programmen sind Themen, die hier diskutiert werden.

Am Schluss der Arbeit werden die Befunde zusammengefasst, um die Auswirkung der verschiedenen Determinanten zu verdeutlichen. Es wird deutlich werden, wie vielfältig die Faktoren sind, die die politische Partizipation einer konkreten Sozialgruppe im kon-kreten Raum beeinflussen. Zu Anfang wurde gesagt, dass der Anteil der Frauen in den Machtorganen auch als Maßstab des Grades der Demokratisierung verstanden wird. Ei-ne Demokratie kann nur dann vollständige, reale Demokratie sein, wenn sie den Frauen Zugang zur politischen Macht ermöglicht und das nicht nur legal-konstitutionell. Diese Arbeit versteht sich als Beitrag zur Analyse der Transition in der Slowakei. Eine höhere Partizipation von Frauen an der Macht ist eines der Transformationsziele und diese Ar-beit hat nicht die Absicht, den niedrigen Frauenanteil in den zentralen politischen Organen zu rechtfertigen. Andererseits ist es auf Grund der hier auftretenden nationalen Besonderheiten zumindest vertretbar zu sagen, dass die momentane Unterrepräsentation von Frauen in der zentralen Politik nicht zwingend eine negative Aussage über den er-reichten Grad der Demokratisierung bedeutet. Es ist schwierig, allgemeine Muster zu entwickeln, nach denen in jedem Land die postkommunistische Transformation verlau-fen soll. Es ist vielmehr notwendig zu fragen, welche Möglichkeiten das Land aufgrund seiner politischen Tradition und Kultur und seiner sozioökonomischen und politisch-institutionellen Basis hat und wie es sich mit ihnen auseinander setzt. In diesem Sinne werden auch die slowakischen Besonderheiten betrachtet und die Perspektiven für die weitere Entwicklung aufgewiesen.