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Determinanten politischer Partizipation

2 Zur Klärung der Begriffe

2.5 Determinanten politischer Partizipation

Jede Analyse der Determinanten politischer Partizipation braucht einen festen Rahmen.

Diese Arbeit geht von einer Dreiteilung der Determinanten aus, wie sie Beate Hoecker entwickelt hat.

Tabelle 2-2 Einflussfaktoren der politischen Partizipation von Frauen

Sozialstrukturelle Faktoren

Quelle: Hoecker, B.: Politische Partizipation von Frauen. Opladen 1995, S. 28.

Die hier vorgelegten Determinanten zur Untersuchung und Klärung der Partizipation von Frauen bieten ein Modell des Partizipationsverhaltens, das sich auf alle sozialen Gruppen anwenden lässt. Allerdings werden hier hauptsächlich diejenige Elemente der drei Determinanten untersucht, die einen geschlechtspezifischen Bezug haben, da nur sie für diese Arbeit relevant sind.

2.5.1 Politische Kultur

Gabriel A. Almond definiert politische Kultur als „consisting of cognitive, affective, and evaluative orientations to political phenomena, distributed in national populations or in subgroups.”35 Samuel Huntington versteht unter politischer Kultur „die Gesamtheit der Werte, Einstellungen, Glaubensüberzeugungen, Orientierungen und Grundvoraus-setzungen, die Menschen einer Gesellschaft prägen.“36 Diese Prägung bezieht sich auf die Bewertung der Politik und ihrer Prozesse, der politischen Akteure und ihres Han-delns, und schließlich auch auf die Bewertung der eigenen Person und der eigenen Rolle in den politischen Prozessen. Clifford Geertz zieht die Grenzen politischer Kultur noch weiter. Er sieht politische Kultur als die gesamte Lebensweise einer Gesellschaft an, die nicht nur in Werten und Einstellungen, sondern auch in Praktiken, Institutionen und menschlichen Beziehungen erkennbar ist.38 Martin Greiffenhagen versteht gleichfalls das politische Handeln als einen relevanten Aspekt der politischen Kultur.39 Eine Ausschließung des politischen Handelns aus dem Rahmen der politischen Kultur und die Reduktion der Kultur auf „beliefs“, „attitudes“ und „values“ nach dem Muster von Almond und Verba wäre der Intention dieser Arbeit nicht dienlich. Denn in dieser Arbeit geht es einerseits um die Werte, Überzeugungen und Rollenzuteilungen, die in einer Gesellschaft vorherrschen und sie prägen; anderseits wird aber die praktische Bedeutung dieser politisch-kulturellen Einstellungen wie auch das Engagement der Frauen bei der Verwirklichung ihres Selbstkonzepts untersucht. Deshalb wird als Ar-beitsdefinition die Darstellung von Karl Rohe genutzt, der auch die praxisbezogene Dimension der politischen Kultur aufgreift und sie als „Way of Life“ – das heißt, ein typisches Muster von Lebensweisen mit spezifischen Formen des politischen Habitus versteht.40 Hierdurch werden die Werte mit dem Handeln eng verknüpft und beide als Elemente der politischen Kultur verstanden. Es ist somit nicht allein entscheidend, was über die Politik und ihre Akteure gedacht wird, sondern auch welchen Ausdruck die kulturellen Werte und Einstellungen im Handeln der Bürger finden.

35 Almond 1980: 26.

36 Huntington 2002: 9.

37 Mickel 1983: 385.

38 Geertz in Huntington 2002: 9.

39 Greiffenhagen in Hoecker 1995: 29.

40 Rohe in Dörner 1999: 96.

2.5.2 Sozioökonomische Determinanten

„Politische Partizipation ist nicht allein von prädispositiven Faktoren abhängig, sondern wird zugleich durch strukturelle und situative Faktoren bestimmt. Der individuelle so-zioökonomische Status, (...), hat entscheidenden Einfluss auf die Chancen für eine politische Beteiligung wie auch für eine politische Karriere.“41 Dem schließt sich auch Max Kaase ein, der in den sozialstrukturellen Faktoren eine entscheidende Rolle für Form und Ausmaß der Partizipation sieht. Zentrale Bedeutung hat innerhalb der Fakto-ren „der sozioökonomische Status der Bürger, der in erster Linie durch Schulbildung, Beruf und Einkommen bestimmt ist.“42 Beate Hoecker geht bei den Determinanten der Partizipation noch weiter und nennt zusätzlich noch Konfession und Lebenssituation (die vor allem familienbezogen gedacht ist) wie auch das Alter als entscheidende Fakto-ren. Kaase bezieht sich bei seinen Überlegungen über den direkten Einfluss der unterschiedlichen sozioökonomischen Faktoren vorwiegend auf die konventionellen Beteiligungsformen. Da Frauen in den Bereichen Bildung und berufliche Erfahrung schlechter abschneiden als Männer, werden auch ihre Durchsetzungsmöglichkeiten im konventionellen Bereich der Partizipation geringer. Dies sollte sich im unkonventionel-len Bereich wesentlich geringer auswirken.43 Im Fall der Slowakei kann nicht davon ausgegangen werden, dass Frauen in Bezug auf ihre Bildung schlechter abschneiden als Männer. Allerdings ist die Überlegung von Kaase trotzdem bedeutsam, da sie die Parti-zipation als von der Bildung abhängige Variable darstellt.

2.5.3 Institutionelle Faktoren

Die institutionellen Voraussetzungen können als die wichtigste Basis für eine verfasste politische Partizipation bezeichnet werden. „The rule of law and the principle of consti-tualism which support it are absolutely necessary, since only they can guarantee basic rights and liberties.“44 Die politischen Institutionen bilden den Rahmen politischer Par-tizipation. Deshalb wird bei einer Analyse der politischen Partizipation grundsätzlich auf die Konstitution des Landes geachtet, die durch Gesetze konkrete Möglichkeiten politischer Partizipation eröffnet.

41 Hoecker 1995: 33.

42 Kaase 1995: 524.

43 Kaase 1995: 525.

44 Plasser, Ulram, Waldrauch 1998: 17.

Neben der Bedeutung der gesetzlichen Bedingungen der Partizipation wird häufig auch die Rolle des Wahlsystems und des Regierungssystems diskutiert. Das Wahlsystem ge-winnt an Bedeutung bei der Betrachtung der Partizipationschancen der unterrepräsentierten Gruppen, also auch der Frauen. Manche sehen in Verhältniswahl-systemen „zum Teil erheblich größere Wahlchancen als bei einem Mehrheitswahlsystem.“45 Bezogen auf die Frauenpartizipation in den führenden politi-schen Organen bedeutet dies, dass in Verhältniswahlsystemen Frauen größere Chancen haben, den Einstieg ins Parlament und in die Regierung zu schaffen, da mehr Parteien nicht nur mehr Möglichkeiten bieten, sondern auch die Zusammensetzung der Listen zentral bzw. nach übergeordneten Gesichtspunkten (wie der Repräsentation bestimmter Gruppen) gesteuert werden kann. Dies gelingt kaum im Mehrheitswahlrecht. Trotzdem beweisen die Erfahrungen aus den westlichen Demokratien, dass dort trotz „unter-schiedlicher Wahlsysteme Frauen erheblich unterrepräsentiert sind.“46 Abgesehen von Erfahrungen aus den stabilen Demokratien, deutet vieles darauf hin, dass in einer Trans-formationsgesellschaft, in der Normen erst aufgebaut werden müssen und verschiedene Parteien auch unterschiedliche Auffassungen der Frauenpartizipation repräsentieren, das Wahlsystem (noch) eine wichtige Rolle spielt. Deshalb werden die Wahl- und Regie-rungssysteme als relevante institutionelle Determinanten betrachtet.

In Bezug auf den in der Slowakei herrschenden Parlamentarismus mit Verhältniswahl-system zählen die Parteien zur Basis des gesamten politischen Systems. Die Parteien entscheiden zum großen Teil über die Besetzung des Parlaments und der Regierung, und damit auch über die Vermittlung von Frauen in die führenden politischen Organe.

Deshalb ist entscheidend, welche Möglichkeiten, sich an der staatlichen Politik zu parti-zipieren, die Parteien den Frauen bieten. Mitwirkung in Parteien ist eine Etappe auf dem Weg in die Machtorgane, und somit haben sie eine erhebliche Bedeutung für die Parti-zipation der Frauen in der zentralen Politik.

45 Rule und Zimmerman in Hoecker 1995: 35.

46 Nohlen in Hoecker 1995: 35.