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Frauen in den politischen Parteien

4 Sozioökonomische Faktoren: Zur Lebenslage der Frauen

5.1 Frauen in den politischen Institutionen der Slowakei 1918 – 1989

5.1.3 Frauen in den politischen Parteien

Obwohl in den verschiedenen Phasen der slowakischen Geschichte der herrschende Par-lamentarismus verschiedene Formen angenommen hat, blieb die Position der Parteien in all den Jahren wichtig. Parteien sandten ihre Politiker in die staatlichen Organe - in der Ersten Tschechoslowakischen Republik, wie im Slowakischen Staat der Kriegszeit und im Sozialismus. Deshalb war für die Förderung der Frauen in den zentralen politischen Institutionen zu jeder Zeit entscheidend, welche Positionen Frauen in den Parteien be-saßen bzw. welche Förderungen sie genossen.

In der Slowakei in der Zeit zwischen den Weltkriegen gab es ein breites Spektrum poli-tischer Parteien. Frauen engagierten sich meistens in den linken Parteien. Die populären nationalistischen und klerikalen Parteien haben die traditionelle Rolle der Frauen for-ciert und damit in den eigenen Kreisen den Frauen nur geringe Möglichkeiten für eine politische Karriere geboten. In diesem Zusammenhang hält Wolchik fest, dass diese Tendenz sich auch an den Kandidatenlisten fürs Parlament ablesen lässt, wo weibliche Abgeordnete meistens „ran on the tickets of leftist parties.“258 Das bedeutete aber noch längst nicht, dass sich die Frauen gleichzeitig in den linksorientierten Parteien über be-sondere Rechte oder Positionen erfreuen konnten. „Women played a very limited role in the highest bodies of the country’s political parties.“259 Am Beispiel der Kommunisti-schen Partei (bis zum Jahr 1921 Sozial-demokratische Partei) kann die begrenzte Positionierung der Frauen in den führenden Parteiorganen besser belegt werden. Dabei soll sie aber nicht als ein Muster für alle Parteien verstanden werden. Die Lage in den anderen Parteien kann nur vermutet werden, da es keine Angaben über die Mitglied-schaft gibt. Da aber auch keine historischen Berichte über weibliche Politiker aus der Zeit vorliegen, die eine Partei in den zentralen Organen repräsentiert hätten, lässt sich

257 Filadelfiová et al. 1999: 23.

258 Wolchik 1996: 530.

259 Vgl. ebd.: 258.

daraus schließen, dass es in dieser Periode noch keine Frauen in den obersten Füh-rungsorganen der Parteien gab.

Tabelle 5-4 Frauen im Parteivorstand der Kommunistischen Partei der Tsche-choslowakei in den Jahren 1920 – 1936

Termin der

Partei-tagung Vorstand gesamt davon Männer davon Frauen

28.9. 1920 18 16 2

16.5.1921 18 16 2

2.11.1921 11 11 0

5.2.1923 8 8 0

4.11.1924 9 9 0

28.9.1925 9 9 0

28.3.1927 15 15 0

23.2.1929 17 16 1

11.3.1931 10 10 0

14.4.1936 12 12 0

Quelle: Buchvaldek. M., et al.: Československé dejiny v datech. Praha 1986, S. 636-638.

Die Tabelle zeigt, dass Frauen nur in einer kurzen Zeit im Vorstand der KP vertreten waren. Dabei hat der Vorstand fast nach jeder Tagung seine Besetzung (Personal) geän-dert, die Anzahl der Mitgliedschaften mal erweitert, mal verringert. Diese Änderungen hatten jedoch sehr geringe Auswirkung auf die Beteiligung von Frauen.

Die Tendenz, die Führungsorgane der Parteien mit Männern zu besetzen, wurde im Slowakischen Staat noch gekräftigt. Es wurden keine Quellen über weibliche Repräsen-tanten politischer Parteien aus dieser Zeit gefunden.

Eine Veränderung an der Positionierung der Frauen in den führenden Organen der Par-teien erfolgte selbst nicht in der kommunistischen Ära. Die KP wurde direkt nach dem Krieg zu einer Massenpartei (im Jahr 1949 hatte sie mehr als 2,3 Millionen Mitglie-der260). Sie hat sich über einen hohen Anteil weiblicher Mitglieder gefreut, verfügte aber nur über einen geringen Anteil von Frauen an der Spitze. In den Jahren 1946 – 1981 haben neun Parteitage der tschechoslowakischen KP stattgefunden, und auf jedem

260 Buchvaldek et al. 1986: 636.

wurde ein neuer Vorstand der Partei gewählt. Die Anzahl der Mitglieder lag bei ca. 10 bis 24 Repräsentanten. Nach den Tagungen 1946 und 1949 haben zwei Frauen den Ein-stieg in den Vorstand geschafft.261 Eine von ihnen wurde allerdings schon im Jahr 1951 (M. Švermová) als Feind des Regimes vor Gericht gestellt und inhaftiert. Die zweite Abgeordnete (L. Jankovcová, gleichzeitig auch Ministerin der Regierung) war noch in den nächsten sechs Jahren als Kandidatin des Vorstandes tätig. Danach hat keine Frau ihre Arbeit im Vorstand fortgesetzt. Damit blieb der Vorstand der tschechoslowakischen KP seit 1954 bis zur Wende 1989 definitiv ohne weibliche Mitglieder.

Tabelle 5-5 Frauenpartizipation in den Vorständen der KSČ – Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (später KSČS)

Mitglieder gesamt davon Männer davon Frauen

1946 – 1949 18 16 2

1949 – 1954 24 22 2

1954 – 1958 9 9 0

1958 – 1962 10 10 0

1962 – 1966 12 12 0

1966 – 1971 10 10 0

1971 – 1976 11 11 0

1976 – 1981 11 11 0

Nach 1981 12 12 0

Quelle: Buchvaldek, M. et al.: Československé dějiny v datech. Praha 1986, S. 639- 642.

Die Position der Frauen in den Organen der KP auf der nationalen Ebene war auch nicht besser. Zwischen den Jahren 1945 – 1981 hat die slowakische KP elf neue Vorstände gewählt, und bis zum Jahr 1971 war keine Frau im Vorstand repräsentiert. Erst 1971 wurde in den elfköpfigen Vorstand eine Frau (E. Litvajová) gewählt,262 die hier bis zur Wende 1989 tätig blieb.

5.1.4 Zusammenfassung

Die konstitutionellen Voraussetzungen waren seit der Gründung der Ersten Tschecho-slowakischen Republik für die politische Repräsentation von Frauen in den politischen

261 Buchvaldek et al. 1986: 639.

262 Buchvaldek et al. 1986: 642-644.

Institutionen im Prinzip günstig. Frauen besaßen gleiche politische Rechte wie die Männer. Trotzdem blieben die zentralen politischen Institutionen (Parlament, Regie-rung) wie auch die führenden Organe der politischen Parteien arm an weiblichen Mitgliedern, und das lange Zeit im tschechischen wie im slowakischen Teil der gemein-samen Republik. Einzige Ausnahme der Unterrepräsentation von Frauen bot das kommunistische Parlament in den 70er und 80er Jahren. Hier wurden parteiinterne Re-geln geschaffen, die den Frauenanteil im Parlament bei 30 Prozent gehalten haben.

Während des Sozialismus waren aber nicht die staatlichen Organe, sondern die KP der Machtinhaber und so hat diese Quotenregelung den Frauen kaum Anteil an tatsächlicher politischer Macht gesichert. Der Vorstand der KP war im Gegensatz zum Parlament durch ein extremes Maß an Unterrepräsentation von Frauen gekennzeichnet. Daraus kann geschlossen werden, dass Frauen aus allen drei Perioden des letzten Jahrhunderts mit marginaler Tradition an politischer Repräsentation in den zentralen politischen Institutionen in die neue postkommunistische Ära gegangen sind. Die einzige positive Tradition zur Regulierung des Frauenanteils im Parlament, Quoten, wurde nach dem Zusammenbruch des Kommunismus schon bei den ersten freien Wahlen 1990 aufgeho-ben. Damit mussten die Frauen ihren Platz in der zentralen Politik von Neuem erobern.

5.2 Frauen in den politischen Institutionen nach der Wende