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Gesamtstädtische und quartiersübergreifende Ebene in Hamburg

Im Dokument Steuerbare urbane Stoffströme - (Seite 114-117)

5 Blick in die Praxis - Nutzung von Planungsinstrumenten zur Einflussnahme auf die

5.2 Untersuchung der Fallbeispielkommunen

5.2.2 Fallstudie zu Stadtplanung und Stadtentwicklung in Hamburg

5.2.2.1 Gesamtstädtische und quartiersübergreifende Ebene in Hamburg

Das Land Hamburg kann auf eine ganze Reihe von gesamtstädtischen Strategien verweisen.

Übergeordnete Strategien und Konzepte (Auswahl)

In Hamburg konnten verschiedenste Strategien und Konzepte mit einem Bezug zum Ressourcenschutz identifiziert werden.

Hamburgs Leitbild ist seit vielen Jahren auf eine globale nachhaltige Entwicklung ausgerichtet und setzt viele Projekte des UN-Weltklimaplans auch in der Stadtplanung und Stadtentwicklung um. So wurden u.a. eine Gründachstrategie, der Masterplan Klimaschutz und weitere klima- und ressourcenrelevante Themen in Form von Förderprogrammen, Konzepten, Satzungen und Strategien umgesetzt (Freie und Hansestadt Hamburg 2019 a). Es wird zum Beispiel festgehalten, dass für die Erreichung der Klimaziele eine Energie- und Ressourcenwende erforderlich ist (Ebenda). Die SDGs geben zudem neue Impulse und werden auf der kommunalen Ebene wichtig genommen (Interview BSW 201830).

Hamburg hat einen Schwerpunkt auf die Innenentwicklung gelegt, 2015 wurde jedoch deutlich, dass Potentiale der Innenentwicklung leider nicht mehr ausreichen, es kam zu einem Umdenken auch in Richtung Stadterweiterung. Dies spiegelt sich in den beiden Leitlinien bzw.

Doppelstrategien „Mehr Stadt in der Stadt“ (Innenentwicklung) (Freie und Hansestadt Hamburg 2013 a) und „Mehr Stadt an neuen Orten“ (Außenentwicklung) wider (Freie und Hansestadt Hamburg 2017). Innenentwicklung bleibt jedoch zentral, da erhebliche Potenziale noch nicht genutzt wurden – viele einzelne Gebiete liegen vor (Interview BSW 2018).

Leitbilder wie „grüne, gerechte, wachsende Stadt am Wasser“ besitzen eine wichtige Funktion für die Legitimierung von neuen Ansätzen oder für die Umsetzung von innovativen Maßnahmen.

In dem Leitbild ist die „Grüne und umweltgerechte Stadt“ verankert - Mobilität, Natur,

Klimawandel und Energiewende werden thematisiert und indirekt auch der Ressourcenschutz (Freie und Hansestadt Hamburg 2014 a).Nachfolgend werden übergeordnete Leitbilder, Strategien und Programme der Stadt Hamburg aufgelistet, die einen Bezug zum

Ressourcenschutz aufweisen (Auswahl):

„Gründachstrategie Hamburg“: Ziel ist es, mindestens 70 Prozent der Neubauten als auch der geeigneten zu sanierenden, flachen oder flach geneigten Dächer zu begrünen. Bis 2024 unterstützt die Behörde für Umwelt, Klima, Energie und Agrarwirtschaft das Projekt mit drei Millionen Euro. Hier werden Ressourcen wie Wasser, Biodiversität und Energie adressiert (Freie und Hansestadt Hamburg 2020 a).

„Masterplankommune 100% Klimaschutz“: Der Masterplan Klimaschutz zeigt eine Perspektive bis 2050 auf, die es ermöglicht, das CO2-Minderungsziel von 80 Prozent

schrittweise zu erreichen. Für den Gebäudebereich gibt es zahlreiche Förderprogramme für energetische Maßnahmen bei Wohn- und Nichtwohngebäuden (Freie und Hansestadt Hamburg 2013 b).

„Hamburger Klimaplan“: Der Klimaplan enthält diverse Maßnahmen zur CO2-Minderung – und ein neues Ziel: Bis 2030 will die Stadt den CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 halbieren.

Erstmals beschreibt der Plan eine Strategie, die den Klimaschutz mit Klimaanpassung verbindet (Freie und Hansestadt Hamburg 2019 b).

30 Leitfragengestütztes Interview mit der Behörde für Stadtentwicklung und Wohnen am 16. November 2018 in Hamburg.

„RegenInfraStrukturAnpassung (RISA)“: Ziel von RISA ist es, ein zukunftsfähiges

Regenwassermanagement in und für die Stadt Hamburg zu gewährleisten. Mit RISA sollen innovative und unkonventionelle Wege gefunden werden, um den Entwässerungskomfort zu erhalten, den Binnenhochwasserschutz zu wahren und die Gewässer vor Belastungen zu schützen. Ergebnisse aus dem Projekt „RISA (RegenInfraStrukturAnpassung)“ flossen in den

„Strukturplan Regenwasser 2030“ sowie den „Hamburger Klimaplan“ ein (Freie und Hansestadt Hamburg 2009).

„Grünes Netz Hamburg“: Ein Ziel des Hamburger Landschaftsprogramms ist die Verknüpfung von Parkanlagen, Spiel- und Sportflächen, Kleingartenanlagen und Friedhöfen durch breite Grünzüge oder schmalere Grünverbindungen zu einem grünen Netz. So soll es möglich sein, sich ungestört vom Straßenverkehr auf Fuß- und Radwegen im Grünen innerhalb der Stadt und bis in die freie Landschaft am Rande der Stadt zu bewegen. Dafür wurde das Grüne Netz entwickelt, das aus den Landschaftsachsen und dem Grünen Ringen besteht (Freie und Hansestadt Hamburg 1997 a).

„Freiraumoffensive“: Der strategische Planungsansatz zur „Qualitätsoffensive Freiraum“ setzt bei neuen Wohnungsbauvorhaben an, diese sollen immer mit einer Aufwertung von

Freiräumen im Quartier kombiniert werden und zu einem „grünen Mehrwert“ für alle führen (Freie und Hansestadt Hamburg 2013 a).

„Innenstadtkonzept Hamburg“: Ziel dieses Handlungskonzeptes ist es, in den kommenden Jahren die Anziehungskraft zu vergrößern und Hamburg noch attraktiver zu machen. Damit dies gelingt, wird mehr Raum für Fußgänger geschaffen, indem der ruhende und fließende Verkehr schrittweise reduziert wird. Neue Potentiale für die innenstädtischen Quartiere werden gewonnen, die Aufenthaltsqualität wächst und ein Netz an Flanierräumen kann entstehen (Freie und Hansestadt Hamburg 2020 b).

Im Interview mit der Stadt wurde deutlich, dass Leitbilder und Strategien eine Kontinuität besitzen müssen, um zu wirken. Durch die Kontinuität entstehen Standards, die auch für die Stadtplanung und Stadtentwicklung gelten.

Förderprogramme (Auswahl)

Folgende Förderprogramme wurden beispielhaft für Hamburg identifiziert. Mit den

Programmen sollen strategische Ziele der Stadt erreicht werden, indem die Umsetzung von freiwilligen Maßnahmen finanziell unterstützt und somit Anreize geschaffen werden.

„Förderprogramm zur Gründachstrategie“: Die bereits vorgestellte Gründachstrategie wird mit einem Förderprogramm unterstützt. Die Umsetzung von Gründächern wie auch Fassadenbegrünungen werden finanziell unterstützt (z.B. Dachbegrünung einmaliger Zuschuss von maximal 100.000 Euro pro Gebäude). (IFB Hamburg a)

„Unternehmen für Ressourcenschutz“: Um Einsparpotenziale von Energie, Wasser und Rohstoffen zu erschließen, werden freiwillige Projekte in Unternehmen, die zu mehr Ressourceneffizienz im Betriebsablauf führen, gefördert. (IFB Hamburg b)

„Energiewende im Unternehmen“: EFRE-Förderung von freiwilligen Investitionen in technische Anlagen von Unternehmen, die Energie verbrauchen, speichern oder erzeugen.

(Freie und Hansestadt Hamburg 2020 c) Flächennutzungsplan (FNP)

Die nachfolgenden Ausführungen sind allesamt dem FNP 1997 entnommen (Freie und

Hansestadt Hamburg 1997 b). Der Flächennutzungsplan wurde 1973 beschlossen und im Jahr 1997 überarbeitet. Der Flächennutzungsplan stellt die beabsichtigte Art der Bodennutzung für die Gesamtstadt dar. Verschiedene Themenfelder des FNP wie Wohnen, Freiflächen, Ver- und Entsorgung und Verkehr haben einen Bezug zur Ressourceninanspruchnahme. Dargestellt werden insbesondere verschiedene Arten von Bauflächen und Freiflächen. Gesamtstädtische Leitbilder wie das Modell der Entwicklungsachsen und das Zentrenkonzept finden sich im Flächennutzungsplan wieder.

Ein starker Bezug zum Schutz von Flächen konnte im FNP identifiziert werden, so soll durch eine geeignete strukturelle Gliederung des Stadtgebiets, durch die Bedeutung der

Bestandsentwicklung neben der Stadterweiterung sowie durch eine stadtverträgliche

Dichteentwicklung dem Leitbild des sparsamen Umgangs mit Flächen beigetragen werden. Die Verteilung der baulichen Dichten orientiert sich am Dichtemodell der Stadt. Mit dem

Dichtemodell wird im Sinne der Achsenkonzeption und des Systems der Zentralen Standorte eine möglichst gute Auslastung aller Infrastruktureinrichtungen angestrebt. Die Innenstadtver-dichtung soll durch Baulückenschließung und Flächenrecycling angegangen werden.

Bei den Freiflächen wird zwischen Grünflächen, Wald, Flächen für die Landwirtschaft,

naturbestimmten Flächen und Wasserflächen unterschieden. Die Frei- und Wasserflächen der Stadt sollen gesichert und in ihrer Qualität verbessert werden. Der notwendige Verbrauch (durch Gebäudeentwicklung) von Freiflächen darf die grundlegenden Funktionen der Erholung und des Naturhaushaltes nicht gefährden. Begrünte Freiflächen und Wasserflächen tragen zur Verbesserung des Bioklimas durch Erhöhung der Luftfeuchtigkeit oder Verringerung der Temperaturen bei. Im FNP wird die Funktion auch kleiner Freiflächen für das Mikroklima berücksichtigt.

Die Ver- und Entsorgung mit überörtlicher Bedeutung wird im FNP berücksichtigt –Flächen für Versorgungsanlagen oder die Verwertung und die Beseitigung von Abwasser und festen Abfallstoffen werden dargestellt. Mit Bezug auf die Abfallwirtschaft, wird auf den

Abfallwirtschaftsplan der Stadt und auf die dort prognostizierten Abfallmengen eingegangen.

Des Weiteren wird im FNP auf die Ziele der Abfallvermeidung und -reduzierung, der

Rohstoffrückgewinnung, der Energieeinsparung und der Minimierung von Transportwegen verwiesen. Mit Blick auf erneuerbare Energien werden im FNP Flächen für Windkraftanlagen berücksichtigt.

Der Verkehr soll insgesamt stadtverträglicher gestaltet werden. Die Verkehrszuwächse sollen nach Möglichkeit auf umweltfreundliche Verkehrsträger gelenkt werden. Auch die

Siedlungsentwicklung soll sich vorrangig in Achsenräume entwickeln, die mit

schienengebundenen Verkehrsmitteln zu erreichen sind, so soll der MIV reduziert und Ressourcen eingespart werden.

Im FNP der Stadt Hamburg wurden somit verschiedene Aspekte des Ressourcenschutzes identifiziert.

Konzeptvergaben in Hamburg

Die Konzeptvergabe ist eine liegenschaftsbasierte Handlungsoption, die voraussetzt, dass die Entwicklung auf kommunalen Flächen stattfindet (Temel 2020). Seit ca. 2010 werden in

Hamburg Flächen über Konzeptvergaben entwickelt (Interview BSW 2018). Die Vergabe städtischer Flächen insbesondere für den Geschosswohnungsbau erfolgt mit Vorrang der Konzeptqualität. Das Konzept wird mit i.d.R. 70 Prozent deutlich besser als der Preis mit 30 Prozent bewertet (Ebenda). Mit dieser Grundsatzentscheidung hat der Senat die zuständigen Behörden angewiesen, städtische Grundstücke für den Geschosswohnungsbau regelhaft nur über Ausschreibungen nach Konzeptqualität zu veräußern. Das Verfahren und die Vorgaben einer Ausschreibung werden anhand der konkreten Fläche, bezogen auf den städtebaulichen Kontext und die lagebedingten Möglichkeiten, vorab von den zuständigen Behörden und dem jeweiligen Bezirksamt definiert. Die vom Bieter zu erfüllenden konzeptionellen Vorgaben werden in der Ausschreibung konkret mit Bewertungsmodus definiert. Im Prozess – sowohl bei der Definition der Kriterien, als auch bei der Bewertung der Gebote und der Auswahl des besten Bieters – sind beratend auch Vertreter*innen der Wohnungswirtschaft beteiligt. Die

Konzeptqualität eines Gebots wird durch wohnungs- und sozialpolitische, energetische und städtebauliche Kriterien bestimmt. Ein Punktesystem wurde eingeführt. Konzeptverfahren sind nicht statisch, sondern erfahren eine ständige Weiterentwicklung. Aktuell gibt es Bestrebungen, die Konzeptausschreibungen inhaltlich zu verschlanken (z.B. mehr Konzeptangebot, weniger Vorgabe, Überfrachtung der Anforderungen vermeiden), da dies seitens der

Wohnungswirtschaft angeregt wurde. Diese Fortentwicklung erfolgt gemeinsam in Diskussion mit den Bündnispartnern.

Bei der Nutzung des Instruments der Konzeptvergabe bestehen Möglichkeiten, Stoffströme direkt zu adressieren (Interview BSW 2018). Der Fokus liegt derzeit auf sozialen Aspekten (z.B.

8-Euro-Wohnungsbau)31. Für Stoffströme sind jedoch erste Ansätze vorhanden, so wurden bei der Vergabe von Bauflächen in Neugraben-Fischbek eine sehr kompakte Bauweise sowie der Einsatz einer Holzrahmenbauweise umgesetzt, trotz oder vielmehr wegen der Vorgabe des

„günstigen“ Bauens wurden hier Maßnahmen des Ressourcenschutzes berücksichtigt.

Serielles Bauen

Die SAGA Unternehmensgruppe prüft als kommunales Wohnungsbauunternehmen die Nutzung von Typenbau/Typologie von Gebäuden, um serielles soziales Bauen voranzutreiben (SAGA 2018). Hier bestehen Möglichkeiten, um das Thema Ressourcenschutz/Stoffstrommanagement anzudocken (Interview BSW 2018).

Pilotprojekte

In Hamburg sind durch die IBA eine Reihe von Pilotgebäuden und Quartieren entstanden. Aus Perspektive des Ressourcenschutzes sind Projekte wie der Energiebunker (Konversion, Energie), das Smart Material House (Baustoffe32), das Hybrid House (Flexibilität33) oder das Wälderhaus (Holz als Baumaterial) interessant (Interview BSW 2018). Diese besitzen eine Vorbildwirkung für Dritte, so hat zum Beispiel das Wälderhaus andere Investoren*innen dazu angeregt, ebenfalls mit Holz Gebäude zu errichten (Ebenda).

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