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Genotypenbedingte Struktur des M. longissimus

GHR Glut4

6.2 Charakterisierung von Muskelstruktur und Muskelenergiestoff- Muskelenergiestoff-wechsel

6.2.1.1 Genotypenbedingte Struktur des M. longissimus

Der Zusammenhang zwischen Selektion und Fasertypenverhältnis ist beim Schwein vielfach gezeigt worden. Am deutlichsten wurden die Einflüsse einer Zucht auf Fleischfülle und Frohwüchsigkeit bei direkten Vergleichen zwischen Haus- und Wildschweinen (RAHELIC u.

PUAC 1981; SZENKUTI et al. 1981; WEILER et al. 1995; RUUSUNEN u. PUOLANNE 2004). Hier zeigte sich, daß Wildschweine einen höheren Anteil oxidativer Fasern besaßen als Hausschweine verschiedener Rassen. Weniger deutliche Unterschiede fanden sich hingegen bei Vergleichen zwischen den Schweinerassen unter Zuchtbedingungen. ESSÉN-GUSTAVSSON u. FJELKNER-MODIG (1985) konnten zwischen Hampshire-, Schwe-discher Landrasse- und Yorkshire-Schweinen keinen Unterschied hinsichtlich des Faser-typenverhältnisses feststellen, aber hinsichtlich der Aktivitäten oxidativer und glykolytischer Enzyme. MALTIN et al. (1997) untersuchten den LD von acht Populationen verschiedener Large-White-, Cotswold- und Gebrauchskreuzungen und fanden zwischen den Gruppen mit den deutlichsten Unterschieden in Bezug auf die Fasertypenzusammensetzung signifikante Unterschiede. MÜLLER et al. (2002) fanden signifikant verschiedene Anteile aller drei Fa-sertypen im LD von Meishan- und Piétrainschweinen, ebenso SERRA et al. (1998) bei Iberi-schen (Guadyerbas-) und Landrasseschweinen. In beiden Arbeiten besaßen die hochselek-tierten Rassen (Piétrain und Landrasse) prozentual mehr glykolytische und dementsprechend weniger oxidative Fasern als die traditionellen Rassen. SCHOPPMEYER (2004) fand keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Fasertypenverhältnisse im LD von Sauen der Rassen Deutsches Edel-, Deutsches Landschwein, Leicoma und Piétrain. Bei den untersuch-ten Ebern konnuntersuch-ten jedoch signifikant höhere Anteile der FG-Fasern bei Edelschwein- und Landrasse- im Vergleich zu Leicoma- und Piétraintieren festgestellt werden. Hinsichtlich des FO-Faseranteils ließen sich nur Unterschiede zwischen Leicoma- und Edelschweinebern sta-tistisch sichern, in Bezug auf den SO-Faseranteil existierten keine Unterschiede zwischen den untersuchten Rassen.

Aus dieser Perspektive ist es nicht überraschend, daß bei den eigenen Untersuchungen die rassebedingten Unterschiede zwischen Leicoma- und Piétraintieren in Bezug auf die Faserty-penanteile des LD nicht signifikant waren. Im Faserflächenanteil hingegen, der die Hypertro-phie der einzelnen Fasertypen zusätzlich berücksichtigt, zeigten die Piétrain signifikant höhere Werte für die FG-Fasern als Leicoma, bei den oxidativen FO-Fasern war es umgekehrt (Abb. 5.1.). RUUSUNEN u. PUOLANNE (2004) bestimmten in verschiedenen Muskeln von Wild- und Hausschweinen den Faserflächenanteil, und stellten in weißen Muskeln von Haus-schweinen signifikant höhere Flächenanteile glykolytischer und niedrigere Flächenanteile oxidativer Fasern fest als in weißen Muskeln von Wildschweinen. Unter der Prämisse, daß dies möglicherweise durch den höheren Grad an Selektion auf Muskelansatz bei den Haus- im Vergleich zu Wildschweinen zurückzuführen ist und die Leicoma auf einem niedrigeren Ni-veau als die Piétrain in dieser Beziehung selektiert wurden, sind diese Ergebnisse mit den eigenen vergleichbar.

Daß sich die Faserkaliber der untersuchten Rassen nur in Bezug auf die FO-Fasern unter-schieden (Abb. 5.2.), ist im Vergleich zu den Befunden von MALTIN et al. (1997) und SCHOPPMEYER (2004) überraschend. Die Autoren fanden ebenfalls rassespezifische Unter-schiede hinsichtlich der Fasergrößen, allerdings gleichsinnig in allen drei Fasertypen und ebenso im Mittel über alle Fasern. RUUSUNEN u. PUOLANNE (2004) stellten demgegen-über bei Vergleichen zwischen Wild- und Hausschweinen fest, daß erstere in der Regel grö-ßere oxidative Fasern, letztere grögrö-ßere glykolytische Fasern besaßen. Das mittlere Faserkali-ber war bei Hausschweinen jedoch in allen untersuchten Muskeln größer.

Die eigenen Untersuchungen belegen, daß kein Unterschied hinsichtlich der mittleren Faser-fläche zwischen Leicoma und Piétrain bestand (Abb. 5.3.). Entscheidend zur größeren Mus-kelfläche des LD bei Piétrain im Vergleich zu Leicoma hatte demzufolge die größere Muskel-fasergesamtanzahl (MFGA) der Piétrain beigetragen (Abb. 5.3.). Dieser Befund ist vergleich-bar mit denen von FIEDLER et al. (2001b) und SCHOPPMEYER (2004), die an homozygot MH-Gen-negativen Ebern eine signifikant höhere MFGA im Vergleich zu anderen Rassen, inklusive heterozygoter MH-Genträger, feststellten.

Die negative Beziehung zwischen Einzelfaserfläche und Muskelfasergesamtanzahl, wie sie von REHFELDT et al. (2004) bzw. REHFELDT (2005) gefunden wurde, konnte mit den eigenen Untersuchungen bestätigt werden (Abb. 5.4.). Bei beiden Rassen war eine hohe

MFGA von einer kleinen Einzelfaserfläche begleitet. Allerdings hatten die Faserquerschnitte der Piétrain-Schweine zum Untersuchungszeitpunkt das gleiche Maß erreicht wie die der Lei-coma.

Zusammenfassend läßt sich einschätzen, daß bezüglich der Muskelstruktur des LD zwischen beiden untersuchten Rassen signifikante Unterschiede bestanden, und zwar bezüglich des Flä-chenanteils der FO- und FG-Fasern, der Faserfläche der FO-Fasern und der Muskelfaserge-samtanzahl. Diese Unterschiede waren jedoch insgesamt weniger deutlich, als es aus Sicht der Leistungsdifferenziertheit zu erwarten gewesen wäre. Dieses beruht sicher auf der Tatsache, daß es sich bei den Piétrain um homozygot MH-Gen-negative Tiere handelte. Auf einen wichtigen züchterischen Aspekt weisen FIEDLER et al. (2001b), REHFELDT et al. (2004) und SCHOPPMEYER (2004) hin. Die in Deutschland zur Schweineproduktion verwendeten Rassen sind in den letzten Jahren vermehrt auf Steigerung des Magerfleischanteils selektiert worden, was sich auch in einer „Nivellierung“ der Muskelstruktur dieser Rassen niederge-schlagen hat.

Möglicherweise ist ein Teil der Schwierigkeit, Verschiedenheiten der Fasertypenzusammen-setzung in Muskeln von Schweinen verschiedener Rassen nachzuweisen, auf methodische Probleme zurückzuführen. LEFAUCHEUR et al. (2004) wiesen mit Hilfe der In-situ-Hybridi-sierung, der Immunhistochemie, sowie der Real-Time-PCR Unterschiede bezüglich des Fa-sertypenverhältnisses im LD und im M. rhomboideus von Large White- und Meishan-Schweinen nach, die sich mit Hilfe der konventionellen ATPase-Färbung nicht zeigen ließen.

Dies könnte in erster Linie darauf zurückzuführen sein, daß mittels der histochemischen Me-thode drei Fasertypen, mit den von den Autoren verwendeten, auf der Expression der Myosin-Isoformen beruhenden Methoden jedoch vier Fasertypen unterschieden werden können. BEE et al. (1998) zeigten, daß beim Schwein bezüglich dem als „fast-twitch oxidative glycolytic“

klassifizierten Faseranteil und dem Gehalt an IIa-Myosin in den untersuchten Muskeln keine Korrelation bestand. Dies unterstreicht, daß die auf dem Stoffwechseltyp basierende 3-stufige Fasertypeneinteilung, wie in der vorliegenden Arbeit kombiniert mit der ATPase-Färbung, nur bedingt auf die auf Myosin-Isoformen basierende 4-stufige Einteilung zu übertragen ist.

Andererseits wiesen LEFAUCHEUR et al. (2004) Unterschiede zwischen Large White und Meishan nicht nur mit Hilfe der „neuen“ Methoden, sondern auch auf Basis der Aktivitäten verschiedener Markerenzyme des Stoffwechsels nach. Somit kann angenommen werden, daß

die mittels molekularbiologischem Nachweises der Myosin-Isoformen gezeigten Differenzen auch mit Unterschieden in der Stoffwechsellage einhergehen.