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Ausgewählte Kandidatengene des Muskelenergiestoffwechsels

Nach MAAK (2002) und HARDGE (1999) sind funktionelle Kandidatengene solche Gene, deren Produkte in Beziehung zum untersuchten Phänotyp stehen

Muskelstruktur und Muskelenergiestoffwechsel sind, wie aus 2.3. folgt, eng miteinander ver-knüpft. Zur näheren Charakterisierung dieser Verknüpfung wurden Kandidatengene des Energiestoffwechsels anhand von Erkenntnissen aus Untersuchungen an anderen Spezies aus-gewählt, um die Wechselwirkung der Expression dieser Gene mit der Muskelstruktur in zwei Schweinerassen zu untersuchen. Im Folgenden sollen die für die vorliegende Arbeit maßgeb-lichen funktionellen Kandidatengene vorgestellt werden.

2.4.1 Glukosetransporter Typ IV (GLUT4)

Unter den beiden in der Skelettmuskulatur vorkommenden Glukose-Transportproteinen ist der Glukosetransporter IV (GLUT4), im Gegensatz zu GLUT I (GLUT1), insulinabhängig (PLOUG et al. 1990; GOODYEAR et al. 1991).

Die Vermutung von CUSHMAN und WARDZALA (1980), daß der Insulin-vermittelte Glu-kosetransport durch Einbau im Zytosol vorhandener Transporteinheiten in die Zellmembran insulinsensitiver Zellen realisiert würde, bestätigten JAMES et al. (1988) mit der Entdeckung eines insulinsensitiven Transportproteins, des GLUT4, in Muskel- und Fettzellen.

Seit seiner Entdeckung sind Vorkommen und Regulierung dieses Transporters am Menschen und kleinen Nagern untersucht worden. Muskelarbeit löst wie Insulin kurzfristig einen ver-stärkten Einbau von GLUT4 ins Sarkolemm (GOODYEAR et al. 1991) und mittelfristig so-wohl vermehrte Transkription als auch Translation des GLUT4 aus (PLOUG et al.1990;

DOHM 2000; LEE et al. 2002; LANGFORT et al. 2003). Bereits 16 h nach einer sportlichen Belastung nimmt die GLUT4-mRNA und -proteinmenge im Zytosol zu (REN et al. 1994).

Dabei unterscheiden sich oxidative Muskeln von glykolytischen dahingehend, daß sie sowohl basal als auch nach Stimulation durch Insulin oder Kontraktionen mehr GLUT4-Protein besit-zen (KERN et al. 1990; HENRIKSEN et al. 1990; GOODYEAR et al. 1991; KATSUMATA et al.1999; LEE et al. 2002).

GASTER et al. (2002) fanden in Plasmamembranen größerer menschlicher Muskelfasern mehr GLUT4 als in denen kleinerer Fasern.

Auch Ernährung und Körperkondition beeinflussen die GLUT4-Expression im Muskel (KAHN u. PEDERSEN 1993; KATSUMATA et al. 1999; GASTER et al. 2001; LEE et al.

2002; ARKINSTALL et al. 2004).

2.4.2 5’-Adenosinmonophosphat-aktivierte Proteinkinase (AMPK)

Die zentrale Aufgabe des Energiestoffwechsels besteht in der Versorgung der Zellen mit ATP, dessen Spaltung zu ADP und anorganischem Phosphat die Energie für sämtliche zellu-läre energieabhängige Vorgänge liefert. Die Tatsache, daß das ATP:ADP-Verhältnis in leben-den Zellen stets annähernd konstant bleibt, ist nicht zuletzt auf die Wirkung der Aleben-denosinmo- Adenosinmo-nophsphat-aktivierten Proteinkinase (AMPK) zurückzuführen (WINDER 2001; HARDIE u.

SAKAMOTO 2006). Als Monitor zellulärer Energiereserven wird sie allosterisch durch AMP aktiviert, das bei ATP-verbrauchenden Vorgängen in der Zelle (z.B. Muskelkontraktionen, Ischämien, Hypoxien) entsteht. Direkte Aktivierung erfährt die AMPK über eine übergeord-nete Kinase (WINDER 2001; HARDIE u. SAKAMOTO 2006). Hinweise darauf, daß die Aktivität der AMPK auch durch Leptin (MINOKOSHI et al. 2002), Adiponectin (YAMAUCHI et al. 2002) und Thyroxin (PARK et al. 2002) beeinflußt würde, legen nahe, daß es sich bei diesem Enzym um ein zentrales Element in der Regulierung des Stoffwechsels des gesamten Organismus auf zellulärer Ebene handelt.

In den Fokus des Interesses rückte die AMPK, als bekannt wurde, daß sie alternativ zum In-sulin den Glukosetransfer in die Zellen aktivieren kann (MERRILL et al. 1997; BERGERON et al. 2001b; SAKODA et al. 2002) und somit als Kandidat für pharmakologische Beeinflus-sung des Diabetes mellitus Typ II (Altersdiabetes) in Frage käme. Ob die AMPK die Translo-kation des GLUT4 aus zytoplasmatischen Vesikeln in die Zellmembran (KURTH-KRACZEK et al. 1999; LI et al. 2004) auf einem Insulin-unabhängigen Weg (HAYASHI et al. 1998;

BERGERON et al. 1999) fördert und/oder die GLUT1-vermittelte Glukoseaufnahme steigert (ABBUD et al. 2000; XI et al. 2001), ist nicht restlos geklärt.

Die transkriptionsfördernde Wirkung der AMPK (YANG et al. 2001), speziell für GLUT1 und 4 (ZHENG et al. 2001), Peroxysome-proliferator-activated receptor γ - coactivator 1α (PGC1α, SUWA et al. 2003) sowie auf mitochondriale Enzyme (WINDER et al. 2000;

BERGERON et al. 2001a; ZONG et al. 2002; PUTMAN et al. 2003) scheint mittlerweile un-strittig (HARDIE 2003). So gilt die AMPK derzeit als Modulator der zellulären Energie-bereitstellung (WINDER 2001; HARDIE 2003). Mit diesem Verständnis ist die hemmende

Wirkung der AMPK auf anabole Prozesse der Zelle, wie auf Fettsäure- und Triglycerid- (HARDIE 2003), sowie Protein- (HORMAN et al. 2002; BOLSTER et al. 2002) und Glyko-gensynthese (WOJTASZEWSKI et al. 2002), leicht zu vereinbaren. Daß sie diesen Aufgaben nicht nur direkt, sondern auch durch Beeinflussung bestimmter Transkriptionsfaktoren ge-recht wird, ist bekannt, ihre konkreten Targets jedoch nur in geringem Maße (HARDIE 2003).

Die AMPK ist ein heterotrimeres Enzym aus einer katalytischen (α-) und zwei regulatorischen (β und γ) Untereinheiten. Von jeder Untereinheit existieren im Muskel jeweils zwei (α und β) bzw. drei (γ) Isoformen (HARDIE 2003). Speziell die beiden α-Isoformen wiesen deutliche Unterschiede hinsichtlich

• der sie aktivierenden Mechanismen (FUJII et al. 2000, WOJTASZEWSKI et al. 2002;

DURANTE et al. 2002; NIELSEN et al. 2003),

• der Spezifität für ihre Zielproteine und der Wirkung in zellulären Regelkreisen (WOODS et al. 1996; MICHELL et al. 1996; VIOLLET et al. 2003a; JØRGENSEN et al. 2004) und

• der zellulären Lokalisation: α2 scheint v.a. im Kern, α1 nur im Zytosol zu finden sein (SALT et al. 1998; AI et al. 2002; MC GEE et al. 2003), auf.

Die Expression beider α-Untereinheiten wurde u.a. durch Muskelkontraktionen, sportliche kurzfristige Belastungen oder langfristiges Training in unterschiedlichem Umfang moduliert (MUSI et al. 2001; AI et al. 2002; LANGFORT et al. 2003; FRØSIG et al. 2004).

2.4.3 Wachstumshormonrezeptor (GHR)

Seinen Namen verdankt das Wachstumshormon (GH) seiner wichtigsten Aufgabe im Orga-nismus, postnatales Wachstum zu fördern. Dieser Funktion wird es jedoch hauptsächlich in-direkt, über die Förderung der Synthese des Insulin-like-growth-factors I (IGF-1), der v.a. von der Leber ins Blut abgegeben wird, gerecht (WIDMAIER et al. 2004). Allerdings ist der Wachstumshormonrezeptor (GHR) in der Muskulatur von Schweinefeten bereits ab dem 75.

Trächtigkeitstag exprimiert, während dies in der Leber erst postnatal der Fall ist (SCHNOEBELEN-COMBES et al. 1996). Dies läßt vermuten, daß das GH auch direkte Auf-gaben bezüglich fetalen Muskelwachstums ausüben könnte. Über die Wachstumsphase hinaus stimuliert GH direkt die Proteinsynthese, v.a. im Muskel (WIDMAIER et al. 2004).

Zusätz-lich übt das GH eine Fülle metabolischer Aufgaben aus, die sich unter dem Begriff „anti-in-sulinerge Wirkungen“ zusammenfassen lassen, wie die Stimulation von Lipolyse und Gluko-neogenese, die Hemmung der Lipogenese und die direkte Verminderung der Ansprechbarkeit von Zellen auf Insulin (LE ROITH et al. 2001; WIDMAIER et al. 2004).

Mit Hilfe verschiedener experimenteller Ansätze ist versucht worden, die spezielle Wirkung des GH auf die Muskulatur zu untersuchen. OKSBJERG et al. (1995) und VERSTERGAARD et al. (1995) injizierten wachsenden Schweinen bzw. Rindern über Wo-chen porzines bzw. bovines GH und fanden keine bzw. nur geringfügige Veränderung in der Muskelstruktur bzw. der Aktivität von Markerenzymen. Demgegenüber konnten SOLOMON et al. (1990), LEFAUCHEUR et al. (1992) sowie REHFELDT u. ENDER (1993) bei ver-gleichbaren Experimenten an Schweinen positive Einflüsse von exogener GH-Zufuhr auf die Faserquerschnittsfläche feststellen. Zudem berichteten SOLOMON et al. (1990) in diesem Zusammenhang von einer Zunahme der αR- (entspricht etwa dem FO-Fasertyp) zu Lasten der αW-Fasern (entspricht in etwa dem FG-Fasertyp), während LEFAUCHEUR et al. (1992) ins-gesamt eine Zunahme der glykolytischen Kapazität sowie des IIb-Faseranteils dokumentierten und REHFELDT et al. (1996) eine Zunahme des FG-Faseranteils bei schweren Börgen ver-zeichnen konnten.

AYLING et al. (1989), TSANG et al. (1996) und EVERITT et al. (1996) amputierten Ratten die Hypophyse, supplementierten parallel bzw. anschließend das fehlende GH durch externe Zufuhr rekombinanten Hormons und beobachteten die Auswirkungen auf die Muskelstruktur.

Die Ratten von AYLING et al. (1989) reagierten auf das Fehlen hypophysärer Hormone mit einer Abnahme das Anteils oxidativer Fasern zugunsten von oxidativ-glykolytischen Über-gangsfasern im Muskel, ein Effekt, der sich durch die Zufuhr von GH rückgängig machen ließ. TSANG et al. stellten hingegen eine Zunahme oxidativer und eine Abnahme glykoly-tischer Enzyme in den Muskeln hypophysektomierter Ratten fest. Durch Behandlung mit GH nahmen die Gehalte glykolytischer Enzyme in oxidativen Muskeln und die oxidativer Enzyme in glykolytischen Muskeln zu. Demgegenüber betrachteten EVERITT et al. die Folgen der Hypophysenextirpation an Ratten auf Einzelfaserebene und stellten fest, daß diese zu einer Abnahme des Faserkalibers aller Fasern und zu einer Abnahme des Faseranteils der Typ-II-Fasern führt. Letzteres ließ sich durch Thyroxin-Supplementierung verhindern, während Zu-fuhr von GH nur die Verkleinerung der Typ-I-Fasern verhinderte. Diese scheinbar

wider-sprüchlichen Ergebnisse könnten darauf beruhen, daß die Wachstumshormon-Signalkaskade in Wechselwirkung mit vielen Regelkreisen des Körpers (Cortisol, Sexualhormone, Schilddrüsenhormone; WIDMAIER et al. 2004) und unter dem Einfluß von Ernährung und Umgebungstemperatur (WELLER et al. 1994; DAUNCEY et al. 1994; BRAMELD et al.

1996; COMBES et al. 1997) steht. Außerdem beeinflussen sich ihre zahlreichen Komponen-ten gegenseitig (WIDMAIER et al. 2004) und u.a. in Leber und Muskel (WELLER et al.

1994; BRAMELD et al. 1996) und sogar innerhalb verschiedener Muskeln (ZHAO et al.

2003) nicht gleichsinnig, mitunter sogar gegensätzlich. Zudem konnten BRAMELD et al.

(1996) die mRNA-Expression des GHR in zwei Muskeln des Schweines durch exogene Zu-fuhr von GH steigern.

Speziell die mRNA-Expression des Wachstumshormonrezeptors in der Muskulatur ist jedoch offensichtlich vom Fasertypenprofil des jeweiligen Muskels abhängig. KATSUMATA et al.

stellten an Ferkeln fest, daß der Gehalt an roten Fasern eines Muskels mit der relativen mRNA-Expression des GHR in diesem positiv korreliert ist, während CASSE et al. (2003) an erwachsenen Ratten diesbezüglich eine negative Beziehung fanden.

Zusammenfassend läßt sich die GH-IGF1-Achse als funktionstragende Komponente hinsicht-lich Muskelstruktur und -wachstum beschreiben, ohne jedoch ihre Bedeutung eindeutig determinieren zu können.

2.5 Hypothese

Muskelstruktur und Muskelenergiestoffwechsel beeinflussen und bedingen sich gegenseitig, weil dies eine wichtige Vorraussetzung für die optimale Funktion der Muskulatur in Ruhe und unter Belastung ist.

Die Hinweise auf eine fasertypenassoziierte Expression des GLUT4 sowie auf eine Unter-stützung von Transformationsvorgängen des Fasertyps durch AMPK und GHR und die Be-deutung des GHR für die muskuläre Proteinsynthese sind Anhaltspunkte für die zentrale Funktion dieser Kandidatengene im Energiestoffwechsel und für das Faserwachstum der Muskulatur (s. Abb. 2.6.).

Aus diesen Gründen wird angenommen, daß zwischen der Expression von GLUT4, AMPK und GHR Wechselwirkungen mit Muskelstruktur- und -funktionsmerkmalen in drei Muskeln des Schweines bestehen (s. Abb. 2.7.).

Abb. 2.6.: Erweiterung des Schemas von Abb. 2.3. zur Verdeutlichung der (gesicher-ten) Angriffspunkte der Kandidatengene der vorliegenden Arbeit. Schematisierte Mus-kelfaser mit versorgender Kapillare zur Darstellung der wichtigsten Wege des Energie-stoffwechsels. Mitochondrium übergroß zur Verdeutlichung der (dunkel unterlegten) Reaktionsketten.

1 (Glukoseimport): GLUT4, AMPK; 2 (Mitochondriale Biogenese), 3 (β-Oxidation):

AMPK; 4 (Kontrolle von Transkriptionsfaktoren): AMPK, GHR.

anaerob

Abb. 2.7.: Schema zur Verdeutlichung der Fragestellung der Arbeit. Die enge Verbin-dung zwischen Muskelstruktur und –funktion und dem Energiestoffwechsel wird unter Kap. 2.2., Näheres zu Ersterem unter 2.3., Näheres zum Muskelenergiestoffwechsel unter 2.4. erläutert. Alle weiteren Kapitel befassen sich mit der Problematik: Gibt es konkrete Wechselwirkungen zwischen der Expression der gelisteten Gene und Muskelstruktur- und -funktionsmerkmalen?