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Gehen und Laufen

Im Dokument Schulsport im Winter (Seite 44-47)

2.2 Bedeutung wintersportlicher Aktivität für den Sich-Bewegenden

2.2.1 Typische Bedeutungen wintersportlicher Bewegungsfelder

2.2.1.2 Gehen und Laufen

Beim Gehen und Laufen versucht eine Person, eine Strecke zurückzulegen, in-dem sie sich mit den Füßen rhythmisch vom Untergrund abstößt. Anders als beim Rollerfahren trägt sie dabei ihr Körpergewicht selbst und muss bei jedem Abstoß der Erdanziehung entgegenwirken. Über die Art des Ortsveränderns vermag der Gehende oder Laufende beinahe beliebig zu verfügen: Er kann vorwärts, rück-wärts, seitrück-wärts, bergauf, bergab und unterschiedlich schnell gehen oder laufen.

Gehen und Laufen (z.B. Crosslauf) sind ganzjährig möglich. Diese einfachen Be-wegungsformen können bei attraktiver Inszenierung unter den eher ungewohnten winterlichen Bedingungen besonders reizvoll sein: Winterwanderungen, auch als Nacht- oder Orientierungswanderung39, ein Hindernisparcours, biathletische Wettbewerbe, Dauerläufe mit Lenkung der Aufmerksamkeit auf Körpererfahrun-gen40 oder zur Erkundung des Geländes, Orientierungsläufe41 oder gar

36 Vorschläge zum Anlegen einer Schlitterbahn liefern ALLKEMPER/NAUL (1987, 10ff.), BÖH-ME/SCHRAMM (1974, 80), BURGASS (1908, 19) und MÜLLER (1999, 38ff.).

37 Anregungen für Nutzungsmöglichkeiten von Schlitterbahnen finden sich bei ALLKEMPER/NAUL (1987, 13-19), BÖHME/SCHRAMM (1974, 81f.), BURGASS (1908, 19) und MÜLLER (1999, 39ff.).

38 Der Unterschied zwischen Gehen und Laufen ist, insbesondere wenn man das gemeinsame Bewegungsproblem und die Bewegungsbedeutungen bedenkt, nur ein gradueller: Laufen ist i.d.R.

schneller und erfordert höheren Kraftaufwand. Gemäß der Differenzierung in der Leichtathletik könnte man das Bewegen als Gehen bezeichnen, wenn der Sich-Bewegende ständig den Unter-grund berührt, und als Laufen, falls zwischenzeitlich (in der sogenannten Flugphase) der Bodenkon-takt verloren geht. Da diese Differenzierung aus der objektivierenden Außensicht erfolgt, wird hier auf eine solche zugunsten des Alltagsverständnisses von Gehen und Laufen verzichtet.

39 Anregungen zu diesen und weiteren Formen finden sich z.B. bei BÜRGISSER (1993, 61ff.), BURGASS (1908, 14f.), KIENBÖCK/GEORGIOU (1993, 38), MÜLLER (1989, 146f.), OLDENBUR-GER (1983, 54ff.) und PATERMANN (1989, 32f.).

40 Vgl. z.B. TREUTLEIN 1988; 1990; JAKOB 1990.

41 Zum Orientierungslauf in der Schule vgl. KREFT (1988; 1990) und HOLLOWAY/MUMME (1987).

Rangerkurse“ (KIENBÖCK/GEORGIOU 1993, 38) sind mögliche Inhalte. Dabei kann man sich nicht nur mit normalen Schuhen, sondern auch auf Skiern und mit Schneeschuhen (auch Schneereifen/Schneebretter)42 fortbewegen, wodurch man auf weichem Schnee weniger tief einsinkt. Laufspiele, Geländespiele (Schnitzel-jagd, Spurenverfolgung, Fähnchen erobern etc.)43, Sensibilisierungs- und Vertrau-ensspiele können in Wanderungen integriert werden, Bestandteile eines Winter-spielfestes oder spielerischen Mehrkampfes im Winter sein und andere Win-tersportveranstaltungen um spielerische Elemente erweitern.44

Winterliches Gehen und Laufen unterscheidet sich nicht nur hinsichtlich der ver-änderten Umgebungsbedingungen von entsprechenden Bewegungshandlungen im Sommer, denn Schnee, Eis und gefrorener oder aufgeweichter Untergrund verändern und erweitern das Spektrum möglicher Bewegungsbedeutungen:45

• Das zugrunde liegende Bewegungsproblem verweist darauf, dass es beim Ge-hen und Laufen in erster Linie um das (oft möglichst schnelle) Überwinden von Distanzen geht oder – allgemeiner – um die Eroberung von Raum. Die winterli-che Umwelt ist (im Gegensatz zur Sporthalle) ein weitläufiger Raum mit wech-selnden Bedingungen, denen der Sich-Bewegende relativ ungeschützt ausge-setzt ist. Gerade beim Erkunden und Gestalten von unbekannten oder durch

42 Zur eigenen Herstellung solcher Schneeschuhe vgl. z.B. BÜRGISSER (1993, 60), BURGASS (1908, 52ff), EHRHARDT/MISCHKO (1999, 49f.).

43 Solche Geländespiele beschreiben z.B. DÖBLER/DÖBLER (1998). Bei ihnen finden sich speziell auch Anregungen zu Geländespielen im Schnee (vgl. ebd., 385ff.). Vgl. außerdem MÜLLER (1999, 59ff.) sowie das Themenheft „Geländespiele“ in sportunterricht 50 (2001) 4.

44 Verschiedene Spielmöglichkeiten werden z.B. von ALTVATER (1991, 30), BÜRGISSER (1993, 67ff.), BUHR-FRANZKE (1989), GROTH/LAGING (1984), DIESSNER u.a. (1979, 271) und MÜL-LER (1989, 146) beschrieben.

45 Bei Bewegungsspielen rücken entsprechend der jeweiligen Spielidee gegenüber den bewe-gungsspezifischen Bedeutungen häufig spielspezifische Bedeutungen in den Vordergrund: Bei der Schnitzeljagd z.B. das Bewusstsein, verfolgt zu werden oder jemanden zu jagen. Spielspezifische Bedeutungen werden in Kap. 2.2.1.4 „Werfen Schießen, Schlagen“ näher erläutert. An dieser Stelle werden lediglich bewegungsspezifische Bedeutungen genannt.

Schnee und Eis veränderten Bewegungsräumen und beim Zurücklegen größe-rer Distanzen lässt sich dieser Raum als etwas Neues intensiv erleben.46

• Das andauernde rhythmische Abstoßen vom Untergrund lässt den Sich-Bewegenden vielfach in einen individuellen Bewegungsrhythmus hineinfinden.

In der Auseinandersetzung mit der wechselnden Beschaffenheit des winterli-chen Untergrundes findet der Sich-Bewegende unter Umständen weniger leicht in einen gleichmäßigen Rhythmus hinein. Gerade im Ringen um einen solchen Rhythmus rückt dessen Bedeutung verstärkt in das Blickfeld.47

• Der Gehende oder Laufende erlebt, dass seine Umwelt je nach Untergrund auf höchst unterschiedliche Weise begehbar bzw. belaufbar ist: Verschneiter, ver-eister, gefrorener oder aufgeweichter Untergrund bedroht beim Gehen und Laufen das Gleichgewicht, dessen Erhaltung unter sommerlichen Verhältnissen weniger hohe Anforderungen stellt. Es gilt daher, das Sich-Bewegen auf die veränderten Bedingungen abzustimmen.

• Beim Beschleunigen, beim abrupten Ändern der Bewegungsrichtung, beim In-die-Kurve-Legen und beim Abbremsen wird der gezielte und kontrollierte Um-gang mit den vor allem beim schnellen Laufen spürbaren Kräften durch glatten Untergrund erschwert: Das Spiel mit den entfachten Kräften gewinnt in der Auseinandersetzung mit der winterlichen Bewegungsumwelt erheblich an Be-deutung.

46 In Anlehnung an KRETSCHMER (1991, 17ff.) ließe sich die Bedeutung des Gehens und Laufens im Freien für den Sich-Bewegenden an der aktiven Auseinandersetzung mit dem „Ungeschützt-sein“, dem „Außenraum“ und dem „freien Raum“ aufzeigen.

47 AUFMUTH versucht seine Empfindungen in Worte zu fassen: „Meine Bewegungen antworten geschmeidig dem Boden, auf dem ich gehe. Ich bin ein beschwingter Teil des Geländes und seiner Formen. Ich lasse sie in mich ein, und ich gestalte sie nach. Es ist eine Lust, dieses federnde Ant-wortspiel auf Wiese, Stein und Schnee. Auch nach innen wächst neue Empfänglichkeit. Mein Be-wegen paßt sich dem Atmen an und dem Puls. Da kehrt ein gutes Zusammenspiel ein […]“ (1989, 129). Ähnliche Empfindungen sind auch bei anderen zyklischen Bewegungen wie Laufen oder Ski-langlaufen zu festzustellen. Vor allem bei langen Ausdauerbelastungen können psychosomatische Effekte im Sinne eines Aufgehens in der Bewegung bis hin zu einer Art meditativen Versenkung in den Bewegungsrhythmus bedeutsam werden (vgl. LANGE 1989), die sich bei verschiedenen Tätig-keiten erfahren lassen: beim Gehen und Laufen, aber auch beim Gleiten, Rollen, Schwimmen, Kajakfahren usw.

• Im tiefen, weichen Schnee neigt der Sich-Bewegende zum Einsinken, das durch Fortbewegen auf Schneeschuhen oder Skiern verringert werden kann:

Selbst weicher Tiefschnee wird somit relativ tragfähig.

Im Dokument Schulsport im Winter (Seite 44-47)