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Aufgabe: Bewegungsbeziehung zur Winterlandschaft entwickeln

Im Dokument Schulsport im Winter (Seite 104-108)

3.3 Die sportliche Begegnung mit winterlichen Umwelten

3.3.3 Aufgabe: Bewegungsbeziehung zur Winterlandschaft entwickeln

Die Begegnung von Heranwachsenden mit der natürlichen Umwelt bei winter-sportlicher Aktivität ist aus pädagogischer Sicht ambivalent zu bewerten. Einer-seits ermöglicht sie einmalige Erlebnisse, das Begreifen von Bewegungsbedeu-tungen winterlicher Umwelt und unmittelbare Naturerfahrungen. Dadurch vermag die Naturbegegnung wertvolle Entwicklungsreize zu setzen. Andererseits kann sie eine Nutzungshaltung der Natur gegenüber fördern, natürliche Umwelt belasten und schädigen, ursprüngliche Natur verdrängen und angesichts von Umweltprob-lemen Frustrationserfahrungen bewirken. Vor diesem Hintergrund ergibt sich für pädagogisch angeleitete Wintersportveranstaltungen die Pflicht, durch eine ent-sprechende Inszenierung ökologisch problematische Folgen möglichst gering zu halten und darauf hinzuwirken, dass die Schüler beim eigenen Sporttreiben die-sem Beispiel folgen. Daher gilt es die besonderen Chancen einer für die Schüler außergewöhnlichen Naturbegegnung im Sinne einer Umwelterziehung zu nutzen, die an das Bewegungs- und Naturerleben der Schüler anknüpft und auf unmittel-baren Umwelterfahrungen aufbaut.

Um die Schüler für umweltbewussteres Verhalten zu gewinnen, schlage ich daher – in Weiterentwicklung des Ansatzes von MÜLLER (1997) – folgenden Dreischritt vor:

1. Persönliches Wertgefühl entwickeln:

Durch das Begreifen von individuellen Bedeutungen winterlicher Umwelten mit-tels wintersportlicher Aktivität soll eine emotionale Beziehung zur Natur aufge-baut werden. Die Winterlandschaft soll als Partner beim wintersportlichen Be-wegen schätzen gelernt werden. Dies setzt eine Öffnung und Kultivierung der sinnlichen Wahrnehmung voraus. Im Mittelpunkt steht die selbständige Ausei-nandersetzung mit Winterlandschaften. Über das Experimentieren mit Bewe-gungsmöglichkeiten, über Kontrasterfahrungen winterlicher Umwelt, über das Erkunden unbekannter Naturräume und über das Umgestalten von Schnee-landschaften soll die winterliche Umwelt für jeden eine Welt von Bedeutungen werden, die schützenswert ist. Durch eine geschickte didaktische Inszenierung gilt es die Umweltwahrnehmungen zu intensivieren und die Erfahrungsbildung zu fördern. Eine besondere Rolle spielen reizvolle Gelegenheiten für den selbstbestimmten Bewegungsdialog mit winterlichen Umwelten sowie Freiräu-me für das Auskosten von Bewegungs- und Naturerlebnissen.

2. Ökologische Einsichten vermitteln:

Im Bewusstsein der persönlichen Wertschätzung winterlicher Umwelten ge-winnen problematische Auswirkungen von wintersportlicher Aktivität auf die Umwelt an individueller Bedeutsamkeit. Es gilt daher, exemplarisch Einblicke in diese Auswirkungen zu vermitteln, indem die unmittelbaren Umwelterfah-rungen mit ökologischem Wissen verknüpft werden. Um die Umweltproblema-tik zu einer Sache der Schüler zu machen, sind sie möglichst zur selbständi-gen Erarbeitung der Informationen zu beweselbständi-gen. Das Ziel ist es, die Schüler so aufzuklären, dass sie problematische Folgen ihres eigenen Verhaltens erken-nen.

3. Handlungsalternativen entwerfen:

Ausgehend vom Erkennen ökologisch problematischer Auswirkungen von win-tersportlicher Aktivität gilt es den Schülern exemplarisch umweltverträglichere Handlungsalternativen aufzuzeigen. Ökologisch bedenkliche Verhaltensweisen von Schülern oder von anderen Wintersportlern und problematische

Situatio-nen (z.B. geringe Schneeauflage auf der Piste) dieSituatio-nen dafür als anschauliche Ausgangspunkte mit unmittelbarem Handlungsbedarf. Darüber hinaus lassen sich für solche Fälle bereits im Vorfeld der Wintersportveranstaltung konkrete Handlungsstrategien ausarbeiten. Die Grundlage für das Finden von Hand-lungsalternativen bildet die Kenntnis vieler reizvoller Bewegungsmöglichkeiten im Winter.

Zum Begreifen von Bewegungsbedeutungen wurden bereits in den Kapiteln 3.1.3 und 3.2.3 pädagogische Maßnahmen benannt. Ergänzend werden hier Anregun-gen zur Förderung speziell umweltbezoAnregun-gener WahrnehmunAnregun-gen gegeben:

Sinne schärfen:

Anregungen zur Konzentration auf einzelne Sinne, auf Empfindungen in einzelnen Körperteilen und auf bewegungsbegleitende Emotionen finden sich Kap. 3.1.3. Ergänzend lassen sich diese Anregungen in Bewegungspausen aufgreifen und mehr auf die Umwelt beziehen: „Spürst du die Wärme der Sonne? Wo spürst du sie? Ist dir das angenehm?“ „Wie bewegen sich fallende Schneeflocken?“ „Was empfindest du, wenn Schneeflocken auf deine Haut fallen?“ „Was

örst/riechst du?“

h

Sinne nutzen:

Gezielte Differenzbildungen durch Kontrastwahrnehmungen:

- Ausschaltung einzelner Sinne: Besonders die Ausschaltung des dominierenden Sehsinns schafft Kontrastwahrnehmungen. Mögliche Inszenierungen sind Hör- und Riechminuten in Be-wegungspausen (vgl. AUERHAMMER/KUHN 2000, 39), das Ertasten von Pflanzenbestandtei-len, von Geländeformen und des Untergrunds, das Bewältigen eines Sinnesparcours (vgl.

EHRHARDT/MISCHKO 1999, 51) sowie Nachwanderungen in bekanntem Gelände. Vor allem in Umwelten, in denen sich viele Menschen aufhalten (Skipiste, Hütte, See etc.) kann auch die Einschränkung des Gehörsinns (Ohren zuhalten, Ohrenstöpsel) lohnend sein.

- Geführt-Werden: „Lass dich mit verbundenen Augen von deinem Partner führen! Nimm anschließend die Augenbinde ab und versuche, denselben Weg selbst zu finden!“ „Nimm deinen Partner an der Hand und zeige ihm, was in der Winterlandschaft dir besonders gefällt!“

- Variation der Körperposition: „Lege dich auf den Rücken/auf die Seite in den Schnee! Was siehst du? Stehe jetzt wieder auf! Was siehst du jetzt?“

- Barfuß-Laufen im Schnee (vgl. AUERHAMMER/KUHN 2000, 39).

- Bewegungsspiele im Tiefschnee: z.B. „Tiger-Frisbee“, „Polarfuchs und Schneehasen“ (vgl.

AUERHAMMER/KUHN 2000), „Schneetiger“ (vgl. GROTH/LAGING 1999).

Wanderungen in der Winterlandschaft mit umweltbezogener Thematik: Verfolgung von Tier-spuren (vgl. PATERMANN 1989), Fotowettbewerb mit dem Thema „Winterlandschaft“, Wande-rung zum Sonnenaufgang, OrientieWande-rungslauf mit naturbezogenen Aufgabenstellungen (Tierspu-ren lesen, Berggipfel benennen, Distanzen schätzen, Schneearten bestimmen etc.).

Bewegungsspiele und Wanderungen im Dunkeln (vgl. auch Kap. 3.6.3): z.B. „Leuchtturm“, Ge-ländespiele wie „Leuchtjäger“, „Irrlicht“.

Phantasiereisen in die Winterlandschaft (vgl. AUERHAMMER/KUHN 2000).

Schnee als Baumaterial für Skulpturen, Iglus, Schneehöhlen, Bewegungslandschaften etc.

verwenden.

Darüber reden:

- Verbalisieren und Reflektieren von Kontrasterfahrungen

- Thematisieren und Identifizieren von Empfindungen und Emotionen

- Präsentation des Erlebten durch Kleingruppen: Tagesrückblick verfassen, Statements sam-meln, Pantomime einstudieren, Zeichnungen und Collagen erstellen, Fotos ausstellen, Gedicht schreiben etc.

Für die Vermittlung ökologischer Einsichten können im Rahmen dieser Arbeit nur einige methodische Anregungen gegeben werden:95

Möglichkeiten der Vermittlung ökologischer Einsichten

- Besichtigung erkennbarer Umweltschäden, die durch Wintersport und dessen Umfeld mitverur-sacht wurden

- Expertenbefragungen vor Ort

- Skiwochenbegleitende Gruppenarbeit zu ökologisch relevanten Themenbereichen mit Befra-gungen von Einheimischen und eigenen Beobachtungen

- Internetrecherche in der Vor- und Nachbereitung von Wintersportveranstaltungen

95 Weitere Anregungen und umfangreiche Arbeitsmaterialen für schulische Wintersportveranstal-tungen enthalten z.B. BAYER. STAATSMINISTERIUM (1992b) und PRÖBSTL (1991; 1993).

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