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Gasphasenstabilität cyclischer Perchlorsilane

Kapitel 1 – Aufbau eines perchlorierten Polysilans in der Gasphase

1.3 Quantenchemische Untersuchungen zum Reaktionsmechanismus

1.3.3 Gasphasenstabilität cyclischer Perchlorsilane

Der von uns vorgeschlagene Reaktionsmechanismus deutet darauf hin, dass sich PCS hauptsächlich aus verschiedenen cyclischen Perchlorsilanen zusammensetzt. Die experimentell bestimmte mittlere Summenformel der im PCS präsenten Spezies lautet (SiCl2)8. Um einen Überblick über mögliche im PCS vorhandene Cyclosilane zu erhalten haben wir die thermodynamische Stabilität verschiedener Isomere untersucht. Die Auswahl der Isomere haben wir auf silylsubstituierte Cyclotri-, Cyclotetra-, Cyclopenta- und Cyclohexasilane beschränkt, die in Anlehnung an die bekannte thermodynamische Stabilität des acyclischen neo-Si5Cl12[6] die maximal mögliche Anzahl an neo-Zentren aufweisen. Darüber hinaus wurden die Substitutions-muster mit dem geringsten sterischen Anspruch gewählt. Die Bildung aller Ringsysteme ist deutlich exotherm, da sie relativ zu der entsprechenden Anzahl an

Tabelle 2. Thermodynamische Stabilität silylsubstituierter Cyclotri-, Cyclotetra-, Cyclopenta- und Cyclo-hexasilane in der Gasphase relativ zu n Äquivalenten SiCl2, die Energien der unsubstituierten Ringe sind hervorgehoben (R = Cl, SiCl3); RI-M06-L/6-311++G(2d,2p)//RI-M06-L/6-31+G(d,p), ∆H0 in kcal mol–1.

n SiCl2 cyclo-SinCl2n

RIGHTWARDS ARROW Unicode: U+2192, UTF-8: E2 86 92

∆H0 (kcal mol–1)

n

3 –63.9

4 –100.9 –118.4

5 –142.7 –157.1 –161.4

6 –181.5 –199.5 –200.1 –201.0

7 –224.7 –236.4 –244.1 –238.6

8 –262.6 –279.7 –282.0 –282.5

9 –306.0 –317.5 –324.0 –321.4

10 –359.4 –362.8 –365.2

11 –397.7 –404.4 –402.8

12 –440.7 –442.3 –440.5

13 –477.7 –480.0

14 –512.5 –518.1

15 –546.7 –555.2

16 –579.4

17 –606.6

18 –628.6

R2 Si R2Si SiR2

R2Si R2Si SiR2

SiR2 SiR2

R2 Si R2Si

R2Si SiR2

R2Si R2Si

Si R2

SiR2 SiR2 R2 Si

intrinsisch instabilen Dichlorsilyleneinheiten berechnet wurde (Tabelle 2). In ihrer Summenformel identische (silylsubstituierte) Cyclosilane werden von Cyclotrisilan über Cyclotetrasilan zu Cyclopentasilan mit steigender Ringgröße stabiler, während in Abhängigkeit von ihrem Substitutionsmuster Cyclopenta- oder Cyclohexasilane thermodynamisch bevorzugt sind.

Zusätzlich zur thermodynamischen Stabilität der Cyclotri-, Cyclotetra-, Cyclopenta- und Cyclohexasilane haben wird die mittlere Stabilisierung pro SiCl2 Einheit für die verschiedenen Ringsysteme untersucht (Schema 16). Für die Cyclotri- und Cyclotetrasilane steigt die mittlere Stabilisierung pro SiCl2 Einheit mit zunehmender Silylsubstitution kontinuierlich an, während sich im Fall der Cyclopenta- und Cyclohexasilane durch zusätzliche Silylgruppen irgendwann eine Sättigung einstellt und keine weitere Stabilisierung mehr zu beobachten ist.

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es sich bei den im PCS vorhandenen Spezies vermutlich um silylsubstituierte Cyclopenta- und Cyclohexasilane handelt.

Schema 16. Relative mittlere Stabilisierung Silyl-substituierter Drei-, Vier-, Fünf- und Sechsringe in der Gasphase pro SiCl2 Einheit; RI-M06-L/6-311++G(2d,2p)//RI-M06-L/6-31+G(d,p), ∆H0 in kcal mol–1.

Si5_0

Anzahl SiCl2 Einheiten

Si4_0

Anzahl SiCl2 Einheiten Si3_0

Anzahl SiCl2 Einheiten

Cyclotrisilan (Stabilisierung pro SiCl2 Einheit) Cyclotretrasilan (Stabilisierung pro SiCl2 Einheit)

Cyclopentasilan (Stabilisierung pro SiCl2 Einheit) Cyclohexasilan (Stabilisierung pro SiCl2 Einheit)

Si6_0

Anzahl SiCl2 Einheiten Si3_0 Si3_1 Si3_2 Si3_3

Si3_4 Si3_5 Si3_6

Si4_0 Si4_1 Si4_2 Si4_3 Si4_4

Si4_5 Si4_6 Si4_7 Si4_8

Si5_0 Si5_1 Si5_2 Si5_3 Si5_4 Si5_5

Si5_6 Si5_7 Si5_8 Si5_9 Si5_10

Si6_0 Si6_1 Si6_2 Si6_3 Si6_4 Si6_5 Si6_6

Si6_7 Si6_8 Si6_9 Si6_10 Si6_11 Si6_12

1.4

29

Si-NMR-chemische Verschiebungen

Um einen besseren Überblick über die 29Si-NMR-chemischen Verschiebungen perchlorierter Silane zu erhalten haben wir eine Vielzahl dieser Spezies mittels Spin-Bahn relativistischer 29Si-NMR-Berechnungen untersucht. Die von uns gewählte Methode wurde bereits mehrfach erfolgreich verwendet.[4, 163, 256] Trotzdem haben wir an einem kleinen Testsatz 29Si-NMR-chemische Verschiebungen literaturbekannter perchlorierter Silane berechnet: Unsere Methode zeigt einen mittleren absoluten Fehler (MAE) von 1.3 ppm bei einer maximalen Abweichung von 3.1 ppm (Tabelle 3).

Ziehen wir jedoch den Spin-Orbit Tensor von den berechneten 29Si-NMR-chemische Verschiebungen ab, ändert sich das Bild dramatisch: Der MAE steigt um eine Größen-ordnung auf 11.4 ppm und der maximale Fehler beträgt 18.2 ppm. Damit bestätigen unsere Ergebnisse, dass zwar angesichts der frühen Stellung von Silicium und Chlor im Periodensystem der Einfluss relativistischer Spin-Bahn-Kopplungseffekte ungewöhnlich erscheinen mag, diese aber trotzdem einen großen Einfluss auf 29 Si-NMR-chemische Verschiebungen haben. Eine Erklärung für die Notwendigkeit

Tabelle 3. Experimentell gemessene und berechnete 29Si-NMR-chemische Verschiebungen für eine Auswahl an perchlorierten Silanen; COSMO-SO-ZORA-RPBE/TZ2P//SMD-RI-M06-L/6-31+G(d,p);

solvent = Toluol; NMR-chemische Verschiebungen relativ zu Tetramethylsilan (TMS, δ29Si = 0 ppm).

Verbindung[a] Exp. δ29Si

(ppm) DFT δ29Si

(ppm)

(ppm) DFT δ29Si–SO[b]

(ppm)

(ppm)

Si2Cl6[246] SiIII ––6.1 ––4.6 –1.5 ––9.2 –15.3

Si3Cl8[246] SiIII ––3.7 ––2.1 –1.6 –12.2 –15.9

SiII ––7.4 ––7.6 –0.2 ––0.1 ––7.5 iso-Si4Cl10[246] SiIII ––0.0 ––2.3 –2.3 –18.2 –18.2

SiI –31.8 –34.2 –2.4 –29.7 ––2.1

n-Si4Cl10[246] SiIII ––3.9 ––1.9 –2.0 ––5.5 ––9.4

SiII ––4.2 ––3.1 –1.1 –13.5 –17.7 neo-Si5Cl12[246] SiIII ––4.0 ––4.2 –0.2 –19.9 –15.9

Si0 –80.4 –81.4 –1.0 –79.0 ––1.4

n-Si5Cl12[246] SiIII ––3.8 ––1.6 –2.2 –13.7 –17.5

SiII ––3.8 ––3.2 –0.6 ––5.3 ––9.1 SiII ––1.2 ––1.9 –3.1 –11.8 –13.0 cyc-Si4Cl10[247] SiII ––5.9 ––4.8 –1.1 –13.4 ––7.5 cyc-Si5Cl12[247] SiII ––1.7 ––1.7 –0.0 ––9.5 –11.2 cyc-Si6Cl12[247] SiII ––2.5 ––2.7 –0.2 ––6.7 ––9.2

MAE 1.3 11.4

[a] Referenz für experimentell gemessene Verschiebungen

[b] Verschiebung abzüglich des Spin-Orbit Anteils

relativistischer Korrekturen bietet der sogenannte Fermi-Kontaktmechanismus:[257] Er postuliert eine Spinpolarisation die entlang kovalenter σ–Bindungen auf die Nachbaratome übertragen wird und auch leichte Atome betrifft.

1.4.1 29Si-NMR-chemische Verschiebungen acyclischer Perchlorsilane

Eine systematische, quantenchemische Untersuchung der Stabilität perchlorierter, acyclischer Silane im Solvens fehlt bislang und soll an dieser Stelle für SinCl2n+2 mit n = 1–8 der Berechnung der 29Si-NMR-chemischen Verschiebungen dieser Spezies vorangestellt werden. Die Stabilität verschiedener Konformere wurde mit einem Konformationsanalyse-Tool gescannt und die jeweils fünf stabilsten Konformere mit DFT nachoptimiert. Im Folgenden diskutieren wir lediglich das jeweils stabilste Konformer. Schema 17 zeigt berechnete relative Energien für Konstitutionsisomere höherer Silane, die unterschiedliche thermodynamische Stabilitäten aufweisen

Schema 17. Vereinfachte Darstellung von (a) Si2Cl6, (b) Si3Cl8, (c) Si4Cl10, (d) Si5Cl12, (e) Si6Cl14, (f) Si7Cl16 und (g) Si8Cl18 inklusive aller Konstitutionsisomere und ihrer entsprechenden Stabilitäten relativ zu dem jeweiligen n-Isomer. Das jeweils stabilste Isomer ist grün umrandet; SMD-RI-M06-L/6-311++G(2d,2p)//SMD-RI-M06-L/6-31+G(d,p); solvens = Toluol, ∆G298 in kcal mol–1.

Si2Cl6

(Tabelle 4). Verzweigte Isomere sind für alle untersuchten Silane stabiler als die korrespondierenden unverzweigten Verbindungen: Besonders jene Isomere, die einen neo-Kern, also ein Siliciumatom mit der formalen Oxidationsstufe 0 enthalten, sind 8.6 bis 12.9 kcal mol–1 stabiler als die korrespondierenden unverzweigten Verbindungen.

Ein Befund, der im Einklang steht mit der sowohl experimentell[2, 151, 152, 154-156, 165, 166, 258]

als auch quantenchemisch[6] wohletablierten thermodynamischen Stabilität von neo-Si5Cl12. Weiterhin sind mehrfach verzweigte Isomere gegenüber den einfach verzweigten Isomeren thermodynamisch bevorzugt, wobei sterisch überladene Spezies eine geringere Stabilisierung erfahren als sterisch weniger überladene Isomere (z.B.

13c vs. 13d). Anhand dieser Befunde zeigt sich, dass acyclische perchlorierte Silane von Si4Cl10 bis Si8Cl16, rein unter thermodynamischen Gesichtspunkten betrachtet, zu Verzweigungen neigen und eine maximale Anzahl an Si0-Zentren zur größten möglichen Stabilisierung führt.

Die 29Si-NMR-chemischen Verschiebungen der acyclischen Silane SinCl2n+2 mit n = 1 – 9 umfassen einen weiten Bereich von –92.8 ppm (neoSi8_4, Si0) bis +19.3 ppm (neoSi9, SiII) (Tabelle 5). Dieser Bereich lässt sich nach den formalen Oxidationsstufen der jeweiligen Siliciumatome in kleinere Abschnitte gliedern. Die

Tabelle 4. Relative Isomerenstabilität der perchlorierten acyclischen Silane Si4Cl10, Si5Cl12, Si6Cl14, Si7Cl16 und Si8Cl18 relativ zu dem jeweiligen n-Isomer; SMD-RI-M06-L/6-311++G(2d,2p)//SMD-RI-M06-L/6-31+G(d,p); solvens = Toluol, ∆G298 in kcal mol–1.

∆G298 (kcal mol–1)

Si4Cl10 Si5Cl12 Si6Cl14 Si7Cl16 Si8Cl18

n –0.0 ––0.0 –0.0 –0.0 ––0.0

iso –3.4 ––3.1 –3.0 –1.7 ––2.5

–3.0 –3.0 ––2.6 –4.2 –4.2 ––5.0 –7.8 ––5.8 ––6.0 ––6.1 ––7.9

neo –10.8 –9.4 –8.6 ––8.7

–8.9 ––9.8 –9.9 –10.7 –10.9 –11.5 –12.9 –15.7

Tabelle 5. Mittels DFT berechnete 29Si-NMR-chemische Verschiebungen für eine Auswahl an acyclischen Silanen. COSMO-SO-ZORA-RPBE/TZ2P//SMD-RI-M06-L/6-31+G(d,p); solvent = Toluol; NMR-chemische Verschiebungen relativ zu Tetramethylsilan (TMS, δ29Si = 0 ppm).

δ29Si (ppm)

δ29Si (ppm)

SiIII SiII SiI Si0

10b –2.5/1.8 –0.4 –34.9

10c 1.4 –30.4

11 –3.0/4.3 5.8 –81.1

12 –2.1 –3.4/–0.2/0.0

13a –1.8/1.9 –4.1/0.6/5.1 –29.5

13b –2.9/–0.4/2.8 –2.8/3.6/11.6 –24.8

13c –2.1/2.5/2.9 2.5 –20.5/–17.6

13d 2.0 10.5 –29.6

14a –1.8/4.2 –4.8/9.6 –80.2

14b –2.4/4.1 6.6 –78.9

14c 3.3/5.7 –19.0 –79.8

15 –1.5 –1.1/0.0/1.9

16a –1.9/1.7 –4.4/–1.0/1.0/5.2 –34.7

16b –2.1/–0.8/1.9 –3.2/0.6/4.4/5.2 –29.3

16c –2.5/3.0 –2.1/9.1 –22.3

16d –0.9/2.1/3.0 –0.9/9.3 –23.6/–16.9

16e –1.0/1.7/2.6 5.0/10.3 –35.3/–30.3

16f 1.8 4.8 –34.4

16g 2.1/3.3 –19.0/–13.7

17a –1.8/4.2 –2.2/–0.1/11.1 –79.8

17b 2.5/4.5 17.7 –28.0 –83.8

17c 0.9/2.4/4.5 4.3 –19.0 –79.8

17d –0.9/2.2 8.9 –94.8

17e –1.0/0.3/4.6 0.2/10.7/16.1 –75.2

17f 0.3/4.3/5.4 7.9 –14.8 –72.2

17g 4.9 –82.0

18 4.4 19.3 –76.7

SiIII-Zentren der von uns untersuchten acyclischen Silane haben chemische Verschiebungen in einem recht engen Bereich von –4.6 ppm (Si2Cl6) bis +5.4 ppm (neoSi8_6), während der Abschnitt, in dem die Verschiebungen für SiII-Zentren auftreten, etwas breiter ist (–7.6 ppm für Si3Cl8 bis +19 ppm für neoSi9). Für Siliciumatome mit der formalen Oxidationsstufe +I liegen die NMR-chemischen-Verschiebungen zwischen –35.3 ppm (isoSi8_5) und –14.8 ppm (neoSi8_6).

Schließlich liegen die NMR-chemischen Verschiebungen für Si0-Zentren innerhalb von –94.8 ppm (neoSi8_4) und –72.2 ppm (neoSi8_6) stark hochfeldverschoben. Folglich überlappen die NMR-chemischen Verschiebungen für die untersuchten acyclischen Perchlorsilane für Siliciumatome mit einer formalen Oxidationsstufe von +II und +III, während Signale für SiI- und Si0-Zentren in eindeutigen Bereichen lokalisiert sind.

1.4.2 29Si-NMR-chemische Verschiebungen cyclischer Perchlorsilane

PCS besteht gemäß unserer mechanistischen Betrachtungen hauptsächlich aus verschiedenen Cyclopenta- und Cyclohexasilanen. Das 29Si-NMR-Spektrum von PCS zeigt, dass PCS keineswegs aus einem einzelnen Molekül, sondern aus einer komplexen Mischung besteht. Eine Komponente konnte experimentell eindeutig nachgewiesen werden: cyc-Si5Cl10. Im Folgenden geben wir einen Überblick über die berechneten 29Si-NMR-chemischen Verschiebungen für Cyclotri-, Cyclotetra-, Cyclopenta- und Cyclohexasilane, um zu untersuchen, inwieweit sich individuelle Silane im komplexen NMR-Spektrum des PCS zuordnen lassen. Quantenchemische Berechnungen sind in diesem Fall besonders sinnvoll, weil experimentelle Daten für perchlorierte Silane spärlich sind.

Die 29Si-NMR-chemischen Verschiebungen der Cyclotrisilane weisen ähnliche

Tabelle 6. Mittels DFT berechnete 29Si-NMR-chemische Verschiebungen für eine Auswahl an Cyclotrisilanen. COSMO-SO-ZORA-RPBE/TZ2P//SMD-RI-M06-L/6-31+G(d,p); solvent = Toluol;

NMR-chemische Verschiebungen relativ zu Tetramethylsilan (TMS, δ29Si = 0 ppm).

δ29Si (ppm)

Si3_1 Si3_2 Si3_2a Si3_2b

Si3_3a

Si3_3

Si3_4 Si3_4a Si3_4b Si3_5 Si3_6

Si3_0

6.9

Charakteristika auf wie die der acyclischen Silane; die chemischen Verschiebungen überspannen einen weiten Bereich von –126.0 ppm (Si3_6, Si0) bis +12.7 ppm (Si3_2a, SiII), der sich in Abhängigkeit von der Oxidationsstufe der untersuchten Siliciumatome in Bereiche einteilen lässt (Tabelle 6). Die Verschiebungen der SiIII- und SiII-Zentren liegen in einem sehr ähnlichen Bereich, für SiIII-Zentren zwischen – 0.4 ppm (Si3_1) und +7.5 ppm (Si3_6) und für SiII-Zentren zwischen –2.9 ppm (Si3_2) und +12.7 ppm (Si3_2a). Chemische Verschiebungen der SiI-Zentren sind innerhalb von –20.5 ppm (Si3_1) und –43.1 ppm (Si3_3 und Si3_4a) lokalisiert und lassen sich damit gut von den noch stärker ins Hochfeld verschobenen Si0-Zentren, die zwischen –71.5 ppm (Si3_2) und –126.0 ppm (Si3_6) liegen, abgrenzen.

Im Einklang mit unseren Beobachtungen für die Cyclotrisilane befinden sich die 29Si-NMR-chemischen Verschiebungen für die Cyclotetrasilane ebenfalls innerhalb eines weiten Bereichs, der von –84.2 ppm (Si4_2, Si0) bis +23.0 ppm reicht (Si4_3a, SiII) (Tabelle 7). Für die Cyclotetrasilane überlappen die Abschnitte, in denen die NMR-chemischen Verschiebungen für Siliciumatome mit der formalen Oxidations-stufe +III, +II und +I liegen (SiIII-Zentren: –2.2 ppm (Si4_2a) und +9.4 ppm (Si4_7), SiII-Zentren: 4.8 ppm (Si4_0) und +23.0 ppm (Si4_3a), SiI-Zentren –28.2 ppm (Si4_1) und +12.3 ppm (Si4_5b)). Lediglich die Si0-Zentren sind in einem klar abgegrenzten Bereich zwischen –46.0 ppm (Si4_4) und –84.2 ppm (Si4_2) lokalisiert und analog zu den Si0-Zentren der acyclischen Silane und der Cyclotrisilane deutlich hochfeldverschoben.

Ein ganz ähnliches Bild zeigt sich für die 29Si-NMR-chemischen Verschiebungen der perchlorierten Cyclopentasilane, die in einem Bereich zwischen –96.9 ppm (Si5_5, Si0) und +7.4 ppm (Si5_9, SiI) liegen (Tabelle 8). Wie schon für die chemischen Verschiebungen der Cyclotetrasilane ist es nicht möglich, die Abschnitte, in denen die Signale für SiIII- SiII- und Si0-Zentren lokalisiert sind, klar voneinander zu unterscheiden (SiIII-Zentren: +1.2 ppm (Si5_3 und Si5_8) und +7.4 ppm (Si5_9), SiII-Zentren: –5.3 ppm (Si5_2) und +28.4 ppm (Si5_7), SiI-Zentren:

–2.4 ppm (Si5_9) und –45.2 ppm (Si5_3)). Tendenziell sind die chemischen Verschiebungen für Siliciumatome mit der formalen Oxidationsstufe +I stärker ins

Tabelle 7. Mittels DFT berechnete 29Si-NMR-chemische Verschiebungen für eine Auswahl an Cyclotetrasilanen. COSMO-SO-ZORA-RPBE/TZ2P//SMD-RI-M06-L/6-31+G(d,p); solvent = Toluol;

NMR-chemische Verschiebungen relativ zu Tetramethylsilan (TMS, δ29Si = 0 ppm).

δ29Si (ppm)

Si4_4b 1.0/0.6/0.1 –6.6/–14.0/–14.9

Si4_4c 4.3/3.5/–0.1 19.1 1.3/–18.9 –63.4

Si4_1 Si4_2 Si4_2a Si4_2b Si4_2c

Si4_2d Si4_3 Si4_3a Si4_3b Si4_3c Si4_4

Si4_4a Si4_4b Si4_4c Si4_5 Si4_5a Si4_5b

Si4_6 Si4_6a Si4_7 Si4_8

Si4_0

Hochfeld verschoben als die chemischen Verschiebungen für SiII- und SiIII-Zentren, das gilt allerdings nicht für chemische Verschiebungen von Siliciumatomen mit der formalen Oxidationsstufe +I, die in direkter Nachbarschaft von zwei Si0-Zentren liegen (Si5_7, Si5_8, Si5_9). Weiterhin liegen die 29Si-NMR-chemischen Verschiebungen für Si0-Zentren im Hochfeld innerhalb von –58.9 ppm (Si5_10) und –96.9 ppm (Si5_5) und damit in einem abgegrenzten Bereich.

Die 29Si-NMR-chemischen Verschiebungen verschiedener (substituierter) Cyclohexasilane verteilen sich ebenfalls über einen breiten Bereich von –82.4 ppm (Si6_6, Si0) bis +20.4 ppm (Si6_9, SiII)(Tabelle 9). Die Abschnitte, in denen die chemischen Verschiebungen für Siliciumatome mit der Oxidationsstufe +III, +II und +I liegen, überlappen: SiIII-Zentren: –0.1 ppm (Si6_7) und +9.4 ppm (Si6_11), SiII- Zentren: –2.7 ppm (Si6_0) und +20.4 ppm (Si6_9), SiI-Zentren –32.1 ppm (Si6_1) und +2.1 ppm (Si6_11), in Analogie zu den Verschiebungen der Cyclotetra- und

Tabelle 8. Mittels DFT berechnete 29Si-NMR-chemische Verschiebungen für eine Auswahl an Cyclopentasilanen. COSMO-SO-ZORA-RPBE/TZ2P//SMD-RI-M06-L/6-31+G(d,p); solvent = Toluol;

NMR-chemische Verschiebungen relativ zu Tetramethylsilan (TMS, δ29Si = 0 ppm).

δ- (ppm)

Si5_5 5.9/5.6/4.3/4.2/2.7 21.1/20.7 –19.5 –85.1/–96.9

Si5_6 5.6/4.8 23.6 –81.6/–92.8

Si5_7 5.6/5.4/5.3/4.7/4.1/1.7 28.4 –9.0 –78.3/–85.1/–87.0

Si5_8 1.2/4.6/5.0 –3.8 –72.9/–75.7

Si5_1 Si5_2 Si5_3 Si5_4 Si5_5

Si5_6 Si5_7 Si5_8 Si5_9 Si5_10

Si5_0

Cyclopentasilane. Die chemischen Verschiebungen für Si0-Zentren liegen im Hochfeld zwischen –41.3 ppm (Si6_10) und –82.4 ppm (Si6_6) und damit in einem von den übrigen Verschiebungen abgegrenzten Bereich.

Wir haben die 29Si-NMR-chemischen Verschiebungen einer Vielzahl cyclischer und acyclischer perchlorierter Silane mittels Spin-Bahn relativistischer DFT berechnet, um individuelle Silane im komplexen NMR-Spektrum des PCS zuordnen zu können.

Aufgrund sehr breiter Verschiebungsvariationen ist uns keine eindeutige Zuordnung

Tabelle 9. Mittels DFT berechnete 29Si-NMR-chemische Verschiebungen für eine Auswahl an Cyclohexasilanen. COSMO-SO-ZORA-RPBE/TZ2P//SMD-RI-M06-L/6-31+G(d,p); solvent = Toluol;

NMR-chemische Verschiebungen relativ zu Tetramethylsilan (TMS, δ29Si = 0 ppm).

δ29Si (ppm)

Si6_5 0.1/3.7/4.0/5.0/6.0 3.1/3.8/9.7 –25.4 –71.0/–80.5

Si6_6 3.5/5.7/7.3 2.7/5.2/16.0 –67.4/–76.9/–82.4

Si6_7 –0.1/3.5/4.8/5.5/5.7/6.8/7.6 9.3/13.3 –18.4 –72.0/–79.9/–77.2

Si6_8 5.9 17.5 –61.6

Si6_9 4.8/5.2/5.4/6.7/7.1 20.4 –11.4 –51.0/–50.9/–70.9

Si6_10 6.3/6.6/8.7 20.0 –45.5/–42.6/–41.3

Si6_11 3.8/4.8/5.8/6.8/8.0/8.6/9.4 2.1 –42.3/–46.5/–47.7

Si6_12 7.1 –48.3

Si6_1 Si6_2 Si6_3 Si6_4

Si6_5 Si6_6 Si6_7 Si6_8 Si6_9

Si6_10 Si6_11

gelungen (Schema 18), jedoch liefern unsere Daten erstmalig einen konsistenten Überblick über 29Si-NMR-chemische Verschiebungen perchlorierter Silane, die experimentell einzeln nicht zugänglich sind. Die 29Si-NMR-chemischen Verschiebungen lassen sich nach der formalen Oxidationsstufe der betrachteten Siliciumkerne ordnen: Die NMR-chemischen Verschiebungen für Siliciumkerne mit den Oxidationsstufe +III, +II und +I überlappen und sind nicht trennbar, während Siliciumkerne mit der Oxidationsstufe 0 Signale im Hochfeld erzeugen, die zwar nicht ganz eindeutig sind – Überlappung mit Verschiebungen für SiI-Zentren im Tieffeld – aber einen Hinweis auf die Präsenz perchlorierter Silane mit Si0-Zentren im PCS geben.

Schema 18. Übersicht über experimentell gemessene 29Si-NMR-chemische Verschiebungen für PCS und quantenchemisch berechnete 29Si-NMR-chemische Verschiebungen cyclischer und acyclischer Silane (R = Cl, SiCl3); COSMO-SO-ZORA-RPBE/TZ2P//SMD-RI-M06-L/6-31+G(d,p); solvent = Toluol; NMR-chemische Verschiebungen relativ zu Tetramethylsilan (TMS, δ29Si = 0 ppm).

Das vorangegangene Kapitel basiert auf folgender Veröffentlichung:

„Thermal Synthesis of Perchlorinated Oligosilanes: A Fresh Look at an Old Reaction”, F. Neumeyer, J. I.

Schweizer, L. Meyer, A. G. Sturm, A. Nadj, M. C. Holthausen, N. Auner, Chem. Eur. J. 2017, 23, 12399.