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2.3 Das Major Sperm Protein (MSP)

2.3.3 Funktionen

Im Verlauf der Spermatogenese bei Nematoden entstehen aus Spermatogonien reife, motile Spermatozoen. Dazu werden aus den Spermatogonien zunächst primäre und später sekundäre Spermatozyten gebildet, die durch Meiose haploide Zellkerne enthalten. Jeder dieser Kerne wird mit dem umgebenden Zytoplasma durch Knospung zu unbeweglichen Spermatiden, die nach Reifung als motile Spermatozoen im Vas deferens vorliegen. Während des Prozesses der Knospung werden das Endoplasmatische Reticulum, der Golgi Apparat, die Ribosomen, Mikrotubuli und Mikrofilamente als Residualkörper zurückgelassen, so dass die

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nachfolgenden Spermatiden und Spermatozoen keine Möglichkeit der Proteinsynthese mehr besitzen. Die Bildung des MSP findet daher in den Spermatozyten statt. Anschließend werden die Proteine als sogenannte fibröse Körper im Zytoplasma gelagert und gehen mit diesem auf die Spermatiden über. Hier kann nach Aktivierung der reifen Spermien auf den MSP-Vorrat zurückgegriffen werden (SCOTT 1996).

2.3.3.1 Spermienmotilität

Die Spermien der Nematoden zeigen im Gegensatz zu den Spermien von Säugetieren eine amoeboide, kriechende Fortbewegung, die eine Geschwindigkeit von bis zu 50 µm/min erreichen kann. Diese Art der Bewegung wird durch die Ausbildung von Pseudopodien ermöglicht, deren Grundlage durch ein Zytoskeleton aus MSP-Filamenten gebildet wird (ROBERTS u. STEWART 2000; SCOTT 1996; STEWART et al. 1998). Die amoeboide Fortbewegungsfähigkeit aller anderen eukaryontischen Zellen basiert dagegen auf Aktin, das in Spermien nur in sehr geringen Konzentrationen vorhanden ist (MANSIR u. JUSTINE 1999). Trotz fehlender Sequenzhomologien und keiner strukturellen Ähnlichkeiten beider Proteine sind die mechanischen Prinzipien der Kriechbewegung bei diesen fast identisch. Der größte Unterschied zwischen der Struktur des Aktin und der des MSP besteht in der fehlenden Polarität des MSP, die eine Steuerung der Zytoskeletonbildung über Motorproteine wie Myosin unmöglich macht. Daher erfolgt die Organisation und Regulation der MSP-Polymerisation durch externe Faktoren, zu denen auch einige MDPs gehören (ROBERTS u.

STEWART 2000; STEWART u. ROBERTS 2005; TARR u. SCOTT 2005b).

Das Zytoskeleton der Spermien besteht aus einem Netzwerk von MSP-Filamenten, die aus von MSP-Dimeren gebildeten Subfilamenten aufgebaut sind. Diese Zusammenlagerung der MSP-Moleküle findet in den hervorstehenden Randbezirken der Pseudopodien statt und bewirkt ein Vorwärtsschieben des Zellausläufers. Gleichzeitig wird das polymerisierte MSP an dessen Basis abgebaut, was in einer Retraktion des Zellkörpers resultiert. Eine Neutralisation dieser beiden gegensätzlichen Kräfte wird über die Adhäsion des zwischen ihnen liegenden Zellbereiches an eine Oberfläche verhindert. Das Prinzip dieser amoeboiden Bewegung wird auch als „Push-Pull Mechanism“ bezeichnet (MIAO et al. 2003; ROBERTS u. STEWART 2000; STEWART u. ROBERTS 2005).

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Die externen Faktoren, die diese Prozesse koordinieren, sind zum einen der intrazelluläre pH-Wert und zum anderen verschiedene Proteine. Über eine Veränderung des pH-pH-Wertes kann dabei sowohl die Polymerisation als auch die Depolymerisation der Filamente gestoppt oder aber auch wieder aufgenommen werden (ITALIANO et al. 1999). Die Steuerung des Filamentnetzwerkes wird auch von MDPs übernommen. In Ascaris-Spermien konnten dazu zwei als MSP-Fiber Proteine (MFP) 1 und 2 benannte Proteine identifiziert werden, die auf den Filamentaufbau entgegengesetzte Wirkungen haben, wobei dieser durch MFP 1 gehemmt und durch MFP 2 gefördert wird (BUTTERY et al. 2003). Der Mechanismus der Wechselwirkungen zwischen den Proteinen ist unbekannt. Neuere Untersuchungen beweisen allerdings die direkte Bindung eines Bestandteils des MFP 1 an das MSP (TARR u. SCOTT 2005a). Den Transmembranproteinen unter den MDPs wird eine Rolle bei der Verankerung der MSP-Filamente an der Membran des Pseudopodiums zugeschrieben (TARR u. SCOTT 2005b). Ein 48 kDa großes, in der Membran integriertes Phosphoprotein erwies sich hierzu in Ascaris-Spermien als der Ausgangspunkt der MSP-Polymerisation in den Membranen der Zellausläufer (LECLAIRE 2003). Aufgrund einer starken Ähnlichkeit einiger MDPs mit dem Chaperon PapD aus E. coli wird eine zusätzliche Funktion von MDPs bei der Faltung des MSP in Nematoden vermutet (TARR u. SCOTT 2005b).

2.3.3.2 Oozytenreifung und Ovulation

Das Vorkommen eines putativen MSP in e/s-Produkten adulter D. viviparus wurde erstmals von MATTHEWS et al. (2004) gezeigt, die damit neben der intrazellulären, filamentösen Form des MSP eine zweite, sezernierte Form bei Lungenwürmern nachweisen konnten. Die Funktion dieses extrazellulären Proteins bei C. elegans besteht in einer hormonellen Wirkung auf den Geschlechtstrakt weiblicher Würmer, wodurch die Oozytenreifung und die Ovulation hervorgerufen werden. Dazu sind zwei Signalregionen auf dem MSP vorhanden: das C-terminale Ende mit den Aminosäuren 106-126 vermittelt die Ovulation und das N-C-terminale Ende von Aminosäure 1-106 die Oozytenreifung (MILLER et al. 2001). Diese besteht in einer Wiederaufnahme der Meiose der Eizellen, die bis zur Insemination unterbrochen ist (MILLER et al. 2001; YAMAMOTO et al. 2006). Die Bindung von MSP an membranständige Rezeptoren der Oozyten löst dann eine intrazelluläre Enzymkaskade aus, deren Resultat die Bereitstellung befruchtungsfähiger Eizellen ist (KUWABARA 2003;

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MILLER et al. 2003). Der Transport dieser reifen Oozyten zu den Spermien wird ebenfalls über das MSP als Hormon erreicht, welches die Ovulation mit Scheidenzellkontraktionen bewirkt (MILLER et al. 2001).

Die Sekretion des MSP, das keine Signalsequenz zur Ausschleusung aus der Zelle besitzt, findet trotz des Fehlens von Golgi Apparat, Endoplasmatischem Reticulum und Ribosomen statt. Mittels neuerer Untersuchungen konnte in den Spermien der Nematoden die Existenz einer neuen Form von Vesikeln nachgewiesen werden, die anscheinend durch das MSP selber gebildet werden. Diese enthalten nach der Knospung von der Zelle zwischen ihrer inneren und äußeren Membran MSP-Moleküle. Aufgrund ihrer Labilität erfolgen ein Zerfall der Vesikel und damit eine Freisetzung des MSP, worauf es seine Wirkung entfalten kann (KOSINSKI et al. 2005; YAMAMOTO et al. 2006).

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