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5.1 Major Sperm Protein

5.2.2 Einfluss der Adjuvantien auf die Effizienz einer Vakzine

Die zurzeit einzige Immunisierungsmöglichkeit gegen D. viviparus basiert auf röntgenattenuierten Lungenwurmlarven, die bei Anwendung eines bestimmten Impfschemas eine protektive Immunität hervorrufen (DÜWEL 1963; JARRETT et al. 1958). Seit Beginn der neunziger Jahre werden darüberhinaus Impfstoffversuche auf der Basis nativer oder rekombinanter Antigene durchgeführt. Hierbei konnten sehr unterschiedliche Erfolge erzielt werden. Die Vakzinierung von Meerschweinchen mit den e/s-Produkten adulter Lungenwürmer erbrachte nach der Challenge-Infektion eine signifikante Verringerung der Wurmbürde. Diese auf antikörpervermittelten Mechanismen beruhende Wirkung konnte aber bei Immunisierungsversuchen in der Zieltierart Rind trotz der Existenz spezifischer IgG-, IgG1- und IgG2-Titer im Serum nicht bestätigt werden (MATTHEWS et al. 2001;

MCKEAND et al. 1995b). Nach Ansicht der Autoren scheint die fehlende Reproduzierbarkeit nach Wechsel der Tierart mit dem Austausch des Adjuvans zusammenzuhängen. Während bei den Impfungen der Meerschweinchen das vollständige Freundsche Aduvans zum Einsatz kam, wurde bei den Rindern das unvollständige Freundsche Adjuvans verwendet. Ähnliche Beobachtungen wurden bei Vakzinierungen gegen H. contortus in Schafen und gegen F. hepatica in Rindern gemacht. Der Gebrauch von Quil A anstelle von vollständigem Freundschen Adjuvans in Immunisierungen gegen H. contortus führte dagegen zu einem höheren spezifischen Antikörpertiter und damit auch zu einer Steigerung der schützenden Wirkung (KNOX et al. 1999; MULCAHY et al. 1998; NEWTON u. MUNN 1999; SMITH

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1999). Diese Effizienz des Quil A konnte auch von GELDHOF et al. (2004) nachgewiesen werden. Die Erzeugung einer protektiven Immunantwort gelang hier bei Verwendung des gleichen Antigens nur in Verbindung mit Quil A, wohingegen Aluminiumhydroxid als Adjuvans keine Wirkung hatte. Demgegenüber zeigten NEWTON u. MUNN (1999) bei Vakzinierungsversuchen gegen H. contortus, dass das gleiche Protein in Kombination mit Aluminiumhydroxid oder Quil A einen Schutz nur mit Aluminiumhydroxid erzielte. Der fehlende Erfolg eines mit Quil A kombinierten Impfstoffes wurde auch bei Untersuchungen mit O. radiatum in Kälbern bestätigt (EAST et al. 1993).

Auch bei den im Rahmen dieser Dissertation durchgeführten Impfversuchen konnte der Einfluss des Adjuvans auf die Ergebnisse der Immunisierungen nachgewiesen werden. Die im ersten und zweiten Durchgang mit Al(OH)3 kombinierten Vakzinen bewirkten keine oder aber nur eine 22 %ige Reduktion der Anzahl ausgeschiedener Larven. Im Gegensatz dazu zeigten die mit Quil A verbundenen Impfstoffe eine um 25 % bzw. 65 % verringerte Larvenzahl. Die Effizienz der im dritten Versuchsdurchgang verwendeten Quil A-Vakzine lag bei 45 %, wobei bei keiner Gruppe aufgrund hoher individueller Schwankungen eine statistisch signifikante Unterscheidung von den Kontrollgruppen möglich war. Diese sehr heterogene Ausprägung einer protektiven Immunität konnte ebenfalls in Immunisierungsversuchen gegen Schistosomen und gegen eine Infektion mit H. contortus bei Schafen festgestellt werden (BOULANGER et al. 1991; KABAGAMBE et al. 2000). Auch nach Vakzinierungen mit somatischem Antigen adulter Lungenwürmer und anschließender Challenge-Infektion mit D. viviparus-Larven wurde eine von Rind zu Rind stark differierende Infestation beobachtet (JARRETT et al. 1957). Die Heterogenität der Immunitätsbildung scheint an genetische Faktoren gekoppelt zu sein, wie es bei verschiedenen Schaf- und Rinderrassen nachgewiesen werden konnte (SOULSBY 1985). Auch die individuell unterschiedliche Empfänglichkeit von Meerschweinchen für eine Infektion mit D. viviparus ist mit dieser Tatsache zu erklären (BRITTON et al. 1992a). Die rasseabhängige Ausprägung des Abwehrvermögens gegenüber einer Helmintheninfektion wurde im Rahmen dieser Arbeit durch die Verwendung von Rindern ausgeschlossen, die alle einer Rasse angehörten und darüberhinaus das gleiche Geschlecht besaßen.

Die von COX u. COULTER (1997) und LINDBLAD (2004) beschriebene hohe Sicherheit sowohl der Aluminium-Adjuvantien als auch des Quil A konnte in den mit dem MSP

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durchgeführten Versuchen bestätigt werden. Neben den bei einigen Rindern nach der Immunisierung auftretenden minimalen lokalen Impfreaktionen in Form leichter Schwellungen konnte kein weiteres Symptom einer unerwünschten Wirkung aufgefunden werden.

Die unterschiedlichen Auswirkungen von antiparasitären Vakzinen auf adulte Würmer oder deren Fortpflanzungsstadien wie Eier oder Larven konnte in verschiedenen Studien belegt werden. MCMANUS et al. (2001) gelang es, durch die Impfung von rekombinantem Paramyosin in Wasserbüffeln eine signifikante Reduktion der Eiausscheidung bei gleichbleibend hoher Anzahl adulter Schistosomen herbeizuführen. Diese verminderte Fruchtbarkeit der Helminthen als Folge von Immunisierungen wurde ebenfalls bei der Verabreichung von Kathepsin L gegen die Fasciola-Infektion der Schafe beobachtet (WIJFFELS et al. 1994). Hierbei konnte zusätzlich eine fast vollständig fehlende Embryonierung der noch ausgeschiedenen Eier nachgewiesen werden (DALTON u.

MULCAHY 2001). Bei Vakzinierungen mit Cysteinproteasen in Form von rekombinant exprimierten GST-Fusionsproteinen gegen H. contortus wurde demgegenüber in Bezug auf eine Kontrollgruppe eine verringerte Wurmbürde und gleichbleibende Eizahlen erreicht (REDMOND u. KNOX 2004). In diesem Versuch zeigten die bei den immunisierten Tieren vorhandenen Würmer also eine gesteigerte Fruchtbarkeit im Vergleich zur Kontrolle. Die im Rahmen vorangegangener Untersuchungen ausgewerteten Immunreaktionen des MSP als His-Fusionsprotein in Rindern ergaben eine nicht signifikante Verminderung sowohl der Wurm- als auch der Larvenzahlen (KÖHRMANN 2002). Aufgrund einer geringen Anzahl von Tieren, einer sehr kleinen Infestationsrate nach der Belastungsinfektion, dem höheren Alter der Rinder und eines nicht identischen Impfstoffes sowie –schemas in der von KÖHRMANN (2002) durchgeführten Arbeit ist ein Vergleich mit den in dieser Dissertation erzielten Resultaten aber nur schwer möglich.

Die Ergebnisse der mit MSP durchgeführten Impfversuche ergeben hinsichtlich der Wurmbürde ein sehr heterogenes Bild. Während im ersten Durchgang, in dem MSP als Monovakzine eingesetzt wurde, in der Kontrollgruppe die niedrigsten Wurmzahlen zu finden waren, konnte in den folgenden zwei Versuchsdurchgängen die Anzahl adulter Würmer in allen immunisierten Gruppen mit Hilfe der aus mehreren rekombinanten Proteinen bestehenden Impfstoffe gesenkt werden. Angesichts eines stark schwankenden individuellen

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Befalls mit Lungenwürmern ergaben sich keine statistisch signifikanten Unterschiede. Eine Erklärung für diese zwischen den verwendeten Vakzinen so unterschiedlichen Resultate lässt sich eventuell in der Funktion des MSP finden. Aufgrund seiner ausschließlich auf die Fortpflanzung der Nematoden beschränkten Rolle kann eine protektive Wirkung gegenüber adulten Stadien nicht erwartet werden, weshalb keine Reduktion der Wurmzahlen bei der alleinigen Anwendung des MSP gefunden wurde. Die durch die in Kombination mit dem MSP verabreichten Proteine Protein-Disulfidisomerase, Phenyl-N-Methyl-Transferase, Paramyosin und Acetylcholinesterase gebildeten Antikörper der weiteren Impfgruppen dagegen besaßen als potentielle Angriffspunkte Epitope, die auch in adulten Würmern lokalisiert waren. Hier war dementsprechend eine direkte Bekämpfung maturer D. viviparus möglich. Eine Blockade der Reproduktionsmechanismen der Parasiten durch die Vakzinierung von MSP wird aber durch die ausgeschiedenen Larvenzahlen und die errechnete Fruchtbarkeit der Lungenwürmer deutlich. Dabei kann als Ziel der Immunantwort die sezernierte, als hormoneller Transmitter dienende Form des MSP angesehen werden, da die im Zytosol der Spermien vorliegenden MSP-Moleküle von den Immunreaktionen nicht erreicht werden können. Bei den Parametern zur Fortpflanzung wie Larvenausscheidung und Fruchtbarkeit konnte in allen mit Quil A als Adjuvans durchgeführten Impfungen eine Reduktion im Vergleich zur Kontrolle erzielt werden. Die Bedeutung der ausgewählten Adjuvantien wurde zu Beginn dieses Kapitels bereits ausführlich geschildert.

Ein signifikant höherer Anteil weiblicher Würmer in nach Anschluss an experimentelle Infektionen mit D. viviparus sezierten Rindern wurde von PFEIFFER (1971) beschrieben.

Auch in den von KÖHRMANN (2002) durchgeführten Immunisierungsversuchen konnte in den vakzinierten Gruppen ein Verhältnis der weiblichen zu den männlichen Lungenwürmern von 3:1 festgestellt werden, wobei die aus den Kontrolltieren isolierten Würmer ausschließlich weiblichen Geschlechts waren. In den eigenen Untersuchungen wurde in der Kontrolle und den Alum-Gruppen ein Verhältnis der weiblichen zu den männlichen Würmern von 1,6:1 sowie in den Quil A-Gruppen von 1,8:1 gefunden. Dieses mit den vorangegangenen Untersuchungen übereinstimmende Geschlechtsverhältnis konnte also nicht durch die Impfung der rekombinanten Proteine verändert werden.

Zusätzlich zu einer reduzierten Wurmbürde konnte bei Immunisierungen mit nativen oder rekombinanten Proteinen bei einigen Untersuchungen auch eine Verringerung der Größe der

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Parasiten beobachtet werden. Gegen O. ostertagi eingesetzte native Antigene bewirkten ebenso wie das in Vakzinierungen gegen D. viviparus verwendete rekombinante MSP eine signifikant kleinere Wurmlänge (GELDHOF et al. 2004; GELDHOF et al. 2002;

KÖHRMANN 2002). Die in dem von KÖHRMANN (2002) durchgeführten Versuch gemessenen Lungenwürmer wiesen im Mittel eine Länge von 4,52 cm in der Kontrollgruppe gegenüber 2,72 cm in der immunisierten Gruppe auf. Allerdings wurden keine Angaben zum Geschlecht der aus den geimpften Rindern stammenden Würmer gemacht, wohingegen die aus den Lungen der Kontrolltiere isolierten D. viviparus ausschließlich weiblich waren. Auch nach Impfung nativer Proteine zur Prophylaxe von H. placei-Infektionen konnten verminderte Wurmgrößen festgestellt werden (SIEFKER u. RICKARD 2000a).

Die von KÖHRMANN (2002) dokumentierten Ergebnisse konnten in der vorliegenden Arbeit nicht bestätigt werden. Die aus den nur mit MSP vakzinierten Tieren des ersten Durchgangs gewonnenen Lungenwürmer waren größer als die der Kontrolle. Dagegen konnte bei allen im zweiten und dritten Durchgang vermessenen Würmern eine Reduktion sowohl der Länge als auch der Breite nachgewiesen werden. Diese zwischen der Monovakzine und den aus mehreren Proteinen kombinierten Impfstoffen unterschiedliche Wirkung kann mit den oben beschriebenen potentiellen Angriffspunkten der induzierten Antikörper erklärt werden. Diese Epitope sind bei den anti-MSP-Immunglobulinen im Gegensatz zu den durch die anderen Proteine gebildeten Antikörpern nicht auf adulten Würmern lokalisiert. Zudem fällt eine signifikante Korrelation zwischen der Wurmzahl und der Wurmgröße jedes Tieres auf. Dabei besitzt ein Rind mit einer hohen Wurmbürde große Würmer, während Tiere mit einer niedrigen Anzahl adulter Lungenwürmer kleinere Parasiten aufweisen. Diese Korrelation nach Pearson konnte sowohl zwischen der Länge und der Anzahl männlicher Würmer als auch zwischen Länge und Anzahl weiblicher Würmer nachgewiesen werden. Das innerhalb der Kontroll- und Impfgruppen beobachtete Phänomen lässt sich mit der Immunantwort des jeweiligen Rindes begründen. Gelingt es einem Individuum, eine wirksame Immunreaktion gegenüber einer Infektion mit D. viviparus aufzubauen, so kann diese in einer verminderten Larven- oder Wurmzahl und gleichzeitig in einer Reduktion der Größe der verbliebenen Parasiten resultieren.

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