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2.1 Die Dictyokaulose des Rindes

2.1.6 Diagnose

Der Nachweis einer Infektion mit D. viviparus kann am lebenden Tier über die Erhebung klinischer Befunde, über die parasitologische Untersuchung des Kotes oder über serologische Verfahren erfolgen.

Treten in einer Herde erstsömmriger Rinder Krankheitssymptome wie Husten oder Tachypnoe mehrere Wochen nach dem Austrieb auf und ist zudem vorberichtlich die Region als ein mit Lungenwürmern befallenes Gebiet bekannt, so kann zumindest die Verdachtsdiagnose Dictyokaulose gestellt werden (JARRETT et al. 1957; PFEIFFER u.

SUPPERER 1980; TAYLOR 1951). Auch wenn diese Beobachtungen nur bei einigen Kälbern der Gruppe gemacht werden können und andere als gesund bzw. nicht infiziert erscheinen, spricht JARRETT et al. (1957) von einem pathognomonischen Krankheitsbild.

Diese Ansicht wird allerdings von SCHNIEDER et al. (1989) nicht geteilt, die die erhobenen Befunde auch mit anderen ätiologischen Faktoren in Zusammenhang bringen.

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Die Bestätigung einer patenten Lungenwurminfektion ist mittels des Auswanderungsverfahrens möglich, bei dem mit dem Kot ausgeschiedene erste Larven nachgewiesen werden können (BAERMANN 1917). Dieser direkte Infektionsnachweis kann nicht in den Phasen der Prä- und Postpatenz durchgeführt werden, da in diesen Zeiträumen keine Larven ausgeschieden werden. Ein weiterer Nachteil der Technik besteht in der geringen Reproduzierbarkeit der Ergebnisse. Wird das Auswanderungsverfahren innerhalb von drei Stunden nach Kotentnahme angesetzt, kann die Präsenz eines einzelnen weiblichen patenten Lungenwurmes 5-7 Wochen p.i. nachgewiesen werden (EYSKER 1997). Eine Lagerung der Proben für 24 Stunden bei 4 °C oder 16 °C bewirkt eine Reduktion der ausgewanderten Larven um 20 %, während eine Aufbewahrung bei 20°C schon in einer um 60 % reduzierten Larvenzahl resultierte (RODE u. JORGENSEN 1989). Wurde die Lagerungsdauer auf zwei Tage erhöht, konnten unabhängig von der Temperatut nur noch 20 % der Larven aufgefunden werden. Auch die Dauer des Auswanderungsverfahrens nimmt Einfluss auf das Ergebnis, da der größte Teil der D. viviparus-Larven erst nach 10 Stunden auswandert und anschließend innerhalb mehrerer Stunden sedimentiert (RODE u.

JORGENSEN 1989). Das Auffinden von Larven im Anschluss an eine schwache Infektion gelingt bei Kälbern zuverlässiger als bei adulten Tieren, da sich die Larven bei diesen in einem größeren Kotvolumen verteilen können (EYSKER 1997). Eine Kontamination mit verschiedenen Stadien von Erdnematoden kann besonders bei vom Boden gewonnenen Kotproben Schwierigkeiten bereiten, da die mikroskopische Differenzierung von Lungenwurmlarven notwendig wird (PFEIFFER u. SUPPERER 1980).

Eine modifizierte Form des Auswanderungsverfahrens wurde von BUCHWALDER (1963) entwickelt, der an Stelle des Trichters Spitzgläser verwendete. In vergleichenden Studien zwischen diesen beiden Techniken konnten mit Hilfe der nach Buchwalder veränderten Methode 137 % mehr Larven von D. viviparus nachgewiesen werden (MCKENNA 1999).

Als serologische Untersuchungsmethoden wurden seit Beginn der fünfziger Jahre eine Komplement-Bindungsreaktion (KBR), ein indirekter Hämagglutinationsassay (IHA) und mehrere Enzyme-linked Immunosorbent Assays (ELISA) routinemäßig in der Diagnostik von Lungenwurminfektionen eingesetzt. Die KBR basierte auf einem Rohantigen, das aus adulten Würmern gewonnen worden war (CORNWELL u. MICHEL 1960). Mit diesem Test gelang die Detektion von komplementbindenden Antikörpern im Rahmen einer natürlichen oder

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experimentellen Infektion ab der fünften Woche p.i.. Die Möglichkeit einer Unterscheidung zwischen vakzinierten und nicht vakzinierten Tieren bestand hier aber nicht, da ebenfalls die im Anschluss an eine Immunisierung mit röntgenattenuierten Larven gebildeten Antikörper detektiert wurden (CORNWELL 1960).

Der Nachweis einer Lungenwurminfektion mittels des IHA auf der Grundlage von Antigen, welches aus adulten Lungenwürmern extrahiert worden war, wurde von BOKHOUT et al.

(1979) eingeführt. Der Test zeigte die Existenz von systemischen Antikörpern ab der sechsten Woche nach dem Austrieb an, wobei auch hier keine Differenzierung zwischen immunisierten und nicht immunisierten Tieren möglich war. Aufgrund fehlender Kreuzreaktionen mit anderen, bei Rindern relevanten Nematoden und wegen der positiven Korrelation zwischen klinischen Symptomen und IHA-Ergebnissen wurde diese Technik nach der Evaluierung im Tiergesundheitsdienst der Niederlande als Routinediagnostik angewendet (CORNELISSEN et al. 1997).

MARIUS et al. (1979) beschrieben erstmals die Verwendung eines ELISA zur Diagnose einer Dictyocaulus-Infektion. Dieser wies die gegen Antigene aus adulten D. viviparus reagierenden Immunglobuline ab der fünften Woche p.i. in Seren, Nasenausfluss oder Lungenspülungen nach. Hierbei wurde ein Anstieg von IgA nur lokal in den Lungenspülproben sowie im Nasenausfluss beobachtet, im Serum dagegen konnte spezifisches IgA nicht gefunden werden.

Ein ebenfalls auf dem Antigen von adulten Lungenwürmern basierender ELISA zeigte einen Titeranstieg von spezifischen, systemischen IgG bei nicht vakzinierten Kälbern ab der vierten Woche p.i. (BOON et al. 1982). Kreuzreaktionen mit Antikörpern gegen Ostertagia spp.und Cooperia spp. wurden auf einem niedrigen Level gefunden. Trotz dieser Tatsache konnte eine für die Herdendiagnostik ausreichende Spezifität und Sensitivität der Methode erreicht werden. Darüberhinaus wurde eine positive Korrelation zwischen den mit diesem Test gewonnenen Ergebnissen und der IHA-Technik, parasitologischen Befunden und klinischen Beobachtungen festgestellt.

Neben dem Antigen aus adulten D. vivparus setzte WASSALL (1991) in vergleichenden ELISA-Untersuchungen auch Antigen aus vierten Larven ein. Mit beiden ELISA war ein Anstieg der Antikörpertiter in natürlich und experimentell infizierten Rindern ab sechs

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Wochen p.i. zu beobachten. Vakzinierte Tiere dagegen zeigten keine bzw. nur eine leichte Erhöhung des Titers bei larvalem respektive adultem Antigen nach Immunisierung.

Ein weiterer ELISA mit somatischem Antigen von adulten Lungenwürmern wurde von TENTER et al. (1993) mit Seren von experimentell und natürlich infizierten Tieren etabliert.

Hier konnten über die Detektion von spezifischem IgG eine Spezifität, Sensitivität sowie positive und negative prediktive Werte von über 90 % zwischen der 13. und 17. Woche nach Austrieb der Rinder auf mit Larven kontaminierte Weiden erreicht werden.

Die Entwicklung eines indirekten ELISA auf der Grundlage eines aus den somatischen Proteinen adulter Lungenwürmer aufgereinigten Proteins wurde von DE LEEUW u.

CORNELISSEN (1991) beschrieben. Diese isolierten ein 17 kDa großes Antigen adulter Würmer, welches nicht mit Immunglobulinen gegen Fasciola hepatica, Ostertagia ostertagi, Cooperia oncophora und Ascaris suum kreuzreagierte. Die mit diesem putativen MSP durchgeführten ELISA korrelierten positiv mit den ELISA, die auf der Basis von nicht aufgereinigtem adulten Antigen durchgeführt wurden, wobei diese aber Kreuzreaktionen gegen die oben genannten Nematoden aufwiesen. Ein weiterer Vergleich dieser beiden Methoden mit einem kompetitiven ELISA, dessen Durchführung mit dem isolierten Protein in Kombination mit monoklonalen Antikörpern gegen D. viviparus erfolgte, verdeutlichte die Vorteile des indirekten ELISA unter Verwendung des aufgereinigten Proteins (DE LEEUW u.

CORNELISSEN 1993). Mit diesem konnte sowohl eine Sensitivität als auch eine Spezifität von 97 % erreicht werden. Die erstmalige Detektion der Antikörper im Verlauf einer Infektion war zwischen der vierten und sechsten Woche p.i. möglich. Keines der vakzinierten Kälber wurde als positiv erkannt, so daß nach nachfolgenden umfangreichen Studien und gewissen Modifikationen 1995 der ELISA in der Routinediagnostik der Tiergesundheitsdienste der Niederlande die bis dahin verwendeten IHA und Kotuntersuchungen auf Lungenwürmer ersetzte (CORNELISSEN et al. 1997). Die Diagnose einer Dictyocaulus-Infektion mit dem ELISA erfolgte ab diesem Zeitpunkt über den Nachweis spezifischer IgG1-Antikörper. Dadurch gelang es, die Spezifität des ELISA auf 99,2 % und die Sensitivität auf 100 % zu erhöhen, womit eine signifikante Verbesserung gegenüber dem IHA mit 99,6 % bzw. 78,1 % erzielt werden konnte. Ein zweiter Vorteil im Vergleich des ELISA zum IHA bestand in der fehlenden Erkennung von vakzinierten Tieren.

Zusammen mit der bis zum 168. Tag p.i. anhaltenden Nachweisbarkeit der Infektion im

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ELISA trugen diese Eigenschaften zu dessen Evaluierung als Routinediagnostikum bei.

Zugleich wurde der ELISA als kommerzieller Testkit zur Diagnose einer Lungenwurminfektion auf dem europäischen Markt eingeführt (Ceditest® Lungworm, CEDI-DIAGNOSTICS, Lelystad, Niederlande).

Der erste mittels eines rekombinanten Antigens durchgeführte Nachweis lungenwurmspezifischer Immunglobuline fand zu Beginn der neunziger Jahre statt (SCHNIEDER 1992). Ein ca. 18 kDa großes Protein adulter Lungenwürmer wurde als ein Major Sperm Protein (MSP) von D. viviparus identifiziert und als rekombinantes Glutathion-S-Transferase Fusionsprotein exprimiert (SCHNIEDER 1993b). Im ELISA diente zum einen das Fusionsprotein und zum anderern das mit Thrombin vom GST-Tag geschnittene und anschließend aufgereinigte rekombinante MSP als Antigen. Mit beiden Präparationen lag die Spezifität nach experimentellen Infektionen bei über 99 % und die Sensitivität bei über 90 %. Im Anschluss an eine natürliche Exposition sank die Spezifität des ELISA basierend auf dem Fusionsprotein auf 90 % bei gleichbleibendem Wert für das geschnittene MSP, die Sensitivität betrug 85 % bzw. 70 %. Als weitere Einsatzmöglichkeit des rekombinanten Proteins wurde ein Immunoblot entwickelt, der mit dem puren MSP als Antigen in Form eines Schnelltestes - des Dipstick Immunoassays - eine Spezifität und eine Sensitivität von über 99 % bei experimentell infizierten Tieren aufwies (SCHNIEDER 1993a). Beide Techniken beruhten auf dem Nachweis spezifischer Antikörper des Isotyps G im Serum.

Nach Evaluierung wurde der Immunoblot zur Diagnose von Serokonversionen gegen Lungenwürmer im Institut für Parasitologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover eingesetzt.