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5.1 Major Sperm Protein

5.2.3 Einfluss des rekombinanten Antigens auf die Effizienz einer Vakzine

Die Fähigkeit der durch die Vakzinierung induzierten Antikörper, Epitope des nativen MSP zu erkennen, konnte durch den Ceditest® Lungworm und die Western Blots mit dem aus adulten Würmern isolierten Rohantigen nachgewiesen werden. Mit Hilfe beider Techniken wurden Immunglobuline der Klasse G nach der Immunisierung, aber vor der Challenge-Infektion detektiert, die an die natürlichen Antigenbindungsstellen des MSP banden. Der schwache Nachweis der Antikörper im Western Blot mit dem aus weiblichen Lungenwürmern gewonnenen Rohantigen wird vermutlich aufgrund des bei der Paarung von den männlichen Würmern in den Spermien übertragenen MSP erfolgt sein. Die Frage, ob die antigenen Strukturen durch Konformationsepitope oder aber durch kontinuierliche Epitope gebildet wurden, konnte mit den im Verlauf dieser Dissertation durchgeführten Untersuchungen nicht geklärt werden. Das in der Vakzine genutzte rekombinante MSP kann aufgrund der Ergebnisse innerhalb seiner linearen Struktur antigene Determinanten beinhalten, die denen des nativen MSP entsprechen. Als weitere Möglichkeit kann das rekombinante Protein trotz seiner Expression in E. coli und der damit verbundenen fehlenden posttranslationalen Modifikationen zumindest in Teilen korrekt gefaltet sein, so dass immunogene Konformationsepitope entstanden sein können. Die Bedeutung der dreidimensionalen Struktur eines Proteins im Rahmen von Immunisierungsversuchen mit rekombinanten Vakzinen ist von verschiedenen Autoren belegt worden. JOHNSON et al.

(1989) erzielten nach Impfungen mit rekombinantem Protein eine Effizienz von 94 % gegenüber einer Belastungsinfektion mit T. ovis, wohingegen der Einsatz der gleichen Vakzine nach vorheriger Denaturierung des Antigens in einer verminderten Protektion resultierte. Diese wurde auf die Zerstörung von Sekundär- und Tertiärstrukturen während der Behandlung mit SDS und DTT zurückgeführt, die mit einem Verlust der Konformationsepitope einherging. Auch bei einem zweiten, in Immunisierungen gegen Zestoden eingesetzten Protein wurde in vergleichenden Untersuchungen die Wirksamkeit der Vakzine durch die fehlende Faltung des Proteins reduziert (WOOLLARD et al. 2000).

Impfversuche gegen H. contortus mit nativem und denaturiertem Protein zeigten ebenfalls bei zwei Antigenen die Auswirkungen einer Denaturierung mit SDS und DTT. Im Fall des H11 wurde durch den Mangel an Konformationsepitopen eine verminderte Reduktion der Wurmbürde und der Eiausscheidung beobachtet, während bei den Untersuchungen mit

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Metalloendopeptidasen der Verlust einer schützende Immunität mit den linearen Proteinen herbeigeführt werden konnte (MUNN et al. 1997; SMITH et al. 1993). Rekombinante, in E. coli hergestellte Metalloendopeptidasen bzw. deren wichtige Domänen führten im Gegensatz zu den nativen Proteinen bei Impfungen gegen H. contortus zu keiner Protektion, was auf die immunogene Funktion der nicht vorhandenen dreidimensionalen Struktur der Antigene hindeutet (SMITH et al. 1993). Diese Tatsache wurde auch von MATTHEWS et al.

(2001) als ein Grund vermutet, weshalb der Immunisierungsversuch gegen D. viviparus mit rekombinanter, prokaryontisch exprimierter Acetylcholinesterase fehlgeschlagen sein kann.

Demgegenüber berichten REDMOND u. KNOX (2004) von erfolgreichen Vakzinierungen mit bakteriell produzierten Cysteinproteasen. Hier scheinen Glykosylierungen und Tertiärstruktur der Proteine keinen Einfluss auf die Entwicklung einer protektiven Immunität zu haben.

Die grundsätzliche Bedeutung posttranslationaler Glykosylierungen für die Ausbildung einer schützenden Immunantwort wurde in verschiedenen Studien belegt. VERVELDE et al. (2002) erhöhten durch die Zugabe von aus Insektenzellen gewonnenen Glykanextrakten zu bakteriell erzeugtem rekombinantem Protein die Effizienz der Immunisierung gegen H. contortus. Um die immunogenen Effekte der Zuckerreste nutzen zu können, wurden auch mehrere Studien mit eukaryontisch hergestelltem, rekombinantem Antigen durchgeführt. Vergleichende Vakzinierungsversuche in Ratten gegen F. hepatica mit in der Hefe Saccharomyces cerevisiae und in Insektenzellen hergestelltem Prokathepsin L3 ergaben deutliche Differenzen in der Wirksamkeit. Während das in den Insektenzellen exprimierte Protein einen signifikanten Schutz vor einer Belastungsinfektion auslöste, konnte mit dem in der Hefe produziertem Antigen keine Reduktion einer Wurmbürde nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse wurden mit unterschiedlichen posttranlationalen Modifikationen begründet, die zwischen Insektenzellen und Hefen gefunden wurden. Die ebenfalls in den Versuchen vorgenommenen Impfungen mit nativen Proteinfraktionen des ProkathepsinsL3 erzeugten den höchsten Grad der Protektion. Auch dieser Sachverhalt wurde mit den in diesem Fall zwischen Insekten- und Parasitenzellen herrschenden nicht identischen Glykosylierungseigenschaften erklärt (RESZKA et al. 2005). Die Wichtigkeit einer korrekten Glykosylierung für die Funktion von rekombinanten Impfstoffen wurde auch von NEWTON u. MEEUSEN (2003) dargestellt. Diese beschrieben, dass in Insektenzellen hergestelltes H11

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von H. contortus eine geringere schützende Wirkung nach der Immunisierung besaß als das gleiche, in E. coli exprimierte Antigen. Eine nicht parasitenspezifische Anheftung von Zuckermolekülen scheint daher schwerwiegendere Folgen für einen Impferfolg zu haben als die komplett fehlende Glykosylierung prokaryontischer rekombinanter Proteine. Der Nachweis spezifischer, bisher in keinen anderen eukaryontischen Zellen aufgefundener Oligosaccharidtypen wurde schon mehrere Jahre zuvor durch HASLAM et al. (1996) mit diesem Glykoprotein H11 geführt. Allerdings sind anscheinend auch innerhalb der Nematoden unterschiedliche Glykosylierungsmuster vorhanden. Dieses wurde bei Vakzinierungsversuchen mit Antigenen von H. contortus und C. elegans vermutet (REDMOND et al. 2004).

Zu eventuellen posttranslationalen Modifikationen des MSP lassen sich aufgrund eigener Untersuchungen keine Aussagen treffen. HOFMANN u. SCHMID (1996) veröffentlichten Ergebnisse zur Glykosylierung eines putativen MSP aus D. viviparus. Danach lagen bei dem nativen Protein keine gebundenen Zuckermoleküle vor. Eine Expression des rekombinanten MSP in einem prokaryontischem System, wie sie im Rahmen dieser Dissertation durchgeführt wurde, sollte also hinsichtlich einer Synthese von Glykoproteinen keine Nachteile gegenüber eukaryontisch exprimiertem Protein aufweisen.

Die Existenz mehrerer Isoformen eines Proteins in einem Organismus konnte schon bei verschiedenen, gegen Parasiten eingesetzten Antigenen nachgewiesen werden. Eine reduzierte protektive Immunität nach Impfungen mit rekombinanten „fatty acid binding proteins“

(FABP) gegen F. hepatica im Vergleich zu Vakzinierungen mit der nativen Proteinfraktion wurde mit dem Vorkommen von mindestens acht Isoformen dieses Proteins erklärt. Bei Immunisierung mit nur einer dieser Isoformen der FABPs, welche rekombinant exprimiert worden war, könnte daher eine weniger immunogene Variante der Proteine verwendet worden sein. Damit würde die Antwort des Abwehrsystems schwächer ausfallen als bei Impfungen mit der nativen, alle Isoformen enthaltenden Proteinfraktion (HILLYER 2005). PIACENZA et al. (1999) untersuchten die Effizienz zweier Isoformen des Kathepsins in Vakzinierungsversuchen gegen F. hepatica. Beide Proteine wurden einzeln oder in Kombination miteinander getestet, wobei die besten Ergebnisse mit dem kombinierten Impfstoff erzielt werden konnten. Eine immature Form des Kathepsins, das Prokathepsin L3, wurde ebenfalls in Impfversuchen gegen diesen Trematoden erprobt. Auch hier wurde die

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Beobachtung gemacht, dass der Einsatz des rekombinanten Prokathepsins L3 im Vergleich zu nativem Antigen einen verringerten Grad an Protektion hervorrief. Da das Enzym durch mindestens zwei Gene kodiert wird, wurde als ein Grund für die fehlende schützende Wirkung die Existenz mehrerer Isoformen vermutet. Eine eventuell nach der Immunisierung gegen eine der Isoenzyme ausgelöste Blockade der Funktionen dieses Antigens könnte daher nach Ansicht der Autoren durch die zweite, von der Impfung nicht betroffene Isoform ausgeglichen werden (RESZKA et al. 2005).

Das MSP liegt in verschiedenen Helminthen als Multigen-Familie vor. Dabei weisen nicht parasitische Nematoden wie C. elegans einige Dutzend MSP-Gene auf, während die Parasiten A. suum, B. malayi, O. dentatum und O. volvulus jeweils zwei Gene für das MSP besitzen (COTTEE et al. 2004; SCOTT et al. 1989a; SCOTT et al. 1989b; SCOTT 1996). Aufgrund dieser Erkenntnisse kann die Existenz mehrerer MSP-Gene bei D. viviparus nicht ausgeschlossen werden. Das in den hier beschriebenen Immunisierungen verwendete rekombinante MSP könnte daher nur eine von mehreren Isoform dieses Proteins darstellen.

Die bei den Vakzinierungen gegen F. hepatica beobachteten verringerten Impferfolge rekombinanter Antigene im Vergleich zu den homologen nativen Proteinen und die daraus abgeleiteten Erklärungsversuche können also auch bei diesem MSP-Impfstoff zutreffen. Das Auffinden weiterer, für das MSP kodierender Gene bei D. viviparus und anschließende Untersuchungen zur Immunogenität der potentiellen Isoformen könnten die in dieser Hinsicht noch offenen Fragen beantworten.

Auch die Menge des verabreichten Proteins scheint neben den Adjuvantien und den Antigenen einen Einfluss auf die Ausbildung der Immunität zu haben. In nach identischem Protokoll durchgeführten Impfungen in Schafen gegen eine Infektion mit H. contortus wurden 0,5, 5, 50 und 500 µg eines Antigens pro Vakzinierung eingesetzt. Die besten Resultate konnten mit der Menge von 50 µg Protein erreicht werden, gefolgt von der Vakzine mit 500 µg Antigen. Dagegen zeigte das in den beiden niedrigen Quantitäten gebrauchte Protein nur einen partiellen Schutz, wobei in allen Versuchen die Protektion mit der Höhe des Antikörpertiters positiv korreliert war (TAVERNOR et al. 1992a).

Durch die in den hergestellten MSP-Impfstoffen genutzten Proteinmengen von 100 µg und 200 µg konnte bei allen untersuchten Immunglobulinklassen und -subklassen ein annähernd gleich hoher Level der systemischen Antikörper hervorgerufen werden. Die zusätzlich

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injizierten, von Durchgang zu Durchgang veränderten Antigene machten jedoch einen Vergleich der protektiven Wirkung hinsichtlich der verwendeten Quantität des MSP unmöglich. In zukünftigen Einsätzen der MSP-Vakzine sollte daher eine Bewertung von variierten Antigenmengen durch eine geeignete Gruppenzusammenstellung ermöglicht werden.

5.2.4 Klinik und Pathologie

Nach der von URQHARD et al. (1996) erstellten Einteilung des Krankheitsverlaufs einer Dictyokaulose in Penetrationsphase und die Phasen der Präpatenz, Patenz und Postpatenz können jedem Abschnitt bestimmte Krankheitssymptome zugeordnet werden. Nach der symptomlosen, eine Woche andauernden Penetrationsphase finden sich in der Präpatenz erste Krankheitserscheinungen wie Tachypnoe, Husten und vereinzelte Fieberschübe, die auch in der bis zu Tag 60 pi. reichenden Patenz nachzuweisen sind. Über den gesamten Verlauf der Erkrankung kann ein Gewichtsverlust bei den Tieren beobachtet werden (JARRETT et al.

1957; MICHEL 1955; URQUHART et al. 1996).

Mit den im Rahmen der MSP-Impfstoffstudien erfassten Krankheitsbildern konnte dieser Verlauf bestätigt werden. Nach einer sich an die Infektion anschließenden ersten Woche ohne klinische Befunde waren ab der zweiten Woche pi. erhöhte Atemfrequenzen, das Auftreten von Fieber bei einzelnen Tieren und unterschiedlich stark ausgeprägter Husten zu verzeichnen. Diese Symptome einer Lungenwurminfektion wurden bei allen Rindern festgestellt, es war kein Unterschied zwischen den Kontroll- und den Impfgruppen erkennbar.

Trotz einer in einigen vakzinierten Gruppen vorhandenen Reduktion der Wurmbürde und einer Verminderung der Wurmgröße konnte also eine klinische Erkrankung weder verhindert noch abgeschwächt werden. Auch die Gewichtsentwicklung der Tiere zeigte während der gesamten Versuchsphase keine Unterschiede zwischen immunisierten und nicht immunisierten Gruppen.

Die nach der Sektion der Rinder erhobenen makroskopischen pathologischen Befunde stimmten mit den von SCHNIEDER et al. (1989) und URQHARD et al. (1996) geschilderten Ergebnissen überein. Diese beschrieben die durch eine Lungenwurminfektion verursachten Alterationen als räumlich begrenzte, auf einzelne Segmente der Lunge beschränkte Emphyseme, Ödeme oder Atelektasen. Die Bewertung der Entzündungsreaktionen in der

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vorliegenden Arbeit als multifokale katarrhalisch eitrige Bronchopneumonie unterschiedlicher Ausprägung entsprach diesem Erscheinungsbild.