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2.1 Die Dictyokaulose des Rindes

2.1.7 Bekämpfung

Die Bekämpfung der Dictyokaulose kann prophylaktisch über weidetechnische Maßnahmen, biologische Kontrolle der Parasiten und Vakzinierung erfolgen. Als Therapie und Metaphylaxe sind Anthelminthika verschiedener Wirkstoffklassen das Mittel der Wahl.

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2.1.7.1 Weidetechnik

Als eine strategische Methode zur Vorbeugung von Lungenwurminfektionen wurden unterschiedliche Weidetechniken mit oder ohne zusätzlicher Anthelminthikabehandlung entwickelt. SELMAN (1984) bewertete die ganzjährige Aufstallung erstsömmriger Rinder als ungeeeignet, da infolge fehlender Exposition der Kälber zu infektiösen Larven keine protektive Immunität ausgebildet wird. Damit sind die Tiere im zweiten Jahr voll empfänglich für eine Infektion mit D. viviparus. Bei regelmäßigem Weideumtrieb gelangen die Rinder nach mehreren Tagen auf eine neue, nicht kontaminierte Fläche (POUPLARD 1968;

ROMMEL u. SCHNIEDER 1989). Gleichzeitig soll ein gemeinsamer Weidegang von jungen und adulten Tieren vermieden werden, da letztere als unerkannte Ausscheider fungieren können (JARRETT et al. 1955; PFEIFFER u. SUPPERER 1980). Aus diesem Grund werden bei dieser Weidetechnik erstsömmrige Kälber auch erst nach Ablauf von einem Jahr auf Weiden getrieben, die vorher von älteren Rindern beweidet worden sind (PFEIFFER u.

SUPPERER 1980). Trotz dieser Vorsorgemaßnahmen wird aber aufgrund der zahlreichen Eintragungsmöglichkeiten der Lungenwurmlarven nur eine Minimierung der Infektionsdosis erreicht, nicht aber eine völlige Befreiung der Weiden von den infektiösen Stadien (ROMMEL u. SCHNIEDER 1989). Des Weiteren kann dieses Weidemanagement nur bei den Betrieben angewendet werden, die eine ausreichende Anzahl an Ausweichflächen zur Beweidung besitzen. Das „Weybridger Dose and Move System“, bei dem vor dem einmaligem Umtrieb im Sommer eine Anthelminthikabehandlung der Tiere durchgeführt wird, bietet über einen langen Zeitraum der Weidesaison Schutz; allerdings kann es im Spätsommer oder Herbst noch zu vereinzelten Ausbrüchen der Dictyokaulose kommen (ROMMEL u. SCHNIEDER 1989).

2.1.7.2 Biologische Bekämpfung

Um eine Aufnahme infektiöser Larven beim Weiden und deren Ausbreitung auf der beweideten Fläche zu verringern, setzten FERNANDEZ et al. (1999) Isolate des Pilzes Duddingtonia flagrans ein. Dieser im Kot von Wiederkäuern und Pferden nachgewiesene Organismus ist in der Lage, mit Hilfe eines Hyphennetzes Nematodenlarven zu immobilisieren und anschließend zu zerstören. Nach Zusatz von 6250 Chlamydosporen/ g Kot konnte im Labor eine signifikante Reduktion der Larvenzahl im Kot erreicht werden, die in

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Freilandversuchen bestätigt wurde. Eine Supplementierung von Pilzsporen zum Futter soll nach LARSEN (1999) in einer verminderten Larvenexposition auf der Weide resultieren, womit klinische Erkrankungen verhindert werden. Inwieweit sich diese Technik zur Praxisreife entwickelt, bleibt abzuwarten.

Eine Inhibierung der Motilität von ersten und dritten Lungenwurmlarven konnte in vitro durch bestimmte Inhaltsstoffe von Pflanzen erzielt werden (MOLAN et al. 2000). Die in den Versuchen verwendeten Tannine und Lactone entstammen Pflanzen, die weidendem Rotwild als Futter dienen können. Eine bei diesen Tieren beobachtete verminderte Parasitenproblematik wird daher durch die Autoren auf die Aufnahme der anthelminthisch wirksamen Substanzen zurückgeführt.

2.1.7.3 Anthelminthika

Zur Behandlung einer Infektion mit D. viviparus steht ein breites Spektrum an anthelminthisch wirksamen Substanzen zur Verfügung. Neben dem zur Gruppe der Imidazothiazole gehörenden Levamisol werden makrozyklische Laktone und Benzimidazole eingesetzt. Im Rahmen der nachfolgenden Tabelle 1 soll nur auf die in den zurückliegenden 10-15 Jahren neu entwickelten bzw. verwendeten Anthelminthika eingegangen werden.

Bezüglich des davorliegenden Zeitraums soll auf die Arbeit von KOHLER-BELLMER (1991) verwiesen werden.

Eine strategische Bekämpfung der Dictyokaulose ist durch mehrmalige Applikation von Doramectin und Ivermectin im Verlauf der Weidesaison möglich (SCHNIEDER u.

WHEELER 1991; VERCRUYSSE et al. 1998). Das wie diese beiden Wirkstoffe zur Gruppe der Avermectine zugehörige Eprinomectin wird aufgrund einer Wartezeit von null Tagen auf Milch vorwiegend zur Therapie von Helminthosen der Milchkühe genutzt. Ein Einsatz bei der strategischen Kontrolle von Weideparasiten der Rinder zeigte allerdings keinen Erfolg hinsichtlich der Prophylaxe von Lungenwurmerkrankungen (EPE et al. 1999).

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2.1.7.4 Immunisierung

Die passive Immunisierung empfänglicher Kälber gelang durch die Übertragung von Hyperimmunseren infizierter Rinder. Hierbei wurde aber ein Schutz vor einer Infektion nur für einen Zeitraum von 8-10 Tagen erreicht. Die Immunität schwankte in ihrer Ausbildung zudem stark mit dem Antikörpertiter des Spendertieres, so dass diese Methode nicht weiter verfolgt wurde (JARRETT et al. 1957; POUPLARD 1968).

Eine aktive Impfung gegen D. viviparus wurde erstmals von JARRETT et al. (1957) vorgestellt. Diese impften Kälber mit lebenden dritten Larven, deren Infektiösität vorher durch eine Röntgenbestrahlung von 400 Gy herabgesetzt worden war. Die sogenannten attenuierten Larven wandern nach peroraler Applikation in die Lunge, wo der überwiegende Teil als immature Stadien abstirbt. Während dieser verkürzten Entwicklung stimulieren die Larven das Immunsystem, so dass bei einem korrekt befolgten Impfschema eine belastbare Resistenz gegenüber Lungenwürmern entsteht (DÜWEL 1963; JARRETT et al. 1958;

PFEIFFER u. SUPPERER 1980; POUPLARD 1968). Dazu sollte vor Beginn der Weideperiode eine zweimalige Immunisierung der erstsömmrigen Rinder mit jeweils 1000 attenuierten Larven in einem Abstand von vier Wochen erfolgen. Nach weiteren zwei bis vier Wochen können die Tiere dann ausgetrieben werden, da sich bis zu diesem Zeitpunkt eine Grundimmunität gebildet hat (DÜWEL 1971; JARRETT et al. 1958; PFEIFFER u.

SUPPERER 1980). Diese muss durch eine bald darauffolgende natürliche Infektion geboostert werden, um auch in stark durchseuchten Beständen wirksam zu sein (DÜWEL 1971; PFEIFFER u. SUPPERER 1980).

Die erzielte Resistenz äußert sich in einem Schutz der Rinder vor klinischer Dictyokaulose.

Eine Larvenausscheidung, die epizootiologisch keine Rolle spielt, kann dagegen nicht bei allen Tieren verhindert werden. Die Ausbildung einer patenten Infektion kann dabei sowohl ohne als auch mit einer natürlichen Boosterung im Anschluss an die Vakzinierung stattfinden (DÜWEL 1971; PFEIFFER u. SUPPERER 1980). Klinisch manifeste Impfdurchbrüche wurden bei gleichzeitigem starkem Befall mit anderen Parasiten beobachtet (DÜWEL 1963).

Die Entwicklung der Immunität wird bei Durchführung des oben beschriebenen Impfschemas nicht durch den Gebrauch von Anthelminthika gefährdet, wenn diese bei Austrieb oder während der Weidesaison appliziert werden. Dieses konnte für Doramectin (JACOBS et al.

1996; TAYLOR et al. 2000), welches ein- oder zweimalig injiziert wurde, ebenso

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nachgewiesen werden wie für Ivermectin und Oxfendazol, welche einmalig als Boli verabreicht wurden (GRIMSHAW et al. 1996).

Die Applikation der röntgenattenuierten Larven bei tragenden und bei laktierenden Färsen zeigt keine Auswirkungen auf Trächtigkeit oder Milchproduktion (HOLZHAUER et al.

2005). Eine Anwendung bei Färsen vor der Integration in die Gruppe der Milchkühe kann daher mit der gleichen Sicherheit und Wirkung erfolgen wie bei erstsömmrigen Rindern.

Der Erfolg dieser Vakzine äußert sich in der Tatsache, dass sie nach ihrer Markteinführung Anfang der sechziger Jahre für nahezu vierzig Jahre der einzige gegen D. viviparus wirksame kommerzielle Impfstoff blieb. Der Einsatz dieser protektiven Immunisierung ging allerdings mit der Durchführung strategischer Kontrollprogramme gegen Nematoden auf der Basis von Anthelminthika stark zurück (BAIN 1999; MAWHINNEY 1997). Auch in Norddeutschland wurde die Vakzine 1987 nur vereinzelt verwendet, wohingegen Ende der neunziger Jahre in einer Erhebung in der gleichen Region kein Einsatz des Impfstoffes mehr festgestellt werden konnte (SCHNIEDER et al. 1999). In den Niederlanden dagegen nutzten 33,8 % der befragten Betriebe die Möglichkeit einer Vakzinierung der erstsömmrigen Kälber (BORGSTEEDE et al. 1998). In einigen Ländern, inklusive Deutschland, ist die Vakzine zurzeit vom Markt genommen worden (SCHNIEDER 2006).

Mit der erwünschten Wirksamkeit der Impfung waren aber auch verschiedene Nachteile verbunden, wie beispielsweise die Möglichkeit der Larvenausscheidung nach der Immunisierung. Zudem nahm der Impfschutz nach wenigen Monaten wieder ab, so dass auch bei vakzinierten Tieren Erkrankungen auftreten konnten (DÜWEL 1971; PFEIFFER u.

SUPPERER 1980). Ein Auftreten der Dictyokaulose nach einer Challenge-Infektion wurde auch bei Kälbern beobachtet, die in einem Alter von unter zwei Monaten geimpft worden waren (DÜWEL 1971). Die als Impfstoff dienenden attenuierten, lebenden Larven führten zu einer auf eine kurze Zeit begrenzten Haltbarkeit und hohen Kosten der Vakzine. Die Produktion der Larven kann zudem nur mit Hilfe von infizierten Spendertieren geschehen, da eine in vitro-Kultur zur Gewinnung der Larven nicht möglich ist (BAIN 1999; MCKEAND 2000).

Die Verwendung von nativen und rekombinanten Proteinen in Impfversuchen gegen D.

vivparus wird in Kapitel 2.2.2.3 dargestellt.

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