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1. Einleitung

1.4 Funktion der Nasenschleimhaut in der Biotransformation

Zusätzlich zu den in Kapitel 1.3 genannten Funktionen nimmt die Schleimhaut der oberen Atemwege auch in Bezug auf die Xenobiotransformation eine wichtige Rolle ein. Der Metabolismus von Xenobiotika wird in der Regel in zwei Phasen unterteilt. Die Phase I-Reaktion, auch Funktionalisierungsreaktion genannt, beinhaltet die Einführung oder Freisetzung funktioneller Gruppen, wie Hydroxyl-, Amino-, Carboxyl- oder Thiolgruppen.

Die Endprodukte der Phase I-Reaktion enthalten somit chemisch reaktive funktionelle Gruppen, die von den Phase II-Enzymen benötigt werden.

Während der Phase II-Reaktion erfolgt die Konjugation der Phase I-Metaboliten an körpereigene Stoffe, weshalb dieser Vorgang auch als Konjugationsreaktion bezeichnet wird.

Hierzu zählen Glucuronidierung, Glycosidierung, Glutathion-Konjugation, Sulfatierung, Methylierung, Acetylierung, Aminosäuren-Konjugation sowie die Fettsäuren-Konjugation, deren einzige gemeinsame Eigenschaft ein energiereicher oder aktivierter Zwischenmetabolit darstellt, sei es ein aktivierter Cofaktor, wie beispielsweise UDP-Glucuronsäure bei der Glucuronidierung oder Acetyl-CoA bei der Acetylierung, oder sei es ein aktiviertes oder reaktives Xenobiotikum. Am Ende entstehen generell wasserlösliche und somit leicht eleminierbare Produkte.

Die Funktionalisierung der Verbindungen im Rahmen des Phase I-Metabolismus kann durch Oxidation, Reduktion (z.B. Reduktion von Nitrogruppen zu Aminogruppen) oder Hydrolyse (z.B. Hydrolyse von Estern durch Esterasen) erzielt werden. Phase I-Reaktionen werden von Monooxygenasen und anderen Oxidasen, Alkoho l- und Aldehyddehydrogenasen sowie Esterasen und Amidasen vermittelt. Die wichtigste Komponente des oxidativen Phase-I-Biotransformationssystems besteht aus einer Gruppe von Hämoproteinenzymen, welche kollektiv als Cytochrom P450-abhängige Monooxygenasen (CYPs) bezeichnet werden.

Bei dem Cytochrom P450-System handelt es sich um eine Enzymsuperfamilie, die sich in diverse Familien und Subfamilien gliedert. Derzeit sind 18 Familien der humanen Cytochrom P450-Enzyme bekannt (Chen et al, 2002; Nelson, 2003), wobei die Anzahl sequenzierter Gene und Pseudogene ständig weiter ansteigt.

Als Hämoprotein besitzt das Cytochrom P450 ein Häm in Form eines Fe-Protoporphyrins, welches nicht-kovalent an das Apoprotein gebunden ist. Die Bezeichnung P450 stammt dabei von der Tatsache, dass das Cytochrom (Cytochrom = Pigment = P) in reduzierter Form in Anwesenheit von CO ein mit 450 nm spezifisches Absorptionsmaximum aufweist. Im Gegensatz zu den Bakterien sind genannte Cytochrome bei den Säugetieren stets membrangebunden und entweder in der inneren Membran der Mitochondrien oder aber – die Mehrheit der Cytochrome - in der Membran des Endoplasmatischen Retikulums lokalisiert.

Das Cytochrom P450-System benötigt zusätzlich reduzierende Äquivalente, die vom NADPH oder manchmal auc h vom NADH stammen und via eines zweiten Enzyms auf das Cytochrom übertragen werden, sowie ein Atom Sauerstoff, welches von molekularem Sauerstoff oder von oxygenierten Substraten stammt. Da nur eines der beiden Sauerstoffatome von molekularem Sauerstoff in das Substrat inkorporiert wird, während das andere zu Wasser reduziert wird, werden diese Enzyme auch als Monooxygenasen bezeichnet und den Dioxygenasen, welche beide Atome einfügen, gegenüber gestellt. Aufgrund der beschriebenen doppelten Funktion – Oxidation des Substrates einerseits und Reduktion des Wassers andererseits – werden sie auch als Mischfunktionelle Oxygenasen (MFO) bezeichnet.

Um die metabolische Aktivität dieser Enzymsuperfamilie untersuchen zu können, bedient man sich bestimmter Markersubstrate, die entweder nur von einer einzelnen CYP-Isoform bzw. von einer Subfamilie oder aber von verschiedenen CYPs umgesetzt werden. Eine sehr häufig verwendete Gruppe sind dabei die Alkoxyresorufine, zu denen Ethoxyresorufin, 7-Methoxyresorufin, 7-Benzyloxyresorufin und 7-Pentoxyresorufin gehören. Die O-Dealkylierung des Ethoxyresorufins (EROD) ist mit den Cytochromen P450 1A1 (CYP 1A1) und 1A2 (CYP 1A2) assoziiert, von denen CYP 1A1 das Ethoxyresorufin in einem bedeutend größeren Ausmaß umsetzt, wenn beide Cytochrome vorhanden sind (Wardlaw et al., 1998).

Die Verstoffwechselung des Methoxyresorufins (MROD) wird dagegen einzig von CYP 1A2 ausgeführt (Wardlaw et al., 1998), während die O-Dealkylierung des Pentoxyresorufins (PROD) wiederum den Mitgliedern der CYP 2B-Subfamilie zugeschrieben wird (Gelardi et al., 2001; Hukkanen, 2000; Seubert et al., 2002; Wardlaw et al., 1998).

Ein weiteres Markersubstrat ist Testosteron, welches stereo- und regioselektiv von unterschiedlichen CYP-Isoformen hydroxyliert wird und somit die funktionelle Basis für das gleichzeitige Studium verschiedener Isozyme liefert.

Das wohl wichtigste Enzym innerhalb des Phase II-Metabolismus ist die UDP-Glucuronyl-Transferase (UDP-GT oder UGT), was mit der leichten Verfügbarkeit des benötigten Co-Faktors, der UDP-Glucuronsäure, erklärbar sein dürfte, da die UDP-Glucuronsäure Teil des intermediären Stoffwechsels ist und eng mit der Glycogensynthese verbunden ist. Auch hier handelt es sich um eine Enzymsuperfamilie, deren Mitglieder in zwei distinkte Familien unterteilt werden, UGT 1 und UGT 2 (King et al., 2000, Mackenzie et al., 1997).

Interessanterweise sind diese Enzyme ebenfalls in der Membran des Endoplasmatischen Retikulums lokalisiert – was eine Ausnahme unter den Phase II-Enzymen darstellt – und damit in enger Nachbarschaft zum Cytochrom P450-System gelegen, so dass die entstehenden Phase I-Metaboliten direkt glucuronidiert werden können.

Ein weiteres Phase II-Enzym stellt die zytosolische Glutathion-S-Transferase (GST) dar, welche die Konjugation mit dem endogenen Tripeptid Glutathion katalysiert und aus zwei ähnlichen, aber nicht identischen Subunits zusammengesetzt ist. Die Glutathion-Konjugation unterscheidet sich signifikant von der Gluconat- und der Sulfat-Konjugation, da bei letztgenannten eine vorherige Aktivierung der Gluconat- bzw. Sulfat-Anteile notwendig ist. In diesem Fall aber ist die einzige chemische Voraussetzung ein elektrophiles Zentrum innerhalb des Substrates, das die Reaktion mit dem nukleophilen Glutathion ermöglicht. Somit kann die Glutathion-Konjugation als Schutzmechanismus aufgefasst werden, bei dem potentiell toxische, nukleophile Metaboliten einfach „aufgewischt“ werden (Gibson and Skett, 1986).

Die menschliche Nasenschleimhaut enthält alle Komponenten des Cytochrom P450-Systemes (Gervasi et al, 1991). Der Cytochrom P450-Gehalt der respiratorischen Schleimhaut des Menschen beträgt 25 pmol/mg Protein (Gervasi et al., 1991; Longo et al., 1989) und ist somit vergleichbar mit jenem von Hund und Ratte, jedoch geringer als jener beim Kaninchen (Gervasi et al., 1991). Verglichen mit anderen menschlichen Geweben entspricht diese CYP-Menge nur etwa 5% des Cytochromgehaltes der Leber, ist dagegen aber etwa doppelt so hoch wie in der Lunge (Gervasi et al., 1991).

Obwohl im Vergleich zur Leber die Nasenschleimhaut bezüglich ihrer Stoffwechselkapazität ein relativ unerforschtes Gebiet ist, sind trotzdem eine Anzahl konstitutiv exprimierter CYP-Isoformen in nasalen Geweben verschiedener Spezies gefunden worden, darunter Mitglieder der 1A-, 2A-, 2B-, 2C-, 2E-, 3A- und 4B-Subfamilie (Longo et al., 2000; Thornton-Manning et al., 1997). Das für die Regio olfactoria spezifische CYP 2G1 konnte bei Rind (Longo et al.,

1997), Schwein (Martini et al., 1998), Kaninchen (Ding and Coon, 1994) sowie bei Ratte und Maus (Gu et al., 1997; Gu et al., 1998) nachgewiesen werden.

Besonders gut untersucht ist die CYP 2A-Subfamilie, die beim Menschen drei Mitglieder aufweist: CYP 2A6, CYP 2A7 und CYP 2A13. CYP 2A6 und 2A7 sind reichlich in der Leber vorhanden in einem Verhältnis von etwa 1:1 (Koskela et al., 1999), während CYP 2A13 am höchsten in der Nasenschleimhaut exprimiert ist, gefolgt von Lunge und Trachea. Der CYP 2A13-Gehalt der Nasenschleimhaut ist etwa fünf mal höher als der CYP 2A6-Gehalt (Kosekla et al., 1999). Auch bei anderen Spezies sind in der Nasenschleimhaut CYP 2A-Isoformen vorhanden, beispielsweise CYP 2A10/11 beim Kaninchen, CYP 2A3 bei der Ratte und CYP 2A4/5 bei der Maus (Ding et al., 1994; Peng et al., 1993).

In der menschlichen Nasenschleimhaut ist aber nicht nur das Monooxygenase-System vertreten, sondern auch zahlreiche nicht-oxidative Enzyme, darunter die DT-Diaphorase (Gervasi et al., 1991), die Epoxid-Hydrolase (Gervasi et al., 1991; Green et al., 2001), die Glutathion-S-Transferase (Aceto et al., 1989; Gervasi et al., 1991; Green et al., 2001; Krishna et al., 1995) und das Cyanid-metabolisierende Enzyme Rhodanese (Lewis et al., 1991). Eine Übersicht über die von Gervasi et al. (1991) untersuchten Enzymaktivitäten ve rschiedener Phase I- und Phase II-Enzyme beim Menschen zeigen die Abbildungen 5 und 6.

Interessanterweise sind die Phase II-Enzyme zwei bis drei mal stoffwechselaktiver als das Cytochrom P450-System, so dass reaktive Phase I-Metaboliten gar nicht erst akkumulieren können (Gervasi et al., 1991) – eine Beobachtung, die auch Longo et al. (1991) beim Rind gemacht haben.

untersuchte Parameter nasale gepoolte Mikrosomen hepatische Mikrosomen

Protein (mg/g Gewebe) 3,5 11,2

ECOD (pmol/min/mg Protein) 2,9 480

EROD (pmol/min/mg Protein) 0,5 102

AnH (pmol/min/mg Protein) 65 687

HMPAd (pmol/min/mg Protein) 92 240

DMNd (pmol/min/mg Protein) 220 2045

APD (pmol/min/mg Protein) 65 826

Abbildung 5: Monooxygenase-Aktivitäten in menschlichen nasalen und hepatischen Mikrosomen (Gervasi et al., 1991).

untersuchte Parameter nasale gepoolte Mikrosomen hepatische Mikrosomen cytosolisches Protein

(mg/g Gewebe)

14,5 24,8

EH (nmol/min/mg Protein) 17,4 35,6

UDP-GT1 (nmol/min/mg Protein) <0,001 2,4

GST (nmol/min/mg Protein) 56,6 476

PrD (nmol/min/mg Protein) 2,08 3,07

BeD (nmol/min/mg Protein) 12,8 1,2

DT-Diaphorase

(nmol/min/mg Protein)

6,25 0,49

Carbonylreductase

(nmol/min/mg Protein)

1,92 1,85

Abbildung 6: Epoxid Hydrolase (EH) und Phase II-Enzymaktivitäten in menschlichen nasalen und hepatischen Mikrosomen (Gervasi et al., 1991).