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Die dargelegte Arbeit führte uns ausgehend von Piketty's Analysen durch die politischen und sozioökonomischen Realitäten der USA. Die empirischen Arbeiten des französischen Ökonomen waren der Stein des Anstoßes, sich mit der sozialen Ungleichheit in den USA auseinanderzusetzen und sich folglich mit der für die Demokratie so bedeutsamen Mittelschicht und Wohlfahrtsstaat zu beschäftigten.

Aus diesem Grunde sollen Piketty's Visionen für eine Umkehr der ökonomischen Disparitäten der Ausgangspunkt der folgenden Konklusion sein, um die Arbeit schlüssig zu Ende zu führen.

Thomas Piketty versteht sich in seinem Werk nicht als ausschließlichen Kritiker der Markwirtschaft, sondern vielmehr als pragmatischen Denker, der den Markt mit seinen Stärken und Schwächen sieht. Und eine dieser Schwächen, die die ApologetInnen des Marktes kleinreden oder gar verschweigen, ist das inhärente Streben nach ökonomischer Disparität, das schlussendlich die Demokratie und ihre moralischen Werte untergräbt. Für den Ökonomen Piketty ist die Lösung eine progressive Vermögensbesteuerung, um die endlose Spirale von Akkumulation und Vererbung zu bremsen, um so der steigenden Ungleichheit Einhalt zu gebieten.

Doch da kommen wir zum springenden Punkt: Piketty fordert eine internationale Kooperation zur Implementierung einer progressiven Vermögensbesteuerung (vgl.

Piketty 2014: 571-573). Hierbei zeigt sich, dass sich die Arbeit an Piketty's Analysen anschließt und sie weiterführt, indem sie die politischen Realitäten mitdenkt. Wie sich an der Abhandlung gezeigt hat, scheint eine internationale Kooperation für eine hohe progressive Besteuerung großer Vermögen ausgehend von den USA als unrealistisch. Denn wie die Erklärung ofenlegte, folgte die Ungleichheit aus einem bewusst initiierten politischen Wandel, der einer gut funktionierenden Demokratie korrumpierte. In einem Land, in dem der Staat mit seinen wohlfahrtsstaatlichen Leistungen vielfach nicht wahrgenommen wird, weil ein großer Teil der Bevölkerung der Meinung ist, der Staat greife mit seinen Sozialleistungen in die Freiheiten der BürgerInnen ein und manifestiere sich dabei als übermächtiger Leviathan, ist nur schwer von der Implementierung einer hohen progressiven Vermögensteuerung auszugehen.

Die Arbeit zeigte, dass viel tiefer in die politischen Realitäten vorgedrungen werden muss, um dieses Problem lösen zu können. Solange die USA ein politisch

schwer polarisiertes Land bleiben, wird man der Situation kaum Herr werden.

Vielmehr scheinen sich die Fronten zu verhärten, verfolgt man die Bedeutung der Tea-Party-Bewegung innerhalb der RepublikanerInnen. Bis sich die Bevölkerung den staatlichen Leistungen, von denen sie selbst proftiert, nicht bewusst ist und noch dagegen polemisiert, wird eine Umkehr schwer möglich sein. Dabei können die politischen Errungenschaften noch so außerordentlich sein, wie sich bei Obama zeigt. Es braucht vielmehr die Bewusstmachung für die Notwendigkeit und die Wichtigkeit wohlfahrtsstaatlicher Leistungen. Dabei kann man sich nur Suzanne Mettler anschließen, die den Staat aus der Versenkung in den Mittelpunkt der Menschen zurückholen will (vgl. Mettler 2010). Denn nur wenn die Menschen die staatlichen Leistungen als solche wahrnehmen, werden sie an den Staat gebunden und können sein Werk auch honorieren.

Eines liegt auf der Hand, die USA brauchen einen Staat mit seinen wohlfahrtsstaatlichen Leistungen, denn wie sich in der Arbeit zeigte, werden die umverteilenden Maßnahmen des Wohlfahrtsstaates immer unzureichender, die steigende Ungleichheit des Markteinkommens auszugleichen. Jedoch ist das keineswegs trivial, denn durch den aufgezeigten politischen Wandel, geprägt von einer neokonservativen Ideologie, die den Markt und die wirtschaftliche Agenda über alle gesellschaftlichen Sphären stellte und damit einhergehend die Gewerkschaften marginalisierte, vermochte sich ein politisches System zu etablieren, das den Vermögenden in die Hände spielt. Darum braucht es wieder die Gewerkschaften, die den Arbeitenden die politischen Leistungen des Staates vermitteln. Denn um es im Sinne von Marcuse zu sage: Die hoch entwickelte Industriegesellschaft ist hoch ideologisch und die Menschen laufen den falschen Bedürfnissen hinterher. Die moderne Massenkonsumgesellschaft manipuliere durch den anhaltenden Konsumrausch die ArbeiterInnenschaft und erzeuge dabei ein falsches Bewusstsein, dass ihre missliche Lage verkennen lässt (vgl. Marcuse 1972:

327f). Damit soll gesagt sein, dass ohne die Bewusstmachung für die Notwendigkeit eines regulierenden Staates die missliche Lage in den USA nicht verändert werden kann. In der Zeit der „Trente Glorieuses“ trugen die Arbeitenden durch die Gewerkschaften den politischen Willen der Mehrheit von unten nach oben. Und nur so kann eine Demokratie auch dauerhaft funktionieren, indem sich die Regierung der Majorität eines Landes verpfichtet und nicht den Wünschen einer elitären Minderheit.

Man muss den Menschen zu verstehen geben, dass die jetzige Situation keineswegs einer natürlichen Entwicklung folgte, sondern großteils den politischen Willen widerspiegelt. Vermag man diese Bewusstmachung durch eine wiedererstarkende Gewerkschaft oder ähnlicher Institutionen vollbringen, so kann man auch die starke Polarisierung brechen, denn die Mehrheit der Bevölkerung braucht einen marktregulierenden Staat. Freilich ist das kein einfacher Weg, den die DemokratInnen wieder mit Gewerkschaften zu gehen haben – eine Entnaturalisierung der herrschenden Verhältnisse – denn eine jahrzehntelange Indoktrinierung durch neoliberale Ideen hinterlässt seine Spuren.

Zum Schluss solcher Arbeiten soll es auch immer zu einem Ausblick kommen, doch Ausblicke sind immer schwer fassbar, da sie sich folglich auf die Zukunft beziehen. Ob wir in den USA eine Umkehr erleben, wird sich womöglich nach der kommenden Präsidentschaftswahl weisen, doch ist das anzuzweifeln, wenn man sich in Erinnerung ruft, dass die vergangene Wirtschaftskrise die Politik keineswegs dazu bewogen hat, die Auswüchse des Marktes ernsthaft zu regulieren. Doch eines soll dieser Ausblick begreifich machen: Wir sollten als EuropäerInnen keineswegs die Situation in den USA als für uns unbedeutend abtun, da unser Verständnis vom Wohlfahrtsstaat ein viel Umfassenderes sei und durch eine stärkere Dekommodifzierung dem Markt ein stärkeres Regulativ vorgesetzt wird. Denn es zeigt sich augenscheinlich, dass sich der Diskurs über den europäischen Wohlfahrtsstaat immer mehr dem amerikanischen angleicht. Es zeigt sich nicht so sehr ein Wandel der Strukturen, sondern vielmehr der Ideen. Es rücken immer mehr die Ideen der Eigenverantwortung, das Interesse an privaten Angeboten, die freie Wahl der KonsumentInnen sowie die Aktivierung am Arbeitsmarkt in den Vordergrund. Dieser Diskurs lässt sich auf allen politischen Ebenen vernehmen und führt zu einer Entsolidarisierung. Die Aktivierungspolitik führt zu einer schleichenden Rekommodifzierung, dabei ist die Hartz-Reform in Deutschland nur ein Beispiel unter vielen (vgl. Alber 2010: 118-122).

Doch genau diese Denke, die uns vorgibt, der Staat könne die soziale Last fnanzbedingt nicht tragen und es bedürfe privater Institutionen, fördert einen Individualismus, der den Staat ins Abseits rückt und der sozialen Ungleichheit den Weg bereitet. Solange sich die politischen Eliten nicht frei von ihren eindimensionalen Denken machen, das den Markt als oberste Leitinstanz versteht, wird man die sozioökonomischen Realitäten der USA und die Entwicklung in

Europa kaum verändern können. Nein, wir folgen keinem deterministischen Gang der Geschichte. Wir müssen uns nur von dieser eindimensionalen Denkweise verabschieden, wir müssen das Undenkbare wieder denkbar machen, wollen wir eine Gesellschaft, in der alle die Möglichkeit zur Teilhabe derer haben.