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3. Soziale Netzwerke

3.4. Empirische Untersuchungen zu sozialen Netzwerken

3.4.3. Facebook und Co. Eine soziologische Analyse von Interaktionsformen in Online

Auch Kneidinger (2010) befasste sich in ihrer Studie mit dieser Thematik und ging der Frage nach, welche Interaktions- und Bindungsformen sich durch die Nutzung von sozialen Netz-werken ergeben und wie sich diese Nutzung auf Interaktionen in bestehenden Beziehungen bzw. auf das Sozialkapital auswirkt. Kneidinger beschäftigte sich mit der Frage, inwiefern Facebook-NutzerInnen unterschiedliche Interaktionsformen für die Kontaktpflege mit ihren starken und schwachen Bindungen nutzen. Des Weiteren wurde überprüft, welche Bindungs-formen sich aus dem Spannungsfeld von Online vs. Offline ergeben. Außerdem wurde ge-fragt, welche Offline-Interaktionsformen bei intensiver Nutzung von Online Social Networks an Bedeutung verlieren und wie sich die Nutzung von sozialen Netzwerken auf starke und schwache Bindungen auswirkt (vgl. Kneidinger 2010, S. 63ff.).

An der Onlinebefragung nahmen 295 TeilnehmerInnen im Alter von 13 bis 54 Jahren teil.

Folgende Aspekte wurden dabei erhoben:

 Intensität der Internetnutzung bzw. der Nutzung von sozialen Netzwerken

 Motive der Nutzung von sozialen Netzwerken

 Nutzungsintensität von unterschiedlichen Kommunikationstools bzw. Informations-tools auf Facebook

 FreundInnen im echten Leben vs. FreundInnen online: Durch die Erhebung sollte er-hoben werden, welche Rolle starke bzw. schwache Bindungen bei der Facebook-Nutzung spielen und ob es unterschiedliche Kommunikationsroutinen abhängig vom Bindungsgrad gibt.

 Persönliche Einschätzung zur Auswirkung auf bestehende Beziehungen

 Persönlichkeitsmerkmale (Extraversion, Neurotizismus, Offenheit für Neues, Verträg-lichkeit, Verlässlichkeit) (vgl. ebd., S. 70ff.).

Die Studie zeigte, dass Facebook-NutzerInnen eine sehr hohe Internetnutzung vorweisen.

Die Mehrheit (44%) nutzt das Internet mehr als drei Stunden pro Tag, nur 7% nutzen das Internet weniger als eine halbe Stunde pro Tag. Die Facebook-Nutzung nimmt bei diesen Internetaktivitäten offensichtlich keine so zeitintensive Stellung ein, denn rund 35% der Be-fragten gaben an, Facebook weniger als eine halbe Stunde pro Tag zu nutzen. Nur 16% der

46 Befragten nutzen Facebook mehr als drei Stunden pro Tag. Es wurde die Vermutung bestä-tigt, dass mit steigender allgemeiner Nutzung des Internets auch die Facebook-Nutzung zu-nimmt. Es konnte auch bestätigt werden, dass eine höhere Nutzung von Facebook mit einer höheren Anzahl an FreundInnen einhergeht (vgl. ebd., S. 79f.).

Bei der Untersuchung der Bedeutung von Online-Kontakten zeigte sich, dass 9 von 10 Be-fragten angeben, dass sie weniger als 10% ihrer in Facebook angeführten FreundInnen pri-mär im Internet kennengelernt haben. Nur 5% gaben an, dass das auf 10-30% ihrer Face-book-FreundInnen zutrifft, 2% dass es 30-50% seien und 3% dass sie mehr als die Hälfte ihrer Kontakte online kennengelernt haben. Es wird deutlich die primäre Ausrichtung von Facebook sichtbar, nämlich die Kontakterhaltung und –pflege von bereits bestehenden Be-ziehungen, die im realen Leben gemacht wurden (vgl. ebd., S. 83). Es kann gesagt werden, dass bei Facebook eindeutig sozial orientierte Motive dominieren, wobei die Kontaktpflege zu bereits bekannten Personen im Mittelpunkt steht. Zusätzlich wird auch der Unterhaltungs-aspekt von Facebook geschätzt. Als Informationsquelle zu allgemeinen Themen oder Kon-taktbörse für neue Bekanntschaften wird Facebook jedoch kaum gesehen (vgl. ebd., S. 97).

Vergleicht man die Interaktionsmuster in starken und schwachen Bindungen, so zeigt sich die große Bedeutung klassischer Kommunikationswege (z.B. Telefonat oder Treffen) zwi-schen den engen Kontaktpersonen. Die Kommunikationstools von Facebook werden kaum in der Interaktion mit starken Bindungen verwendet. Bei schwachen Bindungen ging die di-rekte persönliche Interaktion zurück, diese wurde jedoch nicht durch die verstärkte Nutzung von anderen Kommunikationswegen ersetzt. Dies widerspricht der Annahme, dass soziale Netzwerke im Kommunikationsrepertoire für die Interaktion im Rahmen schwacher Bindun-gen eine bedeutendere Rolle spielen, als im Bereich der starken BindunBindun-gen (vgl. ebd., S.

108).

Wird die Bindung an die FreundInnen als eher schwach eingeschätzt, dann beschränken sich die Kontakte stärker auf die Online Ebene. Wird Hilfestellung für eher schwerwiegende persönliche Probleme benötigt, dann wenden sich Personen vor allem an FreundInnen aus dem realen Leben. Die Auswertung zeigte, dass sich soziale Netzwerke auf das subjektive Beziehungsempfinden der NutzerInnen auswirken. Vor allem für die Beziehungspflege mit eher lockeren Bekannten, zu denen kein so enger Kontakt besteht, wird Facebook geschätzt und als förderlich für die Beziehungsintensität erlebt. Diese Art der Online-Kommunikation eignet sich eher für die Kommunikation mit lockeren Beziehungen, als für die Interaktion mit engen FreundInnen oder Familienmitgliedern. Es wird die Annahme bestätigt, dass Face-book in erster Linie eine Plattform zur Pflege und Förderung bestehender Kontakte ist und nicht primär zur Erweiterung des eigenen sozialen Netzwerkes genutzt wird (vgl. ebd., S.

109f.).

47 Es wurde auch untersucht, ob durch soziale Netzwerke die Face-to-Face-Kommunikation reduziert wird. Dies ist nicht der Fall, da es weder zu einer Reduktion der Face-to-Face-Interaktion noch im Hinblick auf die indirekten Kommunikationsformen (Telefon oder SMS) gekommen ist. Dies zeigt sich weder in den realen Nutzungsgewohnheiten der Befragten noch in den subjektiven Einschätzungen über die Auswirkung der Facebook-Nutzung auf andere Kommunikationsformen. Diese Ergebnisse sprechen dafür, dass soziale Netzwerke auf kommunikativer Ebene in erster Linie eine Ergänzung bzw. Erweiterung bereits beste-hender Kommunikationsmuster darstellen, aber keineswegs eine Reduzierung dieser bewirkt (vgl. ebd., S. 116f.).

Des Weiteren hat die Untersuchung gezeigt, dass sowohl bei den starken, als auch bei den schwachen Bindungsformen Kommunikation und Kontaktpflege über Netzwerke als ein Be-standteil in der Beziehung eingesetzt wird. Der Aufbau und das Entwicklungspotential einer Beziehung, die rein über Facebook aufgebaut wurde, konnte bei den Befragten nicht nach-vollzogen werden. Es konnte jedoch gezeigt werden, dass die computervermittelte Kommu-nikation im Vergleich zur direkten KommuKommu-nikation bei schwachen Beziehungen bedeutsamer wird. Es muss jedoch erwähnt werden, dass bei lockeren Bindungen die Interaktionsfrequenz deutlich geringer ausfällt, als bei der Kommunikation zwischen engen FreundInnen. Soziale Netzwerke wirken sich vor allem auf jene Beziehungstypen aus, die ursprünglich nur realen Kontakt hatten, aber teilweise in zunehmendem Maße auch auf die Online-Ebene verlagert werden, oft aufgrund von geographischer Distanz. Insofern stellt Facebook eine Bereiche-rung für das Sozialkapital der UserInnen da, indem alte Kontakte wieder aufgegriffen wer-den. Keinen bzw. nur sehr wenig Zuwachs an Sozialkapital ergibt sich in Hinblick auf das Knüpfen neuer Kontakte über das Netzwerk. Das Kennenlernen über die Online Plattform erscheint eine absolute Ausnahme darzustellen (vgl. ebd., S. 131ff.).

Nach der theoretischen Auseinandersetzung mit den Themen Jugend, Freundschaft sowie soziale Netzwerke stehen im zweiten Teil der Arbeit die Auseinandersetzung mit der durch-geführten Untersuchung sowie deren wichtigsten Ergebnisse im Vordergrund.

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