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Experimentelle Methoden zur Untersuchung der Wirkung von Luftschadstoffen

4. Immissionen werden mit unterschiedlichen Methoden erfasst

4.6. Experimentelle Methoden zur Untersuchung der Wirkung von Luftschadstoffen

Versuchsanordnungen zur Verfügung, die sich im Hinblick auf Reproduzierbarkeit, Kontrollierbarkeit (Regelbarkeit) und „Naturnähe“ voneinander unterscheiden. Wissenschaftliche Untersuchungen unter kontrollierten Bedingungen sind die Basis für Immissionsgrenzwerte.

Begasungsküvetten sind geschlossene Systeme, mit denen einzelne Blattorgane oder Zweige begast werden können; hierbei wird der Gaswechsel gemessen.

Klimakammern erlauben Begasungen unter regelbaren und kontrollierbaren (künstlichen) Bedingungen; auch Beregnungen sind möglich (Abbildung 4-16). „Kammereffekte“ bezüglich

des Mikroklimas sind nicht vermeidbar; so beeinflusst die Luftzufuhr den Grenzwiderstand der Blätter und damit den stomatären Widerstand.

Abbildung 4-16: Klimakammer zur Begasung von jungen Fichten.

In der hier abgebildeten Klimakammer des GSF (Neuherberg) lassen sich alle meteorologischen Parameter, die Bodentemperatur und Schad-stoffkonzentrationen programmieren. Sogar die Strahlungsabsorption des atmosphärischen Wassers wird durch ein Wasserfilter simuliert.

Es ist sogar möglich, die Umgebungs-bedingungen einer online verbundenen Freilandmess-Station „nachzufahren“.

Open Top Kammern (OTC) sind i. d. R. zylindrische Vorrichtungen, die im Freiland aufgestellt werden, einen begrenzten Luftaustausch ermöglichen und mit einem Regendach ausgestattet sind. Dadurch werden im Vergleich zu Klimakammern natürliche Bedingungen besser simuliert, ein „Kammereffekt“ ist jedoch nicht vermeidbar.

Feldexperimente nähern sich weitestgehend den natürlichen Bedingungen an.

Freilandbegasungsanlagen werden v. a. zu (kombinierten) Begasungen mit Ozon und CO2

verwendet. Die Klimaparameter sind bei diesen „FACE-Experimenten“ (free air carbon dioxide enrichment) jedoch nicht regelbar.

Durch die Verwendung von Klonpflanzen werden genetische Unterschiede zwischen den verwendeten Pflanzen als beeinflussende Parameter vermieden. Tabelle 4-15 zeigt die unterschiedlichen Voraussetzungen verschiedener Versuchsanordnungen.

Tabelle 4-15: Gegenüberstellung von experimentellen Untersuchungen zur Untersuchung von Immissionswirkungen.

Klimakammer Open-Top-Kammer Feldexperiment

Wirklichkeitsnähe

technischer Aufwand → → → → → →

Zahl und Variabilität der Einflussgrößen

gering hoch

Freilandrelevanz der Ergebnisse

gering bedingt hoch

Versuchsbedingungen (Luftzufuhr)

regelbar bedingt regelbar nicht regelbar

Standort Topfpflanzen Topfpflanzen natürlich

Reproduzierbarkeit reproduzierbar bedingt reproduzierbar nicht reproduzierbar

Ermittlung von Dosis-Wirkungsbeziehungen

Beziehung“; Kapitel 1.3., Abbildung 1-9). Wirkungsbestimmend sind die Immissionsraten, d. h. die von den Spaltöffnungen pro Zeit- und Flächeneinheit aufgenommene Schadstoffmenge bzw. das Integral über die Zeit (Immissionsdosis).

Zur Definition und Bewertung der Wirkungen sind Kenngrößen bzw. Kriterien notwendig, die kausalanalytisch gesicherte Aussagen über immissionsbedingte Folgewirkungen im Freiland zulassen. Auf zellulärer Ebene sind dies biochemische Methoden (Blattinhaltsstoffe) und feinstrukturelle Untersuchungen, auf Pflanzenebene Wuchs- und Qualitätsfeststellungen an Einzelpflanzen (z. B. Biomasse- und Ertragsverlust) und Pflanzenbeständen sowie auf Ökosystemebene die Erfassung der Wirkung auf Biozönosen (vgl. Kapitel 2.5.6.).

Abbildung 4-17 zeigt Exposition – Wirkungskurven für Laub- und Nadelbäume gegenüber Ozon aufgrund von kontrollierten Laborexperimenten.

Abbildung 4-17: Exposition – Wirkungsbeziehungen für Laub- und Nadelbäume gegenüber Ozon (Grünhage et al. 2000).

Die Kurven zeigen, dass z. B. Bäume nach einer 100-tägigen Begasung mit 50 ppb mit einer Schädigung

reagieren. Mit etwa 90 ppb tritt eine solche bereits nach 5 Tagen ein (fette Kurve).

Arbeitsablauf bei der Schad- und Nährstoffanalyse in Blattorganen

Probenwerbung: Um die Ergebnisse einer Bioindikationsuntersuchungen national und international vergleichbar zu machen, ist eine strenge Standardisierung notwendig. Diese ist auch in der Zweiten Verordnung gegen forstschädliche Luftverunreinigungen verankert.

Probenahmezeitpunkt: Bei Nadeln im Herbst nach Abschluss des Nadelwachstums, in der Regel im Oktober/November, bei Blättern im September.

Entnahmestelle: Bei Koniferen in der oberen Krone am 6./7. Quirl; bei Laubbäumen wird eine Mischprobe unter Einschluss der am Vegetationsbeginn gebildeten Blätter geworben.

Trennung der Nadeln nach Jahrgängen: Bei Laubbäumen und Lärche ist nur die Akkumulation während des abgelaufenen Jahres bestimmbar, da die Blattorgane im Jahr ihrer Bildung abgeworfen werden.

Da sich nach dem Austrieb die Nadeln erst entwickeln und Nährstoffe u. a. Komponenten einlagern, ändern sich die auf die Trockensubstanz bezogenen Schwefel- und Nährstoffgehalte bis zu ihrer vollständigen Ausbildung. Die Schwefelgehalte z. B. nehmen bis zum Herbst hin ab; eine zu frühe Probenahme könnte somit eine SO2-Immissionseinwirkung vortäuschen.

Probenlagerung: Die Lagerung der Proben bis zur weiteren Verarbeitung soll kurz sein und bei möglichst tiefen Temperaturen erfolgen. Besondere Vorkehrungen sind bei Spezialuntersuchungen zu

treffen, z. B. Schockgefrieren in flüssigem Stickstoff bei Untersuchungen von flüchtigen organischen Komponenten wie Chlorkohlenwasserstoffen oder Komponenten des antioxidativen Systems.

Nach der Probenahme werden zwar der Saftstrom und damit die Nährstoffzufuhr, nicht aber physiologische Prozesse unterbrochen: Photosynthese, Verdunstung und Atmung laufen weiter ab, bis die Wasservorräte verbraucht sind; Kohlenhydrate werden abgebaut, nicht abbaubare akkumulierte Verbindungen reichern sich relativ an. Eine Verschmutzung durch Bodenpartikel muss vermieden werden.

Probenvorbereitung: Trennung der Nadeljahrgänge: Bei wintergrünen Nadelbäumen müssen die Nadeljahrgänge vor dem Mahlen bzw. der Extraktion oder direkten Analyse getrennt werden, falls dies nicht bereits bei der Probenahme erfolgte. Diese Trennung ist unbedingt erforderlich, da die Schadstoffe - v. a. Schwefel und Fluor - akkumulieren und i.d.R. in älteren Nadeln höhere Gehalte vorliegen.

Trocknung: Vor dem Mahlen werden die Proben bei 105 °C bis zur Gewichtskonstanz getrocknet.

”Mechanischer Aufschluss”: Mahlen der getrockneten Proben.

Chemischer Aufschluss:

für Nährstoffanalysen: nasse Veraschung für Chloranalysen: Extraktion

Probenanalysen (Österreichisches Bioindikatornetz)

Die derzeit Bundesamt und Forschungszentrum für Wald (BFW) angewandten Methoden sind in Tabelle 4-16 angeführt.

Tabelle 4-16: Am BFW angewandte Blatt-Analysenmethoden.

Komponente (trockensubstanzbezogene Konzentrationsangabe)

Aufschluss des Blattpulvers und Messung

Schwefel (%) LECO SC632 (Gesamt-S): Verbrennung im O2-Strom; Messung der IR-Absorption des gebildeten SO2

Fluor (mg% = mg/100g), Veraschung bzw. Aufschluss und darauf folgende Messung der Fluorkonzentration mittels ionenselektiver Elektrode

Chlor (%) Saure Extraktion; elektrochemische Titration mit Silbernitrat, Endpunktsbestimmung mit einer Silberelektrode

N (%) LECO CN 2000: Verbrennung im O2-Strom; Messung der Verringerung der Wärmeleitfähigkeit durch das gebildete N2 im Vergleich zu He

P, K, Ca, Mg (%) Offener Säureaufschluss mit HNO3-H2SO4; Messung mittels ICP-AES *) Fe, Mn, Zn (mg/kg) Offener Säureaufschluss mit HNO3-H2SO4; Messung mittels ICP-AES *) Cd, Pb, Cu (mg/kg) Geschlossener Säureaufschluss mit HNO3 (Mikrowelle); Messung mittels

Grafitrohrofen-AAS

*) Emissionsspektroskopische Methode ("Emissionsspektrometrie mit induktiv gekoppeltem Plasma"), bei dem ein im Hochfrequenzfeld ionisiertes Gas (z. B. Argon) als Atomisierungs- und Anregungsmedium für die Probe dient.