• Keine Ergebnisse gefunden

2.   Literatur

2.4   Diagnostik

2.4.2   Direkter Erregernachweis

Die kulturelle Anzüchtung in Friismedium wird durch THACKER (2004) nach wie vor als Goldstandard beschrieben. Die Bebrütung der Platten nimmt vier bis acht Wochen in Anspruch (FRIIS 1975). Aufgrund des sehr langsamen Wachstums und einer häufigen Überwucherung durch andere Mykoplasmen, insbesondere M. hyorhinis und M. flocculare (MAES et al. 1996) bzw. andere Erreger, ist diese Methode nicht für die Routinediagnostik geeignet. Post mortem ist ein direkter Erregernachweis an Formalin-fixiertem Lungengewebe mit der sogenannten in-situ Hybridisierung (ISH) und der IHC möglich. Um die Wahrscheinlichkeit falsch negativer Ergebnisse zu reduzieren, sollten die histologischen Präparate Bronchen bzw. Bronchiolen enthalten (THACKER 2006). Die Identifizierung bei der in-situ Hybridisierung erfolgt durch eine Sonde, die spezifisch an DNA resp. 16S ribosomale RNA bindet (KWON u. CHAE 1999; BOYE et al. 2001). Die Methode gilt als hoch spezifisch, ist jedoch mit einer aufwendigen Vorbereitung des Präparates verbunden.

Verschiedene Nachweismethoden basierend auf IHC-Verfahren wurden publiziert (DOSTER u. LIN 1988; CHEIKH SAAD BOUH et al. 2003; SARRADELL et al.

2003; OPRIESSNIG et al. 2004; RIBEIRO et al. 2004; MOORKAMP 2007). Im Vergleich mit einem nested PCR-Verfahren, bei welchem BALF-Proben des selben Tieres als Matrix verwendet wurden, konnte nur bei 16 von 33 PCR-positiven Tieren der Erreger mittels IHC nachgewiesen werden. Des Weiteren besteht der Verdacht, dass mit dieser Methode nicht alle Stämme identifiziert werden können, da in einer Herde keines der mittels nested PCR als positiv bewerteten Tiere in der IHC als positiv erkannt wurde (MOORKAMP 2007). Ein weiteres immunologisches Nachweisverfahren ist der Immunfluoreszenztest (IFT). Die Durchführung des Tests ist anhand einer Vielzahl von Probenmaterialien möglich. Für den Nachweis von M. hyopneumoniae wurden IFT-Verfahren entwickelt, deren Probenmatrix Bronchustupfer (GIGER et al. 1977) oder Lungengewebe (AMANFU et al. 1984) sein können. Das Verfahren ist besonders geeignet für den Nachweis von M. hyopneumoniae in akuten Phasen der Infektion, wenn der Erregergehalt im Probenmaterial besonders hoch ist (ROSS 1999).

AHRENS u. FRIIS (1991) entwickelten ein M. hyopneumoniae-Nachweisverfahren mittels Southern blot Technologie und konnten eine Detektionsgrenze von 100 pg DNA ermitteln. Mittels realtime PCR-Verfahren konnte dagegen eine Nachweisgrenze von weniger als 1 fg DNA erzielt werden (DUBOSSON et al. 2004).

Bei dem Southern blot Verfahren wird DNA aus dem Probenmaterial mittels verschiedener Restriktionsenzyme gespalten und anschließend gelelektrophoretisch aufgetrennt. Nach Denaturierung der DNA-Fragmente werden diese auf eine blotting-Membran übertragen. Eine spezifische Sonde, die aus einem komplementären DNA-Abschnitt aufgebaut ist, der an einem Ende chemisch oder radioaktiv markiert ist, bindet komplementär an dem zu detektierenden DNA-Abschnitt. Die Durchführung dieser Methode dauert ca. 24 Stunden (HOFF et al. 2007).

In der Routinediagnostik kommen üblicherweise PCR-Methoden zur Anwendung.

Ursächlich dafür sind die Vielfalt der zur Verwendung möglichen Ausgangsmaterialien, die auch einen Erregernachweis intra vitam ermöglichen, die meist höhere Sensitivität sowie die schnelle und einfache Durchführung.

2.4.2.1 Polymerasekettenreaktion

Die Methode der PCR wurde erstmalig 1986 vom US-amerikanischen Biochemiker Kary Banks Mullis beschrieben (MULLIS et al. 1986). Bei der PCR handelt es sich um eine sensitive und spezifische in vitro Technik, die es ermöglicht, spezifische DNA-Sequenzen zu vervielfältigen (Amplifikation) und sie anschließend zu detektieren. Das Prinzip der PCR beruht auf einer exponentiellen Vermehrung eines - durch reverse und forward Primer- genau definierten DNA-Abschnittes mithilfe eines Enzyms, der DNA-Polymerase. Als Vorlage (template oder Matrize) wird einzelsträngige DNA benötigt.

Für die Mykoplasmen-Diagnostik wird die PCR aufgrund der einfachen und schnellen Durchführung der langwierigen und schwierigen kulturellen Anzüchtung vorgezogen.

Studien, in denen die kulturelle Anzüchtung mit einem single PCR-Verfahren verglichen wurde, ermittelten eine signifikant höhere Sensitivität bei Anwendung des PCR-Verfahrens (MAROIS et al. 2006).

Seit der Entwicklung der ersten PCR zum Nachweis von M. hyopneumoniae (HARASAWA et al. 1991) wurden diverse weitere auf der PCR-Technik basierende Nachweismethoden publiziert (ARTIUSHIN et al. 1993; STEMKE et al.

1994; MATTSSON et al. 1995; BLANCHARD et al. 1996; BAUMEISTER et al.

1998; MINION et al. 2002).

In den letzten 20 Jahren wurde die Weiterentwicklung der Methode aufgrund ihrer vielen Vorteile forciert. Es entstanden Varianten der PCR, wie die sogenannte multiplex PCR, die nested PCR und die realtime PCR. Das oben beschriebene Verfahren der ursprünglichen Methode wird seither als single PCR bezeichnet.

Mit dem Verfahren der multiplex PCR werden in einer Reaktion mehrere Genomfragmente amplifiziert. Die Einsparung von Zeit und Material geht allerdings mit einer geringeren Sensitivität einher. Für die Differenzierung von porzinen Mykoplasmen stehen multiplex PCR-Verfahren zur Verfügung (CARON et al.

2000; STAKENBORG et al. 2006).

Die nested PCR ist ein Verfahren, bei der zwei PCR-Reaktionen aufeinander folgen.

Das Amplifikat der ersten Reaktion dient dabei als Matrize für die zweite Reaktion.

Dadurch wird die Sensitivität deutlich erhöht. Verschiedene M.

hyopneumoniae-Nachweismethoden basierend auf dieser PCR-Variante sind beschrieben (STEMKE 1997; STÄRK et al. 1998; CALSAMIGLIA et al. 1999; CALSAMIGLIA et al.

2000; VERDIN et al. 2000; KURTH et al. 2002). Die Gefahr der Kontamination ist durch die Verwendung eines PCR-Produktes als Matrize in der zweiten Amplifikation allerdings stark erhöht.

Die realtime PCR ist die neuste Variante der PCR. Sie unterscheidet sich im Wesentlichen in ihrer Detektionsmethode von den bisher genannten Methoden. Das Amplifikat wird hierbei elektronisch durch fluoreszierende Reportermoleküle (siehe 2.4.2.2) visualisiert.

2.4.2.2 Realtime PCR

Die realtime PCR unterscheidet sich von den konventionellen PCR-Methoden durch die Detektion des PCR-Produkts während der Reaktion. Verschiedene Variationen dieser Methode stehen zu Verfügung. Neben der Sybr-Green-Methode, in der das PCR-Produkt durch einen unspezifischen, interkalierenden Fluoreszenzfarbstoff detektiert wird und ggf. eine anschließende Schmelzkurvenanalyse erforderlich macht, existieren Methoden, die eine Detektion des Amplifikats durch spezifische, hybridisierende Sonden ermöglichen. Die verschiedenen, auf der Sondentechnologie basierenden Methoden unterscheiden sich in der Art der Sonde (FRET-Sonden, TaqMan-Sonden, Molecular Beacons, Scorbions). Die Fluoreszenz ist jeweils annähernd proportional zur Menge des entstandenen PCR-Produkts. Während der Amplifikation werden drei Phasen unterschieden. In der ersten Phase ist die unspezifische Hintergrundfluoreszenz dominierend. Zu dem Zeitpunkt, an dem die Fluoreszenz erstmals die unspezifische Hintergrundfluoreszenz übersteigt, beginnt die zweite Phase der Amplifikation. Ein exponentieller Anstieg der Fluoreszenz kommt lediglich in dieser Phase vor. Er ist gleichbedeutend mit der Verdopplung des PCR-Produktes pro Zyklus. Eine Quantifizierung ist nur in dieser Phase möglich. Man bezeichnet den Amplifikationszyklus, in dem erstmals PCR-Produkt detektiert wird bzw. die Hintergrundfluoreszenz überschritten wird, als Ct-Wert (threshold cycle =

"Schwellenwert-Zyklus") oder Cp-Wert (crossing point). In der letzten Phase der

Amplifikation ist eine Verdopplung des Amplifikats pro Zyklus nicht mehr möglich.

Ursächlich dafür ist der Verbrauch der Substrate, die Hemmung der Reaktion durch die große Menge entstandener (Neben-) Produkte sowie die Inaktivierung der Polymerase durch die andauernde Hitze.

Nachweisverfahren für M. hyopneumoniae, die auf dieser Methode basieren, wurden mehrfach publiziert (DUBOSSON et al. 2004; STRAIT et al. 2008; MAROIS et al.

2010). DUBOSSON et al. (2004) beschreiben in ihrer Veröffentlichung zwei realtime PCR-Verfahren, die bei kombinierter Anwendung die Sensitivität der Einzelnachweise deutlich steigern. Im ersten Test dient das repeated element-Protein -REP- (MHYP1-03-950) als Zielgen. Die Entwicklung fand in Anlehnung an eine nested PCR (STÄRK et al. 1998) statt. Zielgen des zweiten Tests stellt eine Sequenz dar, die mutmaßlich für ein ABC (ATP-binding cassette)-Transporter-Protein kodiert (I-141 DNA-Sequenz).

Die Entwicklung einer spezifischen Hybridisierungs-Sonde, Analysen dieser Sequenz (ABIVEN et al. 1992; BLANCHARD et al. 1996) sowie die Entwicklung eines nested PCR-Verfahrens (VERDIN et al. 2000), welchem diese Sequenz als Zielgen dient, gingen der Etablierung dieses realtime PCR-Verfahren voraus. Eine Besonderheit des ABC-Nachweisverfahrens ist die Verwendung zweier unterschiedlicher reverse Primer. Grund dafür ist die Entdeckung von Sequenzvariationen unterschiedlicher Stämme. Die Entwicklung der PCR erfolgte an Lungenproben. Während für die einzelnen REP- und ABC-Nachweisverfahren auf Einzeltierebene Sensitivitäten von 51,2 % resp. 68,3 % ermittelt wurden, stieg die Sensitivität bei der Kombination beider Tests auf 84,5 %. Die Spezifität dieser Kombination wird mit 99,6 % angegeben.

ZEEH (2004) ermittelte im Rahmen einer Untersuchung von Nasentupfern mittels realtime PCR nach DUBOSSON et al. (2004) eine Spezifität von 100 %. Die Sensitivität beider Nachweisverfahren (ABC und REP) an einzelnen Tieren lag lediglich bei 47,1 %. Auf Herdenebene erhöhte sich der Wert auf 95,5 %. Für Herden, in denen Husten beobachtet wurde, konnten signifikant höhere Werte für die Sensitivität ermittelt werden. Dies kann mit der Tatsache in Verbindung gebracht werden, dass die Erreger auf ihrem Weg von den tiefen Atemwegen in die Umwelt die Nasenhöhle passieren. Folglich ist die Wahrscheinlichkeit, mittels Nasentupfer M. hyopneumoniae zu detektieren bei Schweinen die husten erhöht (ZEEH 2004).

Basierend auf den beiden realtime PCR-Verfahren nach DUBOSSON et al. (2004) wurde eine multiplex realtime PCR entwickelt; die Kombination der beiden Tests reduziert die Anzahl der Untersuchungen und damit deren Kosten (GIANI 2005).

2.4.2.3 Geeignetes Probenmaterial und DNA-Isolierung

Der direkte Nachweis von M. hyopneumoniae mittels PCR kann aus unterschiedlichsten Probenmaterialien erfolgen. Neben Lungenproben bzw.

Bronchustupfern sind hier Untersuchungsmaterialien zu nennen, die eine Diagnostik intra vitam ermöglichen, wie Nasentupfer oder BALF. Des Weiteren ist eine oropharyngeale oder tracheobronchiale Probenentnahme mittels Tupfer oder Bürstchen möglich. Bei einem Vergleich von vier verschiedenen Probenmaterialien (Nasentupfer, oropharyngeale Bürstchen, Bronchoalveolär-Lavage-Proben und Tracheobronchial-Bürstchen) wurden für Nasentupfer die niedrigste Sensitivität (13,3 %) und für Tracheobronchial-Bürstchen die höchste Sensitivität (60,0 %) ermittelt (FABLET et al. 2010). Der Erregernachweis erfolgte jeweils mittels nested PCR Verfahren (CALSAMIGLIA et al. 1999). Im Rahmen einer Untersuchung an experimentell infizierten Ferkeln, bei denen Nasen- und Tonsillentupfer innerhalb der Aufzucht- und Mastphase entnommen wurden, konnte eine 4,5 mal höhere Sensitivtät bei Verwendung von Tonsillentupfern anstatt Nasentupfern ermittelt werden (MAROIS et al. 2008). Im Gegensatz dazu halten PIETERS und PIJOAN (2006) Nasentupfer in Kombination mit dem Nachweis über ein nested PCR-Verfahren als geeignet, frühe Phasen der Infektion zu identifizieren. In einer weiteren Studie, in der drei Wochen alte Ferkel intratracheal infiziert wurden, konnte der Erreger mittels nested PCR aus Nasentupfern bei annähernd 100 % der Ferkel eine Woche, zwei Wochen und vier Wochen p.i. identifiziert werden, während drei und fünf Wochen p.i. kaum positive Ergebnisse erzielt wurden (RUIZ et al. 2002). Diese Beobachtung unterstützt die Hypothese der diskontinuierlichen nasalen Ausscheidung des Erregers (siehe 2.2.3).

Um bei der Verwendung von Tupfern die Ausbeute des Erregers zu erhöhen, sollten synthetische Materialien wie z.B. Dacron®-Tupfer an Stelle von Baumwolltupfern verwendet werden, da Baumwolle dazu neigt, Flüssigkeiten nur schwer wieder

abzugeben. Des Weiteren sollte auf die Verwendung von Kunststoff- oder Aluminiumstäben, anstelle von Holzstäben geachtet werden, da Holz bei der Probenentnahme am lebenden Tier leichter bricht (ANONYM 2005a). Eine Studie (MOORKAMP et al. 2009) gibt Hinweise, dass BALF-Proben das geeignetere Probenmaterial zum Nachweis von M. hyopneumoniae in frühen Infektionsphasen sind, während bei typischen Lungenveränderungen der direkte Nachweis in Gewebe erfolgreicher ist. Die genannte Untersuchung erfolgte an typisch erkrankten Absetzferkeln, indem zuerst Lungenlavageproben und nach Euthanasie Lungengewebe entnommen wurden. Die Proben wurden mittels nested PCR (KURTH et al. 2002) auf M. hyopneumoniae untersucht. Antibiotische Vorbehandlungen scheinen keinen Einfluss auf die Detektion des Erregers in Lungengewebe zu haben (NATHUES et al. 2010).

Vor der Durchführung der PCR muss eine Aufbereitung der Proben stattfinden, um die Zellen zu lysieren und mutmaßlich vorhandene Inhibitoren der PCR zu entfernen.

Letzteres ist erforderlich, da die Sensitivität der PCR durch die inhibierenden Bestandteile nicht aufbereiteter, direkt verwendeter Proben sehr stark reduziert sein kann (RADSTRÖM et al. 2004). Die ideale Methode zur DNA-Isolierung sollte hohe Ausbeuten hochreiner sowie hochmolekularer DNA liefern, aber auch einfach, schnell und ökonomisch sein. Bei Untersuchungen größerer Probenzahlen ist es sinnvoll, die Extraktionsmethode im Vorfeld in Kombination mit der entsprechenden Amplifikationsmethode zu validieren (VISVIKIS et al. 1998).

Klassische Verfahren wie das Aufkochen und Filtrieren des Ausgangsmaterials, das häufig in Kombination mit Salzfällung der DNA durchgeführt wurde, sowie die sogenannte Zwei-Phasen-Extraktion wurden aufgrund niedriger Qualität der isolierten DNA sowie Gefahren für die Untersucher und die Umwelt (Äther) durch weiterentwickelte Verfahren abgelöst. Zu nennen sind dabei unter anderem die Anionenaustauscher-Chromatographie, die Extraktion mittels magnetic beads-Technologie sowie Silikagel-basierte Verfahren, wie beispielsweise die Silikasäulen-Technologie. Das letztgenannte Verfahren basiert auf der Bindung der Nukleinsäure an Silikaoberflächen in Gegenwart hoher Konzentrationen chaotroper Salze (GRIESS et al. 2007). Bereits 1990 publizierten BOOM et al. die Durchführung einer schnellen

und einfachen Nukleinsäureextraktion aus Serum und Urin humanen Ursprungs unter Verwendung von Silikapartikeln als Nukleinsäureträger. Die erzielten Ausbeuten lagen regelmäßig bei über 50 %. Außerdem zeigte sich die Nukleinsäure als geeignet für die Verwendung als Substrat für Polymerasen, Restriktionsenzyme und Ligasen (BOOM et al. 1990). Demgegenüber stehen die Ergebnisse weiterer Untersuchungen zur Nukleinsäureausbeute bei Extraktionen mittels Silikamembran-basierter Technologie, in denen anhand von Stuhl- oder Blutproben deutlich geringere Ausbeuten (≤ 5 %) erzielt werden konnten (LI et al. 2003; QUEIPO-ORTUNO et al.

2008; NATHUES et al. 2009). Einige Firmen bieten heute Kits an, die auf Silikamembran-Technologie basieren. Der Prozess wird dabei unterteilt in die Lyse der Proben, das Binden der Nukleinsäure an die Silikamembran, das Waschen zur Beseitigung von Inhibitoren mittels alkoholhaltiger Puffer und schließlich das Eluieren der reinen, hochmolekularen Nukleinsäure unter Niedrigsalzbedingungen (SETZKE 2007).