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Mit Hilfe der aus der Anthropologie übernommenen genealogischen Analysen, aber auch mit Hilfe von Züchtungsversuchen wird versucht, das Wissen über Erbfehler zu erweitern. Dabei steht in erster Linie die praktische Anwendbarkeit im Vordergrund.

Damit wird neben den Leistungsprüfungen die Selektion auf „Erbgesundheit“ als In-strument in die Tierzucht eingeführt. Dies findet seinen Niederschlag auch in der Neu-regelung der Körordnungen unter den Nationalsozialisten.

In einer Arbeit über die Verordnung zur Förderung der Pferdezucht in Mecklenburg-Schwerin wird harsche Kritik an den dort aufgeführten Erbfehlern46 geübt, da die meisten der zuchtausschließenden „Erbfehler“ bewiesener Maßen nicht vererbbar sei-en (ALBRECHT 1921, 345). Insbesondere die Erblichkeit der periodischsei-en Augsei-en- Augen-entzündung, immerhin einer der Hauptmängel des Pferdes, steht in der Diskussion.

46 Genannt werden Dummkoller, Kreuzlähme, Kreuzschwäche, Spat, Schale, Strahlkrebs, periodische Augenentzündung und Starblindheit.

Hier wird eine erbliche Disposition vermutet. Zur Bekämpfung der Krankheit seien aber hygienische Prophylaxemaßnahmen wichtiger als züchterische Maßnahmen (RICH-TER 1922, 79), während Suckow in seinem Werk über Erbfehler in der Pferdezucht von einer rein erblichen Komponente der Augenentzündung überzeugt ist (MAYER 1924, 540-541). In diesem Zusammenhang ist auch Schäper zu erwähnen, der einen schlüssigen Beweis dafür gefunden haben will, dass die Lungendämpfigkeit des Pfer-des eine Konstitutionskrankheit sei, bei der ein Allergen ausschlaggebend für die Aus-lösung der Krankheit, aber die Anfälligkeit erblich bedingt sei (SCHMIDT 1940 I, 130).

Gestritten wird auch über die Frage, ob die Rinder-Leukose vererblich ist. Weischer geht auf Grund der Beobachtung in einem [!] Rinderbestand von einem dominanten, monofaktoriellen Erbgang aus (WEISCHER 1943, 83). Dem wird durch Ulm heftig widersprochen, der besonders die Beweisführung als unwissenschaftlich kritisiert und zu bedenken gibt, dass in einem Bestand durchaus Krankheiten durch gleiche Umwelt-bedingungen verursacht werden können (ULM 1943, 255).

Giovanoli veröffentlicht eine Untersuchung von eigenen Beobachtungen und Literatur-belegen, in denen er eine Verbindung in der Vererbung von sogenannten Wasserkälbern mit den Vatertieren zieht. Von Seiten des Referenten heißt es: „Aus der interessanten Kausaistik lässt sich eine gewisse Regelmäßigkeit nicht verkennen“ (GRAF 1926, 14).

Und Koch kann mit Züchtungsversuchen nachweisen, dass die bisherige Annahme, es gäbe erbliche und äußerlich verursachte Gesichtsspalten, falsch ist, da er die erblichen Komponenten nachweisen konnte (KOCH 1932, 353-357). Ebenso konnte durch Paarungsversuche nachgewiesen werden, dass bei der Entstehung des Kropfes beim Hund Umwelteinflüsse die maßgebliche Rolle spielen (HINK 1932, 443).

Auch finden sich Artikel, welche die bisher bekannten oder angenommenen Erbfehler auflisten, so für den Hund (FROEHNER 1936, 365) oder das Kaninchen (NACHTS-HEIM 1936, 742-746).

Auf dem Gebiet der Liebhaberzucht, namentlich der Katzenzucht, wird ebenfalls Erbfehlerforschung betrieben. Hier steht vor allem die Verhinderung von Qualzuchten im Vordergrund (GRAU 1939, 88-89).

Das Interesse der Tierärzte wird aber in erster Linie durch Artikel, wie zum Beispiel von Koch befriedigt. Er veröffentlicht in seinem Artikel „Praktisch bedeutungsvolle Erbkrankheiten“, wie die Atresia coli, den Platthuf und Kryptorchismus (KOCH 1936, 181-183).

In der Diskussion um die Vererbung des Kryptorchismus wird von Schäper für das Pferd neben dem Ausschluss der männlichen Tiere durch Kastration gefordert, „[...]

Nachkommen von erwiesenermaßen erblich stark belasteten Stuten“ von der Zucht auszuschließen (G.[oerttler] 1938, 531). Dasselbe wird von Härtl in Bezug auf die Bekämpfung des Kryptorchismus beim Hund gefordert (SCHMIDT 1938, 531-532).

Die Forderung, neben den direkt betroffenen Tieren auch die verwandten Tiere, in erster Linie die Eltern- und Geschwistertiere, von der Zucht auszuschließen, wird auf Grund des erweiterten Wissens um die Erbfehler erhoben (GEHRING 1940, 130).

Krause veröffentlicht 1942 sein Literaturstudium über Kryptorchismus bei Mensch und Tier, aus dem hervorgeht, dass Kryptorchismus über zwei verschiedene Allele vererbt werde (KRAUSE 1943, 54-55).

Schäper gibt auch an, dass die Kniescheibengelenksentzündung des Fohlens, bei der sich habituelle laterale Luxation, Subluxation der Kniescheibe und Arthritis deformans aufgelistet finden, eine rezessive Erbkrankheit sei (KÖSER 1939 I, 761). Beim Kalb wird die Doppelkopfbildung als rezessive Anlage beschrieben (STEINER 1941, 405).

Später finden sich im Wesentlichen Beschreibungen der erforschten Erbfehler und der Leiden mit erblichen Komponenten, wobei das Pferd mit der Myopie (MAREK 1942, 89), dem Leistenbruch (CARL 1942 89-90) oder dem Nabelbruch (SCHLAAG 1942, 352) deutlich mehr Beachtung findet als andere Tiere. Dagegen ist die Frage, ob die Ohrfistel des Pferdes vererbbar ist, umstritten (GÖBEL 1943, 269).

2.2 Letalfaktoren als tierzüchterisch besonders relevante Erbfehler

Ein besonderes Interesse gilt der Frage, inwieweit tödliche Erbkrankheiten, sogenann-te Letalfaktoren, nachgewiesen werden können. Durch den Ausschluss von Tieren, die solche Faktoren vererben, könnten wirtschaftliche Schäden vermieden werden.

Das gehäufte Auftreten von Mißgeburten, Verwerfen oder Kümmern ohne erkennbare äußere Einflüsse wird von Schäper auf das Vorhandensein von Letalfaktoren zurückge-führt (RITTER 1936, 572).

Schäper veröffentlicht 1935 einen Artikel über Letalfaktoren, der von Köser in der Deutschen Tierärztlichen Wochenschrift referiert wird. Dabei wird im Anschluss an den Nachweis der Verbreitung von Letalfaktoren durch Literaturbelege die Forderung erhoben, bei der Zucht nicht allein nach der „äußerlichen“ Gesundheit zu urteilen, sondern auch mittels des Stammbaums nach der „Erbgesundheit“ (KÖSER 1935, 554).

Der Leitartikel vom 20. Mai 1939 „Todbringende Erbanlagen“ in der Deutschen Tier-ärztlichen Wochenschrift gibt nach einer kurzen Einführung für alle Nutztiere (inklusi-ve des Geflügels) die Symptome und - soweit bekannt - die Erbgänge der wichtigsten letalen Erbfehler an (BUTZ 1939, 305-306).

Für das Schwein wird die Vererbung der Afterlosigkeit durch den Eber nachgewiesen und die Merzung der Vatertiere gefordert (LEIBRANDT 1940, 138-139).

3 Auswirkungen der Neuregelung der Körordnung durch das