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Auswirkungen der Autarkiebestrebungen auf die einzelnen Nutztiere .1 Rinder

2 Veränderung durch die Machtübertragung auf die Nationalsozialisten

2.2 Auswirkungen der Autarkiebestrebungen auf die einzelnen Nutztiere .1 Rinder

In der Rinderzucht wird die Frage aufgeworfen, welche Rinderrassen am besten für die Anforderungen der Erzeugungsschlacht geeignet seien. Kynast favorisiert dabei das Angler Rind. Um seine Ansicht zu untermauern, zitiert er neben Zahlenmaterial den Reichsbauernführer Darré mit den Worten: „[...]das [das Angler Rind] ist das Vieh, welches wir brauchen; bei niedrigen Futteransprüchen bringt es hohe Leistungen“

(KYNAST 1936, 254).

Faktisch soll aber durch die flächendeckende Einführung der Pflicht zur Milchleistungs-kontrolle die Milchleistung gesteigert werden (SZK 1936 I, 395). Dabei steht nicht nur die Zucht auf Milchmenge im Vordergrund, sondern es soll insbesondere auch der Fettgehalt der Milch gesteigert werden (PSCHORR 1936 , 194).

Mit dem Körgesetz vom 17. März 1936 wird es der Regierung möglich, Einfluss auf die Zucht zu nehmen. Am 23. Dezember 1938 tritt eine Verordnung in Kraft, nach der die Milchleistung der Muttertiere von Deckbullen bei der Körung beachtet werden muss. Die Gründe werden in der Einleitung der Verordnung wie folgt angegeben:

„Zur Sicherung der Fettversorgung ist es nötig, auch die züchterischen Maß-nahmen in der Rinderzucht für die Zukunft darauf einzustellen. Zu diesem Zweck ist eine Erhöhung des prozentischen Fettgehalts der Milch unumgäng-lich nötig“ (ANONYM 1939, 241).

Um die Leistung der Rinderbestände weiter zu erhöhen, wird 1942 die Arbeitsgemein-schaft Deutscher Tierzüchter und Tierärzte gegründet. Diese Gründung geht auf die

49 Mit Sicherheit ist die Ähnlichkeit mit den alttestamentarischen 10 Geboten an dieser Stelle beabsichtigt.

Anregung des Ministerialdirektors des Inneren, Müssemeier, und des Leiters des Kai-ser Wilhelm Instituts für Tierzüchtung und gleichzeitigen Direktors des Instituts für Tierzucht der Landwirtschaftlichen Fakultät Berlins, Schmidt, zurück (GOERTTLER, 1942, 162-163).

Als die „Aufgaben Rinderzucht im vierten Kriegsjahr“ werden neben der bereits obli-gatorischen Steigerung des prozentualen Fettgehalts die Verstärkung der Aufzucht im eigenen Betrieb mit den eigenen Mitteln genannt, da mit „Nachschub“ aus anderen Gebieten nicht immer gerechnet werden könne (RENK 1943 I, 137).

2.2.2 Pferde

Auf dem Gebiet der Pferdezucht wird ebenfalls versucht, eine größtmögliche Autarkie zu ereichen. So lautet die „erste Richtlinie der Pferdezucht im nationalsozialistischen Staat“: „Die Zucht in dem Ausmaße zu betreiben, daß der Bedarf aus eigener Erzeu-gung gedeckt werden kann“ (GAREIS 1935, 85). Trotzdem oder gerade deshalb wird auch betont, dass nicht jede Stute zur Steigerung des Pferdebestandes benutzt werden solle, sondern nur die zur Zucht geeigneten (ME. 1935, 455).

Die Möglichkeit zur Mitarbeit in der Pferdezucht wird für Tierärzte als steigerungsfä-hig angesehen. Dies gilt vor allem, da der Bedarf von Wirtschaft und Wehrmacht durch inländische Züchtung gedeckt werden soll (BÜRGER 1937, 523-524; KÜST 1937 14-16). Von Seiten der Regierung wird auch durch Einfuhrverbote lenkend in die Pferdezucht eingegriffen. So stellt der Reichsernährungsminister Darré die Einfuhr belgischer Hengste unter Genehmigungspflicht (DVC 1938, 105).

Die Frage, welche Anforderungen die Wehrmacht an die Remonte stellen, wird kurz vor dem Überfall auf Polen in einem Artikel von Späh, erschienen in der BTW vom 7.

Juli 1938, dargelegt. Trotz der Feststellung, dass die Wehrmacht der größte Abnehmer der deutschen Pferdezucht ist, warnt er davor, ein reines „Soldatenpferd“ zu züchten.

Vielmehr betont er, dass die Hauptaufgabe der Pferdezucht die Schaffung eines Wirtschaftpferdes sei. Sein Bericht schließt mit den Worten:

„Der nie erlahmende Züchterfleiß und die angeborene Liebe unserer deut-schen Bauern und Landwirte zu ihren Pferden geben die Gewähr für die Belie-ferung der Wehrmacht mit guten Remonten. [...] Möge eifrigen Züchtern ein guter Absatz beschieden sein“ (SPÄH 1939, 431).

Mit der Besetzung Polens und Frankreichs findet ein starker Import polnischer und französischer Vollblutpferde statt. Dieser Import wird mit Blick auf die „Bodenstän-digkeit“ durchaus kritisch bewertet (GEBHARDT 1942, 48-55).

Der fortschreitende Krieg führt dazu, dass weniger Pferde für die Wehrmacht zur Ver-fügung stehen. Die Warnungen, nur gesunde Stuten für die Zucht zu verwenden und bei Hengst-Körungen nicht nur nach dem Aussehen zu urteilen, lassen den Schluss zu, dass durch den Mangel auch für die Zucht weniger geeignete Tiere Verwendung finden (RENK 1943, 136-137).

2.2.3 Schweine

Auf dem Gebiet der wissenschaftlichen Zuchtforschung werden Anstrengungen unter-nommen, die Zucht auf fettwüchsige Schweine zu verbessern. Neseni referiert einen Artikel der Zeitschrift für Züchtungskunde, in dem die Ergebnisse der Erarbeitung von

„Rassenormalwerten“ dargestellt werden, die eine Selektion auf einen verbesserten Fettansatz der Schweine durch konstitutionelle Eigenschaften und bessere Futter-verwertung ermöglichen sollen (NESENI 1939, 610). Schmidt weist darauf hin, dass wegen des langsamen Fettzuwachses eine Reinzucht von zum Fettansatz neigenden Schweinen nicht wirtschaftlich sei. Er verweist auf die Möglichkeit der Gebrauchs-kreuzung. Dabei legt er seine Forschungen mit den ungarischen Mangalica-Schweinen zu Grunde, die es ermöglichen würden, als Gebrauchskreuzung mit deutschen Schwei-nen eine höhere Fettmenge zu erreichen (ANONYM 1941 III, 391).

2.2.4 Schafe

Eine besondere Aufmerksamkeit erfährt die Schafzucht, für die ein „Reichausschuss für die deutsche Schafzucht“ einberufen wird (WEISHAAR 1934, 746). Die als zehn-tes Gebot in den bereits erwähnten 10 Hauptgeboten der Bauern angemahnte Vermeh-rung der Schafzucht: „Halte Schafe“ (ANONYM 1935, 124) findet vor allem unter dem Aspekt der Wollerzeugung statt. Um eine Steigerung der Schafbestände in Sach-sen zu erreichen, werden zinsverbilligte Kredite vergeben, die bei Anschaffungen von 30 oder mehr Schafen gewährt werden (ANONYM 1935 III, 495). Um die inländische Wollproduktion zu steigern, wird nicht nur eine Vergrößerung der Bestände ange-strebt, sondern auch eine Erhöhung der Wollproduktion pro Schaf (ANONYM 1937

II, 768). Einen wichtigen Faktor für den Aufbau der Schafbestände sieht Guenther vor allem in der Anwendung moderner Prinzipien in der Schafzucht unter Hinzuziehung der Tierärzte (GUENTHER 1935, 743-745). Als Ziele für die Zukunft werden die Vergrößerung des Bestandes auf die Zahl von sechs Millionen bis 1940 und die Stei-gerung der Leistungsfähigkeit auf ein Optimum genannt (GEHRING 1939 I, 540).

Zur Vergrößerung der Schafbestände wird vom Geschäftsführer des Reichsverbandes der Schafzüchter auf die „wieder zum Reich kommenden Gebiete des deutschen Ostens“

(ANONYM 1940, 377) verwiesen, in denen genügend Neuland zur Verfügung stehe.

2.2.5 Kleintiere

Auch die Kleintierzucht wird im Rahmen der Erzeugungsschlacht im Vierjahresplan bedacht. Die Kaninchenzucht soll das Verhältnis von männlichen zu weiblichen Tieren von 1:3 auf 2:7 verändern. Außerdem soll die Seidenraupen- und Bienenzucht ver-stärkt gefördert werden (STANG 1937, 110).

Die Geflügelzucht soll dabei durch das Reichsgeflügelzuchtbuch gefördert werden.

Für die Aufnahme der Zucht sind neben der Abstammung und der Leistung auch hygie-nische Stallungen und Aufzuchtanlagen nachzuweisen (ME. 1937, 117).

Auf der 5. Reichstagung Kleintierzucht im Januar 1938 werden diese Ziele nochmals unterstrichen. Die Ziegen- und Kaninchenhaltung durch Kleingärtner(innen) soll in stär-kerem Maße gefördert werden. Der volkswirtschaftlichen Bedeutung der Hundehaltung soll durch die geschaffene Reichsfachgruppe „Deutsches Hundewesen“ weitere Be-deutung zukommen. Außerdem wird die Katzenhaltung in Bezug auf ihre Nützlichkeit in der Schädlingsbekämpfung hervorgehoben. In der professionalisierten Haltung der Kleintiere, insbesondere des Geflügels, der Seidenraupen und der Bienen, wird eine weitere Erhöhung der Leistung angestrebt.

In der Geflügelzucht soll dies mit Hilfe des Geflügelgesundheitsdienstes geschehen (SCHMALTZ 1939, 223-225). Am 30. Januar 1939 wird angeordnet, dass nur noch Hennen in der Hühnerzucht verwendet werden sollen, die eine Mindestlegezahl von 140 Eiern bei leichten und 130 Eiern bei schweren Rassen innerhalb eines Jahres er-reicht haben. Des weiteren werden in der Verordnung Richtlinien zur Haltung gegeben

und festgelegt, dass der gesamte Bestand an Geflügel dem Geflügelgesundheitsdienst unterstellt werden soll (ANONYM 1939 II, 432).

In einem Referat zu den Ergebnissen der deutschen Seidenraupenzucht wird berichtet, dass eine bedeutende Steigerung der Leistung eingetreten sei. Dies sei vor allem auf die Beratung durch die „Reichsfachgruppe Seidenbau“ zurückzuführen (SCHMIDT 1940 II, 582). Die Reichsforschungsanstalt für Seidenbau in Celle wird 1942 in die Reichsforschungsanstalt für Kleintierzucht umgewandelt und soll sich neben der kriegs-wichtigen Seidenraupenforschung mit anderen Zweigen der Kleintierforschung befas-sen, wobei die Bedeutung für die Ernährung betont wird (ANONYM 1942, 536).

Die deutsche Pelztierzucht, die von 44 Farmen im Jahr 1925 auf 492 Farmen im Jahr 1930 angewachsen ist (W. 1933, 429-430) und sich bis 1934 auf 2015 Farmen gestei-gert hat, kann erst die Hälfte des deutschen Bedarfs an Pelzen decken (HOFFMANN, 1935, 105-106). Dabei ist in erster Linie die Nahrungskonkurrenz zum Menschen der limitierende Faktor. Um eine bessere Förderung zu ermöglichen, wurde die dem Reichs-nährstand angegliederte „Reichsfachgruppe Pelztierzüchter“ gegründet (KOCH 1935, 705-707).

Auch die Ziege, die „Kuh des Kleinen Mannes“, gewinnt an Bedeutung. In einem Artikel hebt Kossmag hervor, Tierärzte hätten sich auch der Behandlung der Probleme der Kleintierzucht angenommen (KOSSMAG 1943, 213).