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1.3.5 „Neuer“ Lehrplan

Teil 2: Projektunterricht an der gewerblichen Berufsschule 2.1 Grundlagen des Projektunterrichts

2.1.5 Erfolgreicher Projektunterricht

Projektunterricht erfordert nicht nur für die Vorbereitung, sondern auch für den Ablauf ein hohes Maß an Gründlichkeit und Qualität. Bei keiner anderen Unterrichtsform sind von allen Beteiligten so viele Hürden zu nehmen wie beim Projektunterricht. Wird damit angedeutet, dass andere Unterrichtsformen ohne Probleme ablaufen? Sicher nicht. Dennoch wäre es höchst aufschlussreich, die Bedingungen für optimalen Projektunterricht mit denen für Fron-talunterricht zu vergleichen.

„Es ist nun einmal so, daß Althergebrachtes nicht verteidigt werden muß, Neues jedoch in Frage gestellt wird“ (DE BIE/LOUWERSE, 1977, 160).

2.1.5.1 Schüler

Schüler, die bisher überwiegend mit traditionellen Unterrichtsformen in Berührung kamen, besitzen normalerweise nicht die für den Projektunterricht notwendigen Fähigkeiten. Es ist deshalb unerlässlich, sie darin zu schulen. Fähigkeiten, die für den Projektunterricht erforder-lich sind, lassen sich diesen Kategorien zuordnen:

„- Sach- und Lernprozeß;

- Gruppenprozeß“ (DE BIE/LOUWERSE, 1977, 162).

Für das Ausführen einer Aufgabe ist der Sachprozess zuständig. Handelt es sich bei der Auf-gabe um ein Projekt, dann ist dafür eine umfassende Vorarbeit in Form des Formulierens die-ser Aufgabe notwendig.

Aus Erfahrungen weiß man, „... daß das angemessene Formulieren einer Aufgabe in der Pra-xis Probleme stellt. In diesen Fällen wird auch die Durchführung problematisch sein“ (DE BIE/LOUWERSE, 1977, 162).

Eine Aufgabe muss so formuliert werden, dass sich die Durchführungsrichtlinien leicht erken-nen lassen. Allerdings verbirgt sich dahinter die Schwierigkeit der Operationalisierung von Zielsetzungen. Die Beschreibungen der Zielbegriffe verlangen nach einer Konkretisierung, um ein Handeln zu ermöglichen. „In der Praxis zeigt sich, daß viele Projektteilnehmer das Formulieren von Zielen und Teilzielen nicht beherrschen, was zur Folge hat, daß bereits in der Anfangsphase des Projektes schwerwiegende Probleme auftreten. Die Fähigkeit, Ziele

formulieren und operationalisieren zu können, ist daher eine absolute Voraussetzung für Pro-jektunterricht“ (DE BIE/LOUWERSE, 1977, 163).

In Vordergrund des Projektes steht der Sachprozess und hier sind technische Fertigkeiten not-wendig. Aber die Anforderungen für das Formulieren einer Aufgabe, die Einteilung in Phasen und die Zeitplanerstellung gehen deutlich darüber hinaus. Während des Projektverlaufes muss die Abwicklung der Zielsetzung aufmerksam verfolgt werden. Um sich Klarheit über den Stand zu verschaffen, ist es Aufgabe der Gruppe, ihre Arbeit auszuwerten. Diese Aufgabe wird oft in ihrer Wichtigkeit unterschätzt, obwohl sie für den weiteren Projektverlauf sehr wichtig ist. Abgesehen davon, dass die Gruppe mit den Modalitäten der Auswertung zurecht-kommen muss, dürfen auch keine Defizite in der schriftlichen und mündlichen Protokollfüh-rung, in Gesprächsführung und Diskussionsleitung vorhanden sein.168

Der Projektunterricht beinhaltet neben Sach- auch Lernprozesse. DE BIE/LOUWERSE, (1977, 164) sind der Ansicht, „… tun und lernen gehören nicht zwangsläufig zusammen. Die Gruppe will etwas tun, aber auch etwas lernen: es [sic!] geht um Projektunterricht. Dies be-dingt, daß die Gruppenmitglieder einige Einsicht in das Phänomen des Lernens haben; nur so können sie wirklich lernen.“ Projektarbeit ist eine Arbeit in Gruppen und keine Aneinander-reihung von einzelnen individuellen Aufgaben. Gruppenarbeit baut auf Zusammenarbeit auf, die vom Verhalten der Gruppenmitglieder geprägt wird.

Die Zusammenkunft der Projektgruppen in gewissen Abständen fördert das Abhängigkeits-verhältnis zwischen den Gruppenmitgliedern. Daraus ergeben sich auch Bindungen, die bei der Besetzung der Projektgruppen oft ausschlaggebend sind. Noch so „ideale“ Gruppenbin-dungen sind keine Garantie, dass nicht doch Störungen des Gruppenprozesses auftreten. Des-halb obliegt es allen am Gruppenprozess Beteiligten, sich mit abzeichnenden sozial-emotiona-len Problemen auseinander zu setzen. Dabei muss aber klar sein, dass es sich um Gruppenan-gelegenheiten handelt und deshalb ist es vollkommen „… unsinnig, voneinander zu fordern, die geheimsten und tiefsten Gefühle zu offenbaren. Die Gruppe muß sich auf das Klären der Funktionen und Rollen in der Gruppe beschränken“ und alle Beteiligten sollten wissen, „…

daß gewisse Kenntnisse der Gruppendynamik Voraussetzung für Projektunterricht sind“ (DE BIE/LOUWERSE, 1977, 165).

2.1.5.2 Lehrer

Im Hinblick auf den Dozenten kann immer nur wiederholt werden, dass seine Fähigkeiten im Projektunterricht sich deutlich von denen im traditionellen Unterricht unterscheiden.

168 vgl. DE BIE/LOUWERSE (1977, 163f.)

Ob dieser sie jedoch in ausreichendem Maße besitzt, erfordert eine exakte Überprüfung. Der Lehrer soll nicht nur Fachmann seines Faches sein, sondern auch den Problemlösungsprozess angemessen unterstützen. Das verlangt ihm ein Wissen über den Umgang mit Problemen ab.

Ob er das allerdings kann, ist in vielen Fällen unsicher. Die meisten Dozenten haben aufgrund anderer Qualifikationen ihre Anstellung erhalten. Damit unterliegen sie aber der Forderung, sich für die Anforderungen im Projektunterricht weiterzubilden. Die Teilnahme am Projektun-terricht bedeutet für die Dozenten, über sein eingeengtes Fach hinauszuschauen. Der Umgang mit Gruppenprozessen darf ihm nicht fremd sein und er sollte in der Lage sein, Ziele zu be-nennen und zu operationalisieren. Wie schon oben angedeutet, ist die Motivation und der Ein-satz der Projektteilnehmer die Basis für befriedigenden Projektunterricht, den Lehrer mitein-genommen. Ein Dozent im Projektunterricht wird sehr schnell feststellen, dass er gegenüber dem traditionellen Unterricht weitaus kreativer und flexibler agieren muss.169

2.1.5.3 Schule

Das Ausbildungsinstitut hat ebenso wie die Projektteilnehmer gewisse Anforderungen zu er-füllen. Für den Einsatz von Projektunterricht ist es an der Schule bedeutsam, welche Wert-schätzung man ihm zuweist. Seine Aufnahme nimmt auch Einfluss auf die Struktur des Unter-richts und die Auswirkungen auf die Gestaltung des Stundenplans sind unvermeidbar. Wider-stände gegen den Projektunterricht ergeben sich überall dort, wo die Aktionsfelder der ande-ren Unterrichtsformen berührt werden. Abhilfe kann nur dadurch geschaffen werden, wenn der Projektunterricht als gleichwertige Unterrichtsform anerkannt wird. Dafür ist aber eine

„… demokratische Ausrichtung des Ausbildungsinstitutes“ notwendig. „Projektunterricht ist wirklich nur in einem weitgehend demokratisierten Unterrichtsinstitut realisierbar. Sobald der Gruppe einseitig von oben gewisse Verpflichtungen auferlegt werden, kann nur noch be-schränkt von Projektunterricht gesprochen werden“ (DE BIE/LOUWERSE, 1977, 167).

Wird an einem Ausbildungsinstitut Projektunterricht eingeführt, stellt sich die Frage, wie die-ser im Vergleich zu den anderen Unterrichtsformen angesiedelt werden soll. Das Ausbil-dungsinstitut hat sich zu sorgen um finanzielle Mittel, die zur Ausstattung projektfreundlicher Umgebung dienen. Bei angemessenen Rahmenbedingungen muss auch die Raumfrage gelöst sein. Die Anzahl der Projektgruppenmitglieder liegt deutlich unter einer Klassenstärke und deshalb benötigen sie mehrere Räume bzw. so große, dass sie ungestört ihrer Arbeit nachge-hen können.170

169 vgl. DE BIE/LOUWERSE (1977, 165f.)

170 vgl. DE BIE/LOUWERSE (1977, 167f.)

Zusammenfassend nennen DE BIE/LOUWERSE (1977, 168f.) Bedingungen für erfolgrei-chen Projektunterricht, deren Erfüllung als Voraussetzung gilt. Daran beteiligt sind:

a) Studenten:

„- Die Problembereiche … kennen und über entsprechende Grundkenntnisse verfügen.

- Eine Zielsetzung so formulieren und operationalisieren können, daß sich eindeutige, konkrete und ‚messbare’ Ziele und Teilziele ableiten lassen.

- Die Fähigkeiten haben, Aufgaben in Phasen zu gliedern und Teilaufgaben zu planen, sowie diese für [sic!] Bearbeitung in einer Gruppe zu organisie-ren.

- Sach-, Lern- und Gruppenprozesse auswerten können.

- Über gewisse Grundlagen zu geistiger Arbeit … verfügen.“

b) Dozenten/Begleiter:

„- Bei der Lösung interdisziplinärer Probleme beraten können und Verständnis für Sachprozesse haben.

- Verständnis für Gruppenprozesse.

- Im Team auf der Ebene der Gleichwertigkeit arbeiten können.

- Motivation für Projektunterricht.

- Flexibilität; kreatives Denken.“

c) Ausbildungsinstitut:

„- Demokratische Verhältnisse zwischen den am Unterricht Beteiligten.

- Klare Position und volle Anerkennung des Projektunterrichts …

- Bereitschaft, den Projektgruppen finanzielle Mittel und Einrichtungen … zur Verfügung zu stellen.

- Bereitschaft, Räume der Ausbildungsinstitution für Projektgruppen frei-zugeben.

- Verfügbarkeit von Dozenten, die die Begleitung von Projektgruppen über-nehmen können.“