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2.6

Puerperium

Einfluss auf die Geburtslänge 2.6.1

Ein komplikationsloser Geburtsvorgang kann insbesondere durch die Geburtslänge charakterisiert werden, welche nicht länger als 300 Minuten (5 h) betragen sollte, da mit steigender Geburtslänge auch die Anzahl totgeborener Ferkel größer wird (OLIVIERO et al. 2010; PELTONIEMI u. OLIVIERO 2015). Die Geburtslänge wiederrum wird durch viele verschiedene Faktoren, wie die Anzahl lebend- und totgeborener Ferkel, das Haltungssystem der Sau sowie anderer Stressfaktoren beeinflusst (VAN DIJK et al. 2005;

OLIVIERO et al. 2010). Neben diesen Einflussfaktoren scheint jedoch auch eine faserreiche Ration der Sauen rund um die Geburt eine positive Auswirkung auf die

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Geburtslänge auszuüben (MORGENTHUM u. BOLDUAN 1987; BILKEI 1990;

BEENING 1999).

Durch die bakterielle Fermentation der ß-glykosidisch gebundenen Kohlenhydrate faserreicher Rationen im Dickdarm entstehen kurzkettige Fettsäuren (Short-Chain-Fatty Acids – SCFA), wodurch der pH-Wert der Ingesta abgesenkt wird (SCHNABEL et al.

1990; MATHERS 1991). Je nach Rationszusammensetzung kann das Fermentationsmuster stark variieren: Während der Abbau leicht fermentierbarer Kohlenhydrate die Bildung von Propionat und Butyrat fördert, steigt die Konzentration von Acetat durch die Fermentation schwerer verdaulicher Kohlenhydrate wie beispielsweise Zellulose (FRIEND et al. 1963;

SCHNABEL et al. 1990). Den produzierten SCFA kommen spezielle Aufgaben im Stoffwechsel des Tieres zu: Acetat dient dem Muskelgewebe als Energiequelle, Propionat wird in der Leber zu Glucose umgewandelt und Butyrat ist eine wichtige Energiequelle für das Darmepithel (JENSEN 2001; MONTAGNE et al. 2003). Vor diesem Hintergrund kommt den SCFA – trotz einer um ca. 15 % geringeren energetischen Effizienz im Vergleich zu Stärke (GFE 2006) – eine nicht unbedeutende Rolle in der Energieversorgung des Tieres zu (JØRGENSEN et al. 1997; SERENA et al. 2009). Aufgrund der Tatsache, dass viele Sauen rund um den Geburtszeitpunkt die Futteraufnahme und folglich Energieaufnahme verringern (TABELING et al. 2003; QUESNEL et al. 2009; COOLS et al. 2014), kommt einer faserreichen Fütterung und der daraus resultierenden Bildung von SCFA in diesem Zeitraum eine besondere Bedeutung als Energiequelle für die Sauen zu (THEIL 2015): So konnte beispielsweise nachgewiesen werden, dass bei einer täglichen Fütterung von 2 kg einer Ration, welche v.a. aus löslicher Rohfaser (Rübenschnitzel, Pektinreste sowie Kartoffelpülpe) bestand, eine hohe und verlängerte Energieaufnahme mehr als 10 h lang nach der letzten Futteraufnahme in Form von SCFA aus dem Dickdarm erfolgte (SERENA et al. 2009). Durch die Bereitstellung von Energie in Form von SCFA für beispielweise die Uterusmuskulatur, kann eine faserreiche Fütterung folglich indirekt zu einer Verkürzung der Geburtsdauer beitragen (THEIL 2015).

Weiterhin wird insbesondere durch den Einsatz von fermentierbaren Rohfaserquellen mit einer hohen Wasserbindungskapazität wie Rübentrockenschnitzel und Sojabohnenschalen der TS-Gehalt des Kotes deutlich gesenkt und die Passagegeschwindigkeit und somit die

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Kotabsatzfrequenz erhöht (NELSON et al. 1992; TABELING et al. 2003; WARZECHA 2006). Vor dem Hintergrund, dass die Geburtsdauer von verstopften Sauen mit sehr harten Kot in einer Studie von OLIVIERO et al. (2010) signifikant länger als bei Sauen mit weichen Kot war, scheint auch die Kotkonsistenz einen Einfluss auf die Geburtslänge zu haben. So konnte BEENING (1999) nach Verabreichung von 0,5 g Glaubersalz pro kg KM und Mahlzeit an Sauen rund um die Geburt nicht nur niedrige TS-Gehalte im Kot (9,7 %), sondern auch mittels hysterographischer Untersuchungen höhere Kontraktionsfrequenzen des Myometriums im Vergleich zur Kontrollgruppe (ca. 33 % TS im Kot zur Geburt) nachweisen. Als möglicher Grund für diese Beobachtung dient die Tatsache, dass harte Kotmassen im Dickdarm durch Druck auf den Geburtskanal ein mechanisches Geburtshindernis für die Ferkel darstellen können (COWART 2007; THEIL 2015). Zudem führen schmerzhafte Zustände wie eine schwere Obstipation zu einer Freisetzung endogener Opioide, welche die Freisetzung von Oxytocin und somit die Uteruskontraktionen hemmen (BICKNELL u. LENG 1982; SCHNURRBUSCH 2006).

Insgesamt scheint jedoch nicht nur der Fasergehalt in der Ration, sondern auch die Faserquelle sowie der Zeitraum und der Beginn der Verabreichung der Faser in der Trächtigkeit eine wesentliche Rolle in der Beeinflussung der Geburtsdauer zu spielen.

Einige Autoren konnten durch die Zulage von rohfaserreichen Futtermitteln wie Strohmehl, Maissilage oder Haferspelzen die Geburtsdauer um bis zu 16 % (ausgehend von ca.

32 Min./Ferkel) reduzieren (MORGENTHUM u. BOLDUAN 1987; BILKEI 1990;

BEENING 1999). In einer anderen Untersuchung, in welcher eine faserreiche Ration bestehend aus verschiedenen Rohfaserquellen wie Zuckerrübenschnitzel, Weizenkleie, Sonnenblumenmehl und Sojabohnenschalen (3,2% Rfa vs. 12,4% Rfa in der TS) ab der 5.

Trächtigkeitswoche bis zum Tag der Geburt eingesetzt wurde, war die Geburtslänge (211

±12Min.) sowie das Geburtsintervall zwischen den einzelnen Ferkeln (16,5 ±0,9Min.) von der Fütterung wiederrum unbeeinflusst (GUILLEMET et al. 2007).

Einfluss auf die Kolostrumversorgung der Saugferkel 2.6.2

Unmittelbar nach der Geburt ist die Kolostrumversorgung der neugeborenen Ferkel von großer Wichtigkeit für das Überleben und die weitere Entwicklung der Ferkel (DEVILLERS et al. 2011; QUESNEL et al. 2012). Zwar würde eine mittlere

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Kolostrummenge von ca. 5,9 kg (THEIL 2015) bei einer empfohlenen Mindestaufnahmemenge von 250 g Kolostrum pro Ferkel (QUESNEL et al. 2012) für 23,6 Ferkel reichen, jedoch muss beachtet werden, dass die Variation der Kolostrummenge der einzelnen Sauen sehr hoch und von der Anzahl geborener und saugender Ferkel weitestgehend unabhängig ist (LE DIVIDICH et al. 2005; QUESNEL et al. 2012). So konnte gezeigt werden, dass die aufgenommene Kolostrummenge pro Ferkel mit steigender Wurfgröße deutlich abnimmt und somit hauptsächlich von dem Geburtsgewicht und der Vitalität der Ferkel bestimmt wird (DEVILLERS et al. 2007).

Eine ausreichende Kolostrumversorgung ist nicht nur essentiell für die Energieversorgung der Ferkel nach der Geburt, sondern trägt durch die Übertragung maternaler Antikörper maßgeblich an der Ausbildung einer passiven Immunität der Neugeborenen bei (PLONAIT 2004; LE DIVIDICH et al. 2005). Zur Überprüfung der Kolostrumproduktion von Sauen eignet sich neben der Bestimmung des IgG-Gehaltes auch die Bestimmung des Immunokrits im Serum der Ferkel (VALLET et al. 2013). Der Immunokrit, welcher die Gesamtheit der im Serum enthaltenden Immunglobuline wiederspiegelt, lässt sich sehr leicht bestimmen und korreliert zu 86 % mit den ermittelten IgG-Konzentrationen im Ferkelblut (VALLET et al. 2013). So konnte in einer Studie an Ferkeln, welche für die Nachzucht bestimmt waren, nicht nur gezeigt werden, dass die Ferkel mit niedrigen Immunokritwerten eine kleinere Überlebenswahrscheinlichkeit haben, sondern auch langsamer wachsen und selber im ersten eigenen Wurf weniger Ferkel mit reduziertem Immunokrit und geringerer Wachstumsrate produzieren (VALLET et al. 2015).

Da ein Großteil der Kolostrumproduktion schon in den letzten 10 Tagen der Trächtigkeit stattfindet, ist es durchaus denkbar, dass die Fütterung der Sau im peripartalen Zeitraum einen Einfluss auf die Kolostrumproduktion ausüben kann (THEIL 2015). Durch ein Anheben des Rohfasergehaltes von 2,8 auf 11,0 % bei einer täglichen Energiezufuhr von 33 MJ DE/Tag (2,4 vs. 2,8 kg Futter/Tag) vom 26. Trächtigkeitstag bis zur Geburt konnten QUESNEL et al. (2009) einen präpartum größeren Prolaktinanstieg zusammen mit einer tendenziell höheren Kolostrummenge nachweisen. Dass ein Abfall des Progesterons zusammen mit einem Anstieg des Prolaktinspiegels im Blut 24 h ante partum essentiell für eine hohe Kolostrumproduktion sind, zeigten auch Untersuchungen von FOISNET et al.

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(2010) und LOISEL et al. (2015). So produzierten Sauen mit hohen Progesteron- und niedrigen Prolaktinkonzentrationen 20-30 Stunden vor der Geburt signifikant weniger Kolostrum im Vergleich zu Sauen mit einem niedrigen Prolaktin/Progesteronquotienten (3,48 kg vs. 4,11 kg) (LOISEL et al. 2015). Andere Versuche wiederrum zeigten keinen Effekt einer faserreichen Fütterung auf die Kolostrummenge, wohl aber auf die Kolostrumzusammensetzung (LOISEL et al. 2013). So führte beispielsweise ein Zusatz von Seegras von Tag 107 der Trächtigkeit bis zur Geburt zu höheren IgA- und IgG-Gehalten im Kolostrum (LEONARD et al. 2012).

Einfluss auf das Auftreten von MMA 2.6.3

Viele Autoren sehen in einer peripartalen Verstopfung von Sauen– aufgrund einer möglicherweise forcierten Absorption von Endotoxinen im Dickdarm (KAMPHUES et al.

1998; REINER et al. 2009) – einen Risikofaktor für das Auftreten einer MMA-Erkrankung (HERMANSSON et al. 1978; MARTINEAU et al. 1992; JENNY 2015). Vor dem Hintergrund, dass durch den Einsatz rohfaserhaltiger Futterkomponenten das Auftreten von peripartalen Obstipationen reduziert wird (OLIVIERO et al. 2009), konnte BEENING (1999) eine Reduktion von MMA-Erkrankungen von 25 % in der Kontrollgruppe auf 14,3 % bei Zulage von 300 g Haferspelzen pro Mahlzeit nachweisen. Zudem kommt es durch den Abbau von leicht fermentierbaren Rohfaserkomponenten zur Freisetzung von kurzketten Fettsäuren, von denen insbesondere dem Butyrat positive Eigenschaften für eine intakte Darmbarriere zugeschreiben werden (SIMPSON 1998).

Ein weiterer Aspekt, weshalb durch eine faserreiche Fütterung einer MMA-Erkrankung entgegenwirkt werden kann, ist die Tatsache, dass ein höherer Rohfaseranteil in der Ration zu einer höheren Wasseraufnahme führt (TABELING et al. 2003; OLIVIERO et al. 2009).

Eine ausreichend hohe Wasseraufnahme laktierender Sauen ist nicht nur für die Milchbildung essentiell, sondern beugt zudem einer Vermehrung potentiell pathogener Erreger in den harnableitenden Wegen und der Harnblase und somit aufsteigenden Infektionen vor (FINKENSIEP 1993; MROZ et al. 1995; WENDT u. PLONAIT 2004;

JENNY 2015). Aus diesem Grund lauten gängige Empfehlungen den Sauen rund um die Geburt beispielweise 500 g Weizenkleie pro Tag zu supplementieren oder das

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rohfaserhaltigere Tragendfutter bzw. ein Alleinfutter mit 12 %igem Rohfasergehalt in diesem Zeitraum zu verabreichen (SCHNURRBUSCH 2006; KAMPHUES et al. 2014).

Einfluss auf die Laktation 2.6.4

Diversen Untersuchungen zufolge führt eine Rohfaserzulage durch Haferspelzen, Zuckerrübenschnitzel, Weizenstroh oder Konjakmehl (der hauptsächlich aus Glucomannanen bestehende gemahlene Wurzelstock der Pflanze Teufelszunge) in der Trächtigkeit von Sauen zu einer gesteigerten Futteraufnahme von bis zu 0,94 kg pro Tag in der darauf folgenden Laktation (FARMER et al. 1996; QUESNEL et al. 2009; VEUM et al.

2009; SUN et al. 2015). MATTE et al. (1994) führt dies auf die Tatsache zurück, dass der Magen-Darm-Trakt der Tiere bereits durch die voluminösen Futtermassen in der Trächtigkeit an eine starke Magen-Darm-Füllung adaptiert ist und somit in der Laktation höhere Futtermengen aufnehmen und verwerten kann. Da die Sättigung der Tiere mitunter durch Dehnungsreize der Magenwand vermittelt wird, kommt es bei diesen Tieren erst später zu einer Sättigung und Einstellung der Futteraufnahme (JEROCH et al. 1999). Auch das vom Fettgewebe sezernierte Hormon Leptin bewirkt eine Reduktion der Futteraufnahme (BARB 1999). QUESNEL et al. (2009) wiesen in Blut rohfaserreich gefütterter Sauen in der Trächtigkeit signifikant niedrigere Leptinkonzentrationen nach und schlossen daraus, dass durch eine Zulage von Rohfaser in der Trächtigkeit die tägliche Energieaufnahme der Sauen und somit der Fettanteil im Körper reduziert wird. Durch den geringerer Fettanteil wird weniger Leptin sezerniert, was sich wiederrum positiv auf die Futteraufnahme auswirkt (QUESNEL et al. 2009).

Sauen, welche in der Trächtigkeit rohfaserreich gefüttert wurden, zeigten zudem eine höhere Milchleistung, was folglich zu einem höheren Absetzgewicht der Ferkel um bis zu 0,7 kg führte (FARMER et al. 1996; GUILLEMET et al. 2007; QUESNEL et al. 2009;

VEUM et al. 2009). Dies wird als Resultat der gesteigerten Futteraufnahme von bis zu 0,94 kg/Tag bei ad-libitum-Fütterung in der Laktation gewertet, wodurch den Tieren größere Mengen an Energie und Nährstoffen zur Verfügung steht. Dass die Futteraufnahme in der Laktation zwar ein wichtiger Faktor für eine hohe Milchleistung darstellt, die Sau aber dennoch in der Lage ist eine hohe Milchleistung durch den Abbau von Körpermasse bis zu einem gewissen Grad aufrecht zu erhalten, zeigen Untersuchungen von CLOWES et

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al. (2003). Wurde die Proteinzufuhr in der Laktation bei identischer Energiezufuhr massiv reduziert (von 878 g/Rp/Tag auf 491 g Rp/Tag), so verloren diese Sauen zwar signifikant mehr Körpermasse (-13 kg vs. -28 kg KM), eine signifikante Reduktion der Zunahmen der Ferkel konnte jedoch erst ab dem 20. Laktationstag beobachtet werden (CLOWES et al.

2003).