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Effektive Durchschnittssteuersätze nach Devereux und Griffith

grenzüberschreitende Investitionen

1 Investitionsgüter I Branchen I Finanzierung I Anteilseigner / Maschinen produzieren- Fremdfinan- Haushalte

3.2.5 Effektive Durchschnittssteuersätze nach Devereux und Griffith

Die Methode der effektiven Durchschnittssteuersätze (Effective Average Tax Rates, EATR) nach DEVEREUX UND GRIFFITH (1998) stellt eine Er-weiterung des Modells der effektiven Grenzsteuersätze dar. 352 Das Ziel dieses Ansatzes besteht in der Ermittlung effektiver Steuerbelastungen bei Vorliegen von ökonomischen Renten. 353 Übersteigt der Barwert V der Ein-zahlungen einer Investition die auf eins normierten Anschaffungskosten C, ergibt sich die ökonomische Rente R als Differenz beider Größen:

R=V-C. (99)

Unter der Annahme, dass die Abschreibungsvergünstigungen in den Ein-zahlungen berücksichtigt werden, gilt für die Kosten der Investition C

=

1.

Die effektive Durchschnittssteuerbelastung lässt sich dann aus den Bar-werten der Einzahlungen vor und nach Steuern berechnen. Sie ergibt sich, wenn man die Differenz aus dem Kapitalwert vor Steuern ½t und dem Ka-pitalwert nach Steuern Vat durch den Kapitalwert vor Steuern dividiert:354

½t - Vat

Tea

=

½t (100)

In einer Studie über die Entwicklung der Unternehmensbesteuerung ermitteln BOND UND CHENNELS (2000) effektive Durchschnittssteuersätze für Gebäude und bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens für das Jahr 1999. Sie berücksichtigen hierbei die in den Tabellen 16 und 17 angeführten sieben Länder, wobei den Berechnungen eine Vorsteuerrendite der Investition von 30 % zugrunde gelegt wird.

Die Ergebnisse zeigen, dass in Deutschland Investitionen in Gebäude im Vergleich zu den einbezogenen Staaten am höchsten und Investitionen in bewegliche Anlagegüter nur in Japan höher besteuert werden.

Für das Jahr 2001 berechnen BOND UND CHENNELS für Deutschland effektive Durchschnittssteuersätze unter Berücksichtigung der steuerlichen Vorschriften nach Inkrafttreten der Unternehmenssteuerreform. Sie ermit-teln für Gebäude einen Steuersatz von 34,8 % und für die beweglichen Wirt-schaftsgüter des Anlagevermögens einen Steuersatz von 31,3 %.355

Ver-352Vgl. Abschnitt 3.2.3.

353Vgl. DEVEREUX, M. P./GRIFFITH, R., 1998, S. 365.

354Vgl. DEVEREUX, M. P./GRIFFITH, R., 1998, S. 365; SCHREIBER, U./SPENGEL, C./LAMMERSEN, L., 2001, S. 9.

355Vgl. BOND, S./CHENNELS, L., 2000, s. 63.

Tabelle 16: Effektive Durchschnittssteuersätze für Gebäude (1999) Finanzierung

Land Einbehalte- Neue Fremd- gewichteter ne Gewinne Anteile kapital Durchschnitt

Großbritannien 29,5 29,5 19,1 25,9

Dänemark 30,9 30,9 19,5 26,9

Niederlande 33,9 33,9 21,5 29,6

Frankreich 38,6 38,6 24,1 33,5

USA 39,9 39,9 26,5 35,2

Japan 40,5 40,5 26,1 35,5

Deutschland 45,6 40,6 27,0 38,6

1 Durchschnitt 1 37,0 1 36,3 1 23,4 1 32,2 Quelle: BOND, S./CHENNELS, L., 2000, S. 36

gleicht man die durch die Steuerreform verursachten Belastungsänderungen in Deutschland mit den effektiven Durchschnittssteuersätzen der Jahre 1999, ändert sich das Bild nicht wesentlich. Der Standort Deutschland verbessert sich lediglich bei den Investitionen in Gebäude. Er nimmt dort mit dem Steuersatz von 34,8 % einen Rang vor den USA und Japan ein.

Im europäischen Vergleich schneidet Deutschland jedoch am schlechtesten ab. Bei den Investitionen in bewegliche Anlagegüter verbleibt Deutschland aufgrund des nur geringfügigen Absinkens des Steuersatzes auf 31,3 % auf dem vorletzten Platz.

Die Methode der effektiven Durchschnittssteuersätze gestattet die Be-rechnung effektiver Steuersätze für Investitionen, die eine über dem Markt-zinssatz liegende Rendite erwirtschaften. Die Ergebnisse sind stark von der Annahme der Rendite vor Steuern abhängig. Da für die Besteuerung der ökonomischen Rente der Tarifsteuersatz von ausschlaggebender Be-deutung ist, wird die Höhe der Steuerbelastung in besonderem Maße von den tariflichen Steuersätzen bestimmt.356 Die berechneten Steuerbelastun-gen sind in Anbetracht der getroffenen Annahmen stets BetrachtunSteuerbelastun-gen des konkreten Einzelfalls. So sind auch die einem Belastungsvergleich zugrunde liegenden Gewichtungen der Finanzierung nicht für alle Unternehmen bzw.

Länder gleichermaßen typisch. Aussagekräftige Ergebnisse sind auch mit

356Vgl. SCHREIBER, U./SPENGEL, C./LAMMERSEN, L., 2001, S. 33.

Tabelle 17: Effektive Durchschnittssteuersätze für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (1999)

Finanzierung

Land Einbehalte- Neue Fremd- gewichteter ne Gewinne Anteile kapital Durchschnitt

Großbritannien 27,1 27,1 16,8 23,5

Dänemark 28,2 28,2 17,0 24,3

Niederlande 31,3 31,3 18,8 26,9

Frankreich 34,5 34,5 19,9 29,4

USA 34,6 34,6 20,4 29,6

Deutschland 39,3 34,1 19,7 31,9

Japan 37,9 37,9 23,5 32,9

1 Durchschnitt 1 33,3 1 32,5 1 19,4 1 28,4 Quelle: BOND, S./CHENNELS, L., 2000, S. 37

diesem Modell nur nach umfassenden Analysen bei systematischer Varia-tion der zugrunde liegenden Parameter zu erhalten. Aus den angeführten Ergebnissen lassen sich indessen Tendenzaussagen ableiten. Die Resultate sprechen dafür, dass Unternehmen in Deutschland im internationalen Ver-gleich relativ hoch besteuert werden.

3.2.6 Veranlagungssimulation von Unternehmensmodellen Eine weitere wissenschaftlich anerkannte Methode zur Ermittlung von in-ternationalen Steuerbelastungsvergleichen ist die Veranlagungssimulation von Unternehmensmodellen.357 Grundlage des jeweiligen Unternehmens-modells ist die Bilanz und die Gewinn- und Verlustrechnung eines repräsen-tativen fiktiven Unternehmens einer Branche, welche aus Strukturkenn-zahlen der Bilanzen und Erfolgsrechnungen verschiedener Unternehmen abgeleitet werden. 358 Die grundsätzlich rechnergestützte Veranlagung um-fasst in der Regel einen Betrachtungszeitraum von zehn Jahren.359 Sie ermöglicht die weitestgehende Berücksichtigung der Unternehmenssteuer-sätze und Vorschriften zur Ermittlung der Bemessungsgrundlagen. Ein

357V gl. SPENGEL, C.' 1996, S. 48.

358Eine branchenspezifische Darstellung der Bilanzstrukturzahlen wird von der Deut-schen Bundesbank veröffentlicht. Vgl. DEUTSCHE BUNDESBANK (HRSG.), 1999a.

359Vgl. PRICEWATERHOUSECOOPERS (HRSG.), 1999, S. 3.

aus der Literatur bekanntes EDV-Programm zur Durchführung von Ver-anlagungssimulationen ist der an der Universität Mannheim entwickelte European Tax Analyzer.360 Neben der Bilanz und der Erfolgsrechnung berücksichtigt das komplexe Unternehmensmodell gesamtwirtschaftliche Daten wie Zinssätze, Wechselkurse und Preissteigerungsraten sowie diverse Unternehmenspläne.361 Diese betreffen zum einen Annahmen über Be-schaffung, Produktion und Absatz sowie Personalbestand, -kosten und betriebliche Altersversorgung. Zum anderen wird das Investitions-, Finan-zierungs- und Ausschüttungsverhalten des Unternehmens vorgegeben. Zur Ermittlung der Steuerbelastung wird das gleiche Unternehmen jeweils nach den unterschiedlichen nationalen steuerlichen Vorschriften für mehrere Jah-re veranlagt. Verglichen wird anschließend die Gesamtsteuerbelastung, die sich als Quotient aus den Steuerzahlungen und den Vorsteuergewinnen des Unternehmens ergibt.

Mit Rechtsstand 1. Januar 1998 ermittelt SPENGEL (1998) mit dem Eu-ropean Tax Analyzer die in Tabelle 18 dargestellten Steuerbelastungen für ein typisches mittelständiges Unternehmen des verarbeitenden Gewerbes, das nach den Vorschriften von fünf Ländern veranlagt wird. Die

Steuer-Tabelle 18: Veranlagungssimulation des Unternehmensmodells

Land D F GB NL USA

Gesamtsteuer-belastung in DM 22.668.980 24.366.311 14.055.587 16.381.666 20.250.478

effektiv in % 37,1 41,1 20,1 24,1 31,7

Körperschaftsteuer

(inkl. So!Z) 18.299.338 13.429.183 12.489.752 16.119.249 15.947.174 Gewerbesteuer

vom Ertrag 4.223.172 - - - 2.542.850

Environmental

tax {UmweltSt.) - - - - 9.156

taxe professionelle - 7.678.755 - -

-Arbeitgebersteuern - 2.631.069 - -

-Vermögensteuer - - - - 1.751.298

Grundsteuer 146.470 627.304 1.565.835 262.417

-<.JUelle: SPENGEL, C., 1998b, S. 5

belastung des deutschen Unternehmens ist danach am zweithöchsten. Nur das in Frankreich veranlagte Unternehmen unterliegt einer höheren Steuer-belastung.

360Vgl. JACOBS, 0. H./SPENGEL, C., 1996; SPENGEL, C., 1998a, S. 2.

361Zu den Determinanten des Unternehmensmodells und den Einflussgrößen der Ver-anlagung vgl. SPENGEL, C., 1998, S. 2, 1997, S. 218.

Mit der Veranlagungssimulation wird eine durchschnittliche Steuerbe-lastung ermittelt, die immer dann von Bedeutung ist, wenn über rivali-sierende Investitionsprojekte mit positiven Kapitalwerten zu entscheiden ist. Die durchschnittliche Steuerbelastung erfasst nicht die Anreizwirkun-gen der Besteuerung, sie wird vielmehr als Entscheidungskriterium für die Wahl von Produktionsstandorten, Rationalisierungsgraden und Produk-tionsprogrammen herangezogen.

Der wesentliche Vorteil der Veranlagungssimulation besteht darin, dass die relevanten Steuersätze und Vorschriften zur Ermittlung der Bemes-sungsgrundlagen weitestgehend berücksichtigt werden können. Das Ergeb-nis der Simulation beruht damit jedoch auf einer Vielzahl von Annah-men. 362 Der Gegenstand der Betrachtung ist stets ein sehr detailliert spezifiziertes Modell, aus dem sich eine allgemeine Zustandsbeschreibung der Steuerbelastung deutscher Unternehmen im internationalen Vergleich nicht ableiten lässt. Um hinreichend genaue Tendenzaussagen zur Steuer-belastung treffen zu können, sind eine ganzei.Reihe von Simulationen unter Variation der Parameter durchzuführen.

Methodische Schwierigkeiten bereitet die Ermittlung der benötigten Daten. Da Steuerbilanzen im Allgemeinen nicht zugänglich sind, wer-den die Bilanzstrukturkennzahlen aus Handelsbilanzen abgeleitet. Auch andere Parameter lassen sich oftmals nur aus unternehmensinternen Da-ten näherungsweise bestimmen.363 Für die Veranlagungssimulation des Unternehmens in verschiedenen Ländern wird eine einzige fiktive Bilanz zugrunde gelegt, welche allerdings über das Instrument der Bilanzpolitik bereits durch ein nationales Steuerrecht beeinflusst wurde.364 Zudem ist die Bilanzstruktur des repräsentativen Unternehmens für die anderen ein-bezogenen Staaten mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht typisch.

362Eine überschlägige Berechnung zeigt, dass für eine Simulation mit dem European Tax Analyzer mehr als 90 Parameter entweder zu Beginn der Simulation oder auch für jede der zehn Perioden anzugeben sind. Vgl. JACOBS, 0. H./SPENGEL, C., 1996, S.173-197;

CLAASSEN, F., 1994, S. 39f.

363Vgl. CLAASSEN, F., 1994, S.40. Als Beispiel wird an dieser Stelle auf die angeführten Unternehmenspläne verwiesen.

364Vgl. CLAASSEN, F., 1994, S. 40.

3.3 Schlussfolgerungen aus