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Die Abbildung 4.1 zeigt im Überblick die Häufigkeiten zum politischen Institutionenvertrauen (zur Operationalisierung vgl. Tabelle A 1; zur den Häufigkeiten vgl. Tabelle A6 im Anhang).

Abbildung 4.1: Politisches Institutionenvertrauen der Stadtbewohner nach Stadtteilen

Auf den ersten Blick fällt auf, dass sich die Eingangshypothese deutlicher Unterschiede zwischen privilegierten und benachteiligten Stadtteilen nicht zu bewahrheiten scheint.

Betrachtet man den Stadtteil Leipzig Gohlis mit den höchsten Vertrauenswerten über alle Institutionen hinweg, reiht sich darunter an zweiter Stelle nicht ein anderes privilegiertes Quartier, wie zu erwarten wäre, sondern der benachteiligte Stadtteil Leipzig Osten. Gleiches gilt für den benachteiligten Stadtteil Berlin Wedding mit den niedrigsten Vertrauenswerten gegenüber allen Institutionen. In nächster Nähe befindet sich in den Vertrauenspunkten nicht etwa ein anderer benachteiligter Stadtteil, sondern der privilegierte Stadtteil Berlin Zehlendorf.

Damit deuten die Häufigkeiten in erster Linie nicht auf Unterschiede zwischen den kontrastierten Quartieren, sondern auf Unterschiede zwischen den Städten hin. Die Bewohner der Stadt Leipzig vertrauen den kommunalen Institutionen am stärksten, die Bewohner der Stadt Berlin zeigen das geringste Vertrauen. Weitergehende Analysen dazu folgen später.

Die Abbildung 4.1 gibt auch Auskunft über das Vertrauen zu den einzelnen Institutionen.

Danach genießt die Institution des Oberbürgermeisters das höchste Vertrauen. In Leipzig

Kapitel 4: Politisches Institutionenvertrauen

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werden dem Bürgermeister bis zu 93,7% Vertrauen ausgesprochen. Es folgen die Institutionen des Gemeinderats/Stadtrat bzw. Abgeordnetenhaus und der Stadtverwaltung. Das geringste Vertrauen wird den Stadtparteien und den Kommunalpolitikern entgegengebracht, was die Ergebnisse anderer Studien zum politischen Vertrauen – jedoch vor allem für die nationalstaatliche Ebene – bestätigt (Gabriel 1999; Vetter 1997; Krüger; 1995; Walz 1996).

Offensichtlich wird, wie Gabriel (1999) sagt, den Institutionen eher misstraut, die im tagespolitischen Geschäft und damit in kontroverse Meinungsverschiedenheiten involviert sind.

Der Bezirksbeirat bzw. die Bezirksvertretung oder Bezirksverordnetenversammlung schneidet im Vertrauen unterschiedlich ab. Etwa ein Drittel der Befragten antwortete nicht auf die Frage nach dem Vertrauen zu den Bezirksvertretern. Das kann einerseits bedeuten, dass ein Teil der Bürger mit dieser Institution nichts oder nur wenig anfangen kann und sie möglicherweise gar nicht kennt. Andererseits liegen je nach Stadt unterschiedliche Bewertungen vor. Für die Bewohner von Leipzig gehört die Bezirksvertretung zu den Institutionen mit dem geringsten Vertrauen, die Bewohner von Berlin vertrauen der Bezirksverordnetenversammlung hingegen ebenso sehr wie dem Parlament.

Um genauer zu bestimmten, wie sich das politische Institutionenvertrauen über die acht Quartiere verteilt und welche unabhängigen Variablen das Vertrauen beeinflussen, wurde eine Datenreduktion mittels einer exploratorischen Faktorenanalyse gerechnet. Alle Variablen laden auf einen Faktor, der die Grundlage für die folgenden Analysen bildet (vgl. Tabelle A3 im Anhang).

Die lineare Regression in Tabelle 4.1 untersucht den Einfluss der einzelnen Quartiere auf das politische Institutionenvertrauen.

Kapitel 4: Politisches Institutionenvertrauen

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Tabelle 4.1: Lineare Regression mit dem Faktor politisches Institutionenvertrauen als abhängige Variable

Kovariate Regressionskoeffizient Rangplätze im Vergleich zur Referenzkategorie

Konstante = Wedding -0,49**

N 1664

Adj. R2 0,11

5% Signifikanzniveau*, 1% Signifikanzniveau**, ns – statistisch nicht signifikant, Referenzkategorie:

Wedding.

In der linken Spalte stehen die Quartiere als unabhängige Variablen. Als Referenzkategorie wurde das Gebiet Wedding ausgewählt, welches gleichzeitig die Konstante der Regression bildet. In der zweiten Spalte sind die Koeffizienten verzeichnet, die auch als Werte einer Rangfolge interpretiert werden können bei der der erste Rang das höchste Vertrauen darstellt und der letzte Rang das geringste Vertrauen. Das Modell (Adj. R2) klärt eine Varianz von 11%

auf.

Es wurden folgende Ergebnisse im Vergleich zum Quartier Wedding als Referenzkategorie beobachtet: Der privilegierte Leipziger Stadtteil Gohlis und der benachteiligte Leipziger Stadtteil Osten vertrauen den kommunalpolitischen Institutionen am häufigsten und belegen den 1. und 2. Rang. Den 3. und 4. Rang belegen der privilegierte Stadtteil Mannheim Oststadt und der benachteiligte Stadtteil Mannheim Schönau. Misstrauischer äußern sich die Bewohner Kölns. Der privilegierte Kölner Stadtteil Hahnwald/Marienburg belegt den 5. Rang, der benachteiligte Kölner Stadtteil Chorweiler den 6. Rang. Die letzten beiden Ränge am untersten Rand des Vertrauens nehmen die Berliner Stadtteile Zehlendorf (privilegiert) und Wedding (benachteiligt) ein. Damit wird zweierlei deutlich: Es ergibt sich eine eindeutige Rangfolge der

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Städte. Das höchste Vertrauen zeigen die Befragten in Leipzig, an zweiter Stelle die Befragten in Mannheim. An dritter Stelle stehen die Befragten in Köln. Die Befragten in Berlin zeigen das geringste Vertrauen (siehe dazu auch Abbildung 4.2).

Zweitens weisen die Ergebnisse aber auch Unterschiede zwischen den privilegierten und den benachteiligten Quartieren auf. Privilegierte Quartiere vertrauen den kommunalpolitischen Institutionen eher als benachteiligte Quartiere.

Abbildung 4.2: Politisches Institutionsvertrauen der Stadtbewohner nach Städten

Der Einfluss soziodemographischer Variablen sowie die Hypothese, dass Befragte privilegierter Quartiere höheres Institutionenvertrauen aufweisen als Befragten benachteiligter Quartiere wurde eingehender mit einer linearen Regression untersucht. Die Ergebnisse der sukzessiven linearen Regression sind in Tabelle 4.2 dargestellt. Sie zeigt die signifikanten Einflüsse verschiedener Variablen auf das politische Institutionenvertrauen. Im ersten Modell wurden die soziodemographischen Variablen, das kulturelle Kapital, das ökonomische Kapital und der berufliche Status, der Familienstatus sowie die Wohndauer intergriert. Es ergaben sich folgend Ergebnisse:

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Tabelle 4.2: Lineare Regressionsmodelle mit dem Faktor politisches Institutionenvertrauen als abhängige Variable

Mittlere Reife, POS 10.Klasse Hauptschulabschluss ns ns Abitur, FHR Hauptschulabschluss 0,28** 0,29**

privilegierte Quartiere benachteiligte

Quartier ns

5% Signifikanzniveau*, 1% Signifikanzniveau**, ns – statistisch nicht signifikant.

Das kulturelle Kapital übt einen Einfluss auf das Institutionenvertrauen aus. Personen mit Abitur haben gegenüber Personen mit Hauptschulabschluss ein signifikant höheres Vertrauen. Auch das Alter erweist sich als Einflussgröße. Mit zunehmendem Alter steigt das politische Vertrauen.

Überraschend ist der Einfluss des Einkommens und der Selbständigkeit gegenüber Angestellten.

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Selbständige hegen weniger Vertrauen als Angestellte. Nach Gabriel (2002: 497) lässt sich eine mögliche Erklärung für die Skepsis von Selbstständigen gegenüber dem politischen System darin sehen, dass staatliche Institutionen als eine „ständige latente Bedrohung individueller Freiheitsrechte“ wahrgenommen werden.

Im zweiten Modell, in dem die Stadt- und Quartiersvariablen integriert sind, werden die Stadtunterschiede nochmals bestätigt. Berlin verfügt über das geringste Institutionenvertrauen.

Etwas mehr Vertrauen bringen die Kölner und noch mehr die Mannheimer den kommunalpolitischen Institutionen entgegen. Die Bewohner und Bewohnerinnen in Leipzig weisen das höchste Vertrauen auf. Die leichten Unterschiede zwischen den zwischen privilegierten und marginalisierten Quartieren (wie sie sich in der Häufigkeitsdarstellung Abbildung 4.1 und der Regression Tabelle 4.1 zeigen) ist im erweiterten Modell der Regression nicht mehr signifikant. Vermutlich geht der Effekt auf andere unabhängige Variablen (bspw. auf das kulturelle Kapital oder die Bindung an die Stadt) über und wird durch eben diese gemessen.

Dennoch ist die Bedeutung des Stadtteils auch in diesem Modell nicht zu unterschätzen, da die Stadtteilbindung eine Rolle spielt: Personen, die gern in ihrem Stadtteil leben, vertrauen den kommunalpolitischen Institutionen eher als Personen, die ungern in ihrem Stadtteil leben. Die Wahrnehmung des eigenen Quartiers und die Zufriedenheit mit dem Quartier wirkt sich auch auf das politische Institutionenvertrauen aus.