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Die Rechtsfolgen der Einhaltung bzw Nichteinhaltung der BJR

3 Die Business Judgment Rule und ihre Entwicklung in den USA

3.6 Die Rechtsfolgen der Einhaltung bzw Nichteinhaltung der BJR

duty of loyalty verbunden, zum anderen aber auch mit der duty to be informed, dem Irrationalitätstest oder auch dem Legalitätsprinzip.149 Nicht gutgläubig handelt ein director oder officer, wenn er mit der Absicht die Gesellschaft zu schädigen handelt, oder weiß, dass er gegen ein Gesetz verstößt150, allerdings verstoßen diese Handlungen zugleich wieder gegen die duty of loyalty und die duty of obedience.

Deshalb ist dieses Tatbestandsmerkmal eher als „zusammenfassende Umschreibung“ der oben genannten Voraussetzungen zu qualifizieren, 151 trotzdem bietet es den Gerichten bei ihren Entscheidungen eine flexible Anwendung der BJR.152

3.6 Die Rechtsfolgen der Einhaltung bzw Nichteinhaltung der BJR

Wenn alle Voraussetzungen der BJR vorliegen, so war die unternehmerische Ermessensentscheidung der directors oder officers nicht pflichtwidrig. Deshalb fehlt es bereits an der ersten Voraussetzung, um mit einer Haftungsklage durchzudringen.153 Wenn allerdings eine Voraussetzung nicht erfüllt ist, bedeutet das trotzdem nicht, dass die Ermessensentscheidung per se eine pflichtwidrige war. Sie ist nun vom Gericht dahingehend überprüfbar, ob sie „aus damaliger Sicht sorgfältig vorbereitet und inhaltlich […] vertretbar war.“154

Mit anderen Worten bedeutet das: wenn der Schutzbereich der BJR einmal eröffnet ist, ist eine richterliche Überprüfung der unternehmerischen Entscheidung der directors oder officers im Nachhinein nicht mehr möglich, wenn allerdings die BJR nicht greift, kann die Entscheidung genauer auf ihre Pflichtwidrigkeit untersucht werden, was aber nicht per se zu einer Haftung führen muss.

Ein mögliches Beispiel wäre, dass zwar für den Kauf eines Produkts nicht genügend Informationen beschafft wurden, damit der Schutzbereich der BJR nicht eröffnet ist,

149 Paefgen , Die Aktiengesellschaft 2004, 245.

150 Lohse, Unternehmerisches Ermessen: Zu den Aufgaben und Pflichten von Vorstand und Aufsichtsrat (2005), 245.

151 Paefgen , Die Aktiengesellschaft 2004, 245.

152 Kapsch/Grama, ecolex 2003, 524 (525).

153 Lutter, GesRZ 2007, 79 (84).

154 Lutter, GesRZ 2007, 79 (84).

allerdings trotz der geringen Information ein günstiger Preis gezahlt wurde und die Entscheidung daher nicht haftungsbegründend war.

„Nur wenn es der klagenden Gesellschaft oder einem Aktionär, der den Schaden im Rahmen eines derivative suit geltend macht, gelingt, durch substantiierte Tatsachenbehauptungen das Fehlen (mindestens) einer der genannten Voraussetzungen glaubhaft zu machen, findet eine nähere inhaltliche Überprüfung statt“155.

3.6.1 Die Rechtsdurchsetzung im US - amerikanischen Recht

In den USA gibt es für den Aktionär zwei mögliche Klageformen, nämlich die direct action und die shareholder´s derivative action (SDA) oder auch derivative suit genannt.

3.6.1.1 Shareholder´s Derivative Action - Direct Action

Die Abgrenzung ist klar, die direct action ist eine Klage, bei der der klagende Aktionär aus eigenem Recht heraus direkt gegen einen director oder officer einen ihm zugefügten Schaden geltend machen will.156 Die Rechtsprechung stellt klar, dass es sich bei der direct action um eine direkte Verletzung eines Rechts des shareholders handeln muss.157

Im Falle der shareholder´s derivative action klagt der Aktionär aufgrund eines fremden Rechts (eines Rechts, das die Gesellschaft gegenüber dem director oder officer hat), was im Grunde unserer Aktionärsklage nach § 84 Abs 5 AktG entspricht.158 Ursprünglich war die derivative suit eine zweigeteilte Klage, zuerst musste der Aktionär die Gesellschaft auf Erhebung einer Klage gegen die directors oder officers klagen, dann erst konnte er, sofern die Gesellschaft untätig blieb, eine Klage gegen die directors oder officers direkt einbringen. Dies ist heute überholt und der Aktionär kann gleich aus abgeleitetem Recht heraus klagen.159

155 Torggler, ZfRV 2002/9, 133.

156 Ulmer, Aktionärsklage zur Kontrolle von Vorstand und Aufsichtsrat, ZHR 163 (1999), 291.

157 Merkt, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht (1991), Rn. 828.

158 Ulmer, ZHR 163 (1999), 291.

159 Friedrich, D& O Liability: Die Haftung des Managements nach deutschem und US-amerikanischem Recht (2002), 88.

Die US - amerikanische Rechtsprechung knüpft an die aktive Klagslegitimation für die SDA grundsätzlich drei Voraussetzungen:

• Der klagende Aktionär muss zum Zeitpunkt, an dem der Schaden entstanden ist, Aktionär gewesen sein und dies auch zum Zeitpunkt der Klagseinbringung sein.

• Er muss beweisen, dass er „keine unlauteren Motive“ verfolgt und gewährleisten, dass er die Interessen der Gesellschaft und aller anderen Aktionäre fair vertritt und schließlich

• muss die Klage „im besten Interesse der Gesellschaft“ sein, was eine Voraussetzung ist, die von einem zu bildenden Gesellschaftsausschuss (special litigation committee) zu bestätigen ist.160

3.6.1.2 Die Beweislast

Im US - amerikanischen Recht hat der Kläger zu beweisen, dass zumindest eines der Tatbestandsmerkmale der BJR, nicht vorliegt. Das bedeutet, wie bereits oben ausgeführt, dass das Gericht solange, bis der Kläger das beweisen kann, die unternehmerische Entscheidung nicht in der Sache selbst prüft und dem Verwaltungsorgan der safe harbour der BJR zukommt.161

Im Kommentar zu § 4.01 (d) der Principles of Corporate Governance des ALI steht dazu:

„a shareholder plaintiff alleging a breach of the duty of care bears the burden of proof“.

Von dieser Regel gibt es allerdings eine Ausnahme im Verschmelzungsrecht. Dort kommt es durch den so genannten entire fairness test zu einer Beweislastumkehr, sollten

160 Kapsch/Grama, ecolex 2003, 524 (527).

161 Lohse, Unternehmerisches Ermessen: Zu den Aufgaben und Pflichten von Vorstand und Aufsichtsrat, (2005), 242, vgl weiters Böttcher, Verpflichtung des Vorstands einer AG zur Durchführung einer Due Diligence, NZG 2005, 49; Kock/Dinkel, Die zivilrechtliche Haftung von Vorständen für unternehmerische Entscheidungen - Die geplante Kodifizierung der Business Judgment Rule im Gesetz zur

Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts, NZG 2004, 441.

Haftungsprobleme im Zusammenhang mit der Abfindung von Minderheitsaktionären auftreten (so genannte Squeeze-out Problematik)162.

3.6.2 Maßnahmen zum Schutz der D&O´s

In vielen Einzelstaaten, wie etwa auch in Delaware, ist es möglich, die Haftung der D&O´s bereits in der Gründungsurkunde der Gesellschaft zu begrenzen.163 Dies geschieht zum Beispiel dadurch, dass sich die Gesellschaft verpflichtet, mögliche Prozesskosten und Entschädigungsleistungen zu übernehmen. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass der beklagte director oder officer nicht zu einer Schadenersatzzahlung an das Unternehmen verurteilt wird und ihm keine vorsätzliche Schädigung vorgeworfen wird.164

Eine weitere Möglichkeit die Haftung einzuschränken, bietet der Abschluss einer D&O Versicherung, die auch in fast allen Fällen von der Gesellschaft gezahlt wird.165 Bei solchen Versicherungen handelt es sich um spezielle Haftpflichtversicherungen, die auf Vermögensschäden begrenzt sind und auch die bloße Abwehr unbegründeter Klagen einschließen.166

In der Literatur ist man gegenüber solchen D&O Versicherungen oft kritisch eingestellt.

Zum einen wird betont, dass im Ergebnis die Aktionäre selbst ihren Schadenersatz zahlen, da die Gesellschaft ja die Prämien zahlt. Zum anderen kann in einer solchen Versicherung nicht der Sinn liegen, den Aktionären das Unternehmensrisiko abzunehmen, dessen Tragung sie sich ja selbst ausgesucht haben.167

162 Hein, Die Rezeption US-amerikanischen Gesellschaftsrechts in Deutschland (2008), 430.

163 Schaefer, Die Haftung der Organwalter und der Gesellschafter von US-amerikanischen Corporations im Innenverhältnis (1994), 148.

vgl weiters Küpper-Dirks, Managerhaftung und D&O - Versicherung (2002), 1.

164 Ulmer, Aktionärsklage zur Kontrolle von Vorstand und Aufsichtsrat, ZHR 163 (1999), 291.

165 Funk/Rossmanith/Alber, Rechtliche Rahmenbedingungen und Umsetzung der Corporate Governance in Deutschland - THE IMPLEMENTATION OF CORPORATE GOVERNANCE IN GERMANY, SWI 2006, 375.

166 Habersack, Aktienrecht im Wandel (2007), 383.

167 Gruber, Organaußenhaftung, wbl 2006, 445.

vgl weiters Casper, Persönliche Außenhaftung der Organe bei fehlerhafter Information des Kapitalmarkts, BKR 2005, 88.

Abschließend ist noch festzuhalten, dass der Markt für derartige Versicherungen wächst und in den USA als Hauptgrund für das Ablehnen einer Vorstandstätigkeit ein nicht ausreichender D&O Versicherungsschutz angegeben wird.168

168 Barzen/Brachmann/Braun, D&O - Versicherung für Kapitalgesellschaften: Haftungsrisiken der Geschäftsleitung und ihre Deckung (2003), 101.

4 Die Übernahme der Business Judgment Rule in das